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Neue Solidarität
Nr. 19, 6. Mai 2015

Ein neues Kreditsystem für globalen Aufbau und Entwicklung schaffen!

EIR veranstaltete am 29. April in Frankfurt am Main ein Seminar mit hochkarätigen Rednern über die Aufbauperspektive der Neuen Seidenstraße. Video-Bericht vom Seminar. Video der Rede von Helga Zepp-LaRouche.

Referenten des Frankfurter Seminars (v.l.): Professor Shi Ze, Siva Sundara Raja, Leonidas Chrysanthopoulos und Helga Zepp-LaRouche

Das am 29. April von der Nachrichtenagentur EIR in Frankfurt veranstaltete Seminar zur Perspektive der Neuen Seidenstraße und der BRICS brachte nach einer musikalischen Einführung (aus der Frühlingssonate von Beethoven) für das Publikum - darunter etliche Vertreter diplomatischer Institutionen - eine gute Veranschaulichung dessen, was bereits Helga Zepp-LaRouche, die Präsidentin des Schiller-Instituts, in ihrem Eingangsbeitrag  als „gute Nachricht” trotz der besorgniserregenden globalen Krisenentwicklung betont hatte: Die Aufbaupolitik der BRICS-Gruppe und die unterstützende Kampagne der LaRouche-Bewegung in Europa und den USA stellen eine reale Alternative zum kollabierenden westlichen System dar. Sogar der IWF habe in einem neuen Bericht gewarnt, daß ein transatlantischer Bankenkollaps drohe; der weltweit anschwellende Flüchtlingsstrom zeige überdeutlich, daß das westliche Finanz- und Wirtschaftssystem den Menschen keine Zukunft mehr bieten könne.

Aber wenn schon westliche Banken, der IWF und die Weltbank keine wirtschaftliche Entwicklung finanzieren können - woher denn sollen die dafür erforderlichen Riesensummen kommen? Ein Teil der Antwort, so Helga Zepp-LaRouche, liegt in den neuen Finanzstrukturen, die von und in den BRICS-Ländern gegründet werden und schon vor Ende 2015 Kredite für Projekte vergeben werden. Auch die Asiatische Infrastruktur-Investment-Bank (AIIB), unter deren 57 Gründungsnationen auch einige Länder Europas, darunter Deutschland, seien, werde Kredit für Aufbauprojekte organisieren.

Schließlich gewinne die Kampagne des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Martin O'Malley in den USA, die für eine Wiedereinsetzung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes kämpft, ziemlichen Zulauf nicht nur unter Wählern der Demokratischen Partei, berichtete Frau Zepp-LaRouche.

Von der Internationalen Entwicklungsbank, die Lyndon LaRouche schon 1975 vorgeschlagen hat, über das Programm des Produktiven Dreiecks von 1989 und das darauf folgende breitere Konzept der Eurasischen Landbrücke und der Neuen Seidenstraße bis hin zum Programm für Wirtschaftsaufbau im Mittelmeerraum unterbreite die LaRouche-Bewegung seit 40 Jahren Vorschläge, die alle realisierbar wären - wenn die Banken ihre eigentliche Aufgabe, nämlich der Wirtschaft und den Menschen zu dienen, wieder wahrnähmen. Die BRICS wollten sich nicht abschotten vom Rest der Welt, nach wie vor seien auch die Amerikaner zur Kooperation eingeladen, sagte Helga Zepp-Larouche und fügte hinzu, das in der chinesischen Politik konfuzianische Denken beinhalte eben jene Prinzipien der Harmonie und Zusammenarbeit, von denen das Überleben der Menschheit abhänge.

Mitwirken beim Aufbau der Neuen Seidenstraße

Hier setzte der nachfolgende Vortrag von Prof. Shi Ze vom Institut für Internationale Studien der Universität Beijing an: Er wiederholte die Aufforderung an die USA, bei der Politik der Neuen Seidenstraße mitzuwirken, die ja nicht nur dem Abbau noch bestehender wirtschaftlicher Unterschiede zwischen den östlichen und den ärmeren westlichen Regionen Chinas nütze. Auch das bisher kaum entwickelte Zentralasien erhalte durch die Neue Seidenstraße eine reale Chance, die ganze Region werde dadurch stabiler werden, und davon werde ganz Eurasien einen Vorteil haben. Die im weiteren durch die AIIB angestrebte Entwicklung im gesamten südostasiatischen Raum biete, so Shi Ze, auch der amerikanischen Wirtschaft neue Möglichkeiten und neue Absatzmärkte.

Zur Vorgeschichte der chinesischen Strategie der Neuen Seidenstraße sagte Shi Ze, nach dem Ausbruch der großen Finanzkrise 2008 hätte viele Menschen und viele Länder den Glauben an das globalisierte Weltwirtschaftsystem verloren, Protektionismus breite sich aus, man schotte sich ab von anderen Teilen der Welt. Dem steuere Chinas Politik der Offenheit und der Zusammenarbeit entgegen, wobei China nicht nach Einflußzonen geopolitischen Zuschnitts strebe; man respektiere vielmehr die Souveränität und Vielfältigkeit der Nationen, niemand solle ausgeschlossen, alle sollten einbezogen werden. Die Neue Seidenstraße festige den Frieden, das Ziel sei die Schaffung einer globalen Gemeinschaft allgemein anerkannter Prinzipien, eine gemeinsame Wirtschaftszone, sowie die aktive Mitarbeit aller an der Gestaltung der gemeinsamen Zukunft.

Natürlich gebe es auch zwischen den BRICS-Ländern China, Rußland und Indien nicht immer die gleichen Ansichten, sagte Shi Ze, aber die Unterzeichnung von zahlreichen Verträgen für grenzüberschreitende Projekte werde helfen, die Meinungsverschiedenheiten im Laufe der Zeit aufzulösen. Für China selbst bedeute die Neue Seidenstraße eine neue Verantwortlichkeit in der Weltpolitik, die man konstruktiv wahrnehmen werde, sagte Shi Ze. Wer die Neue Seidenstraße nicht in diesem Sinne verstehe, verstehe auch China nicht.

„Griechenkrise“ ist ein Problem ganz Europas

Diesem Vortrag folgte der Redebeitrag von Leonidas Chrysanthopoulos, einem langjährig für die Interessen Griechenlands tätigen Diplomaten, der einleitend den beiden Vorrednern zustimmte, in der Tat müsse man die Menschheit neu organisieren, so daß sie überleben könne. Die Ursachen für die Flüchtlingsströme lägen in der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, aber da geschehe trotz aller hochheiligen Erklärungen von Seiten der EU nichts, was die Lage ändere.

Die griechische Krise sei kein Problem nur der Griechen, sondern ganz Europas - allerdings hätten frühere griechische Regierungen diese Krise mitverursacht. Die EU von heute habe mit der EWG, mit der Griechenland noch in den 80er Jahren seinen Beitritt verhandelte, nichts mehr gemeinsam, das heutige „Europa” zerstöre seine eigenen Mitgliedsnationen in völliger Mißachtung existierender Verträge, in denen die Politik zum Schutz der Bürger verpflichtet werde. Ebenso zerstörerisch sei das Vorgehen der EU in der Ukraine gewesen, der propagandistische Auftritt des deutschen Außenministers auf dem Maidan sei ein Skandal.

Die Mitgliedschaft Griechenlands in der EWG und dann in der EU habe die Griechen gezwungen, für den „gemeinsamen Markt” seine eigene Stahl- und Automobilindustrie, seine Industrie zur Verarbeitung von Oliven, wie auch große Teile der Landwirtschaft als angeblich „überflüssig” zu opfern. Athen habe, so Chrysanthopoulos, zwar auch Gelder aus Brüssel erhalten, meistens aber nur zur Stillegung nationaler Wirtschaftszweige, insgesamt seien nur wenige Infrastrukturprojekte finanziert worden. Vor allem hätten die anderen EU-Länder Griechenland Rüstungsgüter im Umfang von Milliarden verkauft, also unproduktiv gehandelt, anstatt der griechischen Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Die Eurozone habe dann drastische Austerität über Griechenland verhängt, jetzt stünden die Griechen am Rande einer Katastrophe.

Verantwortlich hierfür sei das Denken der „Experten” und der Bankiers, das Treiben der Lobbyisten in Brüssel, die von der Realwirtschaft abgekoppelt seien, sie produzierten Zahlen über Zahlen, das Menschliche sei für sie völlig irrelevant, sagte Chrysanthopoulos. Nicht nur Griechenland, die gesamte EU und Eurozone litten darunter, überall in Europa gebe es hohe Arbeitslosigkeit, gesunkene Realeinkommen. Wenn es gelinge, die BRICS von den Experten und Bankiers freizuhalten, dann liege dort die Alternative zur EU-Politik.

Athen, das traditionell gute Beziehungen zu Rußland wie auch zu China habe, könne eine wichtige Rolle für die Europäer spielen, die neue griechische Regierung Tsipras habe den Wandel bereits begonnen: keine weiteren Anweisungen von den Gläubigerbanken würden akzeptiert, die Troika-Memoranden seien als menschenrechtswidrig und als Verstoß gegen die Wiener Konvention für null und nichtig zu erklären; weiterhin habe die EU gemäß geltenden internationalen Verträgen Griechenland für die dort von der Brüsseler Politik angerichteten Schäden abzufinden. Die EU müsse in eine den Menschen dienende Institution umgewandelt werden, der Vertrag von Lissabon müsse ersetzt werden durch ein neues Abkommen, das aus der Diskussion zwischen den Bürgerbewegungen hervorgehe, sagte Chrysanthopoulos, und weiterhin müßten die ungerechten Schulden global gestrichen werden, so daß die Wirtschaft aller Länder wieder vorankomme. Was Europa benötige, seien Fantasie, Visionen und Mut, nicht jedoch Bankerismus, sagte Chrysanthopoulos, und forderte einen „neuen Typus von Politkern”.

Malaysias Weg zur Industrienation

Sehr aufschlußreich war auch der nächste Vortrag von Siva Sundara Raja, dem Direktor der Malaysischen Agentur zur Förderung von Investitionen (MIDA), die in Frankfurt und München Büros unterhält. Malaysia, das bis 2020 den Rang eines entwickelten Landes erreichen wolle, habe seit seiner Unabhängigkeit vom Britischen Empire vor fast 60 Jahren konsequent daran gearbeitet, zunächst weniger abhängig von Importen zu werden und selbst zu produzieren, dann die industrielle Produktion in den 80er Jahren voranzutreiben und im Jahrzehnt darauf arbeitsintensive Branchen der Wirtschaft mehr und mehr durch Hochtechnik-Zweige zu ersetzen, erläuterte Raja. Während der Westen des Landes stärker entwickelt sei, konzentriere sich die Politik der Regierung nun auch vermehrt auf den Aufbau der östlichen Regionen, im nationalen Transformationsprogramm 2010-2020 gebe es zahlreiche Entwicklungskorridore, von denen der Osten Malyasias profitieren werde.

Mit der durch Spekulationsattacken ausgelösten und begleiteten Asienfinanzkrise 1997-98 habe es schwere Rückschläge gegeben, auch deshalb, weil Malaysia damals auf die Experten des IWF gehört habe, was dann sehr schnell eine tiefgreifende Krise auch der realen Wirtschaft verursacht habe. Aber die Regierung Mahathir habe dann gehandelt und sich nur noch auf den Rat nationaler Experten verlassen; sie habe Kapital- und Devisenkontrollen eingeführt, die Aufnahme ungedeckter ausländischer Kredite untersagt sowie den berüchtigten Offshore-Handel verboten. Erst durch diesen drastischen Kurswechsel habe Malaysia zu seiner wirtschaftlichen Dynamik zurückkehren können, sagte Raja.

Äthiopiens Aufschwung mit Unterstützung der BRICS

Es folgte zum Abschluß ein Beitrag des Äthiopischen Generalkonsuls in Frankfurt, Mehreteab Mulugeta Haile, der anschaulich darstellte, wie auch sein Land erst durch eine gründliche Umkehr in der Wirtschaftspolitik vorangekommen sei. Nach der letzten großen Hungerkrise 1991 habe man sich auf die Stärkung national wichtiger Wirtschaftszweige konzentriert, große Fortschritte seien gemacht worden, so könne das Land heute sich selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. Das jährliche Wachstum der Wirtschaft, das zuletzt bei nahezu 11 Prozent lag, solle noch gesteigert werden, Äthiopien und seine 90 Millionen Einwohner wollen bis 2025 eine entwickelte Nation mittlerer Kategorie werden. Dafür sei die Zusammenarbeit mit den BRICS wichtig. Schon jetzt finanzierten Kredite aus Brasilien, Rußland und Indien Eisenbahnprojekte in Äthiopien, auch der chinesische Fonds für die Entwicklung Afrikas stehe bereit zur Verwirklichung von Infrastrukturprojekten. Aber nicht nur in Äthiopien, in ganz Afrika sei man dabei, aus den Fehlern der ersten 50 Jahre der Unabhängigkeit zu lernen, die Afrikanische Union strebe einen Paradigmenwechsel für die nächsten 50 Jahre an, sagte der Generalkonsul.

Anders als die Medien in Europa gewöhnlich darstellen, sei Chinas Vorgehen in Afrika nicht von imperialistischen Gelüsten bestimmt, sondern von der Idee der gleichberechtigten Partnerschaft, im Sinne der Entwicklung von Landwirtschaft, Transportwesen, Kommunikation, Erziehungs-  und Gesundheitswesen, erläuterte Shi Ze auf eine Frage aus dem Publikum zur chinesischen Strategie in Afrika. So habe beim Ausbruch der Ebola-Pandemie China sofort zahlreiche medizinische Fachkräfte in die betroffenen Regionen entsandt.

Das Publikum folgte den Vorträgen, die insgesamt und ohne Pause dreieinhalb Stunden einnahmen, äußerst aufmerksam - was für ein hohes Interesse an den angesprochenen Themen spricht. Einige Gäste, die schon vorherige Frankfurter Veranstaltungen von EIR besucht hatten, fragten denn auch gleich, wann die nächste geplant sei.

Rainer Apel