|
|
Nancy Spannaus gibt einen Überblick über die neuesten Fortschritte im Kampf für eine strikte Bankentrennung in den USA.
In den letzten beiden Wochen wurden in drei weiteren Landtagen von US-Bundesstaaten Resolutionsanträge für die Rückkehr zum Glass-Steagall-Trennbankengesetz eingebracht, damit sind es jetzt zehn Staaten, in denen seit Jahresbeginn solche Resolutionen beantragt wurden. Auffällig ist, daß in denjenigen Landtagen, in denen schon in vergangenen Sitzungsperioden vergleichbare Anträge gestellt wurden, die Zahl der Unterzeichner deutlich gestiegen ist. Und es gibt Durchbrüche in mehreren Bundesstaaten, die nicht zu den 25 gehörten, in denen es bereits im Vorjahr solche Anträge gab.
Diese Aktivitäten sind ein Ausdruck davon, daß die Landtagsabgeordneten die Verschlechterung der Lebensbedingungen ihrer Wähler viel unmittelbarer zu spüren bekommen als der inselartige Kongreß in Washington und deshalb auch nicht die offiziellen Verlautbarungen der Regierung glauben, seit fünf Jahren sei ein „Aufschwung“ der US-Wirtschaft im Gange. Überall im Land wächst der Zorn auf die Wall Street, und die Aktivisten des LaRouche-Aktionskomitees machen deutlich, daß man das wirtschaftliche Ausschlachten des Landes durch die Wall Street nur beenden kann, indem man das bewährte Trennbankengesetz von 1933 wieder einführt.
Tatsächlich ist die Rückkehr zum Glass-Steagall-Gesetz, das 1999 auf Druck der Wall Street abgeschafft wurde, jetzt sogar noch weit dringender, als die meisten Landtagsabgeordneten erkennen. Die Banken der Wall Street und der Londoner City, die den Krach von 2008 verursachten, wurden nicht nur nicht saniert, ihre Spekulationsorgie ist sogar noch viel schlimmer geworden und ihr unbezahlbarer Schuldenberg hat sich entsprechend vergrößert. Alle großen transatlantischen Banken sind faktisch bankrott und kämpfen ums Überleben. Deshalb bekämpfen diese Banken nicht nur mit allen Mitteln die Kampagne für Glass-Steagall, sondern die Londoner Oligarchie treibt uns auch in eine Konfrontation mit Rußland, die sogar mit einem Atomkrieg enden könnte.
Die drei Bundesstaaten mit den neuen Anträgen sind Kentucky, West Virginia und Massachusetts. Über die Resolution in West Virginia haben wir bereits in der letzten Ausgabe berichtet.
Außerdem wurde in Maryland, wo bereits am 6. Februar im Abgeordnetenhaus der Resolutionsantrag HJR 8 mit 50 Unterzeichnern eingebracht worden war, am 11. Februar auch der identische Antrag im Landessenat (SJ 8) gestellt. Die Zusammenfassung des Resolutionstextes lautet: „Aufforderung an den Kongreß der Vereinigten Staaten, die Bemühungen zur Wiederherstellung der Trennung zwischen Geschäftsbank- und Investmentbank-Funktionen, die unter dem Glass-Steagall-Gesetz in Kraft waren, wiederherzustellen und HR 129 zu unterstützen“. HR 129 ist der dem US-Kongreß vorliegende Entwurf für das „Glass-Steagall-Gesetz für das 21. Jahrhundert“. Der Antrag im Landessenat hat sechs Unterzeichner, allesamt Demokraten aus den Kreisen Prince George County und Baltimore County.
Am 12. Februar stellte Senator Perry Clark im Landessenat von Kentucky den Antrag SCR 140, eine Resolution, die den Kongreß auffordert, Glass-Steagall wieder in Kraft zu setzen.
Der zehnte Bundesstaat, in dessen Landtag nun über eine solche Glass-Steagall-Resolution beraten wird, ist Massachusetts. Am 26. Februar befaßte sich der Gemeinsame Ausschuß für Finanzdienstleistungen mit der „Petition der Bürger von Millbury: Resolution, worin der US-Kongreß zur Rückkehr zum Glass-Steagall-Gesetz aufgefordert wird“ (S 1824).
Die Resolution S 1824 wurde ursprünglich im Frühsommer letzten Jahres auf einer Versammlung von 500 Bürgern in Millbury unter Leitung der Aktivistin Terry Dotson (die jetzt für den Landtag kandidiert) beschlossen und über die örtliche Landtagsabgeordnete dem Landtag zugeleitet. Im Herbst genehmigten die Vorsitzenden der Verfahrensausschüsse von Landessenat und Abgeordnetenhaus, daß der Antrag vom Landtag insgesamt behandelt wird.
Sollte der Landtag von Massachusetts eine Glass-Steagall-Resolution beschließen, so hätte das ein enormes Gewicht, u.a. weil Boston eines der wichtigsten Finanzzentren der USA ist. Aber auch ohne den Beschluß wäre eine ehrliche Debatte im Landeshaus über die Zukunft Amerikas extrem wichtig.
Wie schon 2013 zeigt sich, daß es quer durch alle Fraktionen und auch alle Bevölkerungsschichten Unterstützung für Glass-Steagall gibt. Bei welchem Thema wären so unterschiedliche Leute wie der Arbeitsminister unter Präsident Clinton, Robert Reich, und der Milliardär und Spezialist für „feindliche Firmenübernahmen“ Carl Icahn einer Meinung?
Reich ist schon seit langem als ein - wenn auch pessimistischer - Unterstützer von Glass-Steagall bekannt. Aber am 11. Februar forderte auch Icahn, berühmt-berüchtigter Großinvestor und Spekulant mit Unternehmensanteilen, in einem Fernsehinterview mit Fox Business News die Rückkehr zu Glass-Steagall: „Ich denke, was sie tun sollten, ist, zu Glass-Steagall zurückzukehren“, sagte Icahn. „Viele meiner Freunde in diesen Investmentbanken werden wirklich wütend auf mich sein, daß ich das sage, aber ich denke wirklich, daß das 2008 eines der Probleme war.“
Icahn ist nicht der einzige Großfinanzier, der die Rückkehr zu Glass-Steagall befürwortet. Andere sind beispielsweise der frühere Aufsichtsratsvorsitzende der Citigroup Sandy Weill - der früher damit geprahlt hatte, daß er höchstpersönlich Glass-Steagall zu Fall gebracht habe (!) -, der frühere Citigroup-Vorstandschef John Reed und, vielleicht am wichtigsten, das Sprachrohr der Londoner City, die Financial Times.
Auch wenn die Regierung Obama und die Wortführer der Wall Street es bestreiten: Es ist ausführlich dokumentiert, daß die Aufhebung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes im Jahr 1999 der absolut entscheidende Schritt war, der die USA auf den Weg in den Bankenkrach 2008 führte. (Präsident Clinton wurde zum Zeitpunkt dieser Entscheidung mit dem betrügerischen Absetzungsverfahren gegen ihn, eine Operation des britischen Geheimdienstes, unter Druck gesetzt.) Unter anderem wird im bekannten „Angelides-Bericht“ (Januar 2011) der von der Regierung eingesetzten Untersuchungskommission zur Finanzkrise aufgezeigt, wie das Gramm-Leach-Bliley-Gesetz, mit dem Glass-Steagall aufgehoben wurde, die letzten Dämme wegräumte und Spekulation in dem Ausmaß ermöglichte, das zu dem verheerenden Crash führte.
In einem längeren Artikel in der Zeitschrift Rolling Stone unterstrich der Journalist Matt Taibbi am 12. Februar nochmals, was Gramm-Leach-Bliley bewirkt hat. Taibbi zeigt, daß in dem Gesetz mehrere „Zeitbomben“ versteckt waren, die inzwischen geplatzt sind. Durch die Spekulation verknappten und verteuerten sich wesentliche Güter wie Aluminium, Strom und Rohöl ebenso wie die Tanker, mit denen es über die Weltmeere transportiert wird, die Raffinerien, in denen es verarbeitet wird, die Pipelines, durch die es gepumpt wird, Zink, Kupfer, Zinn, Nickel, Erdgas und Edelmetalle. Taibbi schreibt, Gramm-Leach-Bliley sei „eines der Gesetze in der Geschichte unseres Landes, das am meisten verändert hat - ein Gesetz, das eine umfassendere Konzentration der finanziellen und industriellen Macht ermöglicht hat, als man es seit über 100 Jahren erlebt hat“.
Einer der Sprengsätze im Gramm-Leach-Bliley-Gesetzes war, daß es neuartige Monopole zuläßt. Taibbi weist auf eine Vorschrift aus dem Gesetz, die Geschäftsbanken Aktivitäten erlaubt, welche „komplementär zu einer finanziellen Aktivität sind und keine substantiellen Risiken für die Sicherheit oder Solidität der Einlageninstitute oder des Finanzsystems insgesamt darstellen“. Er zitiert Prof. Saule Omarova von der Universität von Nord-Carolina, aus der Sicht der Banken lasse sich „praktisch alles als komplementär zu einer finanziellen Aktivität betrachten“.
Etliche Banken, die in bestimmten Bereichen die ganze Kette vom Rohstoff bis zum Endverbraucher besaßen, wurden dabei ertappt, daß sie die Preise manipulierten. JPMorgan Chase und Barclays mußten z.B. 400 Mio. $ an Bußgeldern bezahlen, weil sie die Stromlieferungen in Kalifornien und anderen Staaten künstlich verknappt hatten.
Eine weitere Zeitbombe in Gramm-Leach-Bliley war die sog. „Großvater-Klausel“, wonach jedes Unternehmen, das nach der Verabschiedung des Gesetzes 1999 eine Bankholding wurde, Anteile an Unternehmen mit Warenhandelsabteilungen halten und damit handeln darf. Tatsächlich weiß niemand genau, was diese „Großvater-Klausel“ konkret bedeutet. So schrieb sogar die Federal Reserve Bank von New York, die mächtigste Regionalbank der Federal Reserve und wichtigste Aufsichtsbehörde für diesen Bereich, 2012: „Der rechtliche Gültigkeitsbereich dieser Ausnahme gilt weithin als unklar.“
nbs