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Die arabische Welt versinkt mit atemberaubendem Tempo in einer Hölle des Konfessionskrieges. Die Einmischungen der letzten und jetzigen US-Regierung und die permanente britisch-saudische Manipulation der religiösen, ethnischen und terroristischen Gruppen hat die Region an einen Punkt gebracht, an dem es in den Augen vieler Beobachter schon kein zurück mehr gibt.
Der Angriff auf sunnitisch-salafistische Moscheen in Tripoli im Libanon während des Freitagsgebetes am 23. August, nachdem am 15. August eine Autobombe in einem schiitischen Stadtviertel Beiruts explodiert war, trägt alle Anzeichen der Einmischung einer „dritten Partei“, um einen blutigen Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten zu schüren. Die gleiche Taktik gab es 2006 im Irak, als unbekannte, aber sichtlich professionelle Kräfte Bomben auf schiitische Moscheen warfen und dann später als scheinbare Racheakte sunnitische Moscheen angegriffen wurden. Im November 2006 verhandelte der damalige US-Vizepräsident Dick Cheney in Saudi-Arabien mit König Abdullah über die Schaffung eines „sunnitischen Dreiecks“ aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien als Gegenpol gegen den „schiitischen Halbmond“ aus Iran, Hisbollah im Libanon, Syrien und der vorwiegend schiitischen Regierung im Irak. Diese Absprache brachte dem Irak die blutigsten konfessionellen Massaker, die es dort bisher gab.
Heute jedoch drängen die wichtigen politischen Gruppen im Libanon auf Zurückhaltung, und die Parlamentsfraktion der Hisbollah beschuldigte in einer Erklärung „regionale Nachrichtendienste“ der Tat, womit nur die Saudis gemeint sein können. Laut der libanesischen Zeitung Al Akhbar zeigt man mit der Erklärung „mit dem Finger auf Saudi-Arabien und seinen Geheimdienstchef Bandar bin Sultan“.
Die Flammen breiten sich durch die ganze islamische Welt aus, von Pakistan bis nach Marokko, weit vom Zentrum des Geschehens entfernt. Ein Beispiel: Während des Freitagsgebets am Ende des Ramadan, am Feiertag Eid Al-Fitr, der eigentlich Freude und Versöhnung gewidmet ist, beschimpften in einigen Städten Marokkos Prediger in übelster Weise die Schiiten. Dabei gibt es kaum Schiiten in Marokko, diese Stimmungsmache hängt mit der Lage in Syrien, Libanon und dem Irak zusammen. Die saudische Wahabitenbewegung gewinnt in Marokko an Zulauf, aber die Regierung stellt sich blind und verhindert nicht, daß junge Marokkaner für den Dschihad angeworben werden, weil der König sich auf die Seite der Assad-Feinde gestellt hat und auf das Geld und Öl der Saudis und der Golfstaaten angewiesen ist.
Ein Land, in dem wegen des Konfessionskonflikts die Alarmglocken läuten, ist Ägypten. Die brutale Ermordung des schiitischen Geistlichen Hasan Schahat - einem Ägypter, der zum Schiitentum konvertiert war - und dreier seiner Anhänger war einer der Gründe, warum Millionen Ägypter für den Sturz der Regierung der Moslembrüder demonstrierten. Die Bürger und offensichtlich auch die Streitkräfte waren zutiefst schockiert, was die Bruderschaft und die extremen Wahabiten tatsächlich meinen, wenn sie jemanden als Kafir, als „Abtrünnigen“ brandmarken. Wenige Tage vorher hatte der salafistische Geistliche Mohammad Abdel Maksud bei einem Festival für die syrischen Rebellen in Kairo alle Ägypter, die am 30. Juni gegen Präsident Mursi demonstrierten, als „Kafir“ beschimpft und ein Gebet geleitet, das Gott aufrief, sie alle zu vernichten, was von dem angeheizten Mob in dem Stadion frenetisch begrüßt wurde. Bei demselben Festival rief Mursi die jungen Ägypter auf, als freiwillige Kämpfer nach Syrien zu gehen.
Der Standpunkt der Saudis ist, daß sie Ägypten unter Kontrolle und in Abhängigkeit halten wollen. Aber die Moslembrüder waren so ungeschickt zu versuchen, das ganze Land auf einmal unter ihre Fuchtel zu bringen, was massiv auf sie zurückschlug. Deshalb haben Riad und die ägyptischen Salafisten ihren Sturz unterstützt.
Insgesamt steht die Lage in der Region am Rande eines finsteren Zeitalters, dessen schlimmster Aspekt der Religionskrieg ist. Um diese Dynamik zu beenden, muß die saudisch-britische Allianz zerstört und Präsident Obama eingedämmt werden, damit es eine Einigung mit Rußland und China zur Stabilisierung der Region geben kann.
hus