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Von Liliana Gorini
- Vorsitzende von Movimento Solidarietà -
Liliana Gorini, die Vorsitzende des Movimento Solidarietà - des italienischen Arms der LaRouche-Bewegung -, veröffentlichte am 27. Januar den folgenden Aufruf.
Das Jahr hat gerade erst begonnen, aber Italien ist bereits mitten in Verzweiflung und Protesten gegen die schrecklichen Folgen von Montis Sparpaketen. Der Minister für „Wirtschaftsentwicklung“, Passera, hat erklärt: „Kaum eine Regierung hat es geschafft, in nur drei Monaten so viel zu tun.“ Er hat recht: Sie hat es geschafft, den Benzinpreis auf 1,80 Euro zu erhöhen, die Taxifahrer, kleinen Ladenbesitzer, Lastwagenfahrer und Fischer zu ruinieren, kleine Unternehmer in den Selbstmord zu treiben, weil sie von den Banken keinen Kredit mehr bekommen, und als Folge der Streiks die Supermärkte und Märkte leerzufegen. Jetzt plant sie noch eine Arbeitsreform, die u.a. die Abschaffung der automatischen Anpassung der Löhne an die Steigerung der Lebenshaltungskosten vorsieht, weil es dafür „nicht genug Mittel“ gäbe.
Das sind wirklich beispiellose Resultate! Die EZB jubelt. Sie wollte Italien ruinieren, und sie hat es geschafft. Es gibt keine Mittel für die Anpassung der Löhne an die Lebenshaltungskosten, aber wenn es darum geht, um die Banken und die Spekulanten zu retten, sind immer Mittel vorhanden. Und es war sicher kein Zufall, daß Monti als allererstes zur Londoner City pilgerte, um sich dort das „Vertrauen“ der spekulativen Märkte zu verdienen - jener Märkte, die die überhöhten Zinsen für italienische Staatsanleihen provoziert haben und nicht nur die italienische, sondern auch die ganze transatlantische Wirtschaft ruinieren. Um den Euro zu retten, ersticken sie die Realwirtschaft überall in Europa, wie der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche, der diese Krise schon in den neunziger Jahren vorhergesagt hatte, immer wieder gewarnt hat.
Wie Claudio Giudici, Vorsitzender des Taxifahrerverbandes Uritaxi in der Toskana und führendes Mitglied von Movisol, kürzlich in Interviews im nationalen Fernsehen betonte, sind Montis Sparpakete und Liberalisierungen Teil eines „Britannia-II-Planes“. Das Modell ist der Ausverkauf der italienischen Staatsindustrien und nationalen Banken im Kontext der Schaffung von Finanzmärkten in Italien, der 1992 bei einem Geheimtreffen auf der Jacht Britannia der britischen Königin Elisabeth II. vor der Küste von Civitavecchia beschlossen worden war. An diesem Treffen nahm auch der jetzige EZB-Chef Mario Draghi teil. Der „neue Britannia-Plan“ zielt darauf ab, alles zu verramschen, was von den nationalen wirtschaftlichen Werten noch übrig ist, sodaß eine wirkliche Erholung der Wirtschaft unmöglich wird.
Passera gab dies in Davos auch offen zu, als er den versammelten Bankiers versicherte, Italien werde selbst dann bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, „wenn es sich in einer vollen Rezession befindet“. Als die legitimen Demonstrationen der von Montis Liberalisierungen betroffenen Taxifahrer, Apotheker und Ladenbesitzer begannen, warf die Regierung ihnen mit unerhörter Arroganz vor, sie seien eine „Lobby“. Als wenn ein Fischer, der seinen Treibstoff nicht mehr bezahlen kann, oder ein Taxifahrer, der eine Hypothek auf das Häuschen seiner Mutter aufnehmen muß, um eine Lizenz zu kaufen, etwas mit einer „Lobby“ zu tun hätte - im Gegensatz zu einem Goldman-Sachs-Spekulanten, der mit Staatsanleihen spekuliert und so der Realwirtschaft die Ressourcen entzieht und sie in die Katastrophe treibt. Wie kommt es, daß die Regierung des früheren Goldman-Sachs-Direktors Monti keine Maßnahmen gegen die Finanzspekulation plant? Wie kommt es, daß die EZB sich schon mehrfach gegen ein Trennbankensystem nach dem Vorbild des berühmten Glass-Steagall-Gesetzes ausgesprochen hat, das Roosevelt 1933 durchsetzte, um der Macht der großen Finanziers der Wallstreet und der Londoner City eine Grenze zu setzen? Wie kommt es, daß die Parteien, die die Regierung Monti unterstützen - PdL, UDC und PD - „mehr Befugnisse für die EZB“ fordern und diese diktatorische Regierung im Stile Brünings unterstützen statt der berechtigten Forderungen der Demonstranten?
Die italienische Solidaritäts-Bewegung unterstützt die berechtigten Forderungen der Taxifahrer, Lastwagenfahrer, Fischer und aller Gewerkschaften, die gegen dieses ungerechte Sparpaket kämpfen, und schlägt ihnen vor, eine „gemeinsame Front“ aller Proteste auf der Grundlage der folgenden Programmpunkte zu bilden:
1. Die sofortige internationale Einführung des Glass-Steagall-Gesetzes, also eines Trennbankensystems, wie es Roosevelt 1933 durchsetzte und wie es die Abgeordnete Marcy Kaptur im US-Kongreß beantragt hat. Die Trennung der Banksparten würde dem Bankensystem die unbegrenzten Garantien entziehen, die die Regierung ihm gegeben hat, und den spekulativen Sektor seinem Schicksal überlassen. Das würde den ständigen Rettungs- und Sparpaketen ein Ende bereiten und Ressourcen für Investitionen freisetzen. Präsident Obama ist zwar gegen ein Trennbankensystem, aber Italien muß sich energisch dafür aussprechen und damit drohen, es zur Not auch allein einzuführen. Derivate, Leerverkäufe, CDS etc. sollten nicht besteuert, sondern verboten werden, und die Banken müssen wieder Kredite an Industrie, Landwirtschaft und die Realwirtschaft vergeben.
2. Einen Plan für den Ausstieg aus dem Euro und die Rückkehr zu einer Landeswährung, wie er in Deutschland und Frankreich bereits existiert. Niemand kann uns zwingen, für den Euro zu sterben. Die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner hat demonstriert, daß es ein Leben nach dem Weltwährungsfonds und seinen Konditionen gibt: Im Gegensatz zu Europa hat Argentinien ein Wirtschaftswachstum von 7%.
3. Große Infrastrukturprojekte wie NAWAPA, die Eurasische Landbrücke und Transaqua, die die reale Wirtschaft und Beschäftigung wieder in Gang bringen.
4. Ein Marshallplan zur Entwicklung des Mittelmeerraumes und die Rückkehr zur Politik von Enrico Mattei, direkte Beziehungen zu den ölexportierenden Ländern aufzubauen, um den Ölpreis zu reduzieren, der durch die Spekulationen auf dem Spotmarkt und die Steuern auf Treibstoffe in die Höhe getrieben wurde.
Den verschiedenen Gruppen, die jetzt streiken, den Demonstranten und Bürgern, die sich Sorgen über die Zukunft machen, sagen wir: Ihr seid nicht allein! Die gleiche programmatische Plattform steht auch im Mittelpunkt des Wahlkampfs der sechs Kongreßkandidaten der LaRouche-Bewegung in den USA und des französischen Präsidentschaftskandidaten Jacques Cheminade, dessen Vorschlag für ein Trennbankensystem von dem Kandidaten François Hollande aufgegriffen wurde. Über ähnliche Vorschläge wird auch in Deutschland und Dänemark diskutiert. Wenn die verschiedenen streikenden Gruppen sich um eine gemeinsame Plattform sammeln, dann werden sie nicht nur die Regierung zwingen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sie werden auch die gewalttätigen Elemente isolieren, die mehr oder weniger bewußt versuchen, die legitimen Proteste zu diskreditieren.
Wie der große deutsche Dichter Friedrich Schiller in seinem Drama Wilhelm Tell sagte: „Eine Grenze hat Tyrannenmacht“. Es ist Zeit, der Diktatur der EZB in Italien ein Ende zu setzen.