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Neue Solidarität
Nr. 4, 25. Januar 2012

Frankreich spricht über Jacques Cheminade

Nicht nur die französischen Medien berichten über Jacques Cheminade, auch im Senat war der Präsidentschaftskandidat ein Thema.

Rund 100 Tage vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich wächst die Aufmerksamkeit der französischen Massenmedien für Jacques Cheminade, den Gründer der französischen Schwesterpartei der BüSo, Solidarité et Progrès. Am 17. Januar berichtete die Nachrichtenagentur Reuters über seinen Präsidentschaftswahlkampf, und dieser Bericht wurde von verschiedenen großen Nachrichtenwebseiten aufgegriffen, u.a. in Le Point, Capital.fr, La Tribune und Boursier.com.

Reuters zitiert Cheminade, viele Bürgermeister gäben jetzt ihre Unterschrift für seine Kandidatur, weil „sie wissen, daß ich seit 1995 gesagt habe, daß es zu einer ernsten Wirtschaftskrise kommen würde. Und das ist jetzt passiert.“ (In Frankreich müssen Kandidaten 500 Unterschriften offizieller Amtsträger oder Abgeordneter vorlegen, um zur Präsidentschaftswahl zugelassen zu werden.) Cheminade, so Reuters, attackiere wie 1995 „die spekulative Krebsgeschwulst“; er träume von einer Welt „ohne die City oder die Wallstreet“. In einer Woche werde Cheminade den Stand der Unterschriftenkampagne bekanntgeben.

Cheminade sei beeinflußt vom US-Ökonomen Lyndon LaRouche, „der zu einer umfassenden Sanierung des Finanzsystems aufruft“. Ein Zitat von der Kampagnenwebseite folgt: „Wir befinden uns im Krieg. Ein Konglomerat von Finanzinteressen, die aus der Londoner City und der Wallstreet operieren, dominiert die Welt. Ihr Gesetz ist das des kurzfristigen Profits, von Besitz, Gier und sozialer Ausbeutung.“

Vorwürfe, er indoktriniere junge Studenten, habe Cheminade als unhaltbar zurückgewiesen und hinzugefügt: „Nikolas Sarkozy trat der UMP im Alter von 15 Jahren bei und die Jungen Kommunisten fingen mit 9 oder 10 Jahren an.“

Debatte im Senat

Aber nicht nur in den Medien wird Cheminade zum Thema, auch im französischen Senat sprach man am 12. Januar über ihn. In einer Debatte über die staatliche Wahlkampffinanzierung verwies der sozialistische Senator Pierre-Yves Collombat, ein früherer Richter, im Zusammenhang mit Kritik an Schlupflöchern des jetzigen Systems auf das Unrecht, das der damalige Präsident des Verfassungsrats Roland Dumas 1995 dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Jacques Cheminade angetan hatte. Der Verfassungsrat verweigerte Cheminade damals unter fadenscheinigen Vorwänden die Erstattung der Wahlkampfkosten, akzeptierte jedoch gleichzeitig die Abrechnungen seiner prominenten Gegenkandidaten Balladur und Chirac, obwohl sie offensichtlich massiv gegen die Gesetze verstoßen hatten.

Diese Vorgänge waren in den letzten Monaten wieder Thema in den Medien, aufgrund eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit einem Bombenanschlag in Karatschi (Pakistan) im Jahr 2002. Dabei starben elf Franzosen, die dort beim Bau von U-Booten beschäftigt waren, die Pakistan 1995 während der Amtszeit Balladurs als Premierminister von Frankreich gekauft hatte war. Dabei richten sich die Untersuchungen heute im Kern gegen Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der damals als Haushaltsminister den Verkauf genehmigt hatte.

Die Ermittlungsrichter vermuten, daß der Bombenanschlag ein Racheakt war, weil die französische Regierung beim Verkauf der U-Boote vereinbarte Schmiergelder nicht zahlte. Ihr Verdacht ist, daß ein Teil des Gewinns aus dem Rüstungsgeschäft an Balladur floß, um dessen Wahlkampf zu finanzieren. Doch dessen Konkurrent Chirac gewann die Wahl, und als er von den geheimen Absprachen erfuhr, stoppte er die weitere Auszahlung der Kommissionen.

Durch diese Ermittlungen kamen einige interessante Details über die Wahlkampffinanzierung von Balladur und Chirac ans Licht. Faktisch haben beide so massiv gegen die Gesetze verstoßen, daß ihnen die Kostenerstattung hätte verweigert werden müssen. Balladur etwa hatte mehr als 10 Mio. Franc unbekannter Herkunft in bar auf sein Wahlkampfkonto eingezahlt. Aber Roland Dumas als Präsident des Verfassungsrates beschloß, die Wahlkampfabrechnungen von Chirac und Balladur abzusegnen und stattdessen Cheminade zu strafen, der schon damals in seinem Wahlkampf den „Finanzkrebs“ angegriffen hatte.

Diese ungerechte Behandlung Cheminades wird zunehmend als typisches Beispiel für die Arroganz der französischen Elite insgesamt erwähnt. In den letzten Monaten hat ein weiteres damaliges Mitglied des Verfassungsrates, der heute 83jährige Jacques Robert, in zahlreichen Äußerungen in den Massenmedien auf das Unrecht hingewiesen, das Cheminade angetan wurde.

Die Falschmünzer

Dazu möchten wir zum Schluß zitieren, was Senator Collombat in der Senatsdebatte am 12. Januar sagte:

„In einem Kapitel seines Buchs Les Faux-Monnayeurs („Die Falschmünzer“) - ein Titel, der bereits Bände spricht, ... spricht Jacques Robert, ohne Namen zu nennen, auf Seite 154 die dubiosen Wahlkampfkonten im Präsidentschaftswahlkampf 1995 an und spricht von einem ,seltsamen Gefühl des Unbehagens, einem unangenehmen Gefühl der Unzufriedenheit’ über die Prüfung des Verfassungsrates, ob sich die Wahlkämpfer bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an die Gesetze halten.

Die Namen der betreffenden Kandidaten wurden 2010 öffentlich genannt, als Ermittler im Rahmen der Untersuchung der finanziellen Aspekte des Anschlags von Karatschi durch Richter Renaud Van Ruymbeke Dokumente der berichterstattenden Sekretäre des Verfassungsrates beschlagnahmten, die empfohlen hatten, die Wahlkampfabrechnung von Edouard Balladur schlicht und einfach zurückzuweisen!

Die Veröffentlichung dieser sensitiven Dokumente und verschiedene öffentliche Erklärungen Jacques Roberts und des damaligen Präsidenten des Verfassungsrats Roland Dumas, der dabei die entscheidende Rolle spielte, erlauben es, verschiedene Punkte festzuhalten, die kaum klarer sein könnten.

Erstens hätte die Kostenabrechnung des Wahlkampfs von Edouard Balladur, bei dem die Höchstgrenze überschritten wurde und der durch eine Bareinzahlung von 10,25 Mio. Franc - 1,56 Mio. Euro - unklarer Herkunft finanziert worden war, zurückgewiesen werden müssen.

Zweitens hätte auch die Abrechnung von Jacques Chirac zurückgewiesen werden müssen.

Drittens wurden die Ausgaben mit lächerlicher Präzision schöngerechnet: Edouard Balladur endete 0,25% unter der erlaubten Grenze, und Jacques Chirac - hören Sie, meine werten Kollegen - um 0,034%. Das ist präzise wie ein Schweizer Uhrwerk!

Viertens: Das Sprichwort, ,Der Verfassungsrat wird Mücken seihen und Kamele schlucken’ bestätigt sich wieder einmal. Die Wahlkampfabrechnung von Jacques Cheminade, der in der ersten Runde der Wahl 0,28% der Stimmen erhielt, wurde zurückgewiesen, weil er einen zinslosen Kredit aufgenommen hatte. Ihm wurde die Wahlkampfkostenerstattung verweigert, und er wurde dazu verurteilt, den erhaltenen Vorschuß zurückzuzahlen, so daß er ruiniert wurde... In Guillaume Durands Fernsehsendung Face au Francais sagte Roland Dumas folgendes: ,Jacques Cheminade war ziemlich ungeschickt, während andere schlauer waren.’ Wahrscheinlicher ist, daß sie einfach Freunde an den richtigen Stellen hatten.“

kav

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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Internetseite von Jacques Cheminade
- in französischer Sprache
Internetseite der Solidarité et Progrès
- in französischer Sprache