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Neue Solidarität
Nr. 47, 23. November 2011

Obama legt sich mit Rußland und China an

Kriegsgefahr. Präsident Obamas Verhalten gegenüber Rußland und China ist hochmütig, provozierend und gefährlich.

US-Präsident Barack Obama sucht offensichtlich die Konfrontation - aber nicht nur mit dem Iran oder Syrien, sondern auch mit China und Rußland. Das ist der einzig logische Schluß aus Hintergrundberichten über Obamas Gespräche mit dem scheidenden russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew am Rande des APEC-Gipfels am 13. November in Hawaii und aus seinem jüngsten aggressiven Verhalten gegenüber China.

Am 12. November drohte Obama am Vorabend des APEC-Gipfels auf Hawaii China mit Strafmaßnahmen, falls es sich nicht „an die Regeln“ halte - chinesische Vertreter forderten danach Aufschluß vom amerikanischen Präsidenten, „wessen Regeln“ er denn da gemeint habe. Bei einer Pressekonferenz nach dem APEC-Gipfel setzte Obama seine Tiraden fort und belehrte China, es sei an der Zeit, sich wie ein „Erwachsener“ zu verhalten. China müsse seine Währung um 20-25% aufwerten. „Wegen des amerikanischen Drucks hat es im Verlauf des vergangenen Jahres zwar leichte Verbesserungen gegeben, aber das genügt noch nicht... Die Vereinigten Staaten und andere Länder haben das Gefühl: Es reicht jetzt!“

Obama brüstete sich auch, Chinas Präsident Hu Jintao über „geistige Eigentumsrechte“, Protektionismus, Regierungssubventionen für die Industrie sowie andere Dauerthemen der Freihandelsfanatiker belehrt zu haben. „Die Amerikaner allgemein, ob links, rechts oder in der Mitte“ seien davon überzeugt, daß die Beziehungen zu China „aus dem Lot geraten sind... wie wir kürzlich bei einer Abstimmung im Senat über Chinas Währung gesehen haben“ - als könne ein US-Kongreß, der nur noch die Zustimmung von 9% der Bevölkerung hat, beanspruchen, für das amerikanische Volk zu sprechen.

Die Los Angeles Times zitierte einen namentlich nicht genannten US-Regierungsvertreter, Obama wolle der Region demonstrieren, daß die USA ein militärisches und wirtschaftliches „Bollwerk gegen China“ sein werden. Auch wenn er gleichzeitig behauptet, er wolle die amerikanisch-chinesischen Beziehungen verbessern, bereiten Obamas Angriffe die Bühne für eine Konfrontation, vor allem wenn man es in Verbindung mit dem Säbelrasseln im US-Kongreß gegenüber China sieht.

Obamas Hauptvorstoß beim APEC-Gipfel war die sogenannte Transpazifische Partnerschaft (TPP), ein angestrebtes Freihandelsabkommen zwischen einer „Koalition der Willigen“ in der pazifischen Region. Mit der TPP will er „unseren acht Partnern“ in der Region, wie er sie nannte, Freihandel aufzwingen und China weiter isolieren - das sei für einen Beitritt „nicht qualifiziert“. Der von der Los Angeles Times zitierte US-Vertreter erklärte, China „erfülle nicht die Standards für eine Aufnahme, vor allem wegen seiner Billiglöhne“.

Medwedjew abgekanzelt

Bei der Pressekonferenz nach dem APEC-Gipfel behauptete Obama völlig wahrheitswidrig, die USA, China und Rußland seien in der Frage des iranischen Atomprogramms „völlig einer Meinung“. Wie aus russischen diplomatischen Kreisen verlautete, ließ Obama den russischen Präsidenten bei ihrem persönlichen Treffen kaum zu Wort kommen und kanzelte ihn ab. Als Mewedjew Einwände gegen die amerikanische Entscheidung vorbrachte, unilateral ein Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa unmittelbar an Rußlands Grenzen aufzubauen, schimpfte Obama, der sei bloß „Putins Wasserträger“.

Itar-TASS zufolge hatte sich die russische Regierung von vornherein nichts von dem Treffen zwischen Obama und Medwedjew erhofft. Es wurde daher auch gar nicht erst der Versuch unternommen, eine gemeinsame Erklärung zu formulieren, weil in den wichtigsten Fragen - der Raketenabwehr und der US-Kriegspläne gegen den Iran - keine Aussicht auf Einigung bestand. Der russische Botschafter bei der NATO, Dmitrij Rogosin, betonte am Tag nach dem Treffen auf Hawaii in einer öffentlichen Erklärung, dort habe es in der Frage der Raketenabwehr keine Fortschritte gegeben, und sie werde eines der Hauptthemen beim Treffen des Rußland-NATO-Rates sein. Rußland erwarte von den Amerikanern mehr als vage Versprechungen, daß sich dieses Raketenabwehrsystem nicht gegen Rußland richte, sagte Rogosin, es verlange schriftliche und technische Garantien. Der Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Gen. Nikolai Makarow, äußerte sich ähnlich und warnte: „Einseitige Schritte, die vom Bündnis unternommen werden, tragen nichts zur Sicherheit und Stabilität in der Region bei.“

Itar-TASS warnte vor einem „starken Frost“ in den amerikanisch-russischen Beziehungen nach der zu erwartenden Wiederwahl Putins zum Präsidenten. Das Treffen zwischen Medwedjew und Obama auf Hawaii sei wohl ihr letztes Gipfeltreffen gewesen, da Obama mehrere Einladungen Medwedjews, ihn vor dem Ende seiner Amtszeit in Rußland zu besuchen, abgelehnt habe. Putin wiederum hat angedeutet, daß er wahrscheinlich nicht an dem Rußland-NATO-Treffen am Rande des kommenden NATO-Gipfels im Mai 2012 teilnehmen wird.

Derzeit analysiert das russische Militär die möglichen Folgen eines israelischen oder amerikanischen Militärschlags gegen den Iran. Man ist sich also in Moskau durchaus bewußt, daß Obama auf einen solchen Wahnsinnsakt zusteuert - unabhängig davon, ob man dort nun die britische Hand hinter den Provokationen hin zu einem dritten Weltkrieg sieht oder nicht.

Strategische Zusammenarbeit Rußland, Iran und China

Rußland hat der Welt deutlich zu verstehen gegeben, daß ein militärischer Angriff auf den Iran mit einem Angriff auf Rußland gleichgesetzt wird, indem es wenige Tage nach der provokativen Veröffentlichung des Berichtes der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ein umfassendes strategisches Abkommen mit dem Iran schloß. Der Vertrag wurde am 10. November vom Vizechef des russischen Sicherheitsrats Jewegenij Lukjanow und seinem iranischen Amtskollegen Ali Bakeri während Bakeris Moskaubesuch unterzeichnet und betrifft die Zusammenarbeit in Fragen von Wirtschaft, Sicherheit und Nachrichtendiensten.

Am nächsten Tag traf Vizeaußenminister Michail Bogdanow zu Gesprächen mit Außenminister Ali Akbar Salehi und anderen in Teheran ein. Am 10. November hatte Bogdanow den Leiter der Westasien-Nordafrika-Abteilung des chinesischen Außenministeriums, Chen Xiaodon, getroffen, und beide hatten sich bei der Gelegenheit gegen schärfere Sanktionen gegen den Iran ausgesprochen. Präsident Medwedjew hatte schon am 9. November bei einer kurzen Pressekonferenz in Berlin nachdrücklich vor „ernsten Konsequenzen“ der Kriegsrhetorik und vor einem „großen Krieg“ gewarnt.

In der russischen und chinesischen Führung weiß man, daß die existentielle Finanzkrise in der transatlantischen Welt die treibende Kraft hinter der Kriegspolitik ist, wobei der Nahe Osten zum neuen „Sarajewo“ eines gegen die beiden Länder gerichteten Weltkriegs werden kann. So sagte Außenminister Sergej Lawrow am 10. November in einem Interview mit Itar-Tass: „Mit dem Aufstieg anderer Zentren wirtschaftlichen Wachstums und finanzieller Stärke, was mit politischem Muskel einhergeht, ändert sich objektiv der Anteil der USA an der Weltwirtschaft. Sie haben schon nicht mehr genug eigene Mittel, um gewisse Dinge anzupacken, und müssen dafür Unterstützungsgruppen bilden... Wir werden die Mehrdeutigkeit, wie sie die Resolution zu Libyen geprägt hat, nicht mehr tolerieren.“

Ähnlich hieß es am selben Tag in der chinesischen Global Times: „Während die USA und andere westliche Länder mit der Wirtschaft kämpfen, bleibt ihre Militärmacht überlegen. Dieser Gegensatz wird unvermeidlich zu einer Versuchung in ihrem strategischen Denken, aber das hätte zutiefst negative Folgen für den Weltfrieden... Einige meinen, die USA und Israel sollten sich zusammentun, um iranische kerntechnische Anlagen anzugreifen. Das erinnert an diejenigen, die vor einigen Wochen die NATO ermunterten, Syrien anzugreifen. Andere Länder mit einer antiwestlichen Haltung, wie Nordkorea, wurden ähnlich bedroht. Selbst bei größeren Ländern wie Rußland und China haben Elemente in den USA nach einem Angriff gerufen, um deren nukleare Macht ein für allemal zu beseitigen.“

alh

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