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Neue Solidarität
Nr. 41, 12. Oktober 2011

Wirtschafts-Nachrichten

Argentinien: Es gibt ein Leben nach dem IWF!

In verschiedenen europäischen Ländern, besonders Griechenland, Portugal und Irland, wird heftig darüber diskutiert, ob man als Alternative zum brutalen Spardiktat Brüssels und des IWF dem Beispiel Argentinien folgen und dem IWF und den ausländischen Gläubigern eine klare Absage erteilen soll. Als Reaktion darauf haben der IWF und die Regierung Obama ihre Angriffe auf Argentinien wieder verschärft. Die USA haben angekündigt, daß sie gegen neue Kredite der Weltbank an das Land stimmen werden. Kurz zuvor, Mitte September, hatte die amtierende IWF-Direktorin Christine Lagarde angekündigt, der IWF werde die Angaben des argentinischen Statistikamtes über Wirtschaftsprodukt und Inflation nicht mehr verwenden, weil sie „unzuverlässig“ seien, sondern sich Zahlen von „privaten Beratern“ besorgen.

Die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner schoß in einer Rede in der Provinz am 26. September verbal zurück. Der IWF sei nicht nur schuld an Argentiniens Finanzkrise und Insolvenz im Jahr 2001. „Inmitten des katastrophalsten Ruins der neueren Zeit... wollen diejenigen, die direkt für Argentiniens Pleite 2001 und für die in Europa und den Vereinigten Staaten heute verantwortlich sind, immer noch die Welt zwingen, die gleiche Medizin zu schlucken, die sie uns ein Jahrzehnt lang gaben, um uns zu ruinieren! Eine solche Idiotie, eine solche Sturheit ist unvorstellbar. Wie können sie sagen, durch Austerität würde eine Volkswirtschaft reaktiviert und wachsen? Das ist Unsinn!“

Die Präsidentin betonte: „Unsere wirtschaftspolitischen Entscheidungen werden hier in der Casa Rosada [dem Präsidentenpalast] und im Kongreß, hier in unseren nationalen Institutionen gefällt“, nicht in privaten Beraterfirmen oder durch Diktat ausländischer Finanzagenturen. In den achtziger und neunziger Jahren habe der argentinische Kongreß sich ein Bein ausgerissen, um das ausländische Diktat zu erfüllen, „und trotzdem brach die Welt über uns zusammen, und Argentinien brach über uns zusammen“.

Fernandez besuchte Mendoza für eine Feier zum Ausbau des regionalen Stromnetzes. Sie erinnerte daran, daß ihr verstorbener Ehemann und Amtsvorgänger, Präsident Nestor Kirchner, eine besondere Vorliebe für den Infrastrukturaufbau hatte, „weil er davon überzeugt war, daß das Fortschritt ist“. Wenn man Energie in Regionen bringe, die vorher kein Stromnetz hatten, „bringt man Gleichheit, Souveränität und Föderalismus an Orte, die historisch ignoriert wurden“. Ihr Mann habe in seiner ersten Rede vor der UN-Vollversammlung 2003 gesagt, man müsse Argentinien wachsen lassen, denn er habe noch nie von Toten gehört, die Schulden zahlen konnten.

Auch vor der UNO zitierte sie am 21. September aus derselben Rede. Damals war fast ein Viertel der Argentinier arbeitslos, und wegen der Insolvenz des Landes 2001 litten mehr als 50% Armut und Not. Seitdem habe Argentinien in den letzten acht Jahren „seine Verbindlichkeiten umgeschuldet und von 160% auf 30% des BIP gesenkt. Das Ausmaß von Not und Armut ist auf einstellige Prozentzahlen zurückgegangen und wir müssen weiter kämpfen. Die Arbeitslosenquote ist eine der niedrigsten aller Zeiten... 2003 gaben wir 2% unseres BIP für Bildung und 5% für Schuldenzahlung aus. Heute gibt Argentinien 6,47% des BIP für Bildung und 2% für Schuldenzahlung aus.“

In Mendoza unterstrich Cristina Fernandez, ihr Mann und sie hätten stets darauf abgezielt, „die Argentinier zu befreien“, besonders aber die Jugend, der man „ein besseres Land“ hinterlassen wolle, indem man sie „von Not, Scheitern, Enttäuschung und Armut befreit“.

Alaskas Vizegouverneur begrüßt russische Arktispläne

In einem Artikel für die Anchorage Daily News berichtet der Vizegouverneur von Alaska, Mead Treadwell, von einem Treffen „arktischer Akteure“, das am 22. September in Archangelsk stattfand. Das Treffen wurde von Wladimir Putin in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Russischen Geographischen Gesellschaft organisiert. Putin habe dort Rußlands Plan für die Entwicklung der arktischen Region dargelegt und folgende Punkte unterstrichen:

„Noch nie war“, so Treadwell, „ein russisches Staatsoberhaupt so fest entschlossen und bereit, diese Ziele wirklich zu erreichen. Das Land steht hinter Putin. Große Kapitalien, ausländische und russische, waren im Konferenzraum vertreten. Vertreter der Ministerien für Rohstoffe, Umweltschutz und Verkehr, sowie der Regionalregierungen und auch Rußlands Gesandter für die Arktis waren da, um Einzelheiten zu erläutern und zu besprechen. Da waren Delegierte regionaler Volksgruppen genauso wie die Bezirksgouverneure, einschließlich Roman Kopin, Gouverneur von Tschukotka, Alaskas nächstgelegener Nachbarregion.“

Treadwell vergleicht dann die Bemühungen Rußlands, die Arktis zu entwickeln, mit jenen der Vereinigten Staaten beziehungsweise Alaskas: „Während Rußland hellwach die Möglichkeiten in der Arktis sieht, versuchen wir immer noch, Washington aufzuwecken. Und während ich dasaß und mir die russischen Regierungsvertreter anhörte, wurde mir klar, daß wir es viel schwerer haben als unsere Amtskollegen in der russischen Arktis, wo die Nation und die nationale Regierung sowohl die Möglichkeiten als auch die Risiken verstehen.“

Als Schlußfolgerung rief Treadwell dazu auf, Alaska und die USA sollten mit Putins Team zusammenarbeiten und auch in Wettbewerb treten, um die Arktis zu erschließen. 

Nur wenige Tage nach der Konferenz in Archangelsk gab Putin seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaft bekannt.

Container in sieben Tagen von Wladiwostok nach Westeuropa

Die Beschleunigung des Container-Verkehrs von Rußlands Pazifikküste bis nach Westeuropa war Thema der 20. Plenarsitzung des Koordinationsrates für transsibirischen Transport (CCTT) am 28. September in Odessa. An der Tagung nahmen über 200 Delegierte aus 23 Ländern teil.

In der Einführungsrede stellte der Präsident der Russischen Eisenbahnen, Wladimir Jakunin, das Modernisierungs- und Ausbaukonzept für die transsibirische Trasse vor. Die Zielvorgabe sei, Container „mit der Transsibirischen Eisenbahn in sieben Tagen“ von der nordkoreanischen Grenze bis Westeuropa befördern zu können. Mit der Erweiterung des transsibirischen Schienennetzes könnten in Zukunft Güter in sieben Tagen oder weniger vom asiatischen fernen Osten bis Westeuropa transportiert werden. Im Vergleich zum jetzigen Schiffsverkehr auf der Route durch den Suez-Kanal würden sich nicht nur die Transportzeiten, sondern auch die Transportkosten signifikant verringern.

Unter den Prioritäten, die von Jakunin angesprochen wurden, waren die Verbindung der transkoreanischen Haupttrasse mit dem transsibirischen Schienennetz, der Bau von Frachtzentren und der Abschluß von Tarifvereinbarungen im grenzüberschreitenden Verkehr. In Medienberichten wurde Jakunin über die Bedeutung der koreanischen Anbindung zitiert: „Durch Schaffung einer direkten Bahnverbindung mit Südkorea durch die Verbesserung und Modernisierung der transkoreanischen Haupttrasse wird Rußland in der Lage sein, einen optimalen Transitkorridor zwischen Südkorea und Europa zu errichten und kann so mit der Seeverbindung durch den Suez-Kanal erfolgreich konkurrieren.“ Zur Zeit werde von den Russischen Eisenbahnen die Strecke vom Hafen Rajin über Tumaga (beides in Nordkorea) nach Kasan in Rußland gebaut, um dann über Rußlands Eisenbahnnetz den Transport bis nach Europa zu ermöglichen. Auch die laufenden Arbeiten an der Eisenbahnstrecke von der slowakischen Stadt Kosice nach Bratislava und Wien seien Teil des Gesamtkonzepts.