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Neue Solidarität
Nr. 4, 26. Januar 2011

„Nach dem Sturz Ben Alis“

Tunesien. Jacques Cheminade veröffentlichte am 17. Januar in Paris die folgende, an das tunesische Volk gerichtete Erklärung.

Der Sturz Ben Alis bedeutet das Erwachen eines Volkes und einer Armee, die nicht länger von einem Mafiaclan unterdrückt sein wollten. Mein Herz ist bei denen, die sich geopfert haben, aber eine verbale Solidaritätsbekundung reicht nicht aus. Frankreich ist ihnen vieles schuldig, sowohl in Hinsicht auf unsere gemeinsame Geschichte, als auch in Hinsicht auf unsere gemeinsame, unentschuldbare Selbstgefälligkeit der letzten Zeit.

Die Haltung unserer Außenministerin Michèle Alliot-Marie, die dem tunesischen Regime Polizeiunterstützung anbot, spiegelt nur die Tradition der Kompromisse der gesamten politischen Klasse wider, von François Mitterrand über Jacques Chirac bis zu Sarkozy heute. Unter dem Vorwand, die islamische Bedrohung auszuschalten, schützten und unterstützten unsere Regierungen ein Regime, das sein Land ausbeutete - erst durch die Machenschaften des Bruders von Präsident Habib Ben Ali und später die der Familie Trabelsi, die ein finanzielles Banditentum in größtem Umfang betrieb.

In ihrem Interesse zwang der Weltwährungsfonds (IWF) Tunesien im letzten Jahrzehnt zu umfangreichen Privatisierungen, woraus ein großer Raubzug wurde, indem die herrschende Familie mit Hilfe der vom IWF erhaltenen Kredite die gesamte Wirtschaft an sich riß.

Damit muß jetzt für immer Schluß sein. Dies wird die tunesische Regierung allein nicht schaffen, und deshalb ist es unsere Pflicht, ihr zu helfen. Dazu müssen wir endlich unser Denken entkolonisieren.

Der Funken, der das Pulverfaß zur Explosion brachte, war der Preisanstieg bei den Grundnahrungsmitteln in einem Land, in dem die Führung schamlos praßte, während gut ausgebildete und begabte junge Menschen keine Arbeit fanden. Die dann folgende Gewalt der Präsidentengarde und von Teilen der Polizei löste den allgemeinen Aufstand aus. Aber auch wenn Ben Ali und seine Familie jetzt gestürzt sind, bleibt das System an sich bestehen, und die Nahrungsmittelpreise sind nicht gefallen, weil sie durch eine internationale Politik zustande kommen, der das Überleben des Finanzsystems wichtiger ist als das Überleben von Menschen.

Und während wir speziell Tunesien helfen sollten, müssen wir noch mehr gegen diese massenmörderische Dynamik auf der Welt tun, welche die unterentwickelten Länder ganz besonders trifft, weil dort viele Familien 60-80% ihres Einkommens für Nahrungsmittel aufwenden müssen.

Ich schlage deshalb die folgenden Maßnahmen vor:

Den Tunesiern helfen bedeutet, sie von dem imperialen Finanzsystem, das sie unterdrückt, zu befreien und das Prinzip des Fortschritts der Realwirtschaft wieder durchzusetzen. Sagen wir „Nie wieder“ zu einem Räubersystem mit Billigarbeit, Immobilienblasen und Tourismus.

Ben Ali wurde gestürzt. Jetzt muß das System, das ihn hervorgebracht hat, aus Tunesien verbannt werden. Tunesien sollte zum Symbol eines Wiederaufbaus im Herzen einer Weltwirtschaft werden, wie Roosevelt, de Gaulle, aber auch Bourgiba und Mendès-France sie sich vorgestellt haben. Denjenigen, die einwenden, das sei utopisch, antworten wir: Es ist die einzige Alternative zur Politik der finanziellen Globalisierung und die würde noch Schlimmeres hervorbringen als den Ben-Ali-Clan.

Jacques Cheminade