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Neue Solidarität
Nr. 30, 27. Juli 2011

Laserfusion: Kreativität im Dienst der menschlichen Arbeit

Der französische Physiker Jean Robieux (Jahrgang 1925) war Wissenschaftlicher Direktor des CGE-Forschungszentrums in Marcoussis bei Paris und hat in den fünfziger und sechziger Jahren die Laserfusionsforschung begründet. Er übermittelte der Rüsselsheimer Konferenz des Schiller-Instituts die folgende Videobotschaft.

Sehr verehrte Damen und Herren, ich sende meine Grüße aus Frankreich an Frau Zepp-LaRouche und Sie alle, die sie hier an der Konferenz des Schiller-Instituts in Rüsselsheim teilnehmen.

Der Zweck meines Vortrages ist es, Ihnen die Perspektiven aufzuzeigen, welche die Laser-Fusion eröffnet, in einem Kontext, in dem die Nutzung der Kernspaltung zur Erzeugung von Nuklearenergie in Deutschland bedroht ist.

Ich möchte mit Ihnen auch darüber sprechen, wie ich zu meinen Erfolgen kam, wie ich zu diesen Resultate gelangen konnte, damit diejenigen, die mir zuhören, dies zu ihrer Orientierung berücksichtigen können, denn der Zweck der Forschung sind Entdeckungen, und wenn man Fähigkeiten dieser Art hat, dann muß man sie kultivieren.

Ich werde auch demonstrieren, daß sich uns dank der Laser-Fusion wirklich wunderschöne Perspektiven eröffnen - leider weniger schön in Frankreich, als ich gehofft hatte, weil wir es waren, die die Laser-Fusion entdeckten, den Weg bereiteten, aber seit etwa 20 Jahren wurden vor allem die militärischen Anwendungen zum Hauptziel der Arbeiten, während ich ein ziviles Ziel bevorzugt hätte.

Ich stamme aus der Bretagne. In meiner Familie mütterlicherseits waren mehrere Seeleute, während mein Großvater väterlicherseits ein hochqualifizierter Mechaniker in der Werft von Rennes war. Was mich angeht, so war es immer mein Ideal, den Menschen zu dienen. Im Alter von 14 oder 15 Jahren besuchte ich die Schmiede in Jugon, dem kleinen bretonischen Ort, wo ich wohnte. Ich sah, wie die Arbeiter am Amboß arbeiteten, und wollte durch eigene Entdeckungen helfen, ihnen die Arbeit zu erleichtern.

Ich begann zu studieren, und ging schließlich an die Ecole Polytechnique, wo ich auch etwas über Mathematik erfuhr. Nach meinem Abschluß in Luftfahrt wechselte ich an das California Institute of Technology in der Nähe von Pasedena...

Ich begann also meine Arbeit in einer vierköpfigen, sehr fähigen Forschungsgruppe von Doktoranden unter Leitung eines außergewöhnlichen Manns namens Simon Ramo, der die treibende Kraft hinter einem Großteil der amerikanischen Luftfahrtindustrie war. Er verlangte von uns Arbeiten über mathematische und elektromagnetische Fragen, die uns faszinierten, aber wir wurden dabei angehalten, eine wirkliche Entdeckung zu machen, nämlich eine mathematische Beziehung herzustellen, die einem großen Projekt die Orientierung geben sollte.

Und das ist mir gelungen!

Einige Jahre vergingen, und General de Gaulle kam an die Regierung. De Gaulle war ein ganz großer Staatsmann. In den dreißiger Jahren war er bei der Landesverteidigung direkt zur Sache gekommen: Er verlangte den Bau von Panzern, anstatt sich in Festungen zu verschanzen. Bei seinem Amtsantritt 1958 stellte de Gaulle klar, daß er Innovationen fördern werde, und wenn ihm Vorschläge unterbreitet wurden, die ihm lohnenswert erschienen, unterstützte er sie. Damals beauftrage mich die Compagnie Générale d’Electricité (französische Elektrizitätsgesellschaft) damit, eine großes Forschungszentrum aufzubauen, und ich fragte mich, auf welches Gebiet sich die Forschung tatsächlich konzentrieren sollte.

Der Laser war damals gerade erfunden worden. Mit dieser elektromagnetischen Energiequelle läßt sich Energie in einer kurzen Zeitspanne auf ein sehr kleines Volumen konzentrieren. Ich fühlte mich bereits von den außergewöhnlichen Eigenschaften des Lasers angezogen, da ich bei der Compagnie bereits über Elektromagnetismus gearbeitet hatte und mit der Materie sehr vertraut war.

Während der Sommerferien hatte ich mich mit Plasmaphysik beschäftigt und festgestellt, daß Plasmen, die wie die Materie über eine recht hohe Dichte verfügen, eine Resonanzfrequenz im optischen Bereich des elektromagnetischen Spektrums haben. Ich hatte mich mit den Zusammenhängen der Eigenschaften von Plasmen und Lasern befaßt und festgestellt, daß bei der Fokussierung elektromagnetischer Laserenergie in einem sehr kurzen Zeitraum auf ein sehr kleines Volumen die Welle vom Plasma absorbiert wird und dabei sehr hohe Temperaturen und eine sehr hohe Dichte erreicht werden. Ich zog also die Verbindung zwischen diesem Aspekt des Lasers und seinen Möglichkeiten, die sich ergeben, wenn eine Laserwelle von einem dichten Plasma absorbiert wird, und ich hatte erkannt, daß man mit dem Laser sehr hohe Temperaturen und eine sehr hohe Dichte erreichen kann - genau die Bedingungen, die man zur Fusion von Atomkernen braucht.

Ich schloß daraus, daß sich diese Eigenschaften des Lasers in Verbindung mit den Eigenschaften des Plasmas als neue Methode zur Energieerzeugung erweisen würden, durch Kernreaktionen des Wasserstoffs, einer in der Natur reichlich vorkommenden leichtgewichtigen Substanz, sowie des schweren Wasserstoffs, der in etwas geringerer, aber ausreichender Menge in der Natur vorkommt. Ich war damit auf ein neues Konzept zur Energieerzeugung gestoßen, das sich heute Laserfusion nennt, und meine Forschungsergebnisse wurden vom Management meiner Firma an de Gaulle weitergeleitet.

In einem etwa 20seitigen Dokument hatte ich so einfach wie möglich die eben dargestellten Prinzipien zusammengefaßt, und - wie wunderbar - dieses Dokument wurde de Gaulle in seinem Büro überbracht. Er entschied ohne Zögern, daß in dieser Frage sofort Anstrengungen unternommen werden müßten. Damals waren sich die Physikprofessoren durchaus nicht einig, und so war es wahrhaft eine alleinige Entscheidung de Gaulles.

Vom Forschungszentrum der Compagnie Générale d’Electricité, wo ich arbeitete, wurde ich aufgefordert, mit der Abteilung für militärische Anwendungen der Atomenergiebehörde CEA  zusammenzuarbeiten. Wir bauten die Laser, und die Abteilung arbeitete an den Wechselwirkungen zwischen Laserpuls und dem Plasma, dem Phänomen, das bei der Kernfusion eine entscheidende Rolle spielt.

Wir erlebten dann eine herrliche Zeit, denn de Gaulle hatte einem Kapitän zur See, der keine hundert Meter von de Gaulles Büro im Elysée-Palast entfernt wohnte, die Vollmacht erteilt, die Forschungsarbeiten ohne jede Behinderung voranzutreiben...

Wir arbeiteten mit aller Kraft, wir hatten ein dynamisches Team, und wir erhielten alles, was wir brauchten. Wenn es Probleme gab, stellte der Elysée das Geld zur Verfügung. Uns gelang es, Laser zu bauen, die in sehr kurzen Pulsen 500 Joules abgaben, wohingegen die Russen und Amerikaner dachten, sie seien schon ziemlich weit, als sie 1967 nur 25 Joules erreichten.

Unsere jungen amerikanischen Kollegen verbreiteten die Nachricht, daß die Franzosen große Fortschritte machten, und Präsident Johnson wandte sich an de Gaulle um Hilfe. De Gaulle antwortete sofort, „Selbstverständlich!“, und Charles Bohlen, der US-Botschafter, besuchte das Marcousi-Forschungszentrum, wo ich arbeitete. Er verbrachte den ganzen Vormittag in unserem Labor und stellte sehr eindringliche, intelligente Fragen und wollte schließlich meine Meinung hören: „Der Präsident der Vereinigten Staaten hat mich hergeschickt, um herauszufinden, ob Ihre Arbeit lohnenswert ist. Ich sehe, daß sie es ist, aber meinen Sie, eine Zusammenarbeit mit den USA könnte wirklich funktionieren?“

Ich sagte ihm: „Herr Botschafter, ich habe Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten. Wir französischen Elektronikingenieure haben herzliche Beziehungen mit den Amerikanern, und ich bin sicher, wir werden uns glänzend verstehen.“

Genau das geschah, und die Arbeit machte Fortschritte. Fast 20 Jahre lang behaupteten die Franzosen eine führende Position, doch die USA holten allmählich auf. Von 1962 bis 1980 brachen die Franzosen die Bahn, während die USA dank unserer Arbeit erhebliche Fortschritte machten.

Das war die Lage bis etwa 1980, als die französische Regierung sich auf eine neue Abschreckungs-Verteidigungsdoktrin verlegte. Sie besteht darin, daß man von U-Booten sehr starke Bomben, Wasserstoffbomben, abfeuern kann, deren zerstörerische Wirkung auf der Kernfusion basiert - statt nützliche Reaktoren zur Energieerzeugung zu bauen. Etwa 1992 verlegte man sich bei der Arbeit in Frankreich darauf, eine Bombe zu verbessern, die wir bereits hatten, während die Arbeiten an einem Fusionsreaktor zur Stromerzeugung gestoppt wurden.

In den USA hingegen wurden die Anstrengungen zum Bau eines Reaktors zur Stromerzeugung ausgeweitet. Auf dem letzten Kongreß in San Francisco, an dem ich teilnahm, führte ich herzliche Gespräche mit den amerikanischen Kollegen, die sich gut daran erinnerten, daß es die Franzosen gewesen waren, die ihnen schon ganz früh geholfen haben. Mr. Moses, der die Forschungsarbeiten in San Francisco leitet, meinte - und bekräftigte es persönlich mir gegenüber -, daß sie seines Erachtens etwa 2040 in der Lage sein werden, die Möglichkeit der Kernfusion zu demonstrieren, und daß etwa 20 Jahre danach, um 2060, ein erster Prototyp gebaut werden könnte. Das ist ein dynamisches Team, auf das man zählen kann...

Das wichtigste ist nicht, daß man sagt „wir brauchen eine Landesverteidigung, damit niemand kommt und uns kaputtmacht“ - das ist zweifellos ein wichtiges Anliegen, aber weit wichtiger ist es, das Leben auf der Erde zu erhalten und entsprechend dafür zusammenzuarbeiten. Leben auf der Erde zu erhalten, beruht letztendlich auf Wissenschaft, eine Idee, die Ihnen ja sehr am Herzen liegt. Die Menschheit macht so gewaltige Fortschritte, daß sich unser Wissen über die Welt ständig erweitert; so haben wir beispielsweise entdeckt, daß um die Sonne und die Erde viele Galaxien existieren. Wir wissen, daß auf anderen Planeten andere Formen menschlichen Lebens existieren könnten. Es ist genauso gewiß, daß wir nicht länger auf der Erde werden leben können, wenn wir uns nicht auf Grundlage der Wissenschaft organisieren, wenn wir uns hier auf der Erde nicht die großen Entdeckungen Einsteins und Plancks zunutze machen, die gezeigt haben, daß Energie in der Masse enthalten ist und daß wir aus dieser Masse Energie extrahieren müssen.

Der Grund, warum wir Laserfusion betreiben sollten, ist, daß dies eine geeignete Methode ist, Masse aus dem Wasserstoff, einem überall verfügbaren Stoff, zu extrahieren. Die Methode ist effizient und bedeutet eine neue Einsatzweise von Lasern, um die erforderlichen Dichte- und Temperaturbedingungen zu erreichen. Der Laser wird hierfür eingesetzt, und damit können wir umweltfreundliche Energie im Überfluß herstellen, die die Erde nicht zerstört, und wir können Nahrungsmittel auf radikal andere Weise herstellen. Wenn wir reichlich elektrische Energie zur Verfügung haben, läßt sich diese in optische Energie verwandeln, um Pflanzen im Sommer wie im Winter, Tag und Nacht in großer Menge wachsen zu lassen. Die Produktion läßt sich dann auf ganz andere Weise organisieren, und dank der Wissenschaft wird der Hunger von der Erde verschwinden - Hunger, an dem heute Hunderte von Millionen Menschen leiden...

Mein Leben nähert sich seinem Ende. Ich versuche deshalb, eine Botschaft zu formulieren, die an die Jugend weitergegeben werden kann. Ich möchte gerne mitteilen, daß man den Dingen immer auf den Grund gehen muß. Ich nehme dafür de Gaulle als Beispiel: Er drang immer zum Kern der Sache vor, wie etwa bei seiner Forderung, eine bewegliche Armee aufzustellen, anstatt sie hinter Verschanzungen zu verstecken.

Zum Kern der Sache vorzudringen, bedeutet im Leben, nicht bloß eine zweistündige Prüfung zu absolvieren, bei der bereits gelernte Methoden abgefragt werden, mit denen man zu einer schon lange bekannten Lösung kommt. Der Kern der Sache ist die schöpferische Fähigkeit des Menschen, und diese Fähigkeit muß bei jungen Männern und Frauen herausgekitzelt werden, damit sie ihre Vorstellungskraft nutzen lernen. Deswegen habe ich darauf hingewiesen, welche entscheidende Rolle das California Institute of Technology (Caltech) in meiner Karriere gespielt hat, als ich erkannte, daß ich eine Entdeckung machen konnte - vorausgesetzt ich konnte mir dafür fünf oder sechs Monate Zeit nehmen.

Denken wir an die Laserfusion. Ich habe sie 1961 entdeckt. Damals dachte ich, wir würden sie ziemlich schnell entwickeln können, doch was ist heute? Zwischen den sechziger Jahren und dem Zeitpunkt, wo sie tatsächlich einsetzbar sein wird, wird ein Jahrhundert vergangen sein. Das sollte uns nicht sehr überraschen - solche Dinge brauchen Zeit.

Halten wir fest, daß es das menschliche Leben auf der Erde ist, das erhalten werden muß, und daß wir unsere schöpferischen Fähigkeiten bewahren müssen, um andere Welten zu entdecken. Priorität müssen Methoden bekommen, die uns das Überleben auf der Erde ermöglichen - diesen Punkt müssen wir verstehen.

Zusammengefaßt würde ich sagen, das entscheidende an der Existenz der Menschheit ist das Fortschreiten zu einem immer tieferen wissenschaftlichen Erkenntnis für die Fähigkeit zu besserer Arbeit. Man muß das wesentliche herausfinden und die Forschung so ausrichten, daß der Menschheit am besten gedient ist.