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Neue Solidarität
Nr. 23, 8. Juni 2011

Bewegung gegen Atomausstieg wächst

Aus Wirtschafts- und Gewerkschaftskreisen hört man jetzt endlich Widerspruch gegen die Atomausstiegspolitik.

In den letzten Tagen scheinen wichtige Kräfte in der Wirtschaft und in den Gewerkschaften aus ihrer Schockstarre zu erwachen, in die sie nach der plötzlichen Kehrtwende der Bundesregierung in der Frage der Energiepolitik verfallen waren. Einige Beispiele:

* Gewerkschaften: Dem offenen Brief der Arbeitnehmer der bayerischen Atomstandorte Isar 1 und 2 an die Adresse der CSU (siehe Neue Solidarität 22/2011) folgte jetzt ein offener Brief der Betriebsräte aller Atomkraftwerksbetreiber an die Bundesregierung. Außerdem veranstaltete die für den Energiesektor verantwortliche Gewerkschaft IG BCE am 30. Mai in Berlin eine bundesweite Betriebsrätekonferenz in Reaktion auf das atomfeindliche Gutachten der sog. „Ethikkommission“.

Überdies legte auch der Vorsitzende der IG BCE in Hessen und Thüringen, Volker Weber, seine Zurückhaltung ab und attackierte Thomas Schäfer-Gümbel, den Landesvorsitzenden der SPD Hessens. Der nämlich lehnt die geplante wichtige Modernisierung des Blocks IV im Kohlekraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg ab, obwohl die SPD-Kommission „Energiewende in Deutschland“ unter seinem eigenen Vorsitz erst vor kurzem diesem sowie neun weiteren geplanten Kohlekraftwerksprojekten zugestimmt hat. Das ist ein krasser Bruch der Vereinbarungen von Seiten der SPD. Denn diese hat sich die Zustimmung der Gewerkschafter zu ihrem Anti-Atomkurs, mit der übrigens durch Parteichef Gabriel noch einmal persönlich bekräftigten Zusage erkauft, die Sozialdemokraten würden an den zehn geplanten Kohlekraftwerksprojekten festhalten und diese gegen die grüne Forderung zum Ausstieg verteidigen.

* Schweiz: Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, economiesuisse, der 30.000 Unternehmen mit etwa 1,5 Mio. Beschäftigten vertritt, hat in einer Pressemitteilung vom 25. Mai das Atomausstiegsszenario der Schweizer Regierung angegriffen. Die Bundesrat in Bern hat als spätesten Ausstiegstermin das Jahr 2034 festgelegt. In der economysuisse-Erklärung mit dem Titel „Energieversorgung gefährdet, Parlament gefordert“ heißt es:

„Da heute noch nicht absehbar ist, wann und wie die Kernenergie ersetzt werden kann, würde die Versorgungssicherheit in der Schweiz nach dem bundesrätlichen Entscheid gefährdet. Zudem würden höhere Preise die Bevölkerung und die Wirtschaft mit ihren Arbeitsplätzen massiv belasten. economiesuisse lehnt diesen unseriösen, widersprüchlichen und unverantwortlichen Beschluß ab. Die Alternativen des Bundesrates sind nicht glaubwürdig und basieren auf unrealistischen Annahmen...

Schon heute muß die Schweiz im Winter rund 15 Prozent ihres Strombedarfs importieren. Da in Europa bereits mittelfristig gravierende Versorgungsengpässe drohen, sind zusätzliche Importe und die damit verbundene Auslandabhängigkeit für die Wirtschaft keine Option...

Für die Schweizer Wirtschaft sind wettbewerbsfähige Strompreise von elementarer Bedeutung. Mit dem bundesrätlichen Entscheid droht nun ein massiver Preisanstieg. Die Schweizer Unternehmen, die bereits mit dem hohen Frankenkurs zu kämpfen haben, verlieren dadurch weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere die Arbeitsplätze im industriellen Bereich sind gefährdet...

Das Parlament ist nun gefordert, eine wirtschaftsverträgliche Lösung zu finden und diesen unverantwortlichen Beschluß zu korrigieren. Dazu gehört insbesondere die Entwicklung einer Gesamtenergiestrategie unter Einbezug der Wirtschaftsverbände. Zudem sollte über das definitive Ausscheiden der Option Kernenergie erst entschieden werden, wenn das Potential der verfügbaren Alternativen seriös eingeschätzt werden kann und die technologischen Möglichkeiten der neusten Reaktorgeneration bekannt sind. Für die Wirtschaft ist klar, daß eine allfällige Abkehr von der bisherigen zuverlässigen, wettbewerbsfähigen, umweltfreundlichen und unabhängigen Stromversorgung vom Volk legitimiert werden muß.“

Die vollständige Erklärung finden Sie auf der Internetseite von economiesuisse unter http://www.economiesuisse.ch/de/Seiten/_default.aspx.

* Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages (TAB): Wem aus berechtigten Gründen nicht ganz wohl dabei ist, wenn gewisse Leute versuchen, den totalen Atomausstieg Deutschlands zu besiegeln, und leichterdings auf eine ungewisse Zukunft auf der Grundlage „erneuerbarer Energien“ hinarbeiten, die für eine kalkulierbare Grundlastversorgung nicht geeignet sind, der sollte unbedingt in den neuen Bericht schauen, den das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages (TAB) am 25. Mai in einer Sitzung des Bundestagsausschusses für Forschung und Bildung vorlegte. Dieser Bericht nimmt zwar nicht zu den direkten Auswirkungen eines Ausstiegs aus der Atomkraft Stellung, seine Schlußfolgerungen zu den Folgen schwerer Unterversorgung mit Strom oder sogar Stromausfällen sollten aber jeden, der an einer sicheren Versorgung interessiert ist, alarmieren.

Aus dem TAB-Bericht geht hervor, daß bereits eine schwere Störung der Stromversorgung über zwei Tage hinweg erhebliche Probleme in der Aufrechterhaltung wesentlicher Infrastrukturbereiche (Transport, Gesundheit, Wasser usw.) schaffen würde. Der Krankenhaussektor wäre nach 48 Stunden ernstlich in seiner Funktion gestört, und ein länger anhaltender Stromausfall würde sogar in eine „nationale Katastrophe“ führen. Das Szenario eines zweiwöchigen Ausfalls der Stromversorgung in nur einigen Bundesländern gleichzeitig würde, so der TAB-Bericht, „wegen der nahezu vollständigen Durchdringung des Lebens und der Wirtschaft mit elektrischen Geräten einen Kollaps der Gesellschaft als ganzer“ verursachen.

Eine Vorwarnung in Bezug auf die Folgen eines tagelangen Stromausfalls gab es 2005, als im  Münsterland im November eine viertelmillion Menschen bis zu sieben Tage vom Stromnetz abgeschnitten war: Damit einher gingen der Ausfall von Haushaltstechnik wie Telefon, Heizung und Fernsehen sowie Versorgungsengpässe bei Nahrung und Wasser. Obwohl die Unterbrechung der Stromversorgung allenfalls einige Tage andauerte und begrenzt auftrat, zeigten sich massive Funktions- und Versorgungsstörungen, Gefährdungen der öffentlichen Ordnung sowie Schäden und Produktionsausfälle in Milliardenhöhe. Bei einem großflächigen, länger andauernden Stromausfall wäre eine Potenzierung dieser Effekte mit dramatischen Konsequenzen zu erwarten.

„Die öffentliche Sicherheit wäre gefährdet, und der Staat könnte nicht länger seinen im Grundgesetz festgeschriebenen Pflichten, das Leben und die Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen, nachkommen“, warnt das TAB. Die 136-seitige Studie ist über die Internetseite des Bundestags nachzulesen unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/056/1705672.pdf.

In den letzten Wochen haben Experten immer wieder davor gewarnt, daß ein Totalausstieg aus der Kernenergie vor allem Süddeutschland treffen würde, denn dort wird mehr als 50% der Stromversorgung aus Kernkraft bereitgestellt. Spätestens im Winter sei von Stromausfällen und Blackouts auszugehen, wenn die sieben ältesten deutschen Reaktoren mit einer Kapazität von 8000 MW weiterhin abgeschaltet blieben.

eir