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Neue Solidarität
Nr. 15, 13. April 2011

Debatte über Notwendigkeit der Kernkraft

Kernenergie. Inzwischen melden sich in den Massenmedien auch einzelne Stimmen zu Wort, die auf die Unmöglichkeit eines Ausstiegs aus der Kernenergie und die Vorteile der neuesten Reaktortypen hinweisen.

Deutschland muß seit dem 17. März Strom importieren, durchschnittlich 2500 MWh am Tag - während wir bis dahin durchschnittlich 3500 MWh in unsere Nachbarländer exportierten. Der Grund: das Abschalten der sog. alten Kernkraftwerke im Zuge des „Moratoriums” der Regierung. Vor allem stammt der Strom aus Frankreich und Tschechien, wo bekanntlich viel Atomstrom produziert wird. Angeblich sei der deutsche Bedarf gedeckt, auch wenn man zugibt, daß die Betreiber ihre Netze „mehr als sonst am Rande ihrer Leistungsfähigkeit” führten, so der Präsident der Bundesnetzagentur Matthias Kurth. Gleichzeitig wurden „leichte Strompreiserhöhungen” in Aussicht gestellt.

Die Realität, die uns durch die Atomausstiegspolitik der grün-schwarz-roten Einheitsideologen droht, nannte der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn am 29. März im Handelsblatt zu Recht eine „Energiewende ins Nichts... Wer glaubt, durch den Ausbau grüner Energiequellen ließe sich eine moderne Industriegesellschaft versorgen, verweigert sich der Realität.”

Dann plädiert Sinn für die „dringende Erforschung der Kernfusion.” Deutschland habe  „mit seinem Stellerator in Greifswald die Nase vorn, aber es wendet dafür nur ein Sechzigstel der öffentlichen Mittel auf, die die grünen Energien durch die Einspeisesubventionen erhalten. Die Kernfusion gibt konstruktionsbedingt praktisch keine radioaktive Strahlung ab, und sie ist auch nicht mit dem Risiko eines Atomunfalls behaftet.”

Und weiter: „Bis dahin wird man ohne die konventionelle Atomkraft nicht auskommen können. Sicher ist sie gefährlich. Aber vieles, was Nutzen stiftet, ist gefährlich. Wir fliegen trotz der vielen Flugzeugunglücke, und trotz Tausender Verkehrstoter fahren wir immer noch Auto. Auch sind die Passagierschiffe trotz der Titanic nicht ausgestorben. Man muß die Reaktoren eben sicherer machen. Die neuen Druckwasser-Reaktoren von Flamanville und Olkiluoto haben neben einer Vielzahl von redundanten Sicherungssystemen Core-Catcher, mit deren Hilfe sich sogar die Kernschmelze beherrschen läßt. Außerdem sind sie durch extrem robuste, doppelwandige Containments wirksam gegen Flugzeugabstürze gesichert. Sie sind teuer, aber sie sind eine Alternative.”

Dresdener Professor verweist auf den inhärent sicheren HTR

Prof. Antonio Hurtado, der Direktor des Instituts für Energietechnik an der Technischen Universität Dresden, wies am 18. März in einem Interview mit Die Welt („Gibt es sichere Kernkraftwerke?”) auf die Vorteile des inhärent sicheren und in Deutschland entwickelten Hochtemperaturreaktors (HTR) hin. Er erklärte ausführlich, warum der HTR inhärent scher ist.

Im ersten Teil des Interviews ging er auf die Ereignisse in Fukushima ein. Auf die Frage, ob sich Kernkraftwerke nicht so konstruieren ließen, daß ein Super-GAU grundsätzlich ausgeschlossen ist, auch wenn alle Sicherheitssysteme versagen, antwortete Hurtado: „Das kann man durchaus. In China sind derzeit zwei Reaktoren in Bau, die inhärent sicher sind. Es sind Kugelhaufenreaktoren, bei denen der Brennstoff nicht in Form von Urandioxid-Pellets in Stäben, sondern als sogenannte coated particles vorliegt. Die beiden neuen Reaktoren in China werden eine thermische Leistung von je 200 Megawatt haben.” Er wies dann darauf hin, daß der HTR, als sog. Kugelhaufenreaktor wesentlich in Deutschland am Forschungszentrum Jülich und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen entwickelt wurde.

Hier einige der weiteren Erläuterungen:

Frage: Warum kann in Reaktoren dieses Typs keine Kernschmelze auftreten?

Hurtado: Bei den heutigen Kernkraftwerken kommen bekanntlich Brennelemente zum Einsatz, in denen das spaltbare Material in zylindrischen übereinanderliegenden Pellets vorliegt. Als Hüllrohrmaterial wird das bereits erwähnte Zirkalloy verwendet. Die Grundidee zur Konzeption eines selbsttätig sicheren Reaktors besteht hingegen darin, den Brennstoff in viele Teilvolumina aufzuteilen. Hier liegt der Brennstoff in sphärischer Form mit einem Durchmesser von 0,5 bis 0,8 Millimeter vor. Aus sicherheitstechnischer Sicht ist evident, daß diese Partikel dreifach beschichtet sind. Neben zwei Graphitschichten sieht dieses Brennelementkonzept eine keramische Schicht aus Siliziumkarbid vor, das extrem hart und verschleißfest ist. Darüber hinaus ist diese Schicht bis ca. 1620 Grad Celsius temperaturfest und stellt die eigentliche Barriere für die strahlenden Spaltprodukte dar. Die Brennstoffpartikel sind homogen eingebettet in einer Graphitkugel mit einem Durchmesser von fünf Zentimetern. Eine fünf Millimeter dicke Schutzschicht vollendet das Brennelement mit einem Durchmesser von sechs Zentimetern.

Frage: Und warum kann bei diesem Brennstoff keine Kernschmelze entstehen?

Hurtado: Das ist eine Frage der geometrischen Gestaltung sowie der Wahl der Aufbaumaterialien zur radialen Wärmeableitung. Wenn man einen solchen Kugelhaufenreaktor sehr schlank baut, d.h., wenn er ein großes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen hat, dann können die Brennelement-Kugeln hinreichend viel Wärme einfach an die Reaktoraußenwand abgeben, welche naturgesetzlich, das heißt ohne Fremdenergie, abgeführt werden kann. Selbst bei einem Ausfall aller Kühlsysteme kann ein solcher Reaktor die Nachwärme problemlos abgeben, weil Graphit als Material für Kernstrukturen bei hohen Temperaturen eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit besitzt. Die Kugeln werden dabei in einem Reaktor von drei Meter Durchmesser rund 9,40 Meter hoch aufgeschüttet. Dieser Reaktortyp mit Helium als Kühlmittel ist in der Lage, sich ohne jede externe Kühlung selbsttätig zu stabilisieren...

Frage: Geht aber nicht gerade vom Graphit ein großes Sicherheitsrisiko aus? In Tschernobyl war es ja Graphit, das tagelang im Reaktor brannte und damit entscheidend zum Ausmaß der Katastrophe beigetragen hat?

Hurtado: Den Kugelhaufenreaktor kann man ganz und gar nicht mit dem Reaktor von Tschernobyl vergleichen. Der besaß einen sogenannten positiven Temperaturkoeffizienten. Das heißt, bei steigender Temperatur steigt die Leistung des Reaktors weiter an, und es wird noch heißer. Das ist ein fataler Mechanismus. Der Kugelhaufenreaktor hat jedoch einen negativen Temperaturkoeffizienten. Bei einer Temperaturerhöhung werden mehr Neutronen absorbiert, dadurch sinkt die Reaktivität, so auch die Reaktorleistung und damit die Temperatur im Reaktorkern...

(Das ganze Interview finden Sie auf der Internetseite der Welt unter http://www.welt.de/print/die_welt/wissen/article12871902/Gibt-es-sichere-Kernkraftwerke.html)