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Neue Solidarität
Nr. 10, 9. März 2011

Senator Peterlini stellt Anfrage zu Angelides-Bericht

Italien. Der südtiroler Senator Oskar Peterlini hat im italienischen Senat eine Anfrage an die Regierung eingebracht, um sie zu einer Stellungnahme zum Bericht der FCIC zu veranlassen.

Senator Oskar Peterlini von der Südtiroler Volkspartei hat im italienischen Senat in einer parlamentarischen Anfrage an die Regierung auf den Bericht der amerikanischen Kommission zur Untersuchung der Finanzkrise hingewiesen und gefragt, ob sie diesen Bericht studiert hat, was ihre Einschätzung zu den Schlüssen der Angelides-Kommission ist, welche Maßnahmen sie ergreift, um eine Reform des weltweiten Finanzsystems herbeizuführen, und ob sie es nicht für notwendig hält, in dieser Lage das Glass-Steagall-Trennbankenprinzip im italienischen Finanzsystem einzuführen. Senator Peterlini erwartet, daß sich in den kommenden Tagen weitere Senatoren der Anfrage anschließen werden, deren Zweck es ist, eine öffentliche und offizielle Debatte über diesen Vorschlag in Gang zu setzen.

Die Anfrage hat den Titel „Die Angelides-Kommission und Glass-Steagall: Reorganisiert das Finanzsystem, um eine noch schlimmere Krise zu verhindern!“ und lautet folgendermaßen:

„Am 27. Januar 2011 hat die Untersuchungskommission zur Finanzkrise (FCIC), die 2009 vom US-Kongreß einberufen wurde, um die Ursachen des Finanzkrachs von 2007-2008 festzustellen, ihren Bericht vorgelegt, der nach dem Namen des Vorsitzenden der Kommission, Philip Angelides, auch als Angelides-Report bekannt ist. Der Report liefert eine außerordentliche, wahrheitsgemäße Darstellung des jahrzehntelangen Prozesses der Deregulierung der Banken, des Schattenbankwesens und der Spekulation mit Finanzderivaten, die zu dem globalen Finanzkrach geführt haben. Er betont, daß die Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes im Jahr 1999, nachdem die Federal Reserve schon in den neunziger Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen hatte, um das Gesetz abzuschwächen, ein zentraler Faktor für den Ausbruch der Krise war.

Wie schon in der Resolution von Peterlini et. al. vom 29. Juni 2010 (Atto di Sindacato Ispettivo No. 1-00287) dargestellt, ,untersagte das Glass-Stegall-Gesetz die Vermischung gewöhnlicher Bankgeschäfte, also Kontenführung, Hypotheken und Kredite an Unternehmen, mit den spekulativen Aktivitäten, die insbesondere in den letzten beiden Jahren ihr wahres Gesicht gezeigt haben und die Welt in eine beispiellose Wirtschaftsdepression zu stürzen drohen’. Neben diesem US-Gesetz garantierte das gleiche Prinzip bis in die neunziger Jahre auch die Stabilität des Bankensektors in Europa. Tatsächlich erlaubte es der Prozeß der Deregulierung, der in den achtziger Jahren begann und sich in der gesamten westlichen Welt ausbreitete, die Schaffung einer Serie von Finanzblasen, die alle auf einen einzigen Prozeß der Transformation zurückgeführt werden können, der ungefähr drei Jahrzehnte dauerte: von hochindustrialisierten Volkswirtschaften, in denen das Finanzsystem im Dienste produktiver Aktivitäten stehen sollte, gab es einen Übergang zu zunehmend ,nachindustriellen’ Volkswirtschaften, in denen der Finanzsektor über alles andere dominierte und eine fortschreitende Senkung des Lebensstandards für die Mehrheit der Bevölkerung bewirkte, im Gegensatz zu einer zeitweiligen Bereicherung derer, die direkt an dem nun globalen System des Glücksspiels beteiligt waren.

In diesem Kontext ist der Angelides-Report von fundamentaler Bedeutung. Heute hört man allerorten, daß die Anzeichen für die Krise offensichtlich waren, und viele wußten, daß die Blase platzen mußte. Aber man kann nicht bestreiten, daß praktisch die gesamte Klasse der Politiker und Ökonomen des Westens die Schaffung dieses Systems akzeptierte und förderte, eines Systems, das in den Worten der US-Kommission ,in vielerlei Hinsicht immer noch unverändert fortbesteht, verglichen  mit dem, was am Vorabend der Krise existierte’.

In den letzten drei Jahren sagten Regierungen und Zentralbanken, daß die Rettung der Institute, die auf Kosten aller spekulierten, notwendig sei, um eine noch schlimmere Katastrophe zu vermeiden; daß die Lage, die sich 2007-2008 entwickelte, der ,vollkommene Sturm’ sei, der um jeden Preis gestoppt werden müsse, um die Zeit zu gewinnen, die man brauche, um neue Regeln zu schreiben. Aber die Angelides-Kommission stellt fest: ,In mehr als 30 Jahren Deregulierung und des Sichverlassens auf die Selbstregulierung der Geldinstitute, wie es der frühere Vorsitzende der Federal Reserve Alan Greenspan und andere propagierten - unterstützt von jeder neuen Regierung und jedem neuen Kongreß sowie durch das aktive Drängen der einflußreichen Finanzbranche in jeder neuen Entscheidungssituation -, wurden wesentliche Schutzmechanismen aufgegeben, die dazu hätten beitragen können, die Katastrophe zu vermeiden.’

Leider müssen wir feststellen, daß keine neuen Regeln geschrieben wurden. Trotz einer hitzigen öffentlichen Debatte in den Vereinigten Staaten und einer Diskussion in Europa, die weitgehend hinter der Bühne stattfindet, ist das Glass-Steagall-Prinzip - die Trennung der spekulativen Aktivitäten von den normalen - immer noch nur eine geschichtliche Erinnerung. Angesichts einer anhaltenden Serie neuer Krisen in Europa sagt man beispielsweise, daß Hunderte von Milliarden ausgegeben werden müßten, um die in Krisen befindlichen Länder zu ,retten’, aber wenn wir genauer hinschauen, ist es eine Tatsache, daß diese (öffentlichen) Gelder in den Schatzkammern der gleichen Banken enden, die weiterhin kurzfristige Gewinne suchen und das Wohl von Millionen Menschen gefährden, während gleichzeitig die Bürger der betroffenen Nationen aufgefordert werden, große Opfer zu bringen, und ihren Gürtel noch enger zu schnallen als zuvor. Die Notwendigkeit, die reale Wirtschaft und die Familien vor den spekulativen Finanzblase zu retten, könnte nicht klarer sein.

Angesichts der Tatsache,

daß die Grundstruktur des Finanzsystems, wie es die Angelides-Kommission beklagt, unverändert ist und eine unbestimmte Zahl weiterer künftiger Krisen auszulösen droht, die nach der Erfahrung der letzten drei Jahre nur zu weiteren Opfern für die einfachen Menschen führen werden, ohne Aussicht auf ein reales und dauerhaftes Wirtschaftswachstum,

und in Erinnerung daran,

daß der Senat am 28. Juli 2009 mit befürwortender Position der derzeitigen Regierung der von den Senatoren Peterlini und anderen eingebrachten Resolution No. 1-00171 zugestimmt hat, die die Regierung auffordert, darauf hinzuarbeiten, ,eine fundamentale Änderung des internationalen Währungs- und Finanzsystems auf der Grundlage der Prinzipien des Neuen Bretton Woods zu bewirken, daß wirtschaftliches Wachstum auf dem Fortschritt der Realwirtschaft und der Verbesserung der tatsächlichen Lebensbedingungen aller Menschen auf der Welt beruhen muß und nicht auf spekulativen Mechanismen als Quelle illusorischer Gewinne, die in Wirklichkeit das Wohl und die Stabilität der Gesellschaft schädigen’,

wird die Regierung gefragt,

- ob sie die Schlußfolgerungen der vom US-Kongreß eingesetzten Untersuchungskommission zur Finanzkrise studiert hat, und wie die Regierung diese Schlußfolgerungen in Bezug auf die derzeitige italienische und weltweite Lage einschätzt;

- welche Maßnahmen die Regierung auf internationaler Ebene ergreift, um ,eine fundamentale Änderung des internationalen Währungs- und Finanzsystems auf der Grundlage der Prinzipien des Neuen Bretton Woods zu bewirken’;

- und ob die Regierung es nicht für notwendig hält, die italienischen Bankengesetze zu revidieren, mit dem Ziel, sicherzustellen, daß die Ausgabe und der Verkauf von Wertpapieren und insbesondere all jener spekulativen Finanzinstrumente, die als ,Derivate’ bezeichnet werden (Futures, Optionen, Swaps etc.) völlig von den gewöhnlichen Aktivitäten (Kontenführung und Kredite) der Geschäftsbanken getrennt werden.“

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Italien: Senat fordert systemische Reform
- Neue Solidarität Nr. 32/2009
Senator Oskar Peterlini: „Wir brauchen LaRouches Neues Bretton Woods“
- Neue Solidarität Nr. 14/2009
Bretton-Woods-Debatte im italienischen Senat
- Neue Solidarität Nr. 42/2008