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Neue Solidarität
Nr. 49, 8. Dezember 2010

Die verlorene Generation von 1936

Maxine Davis fuhr damals als Journalistin 10.000 Meilen mit dem Auto quer durch die USA, um junge Menschen zu interviewen, damit sie sich ein Bild von deren Situation machen konnte. Dieses Buch spielte auch eine Rolle in der Politik Roosevelts, denn um so genauer man eine Situation kennt, um so besser kann man auf sie Einfluß nehmen. Ein Auszug:

„Wir hier in den USA sind abhängig davon, daß 21 Mio. Jungen und Mädchen zwischen 16 und 24 das Land führen werden. Sie werden es sein, die Präsidenten wählen, sie werden an der Spitze von Telefon- und Elektrizitätsfirmen sitzen, sie werden deren Leitungen verlegen und das Kupfer dafür fördern und auch die Dämme dafür errichten. Sie werden Lokomotiven fahren und auch die Milchwägen. Sie werden Bankvorstände sein und Lehrer an Schulen. Sie werden an den Fließbändern der Automobilfabriken arbeiten und Häuser bauen und Schuhe machen. Sie werden Viehzucht betreiben, Getreide anbauen und uns die Nachrichten berichten. Sie sind also dafür verantwortlich, alles weiter zu führen.

Unsere Jungs und Mädchen sind in dem Glauben aufgewachsen, daß Amerika das gelobte Land ist. Sie können sich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann sie es zuerst gehört haben, daß das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit genau so unantastbare Rechte sind, wie zu atmen, zu sehen und zu riechen. Genau so, wie es natürlich ist, einmal in den Stimmbruch zu kommen, ist es für unsere jungen Männer natürlich, daß Bildung und harte Arbeit das „Sesam öffne dich“ sind für einen guten und sicheren Arbeitsplatz sind, für ein eigenes Heim und einen ehrenvollen Platz in der Gesellschaft.

In den vergangenen Jahren haben viele von ihnen herausgefunden, daß dies alles nicht stimmt. Die ältere Generation hat sie verraten und hintergangen...

Die vergessene Generation der dreißiger Jahre hat ihre ganz eigenen Behinderungen, die genau so schlimm sind wie die, welche durch Granaten und Giftgas entstehen. Sie haben nie eine normale Welt gekannt.

Unsere jungen Menschen sind das Resultat einer psychotischen Zeit. Jungen und Mädchen, die 1935 in ihr Wahlalter kamen, wurden ca. 1914 geboren. Ihre ersten Erinnerungen sind Massenmord und Kriegshysterie. Die nächsten Erinnerungen waren dann die zynischen Reaktionen auf die Kriegssentimentalität und die Sinnlosigkeit des Kriegs. Ihre Zeit als Heranwachsende war geteilt zwischen dem krassen Materialismus des Jazz der zwanziger und dem Schock des Wirtschaftszusammenbruchs. Mit anderen Worten, sie kamen mit der Limousine in die Highschool, und im College waren sie dann Tellerwäscher.

Mehr sogar noch: Sie haben uns dabei beobachtet, wie wir den Himmel abschafften und die Hölle per Gesetz verboten. Sie konnten dabei zusehen, wie wir uns das Geld als einen neuen Gott schufen, und wie dieser stürzte. Sie konnten zusehen, wie wir Al Capone [Mafiaboß], Huey Long [populistischer Politiker] und Mea West [Schauspielerin] genau so verehrten wie Woodrow Wilson [US-Präsident], Einstein [Physiker] und Jane Addams [Sozialarbeiterin].

Sie haben mit angesehen, wie Menschen arm werden und verhungern - Menschen, die zuvor Stahl produzierten und hinter Ladentheken standen und ihre Finanzen immer sicher verwalteten. Und auf der anderen Seite haben sie von einem gedankenlosen Erben gehört, der einfach so ein paar Millionen eben einmal so ausgibt.

Sie sehen, wie Menschen, die arbeiten wollen und können, keine Arbeit finden. Sie können sehen, daß die, welche keine Arbeit wollen und davon auch nicht leben könnten, vom selben staatlichen Gehaltscheck leben, wie die, welche arbeiten wollen, aber keine Arbeit finden können.

Was hat das alles mit ihnen gemacht? Was bedeutet dies für uns, für die Vereinigten Staaten von Amerika?“

(Aus: Maxine Davis, „The Lost Generation - A Portrait of American Youth Today”, 1936)