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Neue Solidarität
Nr. 49, 8. Dezember 2010

„Der Tag, an dem der Euro kollabiert“

So lautet der Titel eines fiktiven Berichts, den Radio Netherlands Worldwide am 30. November ausstrahlte - ein weiteres Beispiel dafür, wie in ganz Europa die Erkenntnis wächst, daß das Euro-System völlig am Ende ist. Darin heißt es:

„Es ist Dezember 2010. Kanzlerin Merkels Flugzeug verläßt eben den Flughafen in Brüssel. Vor weniger als einer Stunde beendeten die europäischen Staatschefs ihr Marathontreffen. Eine Einigung über ein Sicherheitsnetz für die schwächeren europäischen Bruderländer konnte nicht erreicht werden... Frau Merkel schaut auf ihr BlackBerry und sieht, daß die asiatischen Märkte bereits riesige Verluste einstecken. Die Frankfurter Börse wird erst in einigen Stunden öffnen.

Ein europäischer Rettungsschirm, finanziert durch Steuergelder, muß stets bereit sein, schwachen Euroländern auszuhelfen. Darauf hatten sich alle geeinigt. Frau Merkel hatte aber darauf bestanden, daß Banken und andere Investoren akzeptieren müßten, daß sie in einer solchen Krise auch etwas von dem Geld verlieren würden, das sie diesen Ländern geliehen hatten.

Frau Merkel war nicht länger willens, den deutschen Steuerzahler die Risiken der Banken bezahlen zu lassen, die schwachen Euro-Ländern Geld geliehen hatten. ‚Wenn ein Land seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, sind wir als Regierung absolut bereit, mit neuen Krediten auszuhelfen’, hatte die Kanzlerin gesagt und hinzugefügt: ‚Aber wir brauchen nicht dafür zu garantieren, daß die Banken 100% ihrer Investitionen zurückbekommen.’

Das war zuviel für ihre Kollegen. Würde man das nicht tun, wäre keine Bank dazu bereit, diesen Ländern Kredit zu gewähren und der Euro würde fallen. Europa würde damit noch mehr Geld aus seinem Notfallfonds benötigen, was für die Steuerzahler der starken Euro-Länder noch schlechter wäre...

Frau Merkel kehrt also mit leeren Händen nach Berlin zurück. Die europäischen Märkte reagieren sofort. Zinsen für Kredite an Irland und Portugal schießen in die Höhe. Die Banken halten das Risiko für zu hoch, daß diese Länder nicht mehr werden zahlen können. Ergo verleihen sie Geld nur zu hohen Zinsen.

Innerhalb weniger Tage erfaßt die Unruhe der Märkte Spanien und Italien. Sogar Frankreich wird durch die großen Rentenforderungen verdächtig. Den Deutschen reicht es. Innerhalb von zwei Wochen erreicht eine neue populistische Partei - D-Mark für Deutschland - in Meinungsumfragen 25% der Sitze im Bundestag.

Deutschland stoppt vorerst weitere Zahlungen an den EU-Notfallfonds. Die Rettungsoperationen für Griechenland, Irland und Portugal kommen zum Stillstand. Die Länder verlassen daraufhin den Euro und kehren zur Drachme, dem irischen Pfund und dem Escudo zurück. Die Währungen erleben dramatische Abwertungen, die Exporte werden billiger, aber die Schulden sind in Euro notiert und damit noch viel größer als zuvor.

Innerhalb weniger Wochen ist das Vertrauen in den Euro völlig verschwunden. Schulden können nicht mehr bezahlt werden, Banken geraten erneut in Schwierigkeiten, und die Wähler protestieren auf den Straßen. Der Euro wird zum Sündenbock und die Einheitswährung bricht auseinander.

Angela Merkel schreckt auf. Die Landung war etwas unsanft. Sie seufzt erleichtert und greift nach ihrem BlackBerry. Die Frankfurter Börse hat heftige Verluste eingestrichen, aber der Euro ist noch da. Vielleicht sollte sie einige ihrer Forderungen etwas abschwächen. Sie weiß genau, daß es nur Verzögerungstaktiken sind. Ein Euro ohne klare, automatische Regelungen, der nur noch von Politikern aufrechterhalten wird, muß früher oder später zusammenbrechen.“

eir