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Infrastruktur. Mit einer gemeinsamen Erklärung fordern die deutschen Industrieverbände größere Investitionen in die Infrastruktur.
Die BüSo ist bekannt für ihre Kampagnen gegen die Kombination grüner Verhinderungspolitik und monetaristischen Spekulationswahns - die eigentliche Ursache dafür, daß seit Jahren die realwirtschaftliche Substanz Deutschlands aufgezehrt und die Existenzgrundlage unseres Landes zerstört wird. Daß jetzt die Bundesregierung auch noch im Verkehrsbereich massiv den Rotstift ansetzt, hat nun zu einer längst überfälligen Reaktion der Industrieverbände geführt: Der BDI und zwölf weitere Verbände (DIHK, Deutsches Verkehrsforum, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen, Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt, Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft, Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen, Deutsche Bahn AG, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Pro Mobilität - Initiative für Verkehrsinfrastruktur, Verband der Automobilindustrie, Verband der Bahnindustrie in Deutschland, Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe) gaben letzte Woche eine gemeinsame Erklärung heraus, in der sie die mangelnden Investitionen der letzten Jahre kritisieren und ein Minimum von 12 Mrd. Euro pro Jahr an Investitionen in die Deutsche Verkehrsinfrastruktur fordern.
In der Erklärung kritisieren sie die Vernachlässigung der Infrastruktur für Transport und Personenverkehr, die von 1980 bis 2008 massiv gealtert ist - das Verhältnis vom Netto- zu Bruttoanlagevermögen sank für alle Verkehrswege und Umschlagsanlagen von 78% [1980] auf 66% [2008] -, und die viel zu geringen Investitionen, die seit 2001 regelmäßig unter 10 Mrd. Euro gewesen seien. Nur in Verbindung mit den Konjunkturpaketen I und II seien die Investitionsziele für 2009 und 2010 ungefähr erreicht worden. Allerdings hatte die „Pällmann-Kommission“ schon vor 10 Jahren eine Minimalinvestition von 12 Mrd. Euro pro Jahr festgelegt.
Mit dem neuen Sparpaket will die Bundesregierung im Verkehrsministerium, nach den Einsparungen im sozialen Bereich, den zweitgrößten Posten einsparen. Die Erklärungsgemeinschaft betont sogar: „Für den Zeitraum nach 2010 sind - gemäß der aktuellen Finanzplanung - bedarfsgerechte Investitionen nicht vorgesehen.“ Die Bundesregierung will eben sparen, und wo könnte man besser sparen als bei den augenscheinlichen größten Posten?
Was das wirklich bedeutet, machen sie in den weiteren Ausführungen klar:
Das Bundesfernstraßennetz ist in einem desolaten Zustand und benötigt unbedingt Investitionen, um die nötigsten Reparaturen und Auflösungen von Engpässen durchzuführen: „1500 km Fahrstreifen von Bundesautobahnen und 3500 km Fahrstreifen von Bundestraßen sind als dringend erhaltungsbedürftig einzustufen.“ Die Beseitigung von Engpässen werde nur „unzureichend realisiert... Der vordringliche Bedarf des Bundesverkehrswegeplans sieht von 2001 bis 2015 den Ausbau von 2200 km bestehender Autobahn vor. Davon waren bis Ende 2009 lediglich der Ausbau von 570 km umgesetzt.“
Nicht nur, daß Staus die Menschen belasten und zu Einbußen der Lebensqualität und wirtschaftlichen Verlusten führen (2009 wurden in Deutschland 140.000 verschiedene Staus gezählt!), die einst für ihre gute Infrastruktur bekannte Republik muß bei einer Durchsetzung der Sparpolitik um „die Zukunftsfähigkeit der Bundesfernstraßen“ bangen. Auch die von der BüSo öfter erwähnten baufälligen Brücken werden in dem Bericht genannt.
Die für die Bundesschienenwege eingeplanten Investitionen und die Fertigstellung der Bauvorhaben bis 2030 sind massiv gefährdet: „Allein für die wichtigsten Neu- und Ausbaumaßnahmen müssen mindesten 1,8 Mrd. Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden.“ Die meisten Bauvorhaben des Bundesbedarfsplans sind im neuen Finanzplan der Bundesregierung nicht mehr vorgesehen, d.h. sie werden nicht mehr finanziert. Selbst für europäisch initiierte Projekte ist keinerlei Investition mehr vorgesehen.
Ähnlich sieht es bei den Wasserstraßen aus. Der Gesamtinvestitionsbedarf liegt hier nur bei einem Zehntel der Gesamtinvestition, aber damit kann die Binnenschiffahrt „einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs leisten… Rund ein Drittel des deutschen Außenhandels wird über Seehäfen abgewickelt. Optimierte seewärtige Zufahrten und leistungsfähige Hafenhinterlandanbindungen - Schiene, Straße und Wasserstraße - sind entscheidend...“
Auch beim Luftverkehr ist Deutschland an seine Grenze gekommen. Auch hier fordert die Gemeinschaft in der Erklärung, Optimierung im Flugverkehr und „strategische Ausbaumaßnahmen der Verkehrsflughäfen…“
„Die Qualität der Verkehrswege entscheidet wesentlich mit über den Wohlstand von morgen. Ziel muß es sein, eine exzellente Verkehrsinfrastruktur für Deutschland zu sichern.“ Und das fordern sie hauptsächlich mit zwei Grundsätzen:
1. Investitionen nachhaltig sichern. Denn jede Schwankung in der Finanzierung gefährdet die Planungssicherheit und verschwendet viel Geld. Auch die Defizite des allgemeinen Haushalts sollten nicht mit Mitteln wie der LKW-Maut gestopft werden, sondern alle dafür vorgesehenen Gelder sollten in die Infrastruktur fließen. Und natürlich, sollte die Mobilität für die „Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für Unternehmer bezahlbar bleiben.“
Dazu ist aber genauso notwendig:
2. Die Effizienz rasch zu verbessern. Prioritäten müssen gesetzt werden, und auch die „Verknüpfung nationaler Verkehrswege mit dem europäischen Netz“ muß weiter betrieben werden. Die Transparenz mit einem umfassenden Verkehrsinfrastrukturbericht sollte regelmäßig in Zusammenarbeit mit Bund, Ländern und Kommunen zusammengetragen werden. Und ein sehr wichtiger Grundstein, den man nicht vergessen sollte, der in Deutschland durch unsinnige Umweltauflagen immer wieder zu Verteuerung und Verzögerungen der Bauvorhaben führt, ist das Genehmigungs- und Planungsverfahren, das unbedingt beschleunigt werden sollte.
Helga Zepp-LaRouche und mit ihr die BüSo fordern schon seit langem Investitionen in die Infrastruktur - aber in Höhe von jährlich 200 Mrd. Euro, schon allein, um den Investitionsstau der letzten Jahrzehnte aufzulösen. Der Appell der Verbände wirkt wie eine stark verwässerte Kopie dieser Forderung der BüSo: Die Investitionen in die Infrastruktur müßten höchste Priorität haben, da sie unmittelbar mit dem Wohlstand von morgen verbunden seien; ein konsolidierter Haushalt müsse mindestens 12 Mrd. Euro pro Jahr in die Infrastruktur investieren; die Investitionen müßten berechenbar und verläßlich sein; die Einnahmen aus den in Bezug auf den Verkehr erhobenen Abgaben und Steuern sollten auch für die Verkehrsinfrastruktur genutzt werden; „Mobilität muß bezahlbar bleiben, d.h. kein aufbürden von Lasten mehr durch weitere Steuern und Abgaben“; aber zu guter Letzt darf natürlich - politisch korrekt - die Anbiederung an die Sparpolitik und das neue alte Leitmotiv des Nützlichkeitsfaktors nicht fehlen.
Im Großen und Ganzen haben sich damit die Vertreter des deutschen produktiven Sektors zu einem Aufruf für die Erneuerung der innerdeutschen Infrastruktur zusammengeschlossen. Aber solange das Denken der Verbandsvertreter sich auf der gleichen Ebene bewegt wie das der Politiker, werden sie mit ihren Appellen nichts erreichen. Nichts weniger als die Abkehr von den grundlegenden Axiomen der grünen Ideologie und der Zerstörung durch das kurzfristige monetaristische Profitdenken der Globalisierung und Deregulierung ist notwendig, wenn Deutschland eine Zukunft haben soll - verbunden mit einer „Glass-Steagall“-Trennbanken-Reorganisation des Finanzwesens und staatlicher Kreditschöpfung für kontinentweite große Infrastrukturprojekte, um die Welt insgesamt wieder aufzubauen. Wie berechtigt diese Forderungen sind, kann man auf der Internetseite der BüSo unter https://www.bueso.de/news/veranderliche-natur, und etwas ausführlicher in englischer Sprache auf http://www.larouchepac.com/node/15732 sehen. Den Mut zu einem so „großen Denken“ muß die deutsche Industrie offenbar erst noch finden.
Matthias Kraume