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Neue Solidarität
Nr. 33, 18. August 2010

Desertec sabotiert Entwicklung Afrikas und Europas

Ökoschwindel. Das Desertec-Projekt zur Stromerzeugung in der Sahara mit Solar- und Windkraftwerken setzt riesige Subventionen voraus - und den Verzicht auf wirtschaftliche Entwicklung.

Die Zeitung der italienischen Bischofskonferenz, Avvenire, brachte am 6. August ein ganzseitiges Feature über das Desertec-Projekt, den verrückten Plan, in der Sahara Solar- und Windkraftwerke zu bauen, um dort Strom für Europa zu erzeugen. Desertec, eine Initiative der Trans-Mediterranean Renewable Energy Corp. (TREC), wird vermutlich nie gebaut werden, aber es dient dazu, Pläne zur Begrünung der Sahara und zum Bau von Kernkraftwerken in Europa und Afrika zu blockieren. Damit bildet Desertec praktisch den Gegenpol zu Lyndon LaRouches NAWAPA-Projekt. LaRouche bezeichnet Desertec als völlig inkompetent, weil es die Frage der Energieflußdichte außer acht läßt.

Das vom Club of Rome stammende Desertec-Projekt wurde von dem Münchner Versicherungsgiganten Munich Re als Konsortium großer deutscher Unternehmen wie Siemens, RWE, E.ON, Deutsche Bank, HSH Nordbank, MAN Solar und Schott Solar sowie den Firmen Cevital (Algerien) und Albengoa (Spanien) organisiert. Prinz Hassan bin Talal von Jordanien, ein früherer Präsident des Club of Rome, ist ebenso Gründungsmitglied der Desertec-Stiftung wie die Deutsche Gesellschaft Club of Rome. 2007 legten TREC und der Club of Rome - der bei der Gründung von TREC geholfen hatte - dem Europäischen Parlament ein Weißbuch vor, für welches das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) „die wissenschaftliche Basis lieferte“.

Tatsächlich hat Desertec keine wissenschaftliche Grundlage, es ist ein völliger Schwindel. Es ist nur mit massiven Subventionen möglich, die momentan von Energiekonzernen wie z.B. RWE kommen und später von der EU und der deutschen Regierung kommen sollen. Dazu müssen jedoch die deutschen Gesetze geändert werden, um eine Subvention solcher Anlagen im Ausland zu erlauben.

Um diese EU-Gelder bemüht sich passenderweise die frühere EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner, die jetzt im Aufsichtsrat der Munich Re sitzt. (Der unabhängige österreichische EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin betonte am 11. März in einer Anfrage an die Kommission zum Hintergrund des Wechsels von Ferrero-Waldner zu Munich Re: „Munich Re hat im Rahmen des Wüstenstromprojekts ,Desertec’ mit der EU‑Kommission zu tun.“) Diese EU-Gelder könnten möglicherweise über die Initiative „Union für das Mittelmeer“ (UM) fließen, denn erst kürzlich gab der Ausschuß des Europäischen Parlaments für den Außenhandel und internationale Angelegenheiten grünes Licht für die Unterstützung von Desertec im Kontext der UM-Politik.

Der derzeitige EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger ist ebenso ein großer Unterstützer von Desertec wie der frühere deutsche Umweltminister Klaus Töpfer, der sich als Lobbyist und Berater für Desertec engagiert. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau räumte Töpfer am 15. März ein, daß das Projekt ohne Subventionen undurchführbar ist: „Die Unternehmen, die bei Desertec investieren, werden dies nur tun, wenn die Investitionen sich rentieren. Strom aus der Wüste ist eines der Großprojekte im Aktionsplan der EU für das Mittelmeer. Es liegt daher nahe, daß auch Vergütungsregelungen im gesamteuropäischen Rahmen festgelegt werden.“

Auch Paul van Son, der Vorstandschef von DII, einem joint venture der Desertec-Stiftung mit verschiedenen Industrieunternehmen, gab am 9. Juli in einem Interview mit der Zeitung Die Zeit zu, daß Desertec ohne Subventionen nicht funktionieren werde.

Derzeit streben die Desertec-Aktivisten an, (natürlich mit Subventionsgeldern) eine erste Demonstrationsanlage in Marokko aufzubauen, um dadurch die Tore für entsprechend größere Förderbeträge für die übrigen Anlagen aufzuschließen. Natürlich sind die Bedingungen für diese Anlage in Marokko viel günstiger als in der eigentlichen Sahara, wo 20 bis 30 m hohe Sanddünen herumwandern. Sie haben den König von Marokko überredet, eine 10.000 ha große Anlage zu starten, die 2 GW elektrischen Stroms erzeugen soll.

Die Desertec-Propheten sagen natürlich nicht, wieviel Wüstenfläche sie benötigen werden, um wie geplant bis 2020 100 GW Strom erzeugen zu können. In ihren Pamphleten behaupten sie, 20 m² an Solaranlagen pro Person würden ausreichen. Ebensowenig nennt Desertec genaue Zahlen, wieviel Subventionen sie für das Projekt benötigen werden, und wie hoch die Kosten am Ende sein werden. Es wird zwar eine Zahl von 400 Mrd. Euro genannt, aber eben mit der Einschränkung, daß dies bloß ein Orientierungswert sei und niemand genau wisse, wieviel es kosten werde.

Das Desertec-Konzept ist so verrückt, daß es selbst von fanatischen Umweltschützern und Solarenergielobbyisten kritisiert wird. Auf der Internetseite greentechmedia.com heißt es: „Die Initiative erinnert an eine Weltbeherrschungs-Strategie eines James-Bond-Bösewichts.“ Hermann Scheer, der Vorsitzende der Solarlobby Eurosolar, nannte es eine „Fata Morgana“ und warnte vor den Kosten und den Schwierigkeiten im Umgang im internationalen Stromleitungsnetz - ein Problem, mit dem inzwischen auch Europa einschlägige Erfahrungen gemacht hat.

Es ist völlig klar, daß Desertec auf zwei stillschweigenden Voraussetzungen beruht, die den menschenfeindlichen Charakter des Projektes zeigen: Erstens setzt es voraus, daß in Europa auch zukünftig keine Re-Industrialisierung (und damit auch keine wirtschaftliche Erholung) stattfinden wird, und zweitens wird ausgeschlossen, daß Afrikas Wüsten begrünt werden.

eir