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Die LaRouche-Jugendbewegung veranstaltete vor dem Kongreß eine öffentliche Abschiedsparty für die (noch) amtierenden Abgeordneten.
„Wählt sie ab!“ - diese Stimmung dominiert in diesem Jahr unter den amerikanischen Wählern, und so wächst die Zahl mehr oder weniger prominenter Politiker, die ihren Hut nehmen müssen, weil sie in der eigenen Parteibasis keinen Rückhalt mehr haben und ihre Vorwahlen verlieren. Die Vorwahlen am 8. Juni machten da keine Ausnahme - diesmal traf es den republikanischen Abgeordneten Bob Inglis in Süd-Carolina und seinen Parteikollegen Gouverneur Robert Gibbons in Nevada. Kandidaten mit der Unterstützung der „Tea-Party-Bewegung“, in der sich viele protestierende Bürger aus verschiedensten politischen Richtungen sammeln, schnitten hingegen in der Regel recht gut ab.
Die Ausnahme, die die Regel bestätigte, war Senatorin Blanche Lincoln aus Arkansas: Nachdem sie anfangs in den Umfragen deutlich hinter ihrem Gegenkandidaten, Vizegouverneur Bill Halter, gelegen hatte, konnte sie die Sympathien der Wähler zurückgewinnen, weil sie im Senat einen Zusatzantrag zum Finanzreformgesetz einbrachte, der ein Verbot der Derivatspekulation vorsieht. Lincoln wurde im Wahlkampf vom immer noch sehr beliebten Ex-Präsidenten und früheren Gouverneur von Arkansas Bill Clinton unterstützt. Halter wurde von der dem Wall-Street-Spekulanten George Soros nahestehenden Organisation MoveOn und der Dienstleistungsgewerkschaft SEIU gefördert, die eine Wahlkampfkasse von 10 Millionen Dollar für ihn gesammelt hatten. Entgegen der Prognosen der „Experten“ gewann Lincoln die Stichwahl mit einem letztendlich doch deutlichen Vorsprung von 5%.
An diesem Fall zeigt sich, daß es den Wählern nicht einfach darum geht „Köpfe rollen zu lassen“, sondern darum, dem Ausverkauf der nationalen Interessen an die Wall Street ein Ende zu setzen. „Ich nehme es mit der Wall Street auf, mit den großen Finanzinteressen“, erklärte Lincoln immer wieder in ihren Wahlkampfreden, „und die Stimme dieser Senatorin kann man nicht kaufen.“
Die überraschten Medien mußten in ihren Berichten einräumen, daß die Konfrontation in Washington um Lincolns Zusatzantrag für den Wahlausgang entscheidend war. „Die Banken-Lobby und die Regierung Obama“ seien gegen ihr Anti-Derivate-Gesetz, schrieb Josh Green in The Atlantic. Das Weiße Haus und seine Helfershelfer in der Führung des Kongresses, wie die Senatoren Harry Reid und Chris Dodd und der Abgeordnete Barney Frank, hatten deutlich gemacht, daß sie Lincolns Zusatz wieder aus dem Gesetz streichen wollen, wenn der Konferenzausschuß (Vermittlungsausschuß) von Senat und Repräsentantenhaus am 10. Juni wieder zusammentritt. Aber das ist nun schwieriger geworden.
Politico berichtete, die Wall Street fürchte nun, daß Barney Frank, der Vorsitzende des Finanzdienstleistungsausschusses im Repräsentantenhaus, „angesichts der Feindseligkeit der Wähler gegenüber der Wall Street“ nun möglicherweise nichts mehr durchsetzen kann, was als pro-Wall-Street betrachtet würde. Und das Wall Street Journal äußerte sich besorgt, Lincolns „Derivate-Vorschrift hat ihr gerade geholfen, ihre Vorwahl zu gewinnen“, und deshalb werde sie hart dafür kämpfen, daß diese Vorschrift im Gesetz bleibt. „Ihr Sieg könnte weitere Demokraten zur Unterstützung der Vorschrift ermutigen, als einen Weg, der Wall Street eine Botschaft zu übermitteln, die bei den Wählern ankommt.“ Inzwischen haben sich zwei weitere Kandidaten, die gerade ihre Vorwahl in Illinois bzw. Süd-Dakota gewonnen haben, als Reaktion auf die Mobilisierung des LaRouche-Aktionskomitees bereiterklärt, sich für die Wiedereinführung das Glass-Steagall-Prinzips einzusetzen.
Die LaRouche-Demokratin Rachel Brown, die bei der Vorwahl am 14. September in Boston gegen „Bailout-Barney“ Frank antritt, veröffentlichte eine Erklärung, in der sie an den Kampf der amerikanischen Patrioten gegen das Britische Empire erinnert: „Jetzt, wo der Jahrestag der Schlacht am Bunker Hill bevorsteht, verlangt das ferne Echo dieser großen Patrioten, die für die Verteidigung und die Bestimmung unseres Landes gekämpft haben, daß alle Patrioten ihr Andenken ehren, indem sie das Britische Empire und seine Tory-Anhänger ein für allemal aus Massachusetts vertreiben.
Frank betreibt nichts anderes als einen Schutzring für die schlimmsten Verbrecher, die sich an den Küsten von Massachusetts niedergelassen haben, in der Tradition eben jener Tories, die die britischen Grausamkeiten des 18. Jahrhunderts, die britisch gesteuerte Sezessionsbewegung im Nordosten und den Opiumhandel im 19. Jahrhundert und die finanziellen und kulturellen Angriffe auf die Bevölkerung und unseren Nationalstaat bis zum heutigen Tage rechtfertigen.“
Kesha Rogers, die in Texas ihre Kongreßvorwahl bei den Demokraten mit dem Slogan „NASA retten, Obama abwählen“ gewonnen hatte, richtete am 6. Juni einen Appell mit der Überschrift „Die Welt nach Obama: ein neues Amerika“ an ihre Wähler. Darin schreibt sie: „Wir alle sind persönlich verantwortlich dafür, die Welt nach Obama zu verwirklichen. Das ist keine Utopie, wovon ich rede, sondern es steht für die Ideen einer wirklich souveränen Republik, und es ist der einzige Weg, wie wir uns aus dem globalen Wirtschaftskollaps herausarbeiten können. Wir müssen den Produktionsausstoß unserer Gesellschaft pro Kopf und Quadratkilometer vergrößern, um die physische Infrastruktur zu schaffen, die das Leben unterstützt. Der Motor dafür ist das Projekt der Kolonisierung von Mond und Mars. Das bedeutet eine revolutionäre Wende in der Wirtschaftspolitik, weg vom Monetarismus und hin zu einer neuen Renaissance für die Menschheit.“
Der LaRouche-Kandidat Summer Shields, dem die Demokratische Partei die Teilnahme an der Vorwahl am 8. Juni in Kalifornien unter fadenscheinigen Vorwänden verweigerte und der dafür bei der Kongreßwahl im November direkt gegen Kongreßsprecherin Nancy Pelosi antreten wird, nahm sich British Petroleum, Obama und dessen Handlanger wie Pelosi vor: „Wir haben einen Punkt erreicht, wo wir entweder Präsident Obama wegen seiner Begünstigung von BP und der vorsätzlichen völligen Untätigkeit gegen die Krise absetzen, oder dieser Planet und diese Zivilisation gehen zur Hölle... BP muß sofort enteignet werden, und wir brauchen umgehend einen Aktionsplan für Notmaßnahmen, um das Ölleck zu stopfen und den Schaden zu bereinigen.“
Die BP-Krise am Golf und das unsägliche Verhalten des Präsidenten - man spricht allgemein von „Obamas Katrina“, angelehnt an das völlige Versagen von Präsident George Bush bei der Flutkatastrophe in New Orleans - sind für viele Amerikaner der sprichwörtliche Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt.
Eine Reaktion der Washingtoner Abgeordneten auf diese Stimmung an der Basis besteht darin, den Kontakt mit den Wählern möglichst zu meiden - erst recht während der Sitzungspausen des Kongresses, in denen sie gewöhnlich nach Hause fahren und den Wählern in ihrem Wahlkreis erklären, was sie in Washington getan haben und warum man sie wiederwählen sollte. Dieses feige Verhalten veranlaßte die LaRouche-Jugendbewegung in Washington, den freiwilligen oder unfreiwilligen Rückzug der Abgeordneten mit einer öffentlichen „Abschiedsparty“ zu feiern. Morgens begrüßten sie die Abgeordneten an der U-Bahn-Station vor dem Capitol Hill mit Torten, Partyhüten, Rasseln und Liedern und einer riesigen „Abschiedskarte“, die im Lauf von zwei Tagen von zahlreichen Bürgern unterschrieben wurde. Der Stand war geschmückt mit Bildern von Abgeordneten, die freiwillig auf eine Wiederwahl verzichtet haben oder kürzlich von ihren Wählern aus dem Rennen geworfen wurden.
Etliche Passanten waren selbst Mitarbeiter von Abgeordneten; viele fanden die Idee einer Abschiedsparty an sich ganz gut, waren aber auch nervös, weil sie nicht sicher waren, ob ihr eigener Chef wiedergewählt wird. Viele wußten nicht recht, ob sie lachen oder weinen sollten, und sprachen im Weitergehen über die Dreistigkeit, so etwas direkt vor dem Kongreß zu veranstalten. Andere waren einfach sprachlos.
Gleich auf der anderen Straßenseite liegt das Hauptquartier der Republikanischen Partei, wo die Aktion natürlich auch nicht unbemerkt blieb. Ein Mitarbeiter kam herüber und fragte, weshalb die Aktion stattfinde und wer denn die Abgeordneten ersetzen solle? Diese Frage stellten auch viele andere; das gab Gelegenheit, sie über die Kandidaten der LaRouche-Jugendbewegung und die von ihnen vertretene Politik zu informieren.
Aber nicht nur Abgeordnete und deren Mitarbeiter kamen vorbei, sondern auch zahllose Touristen - amerikanische Bürger aus dem ganzen Land. Sie waren begeistert über die Idee, warteten, bis sie sich in die Abschiedskarte eintragen konnten, und nutzten die Gelegenheit, sich über die Kampagne zu informieren. Und die Kinder bekamen natürlich auch etwas von der Torte.
Die riesige Abschiedskarte bestand auf der einen Seite aus einer Kollage der zahllosen Aufkleber, Plakate und Slogans der zahllosen Gruppen, die sich aus Protest gegen die gegenwärtig vorherrschende Politik gebildet haben und gründliche Änderungen vom Kongreß verlangen. Nach zwei Tagen standen die Unterschriften von 90 Personen aus 16 US-Bundesstaaten auf der Karte, außerdem Unterschriften aus Australien, Spanien, Vietnam und Kasachstan.
Mittags wurde die Abschiedsparty an die Kreuzung Pennsylvania Avenue/2. Straße verlegt, wo viele Abgeordnete und Kongreßmitarbeiter vorbeikommen, wenn sie essen gehen. In den nächsten Tagen wird die Party am Bahnhof Union Station stattfinden, wo die Mitarbeiter der Senatsbüros vorbeikommen, um dann am Old Executive Office gleich neben dem Weißen Haus weiterzugehen.
alh