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Aus der Neuen Solidarität Nr. 8/2009 |
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Energiepolitik. Die Anwendung moderner Technologien wie der Kernkraft und der Kernfusion in der Wirtschaft zu verhindern und zu Methoden der Stromerzeugung des 18. Jahrhunderts zurückzukehren, bedeutete, den menschlichen Fortschritt aufzuhalten.
Immer wenn jemand behauptet, Wind- oder Sonnenenergie sei die Lösung für unsere Energieprobleme, sollte sich in unserer Vorstellung das Bild von einer Milliarde sterbender oder hungernder Kinder einstellen. Wenn Sie im Augenblick nicht verstehen, warum das der Fall ist, sei Ihnen noch verziehen. Wenn Sie den folgenden Artikel gelesen haben, werden Sie jedoch über die nötigen Konzepte und Fakten verfügen, um diese traurige Wahrheit zu verstehen und entsprechend anders zu handeln.
Beginnen wir mit folgender Feststellung: Um die Weltbevölkerung in einem Zustand zu erhalten, der etwa dem modernen Lebensstandard von heute entspricht, braucht man installierte Stromerzeugungskapazitäten von mindestens 3-5 Kilowatt pro Kopf. Derzeit kommen nur die Vereinigten Staaten, Japan und einige westeuropäische Länder etwa an diesen Standard heran. Wir sollten die Bedeutung hiervon noch besser verstehen, bevor wir die entscheidende Frage behandeln, wie diese weltweit so dringend benötigte Energie erzeugt werden kann.
Kilowatt ist ein Maß der elektrischen Leistung, d.h. der Menge Arbeit, die pro Zeiteinheit verrichtet werden kann. Eines der ersten Hilfsmittel zur Messung von Leistung bestand darin, sie mit der Leistung eines Arbeitspferdes zu vergleichen. Eine Standard-Pferdestärke entspricht etwa 750 Watt elektrischen Stroms. Das bedeutet, man braucht 750 Watt elektrischen Stroms zum Betrieb eines Motors oder eines anderen Geräts, um die gleiche Arbeit wie ein durchschnittliches Arbeitspferd zu verrichten. Somit entspricht 1 Kilowatt (1000 Watt) Strom der Arbeit von etwa 1,33 kräftigen Arbeitspferden. Ein Pferd kann jedoch nicht den ganzen Tag arbeiten, sondern vielleicht nur ein Drittel Tag, wenn man die Zeit für Fressen und Ruhepausen abzieht. Tatsächlich ließe sich deswegen mit 1 Kilowatt elektrischer Energie, die Tag und Nacht verfügbar ist, die Arbeit von 3 mal 1,33 Pferden, also 4 Pferden verrichten.
In den Vereinigten Staaten beispielsweise sind etwa 3 Kilowatt Stromerzeugungskapazität pro Kopf der Bevölkerung verfügbar - eigentlich viel zu wenig für eine wirklich produktive Volkswirtschaft, aber ein Wert, dem der größte Teil der Welt nicht im entferntesten nahekommt. Andersherum ließe sich sagen, daß jedem Amerikaner zu jeder Tag- und Nachtstunde im Schnitt die Arbeit von 12 Pferden in Form von elektrischem Strom zur Verfügung steht.1
Ohne Strom muß die Arbeit dieser unsichtbaren Pferde von Männern und Frauen verrichtet werden, die manuelle Pumpen bedienen und Wasserbehälter auf dem Kopf schleppen müssen, um den ganzen Tag schmutzige Wäsche zu schrubben, während jemand anders ein Bügeleisen auf dem Feuer erwärmt, um die Wäsche zu glätten. An unverzichtbare Dinge wie Wasser- und Abwasseraufbereitung, Kühlung und selbst den Betrieb einer Glühbirne wäre gar nicht zu denken. So oder schlimmer sind die Lebensbedingungen einer Mehrheit der Weltbevölkerung - etwa 1,7 Milliarden Menschen sind ganz ohne Strom, und für mehrere Milliarden ist die Stromversorgung unregelmäßig und mangelhaft.
China beispielsweise, das einen Großteil der in den USA konsumierten Produkte herstellt, verfügte 2005 nur über 0,3 Kilowatt Stromerzeugungskapazität pro Kopf, was bis 2008 auf jetzt geschätzte 0,8 Kilowatt angestiegen ist. Weit über die Hälfte dieses Stroms wird von der chinesischen Industrie verbraucht, deren Produkte überwiegend exportiert werden. Die für jeden Chinesen verfügbare Menge liegt indes unter 0,25 Kilowatt, etwa eine Drittel Pferdestärke. Auf die gesamten 24 Stunden umgelegt, kann man sagen, daß jeder Chinese durchschnittlich die Arbeit von 1 Pferd zur Verfügung hat, verglichen mit 12 Pferden in den Vereinigten Staaten. Darüber hinaus werden viele der in den USA verkauften Waren von Millionen Billiglohnarbeitern in China hergestellt, von denen viele aus Familien stammen, die noch nicht einmal elektrischen Strom haben.
In Indien, Ägypten, fast überall in Afrika und in großen Teilen Südamerikas ist die Lage noch schlimmer. In Mexiko, das ebenfalls viele Produkte in die USA liefert, liegt der pro Kopf verfügbare elektrische Strom etwa auf dem Niveau wie in China. Eine solche Ungerechtigkeit kann nicht lange so weitergehen. Wann werden wir Abhilfe schaffen?
Niemand kann ernsthaft der Meinung sein, daß die Weltenergieknappheit mit Windmühlen und Solaranlagen überwunden werden kann. Die Verfechter solcher Systeme haben nie über den wirklichen weltweiten Bedarf nachgedacht oder gehen bestenfalls mit bevormundenden und lächerlichen Vorschlägen hausieren, man solle in afrikanischen Dörfern solargetriebene Kühlschränke aufstellen, die nur dann funktionieren, wenn die Sonne scheint. Aber selbst die Vorstellung, in den entwickelten Ländern Sonnen- und Windkraft einzusetzen, ist ein Hirngespinst. Beide haben sich trotz massiver öffentlicher Subventionen in Form von Steuervorteilen oder direkter Förderung weder wirtschaftlich noch technisch als machbar erwiesen.
Um die jetzige Weltbevölkerung von 6,7 Mrd. Menschen lediglich auf ein Niveau von 1,5 Kilowatt Stromerzeugungskapazität pro Kopf zu bringen, müßten 6000 Gigawatt2 (6 Mio. Megawatt) Kraftwerkskapazitäten neu gebaut werden. Der einzig gangbare Weg, um dies zu erreichen, ist ein Sofortprogramm zum Bau von Kernkraftwerken, während gleichzeitig die heutigen beschränkten Kapazitäten voll ausgenutzt und Vorbereitungen zur Serienfertigung der neuesten (vierten) Generation von Kernreaktoren, dem heliumgekühlten Hochtemperaturreaktor, getroffen werden.
Ließe sich mit Sonnen- oder Windkraft der weltweite Strommangel irgendwie ausgleichen? Eines der größten existierenden Sonnenkraftwerke, das Nevada Solar One in den USA, erzeugt über den Tagesverlauf verteilt weniger als 15 Megawatt Strom.3 Das größte Solarkraftwerk mit photovoltaischen Platten steht in Jumilla in Südostspanien; es soll eine maximale Kapazität von 23 Megawatt erreichen. Teilt man das durch vier, erhält man eine tatsächliche Durchschnittsleistung von weniger als 6 Megawatt. Ein einziges großes Kernkraftwerk kann 1000 Megawatt (1 Gigawatt) oder mehr elektrischen Strom erzeugen - und das 24 Stunden an jedem Tag und nicht nur, wenn die Sonne scheint, und das auf einer Hunderte mal kleineren Fläche, als eine entsprechende Solar- oder Windanlage beanspruchte.
Aber, so heißt es immer wieder, Wind- und Sonnenenergie seien „umsonst“; diese Gabe der Natur sei stets vorhanden, man müsse sie nur nutzen. Betrachtet man sich dieses Argument jedoch näher, entpuppt es sich schnell als belangloser Sophismus. Denn Kohle, Öl und Uran sind im gleichen Sinne ebenfalls „umsonst“. Man muß nur ein bestimmtes Maß Arbeit hineinstecken, um sie zu fördern und an den Ort zu bringen, wo sie verbraucht werden, und genauso muß Arbeit aufgewendet werden, um Wind und Sonne zu nutzen - sogar sehr viel Arbeit im Verhältnis zu dem erzielten Nutzen.
Anstatt uns mit solchem lockeren Sprachgebrauch abzugeben, sollten wir lieber die zwei wichtigsten Kriterien zur Bewertung einer Energiequelle untersuchen: die Energiedichte und die Energieflußdichte. Unter Energiedichte eines Brennstoffs oder Energieträgers versteht man die Menge nützlicher Arbeit, die sich aus einer bestimmten Stoffmenge gewinnen läßt. Unter Energieflußdichte versteht man die Transformativkraft, die sich aus einem bestimmten Kraftstoff gewinnen läßt. Beschäftigen wir uns zunächst mit dem ersten Begriff und sehen, was wir daraus lernen können.
Im Verlauf der Menschheitsgeschichte hat es mehrere Steigerungsstufen in der Energiedichte der verwendeten Brennstoffe gegeben. Der Übergang von der Holzverbrennung zur Kohle (die fast vielmal energiedichter ist als Holz) vollzog sich im 18. Jahrhundert. Die höheren Temperaturen und Regulierungsmöglichkeiten, die mit der Kohlefeuerung erreicht werden konnten, ermöglichten die Einführung neuer Technologien etwa bei der Erzschmelze, der Stahlerzeugung und in anderen Bereichen. Bis in die fünfziger Jahre war Kohle die Hauptenergiequelle für Industrie und Transport und ist vielerorts nach wie vor der Hauptbrennstoff für die Stromerzeugung.
Öl hat eine noch 50% höhere Energiedichte als Kohle. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Vorteil von Öl gegenüber der Kohle als Brennstoff für Dampfschiffe zu einem geopolitischen Faktor, als die britische Royal Navy von kohle- auf ölgefeuerte Dampfkessel umgestellt wurde. Der Gewichtsvorteil des Öls und seine leichtere Handhabung (man brauchte keinen Heizer mehr, um das Feuer zu unterhalten) erhöhten die Reichweite und Schnelligkeit von Kriegsschiffen. Die leichteren Derivate des Erdöls wie Benzin, Benzol oder Kerosin gehören zu den energiedichtesten Flüssigkeiten, die sie als Brennstoffe im Massenverkehr so attraktiv machen - solange sie reichen.
Doch alle diese Fortschritte bei der Erzeugung energiedichter Treibstoffe wurden von der Entdeckung der Atomenergie bei weitem in den Schatten gestellt. Wie aus nebenstehender Abbildung deutlich wird, entspricht ein kaum sichtbares Körnchen Uranbrennstoff bei vollständiger Spaltung fast 4800 l Heizöl (mit einem Gewicht von 4,5 t), 6,5 t Kohle oder 23,5 t Brennholz. Nach Gewicht bemessen, ergibt sich folgender Vorteil von Uranbrennstoff gegenüber den älteren Stoffen:
Vorteil pro Gewichtseinheit Uran
gegenüber Brennholz 11,5 Mio. mal
Kohle 3,0 Mio. mal
Erdöl 2,2 Mio. mal
Man sollte bescheiden bleiben und anmerken, daß diese Zahlen auf der Annahme beruhen, das gesamte spaltbare Uran in dem Brennstoffkügelchen werde verbrannt (vollkommen gespalten). Der Abbrand in vielen heute verwendeten Reaktoren dürfte bei nur 4% liegen; in moderneren Reaktormodellen ist er jedoch höher. Die obigen Zahlen müßten demnach durch 25 geteilt werden, was der Kernenergie im schlechtesten denkbaren Fall einen Energiedichtevorteil gegenüber Holz, Kohle und Öl von nur 88.000 bis 460.000 gibt. Mit der Brennstoff-Wiederaufbereitung, einer Form des Recyclings, ist der Abbrand jedoch fast vollständig. Aufgrund der Produktion zusätzlicher Neutronen bei der Spaltreaktion läßt sich neuer Brennstoff durch nukleare Transmutation gewinnen, wenn der alte Brennstoff verbraucht wird. Der volle nukleare Brennstoffzyklus mit Wiederaufbereitung und Brennstoffbrüten ist praktisch ein unbegrenzter Kreislauf.
Um von dem Konzept der Energiedichte zur Energieflußdichte fortzuschreiten, muß man ein tieferes Verständnis physikalischer Arbeit entwickeln. In den Physiklehrbüchern wird Energie meist mit Arbeit gleichgesetzt. Es war eine der großen Leistungen der Physik des 19. Jahrhunderts, die Äquivalenz von Wärme, Elektrizität und mechanischer Bewegung darzulegen, wodurch alle diese Energieformen (Arbeit) und andere in ein gemeinsames Maß aufgelöst wurden. Die technische Definition von Energieflußdichte wäre einfach die Menge Energie, die pro Zeiteinheit einen bestimmten Flächenquerschnitt passiert. Eine höhere Energieflußdichte ließe sich veranschaulichen, wenn man die Eigenschaften eines scharfen Messers mit denen eines stumpfen Messers vergleicht. Mit einem scharfen Messer konzentriert sich die gleiche von der Hand verrichtete Arbeit auf eine kleinere Oberfläche. Die Energieflußdichte ist größer, und das scharfe Messer kann auch dort noch schneiden, wo das stumpfe Messer das nicht mehr tut.
Mit dieser Berechnungsmethode läßt sich zeigen, daß die durch die Spaltung eines einzigen Uranatoms erzeugte Energieflußdichte etwa 20 Millionen bis 20 Billiarden Mal größer ist als jene, die bei der Verbrennung eines Moleküls eines energiedichten Brennstoffs wie Erdgas erzielt wird. Doch selbst mit diesem erstaunlichen Zahlenwert wird der eigentliche Unterschied noch gar nicht erfaßt. Um Energieflußdichte im Zusammenhang mit der physischen Ökonomie zu verstehen, ist ein höherer Begriff von Arbeit erforderlich. Es genügt nicht, Arbeit - wie in der Physik üblich - lediglich als Verbrauch von Energie gemessen in Kalorien, Joules, Kilowattstunden oder Elektronenvolt zu betrachten.
Wenn man sich eine physische Ökonomie ansieht, muß man vielmehr die Transformativkraft der Arbeit betrachten. Etwas Ähnliches wie das Motto eines Facharbeiters „nicht hart, sondern geschickt arbeiten“ wäre eine erste Annäherung an dieses Konzept. Hinter diesem Spruch steht die Idee, daß, wenn man den Geist anstrengt, bei gleichem Aufwand eine größere Effektivität erzielt wird, indem man eventuell ein anderes Werkzeug benutzt oder ein neues improvisiert oder den Arbeitsprozeß ganz anders organisiert. Bei nuklearen Prozessen ist anders als bei chemischen oder mechanischen Vorgängen eine höhere Neuerungsordnung im Spiel. Hier haben wir es mit dem Wirksamwerden neuentdeckter universeller physikalischer Prinzipien zu tun - einer Revolution in der physikalischen Chemie, die mit der Gewinnung des ersten Gramms Radium durch Marie und Pierre Curie begann und sich über die Entdeckung des radioaktiven Zerfallsprozesses, der Kernumwandlung, der Energie-Masse-Beziehung, des Atomkerns, der Isotope, des Neutrons, des Beschleunigers, der Kernspaltung, der Kettenreaktion usw. fortsetzte.
Abgesehen von der Kosten- und Effektivitätsfrage sitzt man bei der Behauptung, Wind und Sonne könnten genausogut zur Stromerzeugung eingesetzt werden wie die Kernkraft, einem weiteren Irrtum auf: Man läßt die Transformativkraft außer acht, welche die Anwendung dieses neuen universellen physikalischen Prinzips ermöglicht. Die Kernkraft arbeitet geschickter, weitaus geschickter, als es Wind, Sonne oder fossile Brennstoffe je könnten. Der Grund hierfür ist nicht bloß ihre in Wärmebegriffen gemessene höhere Energieflußdichte, sondern die Transformation in dem realwirtschaftlichen Prozeß als Ganzem, die dadurch bewirkt werden kann.
Bei der Spaltung jedes Urankerns werden mehrere winzige Gebilde, teils Teilchen und teils Welle, mit beinahe Lichtgeschwindigkeit freigesetzt. Diese Teilchen/Wellen, die man auch Neutronen nennt, haben die Fähigkeit, in den Kern eines weiteren nahegelegenen Atoms einzudringen und dieses in ein neues Element umzuwandeln, ein auch Transmutation genannter Prozeß. Doch das ist nur der Anfang, denn dieses neue Element wiederum kann spontan in ein anderes und wieder ein anderes transmutieren, wodurch eine Familie von Nebenprodukten (Isotopen) entsteht, die schließlich in eine stabile Form übergehen. Wenn man die Chemie dieser Transformationen beherrscht, können wir neue Materialien erzeugen. Einige davon sind bereits bekannt, andere müssen noch entdeckt werden, um den Menschen in der Zukunft nützlich zu sein.
Auch lassen sich die von den Isotopen abgegebenen Strahlen nutzen, wovon es mindestens drei verschiedene Typen gibt und jede davon in unterschiedlicher Stärke. Sie werden in der medizinischen Diagnostik und Therapie zahlreicher schwerer Krankheiten eingesetzt, und täglich kommen neue Einsatzmöglichkeiten hinzu.
In vielen Teilen der Welt, teilweise in extrem dicht besiedelten Gebieten wie der Ostküste Indiens, wird Trinkwasser knapp. Brunnen verschmutzen in dem Maße, wie die fossilen Wasservorräte im Boden zur Neige gehen. In ganzen Regionen der Vereinigten Staaten, darunter Südkalifornien und der amerikanische Südwesten, ist bereits eine kritische Grenze der Wasserversorgung erreicht. Derzeit werden vor allem im Nahen Osten und in Nordafrika 40 Mio. Kubikmeter Trinkwasser pro Tag durch Meerwasserentsalzung produziert. Die Hauptmethoden, die dabei verwendet werden, sind die umgekehrte Osmose (wobei mit elektrisch angetriebenen Pumpen Salz- oder Brackwasser durch spezielle Membranen gedrückt wird) und die Flash-Destillation.
Vor fast 40 Jahren wurde erstmals in der damaligen Sowjetrepublik Kasachstan bestätigt, daß Kernenergie für die großangelegte Wasserentsalzung einsetzbar ist. 27 Jahre lang produzierte in Aktau ein Schneller Brüter 80.000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag und gleichzeitig bis zu 135 Megawatt elektrischen Strom. Japan hat zehn an Kernreaktoren gekoppelte Entsalzungs-Demonstrationsanlagen betrieben, und 2002 hat Indien am Atomkraftwerk Madras im Südosten ein Demonstrations-Entsalzungswerk errichtet, das 6300 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag erzeugt. Windmühlen und Solaranlagen können nicht genug elektrischen Strom bereitstellen, um in den Trockengebieten der Welt Frischwasser zu produzieren. Nur Kernkraftwerke sind dazu in der Lage.
Kernkraft bietet auch Lösungen, um die Abhängigkeit von importiertem Erdöl zu überwinden. Entscheidend sind hierbei die Wasserstoffatome, die in jedem Wassermolekül enthalten sind. Wasserstoff ist ein Kraftstoff, der für sich allein oder in Kombination mit Kohlenstoffverbindungen genutzt werden kann, um flüssige Treibstoffe zu erzeugen, die den heute verwendeten ähneln. Wasserstoff läßt sich aus Wasser entweder durch Elektrolyse oder durch thermochemische Aufspaltung gewinnen. Bei der höheren Prozeßwärme, die von den modularen heliumgekühlten Reaktoren der neuen Generation geliefert wird, steigt die Effizienz beider Verfahren deutlich an. Nuklear erzeugter Wasserstoff oder Kraftstoffe auf Basis von Wasserstoff in Kombination mit genügend Strom für Batteriefahrzeuge wird eine stabile örtliche Versorgung von Treibstoffen für den Verkehr sicherstellen. Anstatt das anglo-saudische Ölkartell zu bereichern, indem Erdöl Tausende Kilometer über die Weltmeere verschifft wird, kann viel besser der eigene, saubere Kraftstoff an einheimischen Kernkraftwerken hergestellt werden, die gleichzeitig auch den Strombedarf decken.
Das ist für alle Länder auf der Welt erforderlich. Viele weitere praktische Vorteile werden sich aus diesem neuen physikalischen Prinzip noch entwickeln, welches die Wissenschaftsrevolution des 20. Jahrhunderts definiert hat. Weitere Durchbrüche wie die praktische Nutzung der Kernfusionsenergie sind bereits absehbar. Die Anwendung dieser Technologien in der Wirtschaft zu verhindern und zu Methoden der Stromerzeugung des 18. Jahrhunderts zurückzukehren, bedeutete, den menschlichen Fortschritt aufzuhalten.
Der Autor ist Chefredakteur des amerikanischen Wissenschaftsmagazins 21st Century Science & Technology.
Anmerkungen:
1. Ein nützliches pädagogisches Hilfsmittel, das man früher häufiger in Technikmuseen und anderen öffentliche Ausstellungen finden konnte, ist ein fahrradgetriebener Generator. Durch die Betätigung der Pedale konnte man herausfinden, wieviel Arbeit aufgewendet werden muß, um eine 100-Watt-Birne zum Leuchten zu bringen. So bekam man einen sinnlichen Eindruck von der arbeitssparenden Wirkung moderner Stromerzeugung.
2. 1 Gigawatt = 1000 Megawatt = 1 Million Kilowatt.
3. Man achte auf die Angaben. Die Anlage hat eine Spitzenausgangsleistung von 64 Megawatt. Doch wie bei allen Solarkraftwerken ist das der Wert, der beim Höchststand der Sonne erreicht wird. Sobald die Sonne am Himmel absteigt, nimmt auch die Leistung der Anlage ab, bis sie dann einen halben Tag lang gar keinen Strom erzeugt.
Wer selbst eine Solaranlage kaufen will, teile die vom Hersteller angegebene Leistung durch vier oder fünf, wodurch sich eine klarere Vorstellung von dem Betrugsgeschäft ergibt, auf das Sie sich da einlassen. Man beachte auch, daß Solarwärmekraftwerke zusätzliche Energie durch gasbetriebene Heizungen verbrauchen, um die Wärmeträger fließend zu halten. Man vergesse zudem nicht, daß die Sonne nicht jeden Tag scheint. Um einen solchen unsteten Stromfluß ins Netz einzuspeisen, sind komplizierte Planungen, elektronische Schaltungen und Wartungsarbeiten erforderlich, deren Kosten nur selten berücksichtigt werden.
Lesen Sie hierzu bitte auch: Das Prinzip von Entwicklung: Dynamik, nicht Statistik - Neue Solidarität Nr. 20/2008 Kernthema: Kernenergie |
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