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Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2009

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Ist das Konjunkturpaket II ein Windei?

Die Bundesregierung „tut nun etwas“ gegen den Kollaps der Realwirtschaft, sie hat ein zweites Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, das insgesamt 50 Mrd. Euro für 2009 und 2010 umfassen soll. Das sind natürlich nicht alles direkte Ausgaben der Regierung, ein guter Teil besteht genaugenommen aus vorübergehenden Erleichterungen für den Bürger, die Steuermindereinnahmen für den Staat bedeuten und, da die Regierung ja die hierdurch verursachte zusätzliche Belastung ihres Haushalts der nächsten zwei Jahre durch Einbau einer „Schuldenbremse“ wieder ausgleichen will, letztendlich neue Belastungen für den Steuerzahler. Der Bürger hilft sich also selbst mit dem Konjunkturpaket, obwohl er das gar nicht weiß. Wirklich schlau eingefädelt von den Autoren des Konjunkturpakets.

Auch der Teil des Konjunkturpakets, der aus direkten Zuweisungen aus der Regierungskasse besteht, verdient nähere Prüfung. Da sollen im Rahmen eines 10 Mrd. Euro umfassenden „Investitionsprogramms“ die Kommunen besonders gefördert werden, so daß 7 Mrd. für die Instandsetzung oder sogar Neubau von  Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Straßen und anderen kommunalen Infrastruktureinrichtungen bereitstehen. Daß hier etwas getan wird, ist übrigens nach dem Absturz der kommunalen Investitionen um zeitweise mehr als 50 Prozent seit 1992 (von 33 Mrd. Euro jährlich auf zuletzt 21 Mrd.) längst überfällig. Der gesamte Aufholbedarf der Kommunen beträgt nach Schätzungen des Städtetags selbst wahrscheinlich 650-700 Mrd. Euro, so daß die Gelder aus dem Konjunkturpaket II gerade einmal 1 Prozent davon abarbeiten werden.

Ohnehin ist die Frage, wie das eine Viertel der Kommunen, die unter akuter, teils chronischer Finanzknappheit leiden und in großer Anzahl - allein in Nordrheinwestfalen etwa 100 Städte und Gemeinden - bereits pleite sind und unter Zwangsverwaltung der jeweiligen Landesfinanzministerien stehen, an Geld aus dem angeblichen Füllhorn der Bundesregierung kommen soll. Selbst der Eigenanteil von 10 Prozent, der für die ganz armen Kommunen zugesagt wurde, ist von vielen Stadtkämmerern einfach nicht aufzubringen, weil gar nichts in deren Kassen ist. Gerade dieser Tage liest man vom Falle Rostocks, das dringende Zahlungen von 22 Millionen Euro auf 220 Millionen Gesamtschuld nicht leisten kann, nicht einmal einen Haushalt für 2009 verabschiedet hat und in akuter Gefahr steht, unter die „Aufsicht“ des mecklenburgischen Finanzministers gestellt zu werden.

Zu den chronischen Notfällen gehört Berlin, die Bundeshauptstadt selbst, die gerade einmal 40 Prozent ihres regulären Haushalts aus Steuereinnahmen finanzieren kann und zusehen muß, wie sie die restlichen 60 Prozent mit einer Mischung aus Kreditaufnahme, Erlösen aus Privatisierungen und weiteren drastischen Einsparungen handhaben kann.

Natürlich wird sich das Handwerk, wird sich die Bauwirtschaft freuen, daß es in den Kommunen wieder Arbeit und damit Einnahmen für sie gibt, und das ist ihnen auch zu wünschen. Aber der Umfang des Konjunkturpakets ist einfach zu gering, er geht nicht wirklich über das hinaus, was Regierungen gewöhnlich in Wahljahren ausschütten. Ein richtiges Konjunkturpaket sieht anders aus, es würde sich vor allem um „Schuldenbremsen“ und Erfüllung der Maastrichter Regeln gar nicht kümmern, sondern auf das konzentrieren, was zu einer wirklichen Belebung der Realwirtschaft und zur Wiederherstellung von  Vollbeschäftigung notwendig ist.

In einem Sofortansatz könnte die Regierung auf ein bereits bestehendes Gesetz, nämlich das viel zu lange vergessene Stabilitätsgesetz von 1967 zurückgreifen und durch eine Aufstockung des für heutige Verhältnisse zu kleinen Finanzrahmens (damals 5 Mrd. DM jährlich) auf 50 Milliarden Euro Handlungsspielraum für größere Vorhaben wie den Ausbau des Kraftwerksparks oder die erste Stufe eines nationalen Transrapidnetzes gewinnen. Das Konjunkturpaket II stellt für 2009 und 2010 lediglich jeweils 2 Milliarden Euro für Schienen- und Wasserwege bereit, das wird nahezu gar keinen Effekt haben.

Die Regierung sollte sich nicht, wie sie es derzeit tut, bei den Privatbanken neu verschulden und aus ihrem laufenden Haushalt etwas herausschnippeln, sie muß vielmehr selbst Kredit für die Ankurbelung der deutschen Realwirtschaft schöpfen. Hierzu muß die Bundesbank wie im Stabilitätsgesetz von 1967 unter die Weisung von Regierung und Parlament zurückkehren und als Nationalbank dafür sogen, daß Produktivkredite im erforderlichen Umfang neu geschöpft werden.

Für ein Industrieland von der Größe Deutschlands ist ein Kreditrahmen für die Ankurbelung der Realwirtschaft in Höhe von 150-200 Milliarden Euro jährlich nicht zu viel - man vergleiche nur, was allein für die allerdings wenig sinnvollen Rettungsfonds für die Banken bisher zugesagt wurde. Wenn etwa 70 Milliarden jährlich für den kommunalen Bereich der Wirtschaft bereitstünden, würde sich dort auch wirklich etwas entwickeln, und im Gefolge einer lange überfälligen Steuerreform würden sich außerdem die Einnahmen der Kommunen aus Steuern der wiederbelebten Realwirtschaft und der wieder voll beschäftigen Bürger deutlich verbessern. 

            Rainer Apel

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Der Tsunami kommt auf uns zu
- Neue Solidarität 48/2008
Helga Zepp-LaRouche: Was Deutschland jetzt braucht!
- Neue Solidarität 24/2005
Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) (externer Link)

 

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