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Josette Sheeran, die Leiterin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), hat bei einem Treffen der G8-Entwicklungshilfeminister vor einer humanitären Katastrophe gewarnt: „Dieses Jahr zählen wir im Durchschnitt vier Millionen neue hungrige Menschen“ - pro Woche! Das WFP habe Nahrungsmittelrationen gekürzt und einige Operationen ganz eingestellt, nachdem die Geberländer angesichts ihrer eigenen Probleme das WFP angewiesen hätten, seine Arbeit einzuschränken. Gleichzeitig werde die Agentur aber von immer mehr Ländern um Hilfe gebeten. Auch die Nahrungsmittelpreise steigen wieder - die Mais- und Sojapreise stiegen letzte Woche auf ein Niveau, wie seit dem Beginn der Nahrungsmittelkrise Ende 2007 nicht mehr.
In Folge hat das WFP z.B. Notlieferungen in Ruanda von 420 auf 320 Gramm Getreide pro Person pro Tag gesenkt; 600.000 Menschen in Norduganda erhalten keine Versorgung mehr. In Äthiopien und Nordkorea wurden WFP-Operationen eingeschränkt. Kürzungen der Rationen für 3,5 Millionen Opfer der Dürre in Kenia stehen ebenfalls kurz bevor.
In einer wichtigen Stellungnahme warnte am 11. Juni der Präsident des Päpstlichen Rates für die Krankenseelsorge, Erzbischof Zygmunt Zimowski, gegenüber Radio Vatikan vor Einschnitten bei der weltweiten Gesundheitsfürsorge aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise.
Wörtlich sagte der Erzbischof: „Wir müssen darüber reden, daß die Wirtschaftskrise ganz einschneidende Folgen für das menschliche Leben haben wird. Sie trifft die Bedürftigsten, die Kranken und besonders die Kinder.“ Vor allem ärmere Länder schränkten ihre Mittel für das Gesundheitswesen bereits drastisch ein. „Dabei stehen gerade sie ohnehin bereits vor dem Kollaps, weil sie gegen Pandemien kämpfen müssen. Jetzt schon können Millionen von Kindern ihre Möglichkeiten nicht entwickeln, weil im Gesundheitswesen große Unterschiede und Ungerechtigkeiten bestehen.“
Die internationale Staatengemeinschaft müsse für die Gesundheitsfürsorge nach den von ihr selbst aufgestellten Prinzipien handeln: „Gleichheit, Solidarität, soziale Gerechtigkeit und allgemeiner Zugang.“ Die Grundlage dieser Herangehensweise liege in der „Heiligkeit und Würde des menschlichen Lebens“.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist jetzt zur „Rettung“ von Lettland und anderen baltischen Staaten, die sich in der finanziellen und wirtschaftlichen Kernschmelze befinden, eingesprungen. Aber die Hilfsgelder fließen nicht an Lettland, wie man glauben sollte, sondern direkt an die schwedische Zentralbank, weil schwedische Privatbanken in den Baltischen Staaten über fünfzig Milliarden Euro an Staats- und Privatschulden halten und sich selber in den größten Schwierigkeiten befinden. Gleichzeitig werden die baltischen Staaten zu teilweise lebensgefährdenden Einsparmaßnahmen verpflichtet.
Der Leitartikel auf der Titelseite der Financial Times vom 11.Juni berichtet, daß die EZB der schwedischen Zentralbank, der Riksbank, 3 Milliarden Euro geliehen hat, um den Kollaps schwedischer Banken zu verhindern. Dies ist insofern ungewöhnlich, da sowohl Schweden als auch Lettland, obwohl beide Mitglieder der EU sind, nicht zur Euro-Zone gehören. Dies ist Teil einer Übereinkunft, die von Schweden 2007 mit der EZB getroffen wurde, die es der Riksbank ermöglicht, bis zu 10 Milliarden Euro auf drei Monate auszuleihen bei entsprechender Hinterlegung von Kronen. Die EZB gab auch bekannt, daß die lettische Zentralbank von ihr Liquidität erhalten könne, allerdings nicht im Austausch von lettischen Lati, sondern nur von in Euro nominierten Anleihen. Anscheinend sind manche EU-Staaten „gleicher“ als andere.
Der lettische Premierminister Valdis Dombrovskis war gerade in Brüssel, wo ihn der EU Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquín Almunia in die Mangel nahm, um Lettland zu weiteren drastischen Kürzungen im Staatshaushalt zu drängen. Dombrovskis sagte, daß man schon weitere 500 Millionen Lati (ca. 350 Mio. Euro) aus dem Budget gestrichen habe und das Parlament zusätzliche Kürzungen verabschieden werde. Sie hofften, daß dann der Internationale Währungsfonds eine weiter Tranche von 1,4 Milliarden Dollar aus dem Rettungspaket von insgesamt 5,7 Milliarden Dollar freigeben werde.
So können eventuell die schwedischen Banken kurzfristig gerettet werden, aber bei dem zusammen gestrichenen Budget Lettlands bleibt die dortige Bevölkerung auf der Strecke.
Mit der Entscheidung der G-20, im Namen einer „Konjunkturankurbelung“ immer mehr Billionen in das Finanzsystem zu pumpen, erhält man keinen Aufschwung, sondern Hyperinflation. Der Anstieg der Erdöl- und anderen Rohstoffpreise seit Februar ist dafür ein klares Alarmsignal. Die Finanzminister der G8 beschlossen jedoch im italienischen Lecce auf Drängen der USA und Großbritanniens, nichts gegen die Hyperinflation zu unternehmen, sondern die Geldmenge weiter auszuweiten.
Hedgefonds und Banken verwenden die staatlichen Stützungsgelder nicht für Kredite in die Realwirtschaft, die weiter schrumpft, sondern für Spekulation mit Waren und Rohstoffen. In den letzten fünf Monaten hat sich der Ölpreis mehr als verdoppelt, letzte Woche stieg er über 73$ je Faß. Und das, obwohl das Angebot reichlich ist, die Lager voll sind. Auch die Nachfrage liegt laut Internationaler Energieagentur (IEA) 2,9% unter dem Vorjahr. Das Bankhaus Goldman Sachs gab am 4. Juni der Ölpreisspekulation weiteren Auftrieb, als es ankündigte, auf einen Preis von 85$ zum Jahresende zu wetten.
Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti sprach diesen Punkt beim Treffen der G8-Finanzminister am 13. Juni im italienischen Lecce an, was aber nur in einem Satz im Abschlußkommuniqué erwähnt wurde und einen Beschluß zur Gründung einer IWF-Kommission zur Folge hatte. Die britische und amerikanische Regierung verwarfen seinen Vorschlag, an den Öl- und Rohstoffmärkten keine Derivate mehr zuzulassen. Bei der abschließenden Pressekonferenz sagte Tremonti, die zusätzliche Liquidität im Finanzsystem habe „eine mechanische Tendenz, in Derivate zu fließen“, statt in die Realwirtschaft. „Die Spekulation ist wieder da, gewisse Finanzen erheben wieder ihr Haupt. Sie tun das gleiche, was sie im Juni letzten Jahres getan haben. Die Rohstoff-Derivate sind wieder da.“
Am 4. Juni hatte Tremonti in Cueno bei einer Wahlkampfveranstaltung Goldman Sachs als treibende Kraft hinter der Spekulation angegriffen: „Schauen Sie sich nur an, wie die Herren bei Goldman Sachs vorgehen. Sie machen ihre Wetten und sagen dann: ,Aha, wir haben es geschafft, den Preis nach oben zu treiben.'“
Die Regierungen müssen also endlich das tun, was der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche seit langem fordert, nämlich die Derivate verbieten und das Finanzsystem einer grundlegenden Konkurssanierung unterziehen, bevor es zu einer hyperinflationären Explosion kommt.