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Neue Solidarität
Nr. 26, 24. Juni 2009

„Sie ist ja Kassenpatientin, da lohnt sich das nicht”

Zur Lage im Gesundheitssektor erhielten wir die folgende Zuschrift, deren Verfasserin namentlich nicht genannt werden möchte.

Ich möchte euch von einem Ereignis berichten, was sich Anfang Februar in einem Krankenhaus in Deutschland ereignete.

Auf die Station, wo ich damals arbeitete, wurde eine erst 35-jährige Frau eingeliefert, die unheilbar an Lungenkrebs erkrankt war. Sie wurde nur „zum Sterben” - wie es die Schwestern ausdrückten - auf unsere Station verlegt.

Man hatte sich ausgerechnet, daß sie noch ungefähr drei bis vier Stunden zu leben hatte. Das Stationspersonal verließ sich nun also auf diese Aussage und hatte ihr Bett bereits verschiedenen Neuzugängen versprochen.

Allerdings verstarb sie nicht innerhalb der festgesetzten Zeit, sondern lebte insgesamt noch dreieinhalb Tage. Während dieser Zeit war sie entsetzlichen Schikanen ausgesetzt. Das reichte von Äußerungen wie, „Ach, sie leben ja wohl immer noch?!” bei der Visite über Äußerungen mir gegenüber, „Ihr brauchen sie nichts zu essen zu geben, die stirbt ja eh bald!” bis zu den unverblümten Worten ihrer 7-jährigen Tochter gegenüber, „Na, deine Mutter ist ja immer noch nicht tot.”

Das Ganze hatte folgenden Hintergrund:

Zum einen brauchte man das Bett, da die Neuzugänge bereits darauf warteten und man es nicht einkalkuliert hatte, daß sie „die Unverschämtheit” besaß, doch noch so lange zu leben.

Zum anderen war sie gesetzlich versichert. Die Schwestern machten keinen Hehl daraus, daß sich alles anders verhalten würde, wäre sie privat versichert. Dies zeigte sich besonders in folgendem Satz: „Sie ist ja Kassenpatientin, da lohnt es sich ja doch nicht, da haben wir ja noch nicht mal was davon.”

Als bei der Visite die oben genannte Äußerung gemacht wurde, brach die junge Frau vor Entsetzen und Schreck in Tränen aus, was die Ärzte allerdings wenig berührte. Als ich mich um sie kümmern wollte, meinte man zu mir, daß es sich nicht lohnen würde, die ist ja eh bald tot, ich solle mich um die, „wirklich wichtigen” Fälle kümmern.

Ich war und bin schockiert, wie man mit Menschen umgeht. Was hat das Gesundheitssystem, ja, was haben die Politiker mit den Menschen gemacht? Ich glaube noch nicht einmal, daß wir die Schuld bei dem Personal suchen müssen – sie sind auch gefangen in diesem System – ich glaube eher, daß das ganze Gesundheitssystem versagt hat. Wir dürfen dabei nicht tatenlos zusehen! Euthanasie im 21. Jahrhundert ist nicht zu dulden! Es ist menschenverachtend und entwürdigend. Heutzutage ist ein Menschenleben nichts mehr wert. Wir sind nur noch „Fälle”, nur noch Nummern.

Ich hoffe, daß mein Bericht zeigen kann, wie schlimm es wirklich zugeht und daß manchen Menschen vielleicht die Augen geöffnet werden.