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Ein Aspekt des gescheiterten Systems der Globalisierung ist die Auslagerung der Nahrungsmittelerzeugung: Industrieländer geben zunehmend die Agrarerzeugung auf und importieren Nahrungsmittel aus armen, unterentwickelten Ländern, deren eigene Bevölkerung häufig unterernährt ist. So wird Nahrung auf den Warenterminmärkten zum Spekulationsobjekt. Der italienische Landwirtschaftsminister Luca Zaia hat vom 18.-20. April in Italien ein Treffen der „G8+5“-Gruppe gegen diese menschenfeindliche Politik organisiert.
Einem neuen Buch von Jean-Yves Carfatan zufolge betreiben fünf Länder systematisch „Outsourcing“ der Nahrungsmittelerzeugung: China, Südkorea, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Japan und Saudi-Arabien bewirtschaften bis zu 7,6 Mio. ha Agrarland in anderen Nationen - das entspricht 5,6mal der Agrarfläche Belgiens. In China leben zwar 40% aller Landarbeiter der Welt, aber nur 9% der Staatsfläche sind Agrarland. Japan und Südkorea importieren 60% ihrer Nahrungsmittel. Libyen will im Austausch gegen wertvolles Ackerland billiges Erdgas in die Ukraine (!) ausführen, und Jordanien und China sind am Sudan interessiert. Auch in Europa hat die Auslagerung begonnen: 15% der Landfläche von Rumänien (15 Mio. ha) gehören Besitzern aus anderen europäischen Ländern.
Da die Bauern, die auf dem von Regierungen verpachteten Land leben, meist keine Rechtsansprüche auf das Land haben, kommt es häufig zu Zusammenstößen zwischen armen Kleinbauern und internationalen Agrarkonzernen. Auf Madagaskar hat das südkoreanische Unternehmen Daewoo, das sich vertraglich 50% des Agrarlandes der Nation sicherte, die Kleinbauern vertrieben, und dies hat mit zum Sturz der Regierung in dem Land beigetragen.
Auf dem G8+5-Treffen in Cison di Valmarino (Provinz Treviso) betonte Minister Zaia, die Frage der Nahrungsmittelsicherheit, d.h. die Wiederankurbelung der Agrarerzeugung in Industrieländern, stehe jetzt wieder auf der Tagesordnung. Außerdem brauche man Maßnahmen gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln und für die Bereitstellung von mehr Wasser, um die Weltnahrungsmittelerzeugung zu verdoppeln. Dieses Ziel hat auch die Welternährungsorganisation FAO gesetzt, und die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, hat es schon im September 2008 in einem internationalen Aufruf gefordert.
In einem Interview mit der Tageszeitung Libero sagte Zaia am 17. April: „Eine solide Wirtschaft erfordert einen soliden Agrarsektor. Daher ist es notwendig, die Produktion zu schützen und die Landwirte in den Mittelpunkt zu stellen... Nahrung ist etwas Strategisches.“ Er schlägt vor, „alle Finanzinstrumente, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen beinhalten, zu verbieten. Die Wahrheit ist, daß Menschen wegen der Spekulation verhungern. Fast eine Milliarde Menschen hungern. Jedes Jahr verhungern drei Millionen Kinder. Diese Situation ist untragbar.“ Man müsse die Agrarerzeugung in den Entwicklungsländern erhöhen. „Sie muß verdoppelt werden. Wasser spielt eine Schlüsselrolle: Wir müssen Wasser bereitstellen, wo es fehlt. Durch Investitionen in die Infrastruktur wird die Produktivität erhöht.“
Zaia verteidigte auch Schutzzölle. Italien sei dagegen, über die Welthandelsorganisation (WTO) die Reiszölle zu senken, weil das die Binnenproduktion ruinieren würde. „Wir müssen einen Ausgleich finden, wir dürfen unseren Landwirten nicht schaden. Es ist kein Zufall, daß ein anderes Thema, über das man auf dem Gipfel diskutieren wird, die Sicherung der Herkunft der Agrarerzeugung ist.“
sas