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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2009

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Italienischer Senat: LaRouche
contra Finanzstabilitätsforum

Italien. Die Debatte über die Finanzkrise am 24. Februar im Senat in Rom im Kampf um ein Konkursverfahren des Finanzsystems ist ein begrenzter Erfolg.

Auf Antrag des oppositionellen Senators Oskar Peterlini fand am 24. Februar im italienischen Senat in Rom eine Debatte und Abstimmung über Lyndon LaRouches Vorschlag eines Konkursverfahrens für das Finanzwesen statt. Die Debatte war schon vor fünf Monaten beantragt, aber immer wieder vertagt worden, doch der G7-Finanzgipfel am 12. Februar in Rom hatte die Diskussion über ein Neues Bretton Woods neu entfacht, und Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti will das Thema beim G8-Treffen im Juli auf Sardinien auf die Tagesordnung setzen.

Sen. Peterlini stellte seinen Antrag, den er zusammen mit LaRouches Mitarbeiter Andrew Spannaus entworfen hatte, als erster Redner vor. Es gab dann fünf weitere Anträge, die den ersten entweder unterstützten, nachahmten oder ihm entgegentraten. Nach dreistündiger Debatte wurden fünf Anträge angenommen und einer abgelehnt. Kräfte um den Chef des einflußreichen „Financial Stability Forum“ (FSF), Mario Draghi, taten alles, um LaRouches Politik zu blockieren, dennoch wurde am Ende ein begrenztes, doch positives Resultat erreicht, weil einer der angenommenen Anträge (von der Lega Nord) tatsächlich Konkursmaßnahmen fordert.

So hieß es anschließend in der offiziellen Erklärung des Senats: „Die Regierung wurde aufgefordert, öffentliche Gelder zu verwenden, um die Sparguthaben der Privathaushalte und normalen Wirtschaftsaktivitäten zu schützen, aber nicht die Interessen von Finanzinstituten, die Finanzmüll besitzen oder sogar fördern. Dazu muß man spekulative Schulden von Investitionsschulden trennen und letztere mit niedrig verzinster, langfristiger Finanzierung fördern, um die Realwirtschaft zu unterstützen und die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung einzudämmen.“

Dies bezieht sich auf Tremontis bekannten Vorschlag, Derivatverpflichtungen einzufrieren und nicht mit öffentlichen Geldern zu stützen - eines der verschiedenen Elemente von LaRouches Vorschlägen, die Tremonti unterstützt.

Peterlini forderte zunächst ausdrücklich ein „Insolvenzverfahren“ für das Finanzsystem, doch die Draghi-Gruppe setzte durch, daß diese Formulierung aus seinem Antrag herausgenommen wurde. Da die Forderung jedoch, wie aus der Senatserklärung ersichtlich ist, in anderer Formulierung bestehen bleibt, ist das Ergebnis trotzdem zu begrüßen.

Tremonti kann nun mit Recht behaupten, daß der gesamte Senat, Mehrheit wie Opposition, hinter seiner Politik steht, das bankrotte Finanzsystem nicht mit Steuergeldern zu retten. In dem Machtkampf mit der britischen Fraktion, die das bankrotte System mit hyperinflationären Maßnahmen retten will, arbeitet die Zeit für die Vorschläge von LaRouche und Tremonti, je mehr der wirtschaftlich-finanzielle Zusammenbruch voranschreitet. Hier werden die Karten sicherlich schon vor dem G8-Gipfel im Juli neu gemischt werden.

„Heute ruft jeder nach dem Neuen Bretton Woods“

Peterlini erinnerte in einer Rede daran, daß er und LaRouche seit 2002 vor dem Ausbruch der Krise warnen, aber wie Kassandra behandelt wurden. „Kassandra, die schönste unter den Töchtern des Priamos, war keine Schwarzmalerin, sondern eine Prophetin, auf die keiner hören wollte. Meine Berufung ist nicht die der Kassandra, aber ich bin sehr besorgt. Wir haben seit 2002 davor gewarnt. Um genauer zu sein, wir haben den ersten Entwurf bezüglich der Finanzblase am 27. Februar 2002 in den Senat eingebracht.“ Die Hinweise auf eine Systemkrise seien offensichtlich gewesen: Asienkrise, Rußland, Lateinamerika, Bankrott Argentiniens usw.

Damals habe man nicht auf die Warnungen gehört, aber „heute ruft jeder nach einem Neuen Bretton Woods System, auch Minister Tremonti“. Man hätte die Krise vermeiden können.

Ursache der Krise sei der Wandel von einer produktiven Wirtschaft zur Schuldenwirtschaft, und der schlimmste Ausdruck davon seien die Derivate. Alle Bankensysteme der Welt hätten spekulative Instrumente benutzt, und man solle sich nicht der Illusion hingeben, daß Italien stabiler sei als andere Länder.

Die Zeit dränge, betonte Peterlini. Man müsse jetzt das Finanz- und Kreditsystem reorganisieren, das sei der gemeinsame Nenner aller Resolutionsentwürfe der verschiedenen Parteien. Die Verluste des Systems durch Spekulation „können nicht durch das Geld der Steuerzahler ausgeglichen werden. Wir müssen die Ersparnisse von Familien, auch Ersparnisse, die in Rentenfonds angelegt sind, schützen.“ Er stimme vollkommen mit Minister Tremonti überein, daß die normalen Wirtschaftsaktivitäten, nicht die Spekulanten geschützt werden müssen. In Bezug auf die Giftmüllpapiere sagte Peterlini: „Wir unterstützen Tremonti: Laßt sie untergehen.“

Peterlini erwähnte wiederholt LaRouche und dessen Mitarbeiter in Italien, Andrew Spannaus, der die Debatte von der Zuschauertribüne aus verfolgte.

Dann sagte er, das Vertrauen müsse wiederhergestellt werden, und es gebe kein Vertrauen ohne Gerechtigkeit, d.h. die Verantwortlichen der Krise müßten dafür bezahlen. „Rettet nicht, was völlig verrottet ist, sondern schützt das Gemeinwohl!“

Jetzt brauche man „Stabilität für Investitionen und Produktion“, deshalb sei ein System stabiler Wechselkurse notwendig. Das neue System müsse ein Kreditsystem und kein monetäres System sein und mindestens 40-50 Jahre halten, wie das erste Bretton Woods System. Abschließend rief Peterlini alle Parteien auf, in einer gemeinsamen Resolution Tremontis internationale Handlungsfähigkeit zu unterstützen.

Weitere Anträge

Danach wurden die anderen fünf Anträge vorgestellt. Erst sprach Enrico Morando von der größten Oppositionspartei, der Demokratischen Partei (PD). Er stellte einen langen Entwurf vor, in dem mehr Befugnisse für supranationale Institutionen wie die EU-Kommission und einen neuen „Rat für tragfähige Entwicklung“ bei der UNO gefordert werden.

Ihm folgte Elio Lannutti von der populistischen Oppositionspartei IDV. Sein Entwurf kopierte viele Elemente von Peterlini, enthielt aber auch abstruse Ideen wie eine neue Weltwährung. Auch wurde darin die EU künstlich zum Gegenpol zu der von LaRouche vorgeschlagenen Mächtekoalition USA, Rußland, China, Indien hochstilisiert. Die konkrete Forderung an die Regierung beschränkt sich auf einen Satz: „... dringend mit dem Parlament und anderen kompetenten Institutionen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene darauf hinzuarbeiten, daß die neue Bretton-Woods-Reform, d.h. die Neuorganisation des zusammenbrechenden Weltwährungs- und Finanzsystems, auf dem nächsten G8-Gipfel im Juli... ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt wird“.

Als nächster Redner präsentierte Paolo Franco den Entwurf der Lega Nord, einer der Regierungsparteien. Die Lega ist in Norditalien sehr stark vertreten und gibt sich „heimatverbunden“ in jeder Hinsicht. Wirtschaftspolitisch ist sie gegen die Globalisierung und steht hinter Tremonti.

Der Antrag lobt zunächst das alte Bretton-Woods-System als erste umfassende Einigung souveräner Nationen auf eine Währungsordnung in der Geschichte. Dagegen habe die Globalisierung die politische Aufsicht über die Märkte geschwächt und Verfall in Spekulation und Zerfall eines regellosen Systems gefördert. Die konkreten Forderungen entsprachen vielfach Schlüsselabschnitten aus dem Peterlini-LaRouche-Entwurf - u.a., wie oben erwähnt, keinen Finanzmüll zu refinanzieren. Ein Abschnitt über ein Kreditsystem anstelle eines rein monetären Währungssystems war zunächst vorgesehen, wurde aber auf Ersuchen der Regierung wieder herausgenommen. Der ähnliche Abschnitt wurde auch bei Peterlini weitgehend gekürzt.

Als nächstes sprach der Vorsitzende des Senats-Finanzausschusses, Mario Baldassarri. Er hatte früher LaRouches Forderung nach einem Konkursverfahren des Systems unterstützt, u.a. sogar bei einer öffentlichen Veranstaltung mit dem Verfasser dieses Artikels. Nun aber vertrat er plötzlich das Gegenteil und sprach nur über Maßnahmen zur Rettung des sterbenden Systems. Er unterstützte sogar direkt Draghis FSF.

Die letzte Rednerin war die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino, die zusammen mit anderen aus der DP mehr Befugnisse für die EU-Kommission forderte. Die EU solle europaweit einen Notstand für die Autoindustrie und das Bankwesen erklären und mit einer besonderen Arbeitsgruppe das weitere Vorgehen leiten. Die Regierung lehnte dies ab und befürwortete lediglich die Einrichtung von Arbeitsgruppen unter dem Dach der EU zur Koordination nationaler Maßnahmen.

In der anschließenden Debatte über die Anträge wurde rasch deutlich, daß die „Draghi-Partei“ hinter den Kulissen Druck gemacht hatte. Peinlich war der Auftritt von Luigi Grillo aus Ministerpräsident Berlusconis neuer Partei PdL, der verkündete, das italienische Bankwesen sei „das beste der Welt“, der aber nicht einmal den Namen „Royal Bank of Scotland“ richtig aussprechen konnte. Grillo sagte, er habe geholfen, Baldassarris Antrag umzuformulieren, und lobte besonders das FSF.

Nur Vertreter der Lega Nord sprachen sich gegen die Globalisierungspolitik aus.

Peterlini mußte am Ende den Änderungswünschen der Regierung - vertreten durch Finanz-Staatssekretär Luigi Casero - nachgeben.

Nach intensiven Verhandlungen willigten alle Antragsteller außer Morando in die von der Regierung geforderten Änderungen ein, und alle Anträge außer seinem wurden angenommen.

Insgesamt versäumte der Senat zwar die Gelegenheit, den politischen Kampf auf die nächsthöhere Ebene zu tragen, dennoch war die Debatte ein begrenzter Erfolg. Die nächsten Wochen werden neue Umstände und neue politische Schlachten bringen.

            Claudio Celani

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