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Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2008 |
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Société Générale: die geopolitische Hypothese
Während der Broker Jérôme Kerviel, der angeblich im
Alleingang 4,9 Mrd. Euro Verluste für die zweitgrößte französische Bank Société
Générale einfuhr, von der Polizei vernommen wird, bleiben viele Fragen offen -
warum, mit wem und für wen er agierte.
Eines scheint sicher: Kerviel kann nicht, wie die Bank
behauptet, allein gehandelt haben. Der Händler, der für kleinere Geschäfte mit
Aktienderivaten zuständig war, konnte zwar möglicherweise Sicherheitscodes von
Computern und andere Hindernisse überwinden, aber wie sollte er die
Clearinghäuser täuschen, die die Bankgeschäfte abwickeln und Zahlungen leisten?
Wenn sehr hohe Summen investiert werden, muß immer eine kleinere Summe vorher
hinterlegt werden, und 1% sind bei Spekulationen mit 50 Milliarden schließlich
500 Millionen Euro!
Wo lag Kerviels Motiv, da er doch nicht in die eigene Tasche
wirtschaftete? Seine Anwälte erklären, er müsse als Sündenbock für die
gewaltigen Verluste der Bank bei minderwertigen Immobilien und anderen
Krisenbereichen herhalten. Das ist glaubhaft. Kerviels Anwälte machen das
Vorgehen der Bank für die Verluste verantwortlich: Sie habe die Positionen des
Händlers völlig übereilt und auf ganz unübliche Weise abgewickelt. Die Bank,
die den „Betrug“ zwischen dem 18. und 20. Januar bemerkt haben will, bestätigt
tatsächlich, daß sie die riesigen Positionen innerhalb von drei Tagen abwickelte.
Aber die sorgfältige Geheimhaltung beim Vorgehen der Bank
weist auf ein anderes mögliches Motiv. Die Bank informierte nur zwei Personen
über ihre Entdeckung: Zentralbankchef Christian Noyer, der ein persönlicher
Freund von EZB-Chef Jean-Claude Trichet ist, und den Chef der Finanzaufsicht
Gérard Remaix. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft wurden eingeschaltet, und
auch die höchsten politischen Autoritäten, Präsident Nicolas Sarkozy und
Ministerpräsident François Fillon, wurden nicht informiert. Sarkozy ist dem
Vernehmen nach wütend darüber, daß man ihn erst am 23. Januar in Kenntnis
setzte. Noyer sagte, er habe seine Kollegen bei der EZB und der Federal Reserve
eingeweiht, aber die Financial Times schrieb, Fed-Chef Ben Bernanke sei
nicht informiert gewesen.
Als die Société Générale am 24. Januar
enthüllte, daß sie über 50 Mrd. Euro an europäischen Aktienderivaten hastig liquidiert
hatte, geriet sie umgehend international unter Beschuß: Sie habe möglicherweise
den Minicrash vom 21. Januar und die Zinssenkung der Fed um 0,75% am nächsten
Tag bewußt mit ausgelöst. Nichts zwang den Vorstandschef der Bank Daniel Bouton
zu diesem Vorgehen, das jeder umsichtigen Bankenpraxis widersprach. Wurde der
sonst fähige Bankier von der EZB dazu gedrängt?
Die Zeitung Le Monde forderte am 26. Januar die
Ermittler auf, herauszufinden, ob es das Ziel der Operation war, „die Bank zu
sprengen“. Wie Lyndon LaRouche beschrieben hat, will eine räuberische Fraktion
insbesondere in der Londoner Finanzwelt die Weltfinanzkrise benutzen, um die
USA mit allen Mitteln zu zerstören und selbst als „Top Dog“ aus der Krise
hervorzugehen. In der Hinsicht sollte man bedenken, daß die Handelszentrale der
Société Générale in London sitzt.