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Aus der Neuen Solidarität Nr. 50/2008 |
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Alexander Hartmann, Spitzenkandidat zur hessischen Landtagswahl, gab am 6. Dezember die folgende Stellungnahme zur Energiepolitik ab.
Die weltweite Zusammenbruchskrise zeigt mehr als deutlich, daß die wirtschaftspolitische Ausrichtung der letzten vierzig Jahre, nämlich, die Industriegesellschaft abzuschaffen und sie durch eine Dienstleistungs- und Spekulantengesellschaft zu ersetzen, die sich von Billiglohnarbeitern in der Dritten Welt bedienen läßt, gründlich gescheitert ist.
Gelingt es, unsere Zivilisation aus diesem Zusammenbruch zu retten, dann ist eine Re-Industrialisierung unseres Landes die unverzichtbare Voraussetzung dafür. Dann wird sich ein weiterer Mythos, der in den letzten Jahrzehnten propagiert wurde, als Märchen erweisen: nämlich, daß eine „Entkoppelung“ von Lebensstandard und Energieverbrauch möglich sei. Tatsächlich war das nie der Fall, weil die Energie für all das, was in anderen Ländern - etwa in China - für unseren Verbrauch erzeugt wurde, natürlich auch in diesen Ländern statistisch erfaßt wurde, so daß es schien, als stagnierte unser Energie- und Stromverbrauch. Hermann Scheers Utopie einer ausschließlich mit „erneuerbaren Energien“ betriebenen Volkswirtschaft impliziert eine Welt, in der die armen Menschen auf Dauer und ohne jede Aussicht auf Besserung für die Reichen schuften müssen, ohne dafür anständig entlohnt zu werden; eine Mentalität, die sich übrigens auch in den mit rot-grüner Mehrheit beschlossenen Hartz-Gesetzen wiederfindet, und die nicht nur menschenfeindlich ist, sondern sich jetzt auch als unhaltbar herausstellt.
Es gibt nur einen Ausweg, und das ist der Wiedereinstieg in die Industriegesellschaft, in der wir unser tägliches Brot wieder mit eigener produktiver Arbeit verdienen. Eine Re-Industrialisierung und Modernisierung unserer Volkswirtschaft, beispielsweise unseres Verkehrswesens durch elektrisch betriebene Systeme wie den Transrapid oder das unterirdische Gütertransportsystem CargoCap, würde den Stromverbrauch in unserem Land auch schnell wieder dramatisch in die Höhe treiben. Innerhalb von 20 Jahren kann er sich, bei einem erfolgreichen Wiederaufbau, leicht verdoppeln. Wächst die Stromerzeugung jedoch nicht mit dem Verbrauch mit, dann wird dies zu einem ganz entscheidenden Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung, wie man in fast allen Ländern der Dritten Welt sehen kann.
2003 und 2004 wurden in Deutschland brutto jeweils rund 588 Mrd. kWh elektrischen Stroms erzeugt, diese stammten (2005) zu 26,3% aus Kernenergie, zu 25% aus Braunkohle, zu 21% aus Steinkohle, zu 11,3% aus Erdgas, zu 4,5% aus Wasserkraft und zu 1,9% aus Erdöl. 26,5 Mrd. kWh (4,3%) kamen aus Windenergie, 1 Mrd. kWh (0,2%) aus Solaranlagen, 11,1 Mrd. kWh (1,9%) aus der Biomasse- oder Müllverwertung.
Da die zur Stromerzeugung zur Verfügung stehende Wasser- und Müllmenge offensichtlich begrenzt und die Windenergie - wenn man einmal von den unglaublichen Subventionen absieht, die eine ideologisch motivierte Politik für sie bewilligte - äußerst unökonomisch ist, nicht zuletzt, weil im Hintergrund ständig andere Kraftwerke mitlaufen müssen, um sofort einspringen zu können, wenn der Wind gerade nicht weht, bleiben als Energieträger für eine Re-Industrialisierung lediglich Kernkraft, Kohle, Erdgas und Öl. Und Kohle, Erdöl und Erdgas sind genaugenommen viel zu wertvolle Rohstoffe, um sie zu verbrennen.
Gehen wir, grob geschätzt, von einer Verdoppelung der Bruttostromerzeugung in Deutschland in den kommenden 20 Jahren auf ca. 1200 Mrd. kWh aus, die, wie gesagt, eine unerläßliche Voraussetzung für eine Re-Industrialisierung und damit für eine wirtschaftliche Gesundung unseres Landes ist, und einer ökonomisch sinnvollen Steigerung des Kernkraftanteils an der Stromerzeugung von derzeit 25% auf rund zwei Drittel, dann muß die einheimische Stromerzeugung aus Kernenergie auf rund 800 Mrd. kWh wachsen. In Deutschland waren im März 2006 noch 17 Kernkraftwerksblöcke mit einer Nettoleistung von 20.339 MW in Betrieb, die 2005 brutto insgesamt 162 Mrd. kWh elektrischen Stroms erzeugten. Wenn diese Menge auf rund 800 Mrd. kWh anwachsen soll, bedeutet dies also, daß auch die installierte Leistung der deutschen Kernkraftwerke in absehbarer Zeit auf rund 100.000 MW verfünffacht werden muß. Für Hessen bedeutete dies einen Ausbau von einer derzeit installierten Leistung von ca. 2500 MW auf rund 12.500 MW. Da die hessischen Kernkraftwerke (Biblis A und Biblis B) 1974 und 1976 in Betrieb gingen und somit die heute ältesten Kernkraftwerke Deutschlands sind, müßten diese Kapazitäten in den kommenden 20 Jahren komplett neu errichtet werden.
Wir brauchen also ein massives Neubauprogramm für Kernkraftwerke, denn auch wenn man die Laufzeit der jetzigen Kraftwerke auf 40, 50 oder gar 60 Jahre verlängern würde, um Engpässe zu vermeiden, die bei der jetzt geplanten vorzeitigen Abschaltung nach 32 Betriebsjahren unvermeidlich wären, könnten sie dann doch kaum mehr Strom erzeugen, als sie es jetzt schon tun. Und auch dann müßten sie nach Ablauf ihrer Lebensdauer abgeschaltet werden - ganz abgesehen davon, daß sie auch nicht besser werden mit dem Alter.
Hinzu kommt, daß wir inzwischen ganz andere Kernkraftwerkstypen als die heute in Deutschland üblichen zur Auswahl haben, die zum einen weit sicherer sind, weil ihre Konstruktion auch ohne von Menschen oder Computern gesteuerte Eingriffe ein „Durchbrennen“ der Anlage verhindert, aber auch ökonomischer, weil sie mit höheren Betriebstemperaturen arbeiten, die dann direkt als Prozeßwärme industriell genutzt werden können. Diese Hochtemperaturreaktoren, die einst in Deutschland entwickelt, aber hier wegen der kernkraftfeindlichen Politik der Regierungen Kohl, Schröder und Merkel nur kurze Zeit genutzt wurden, werden heute in China und Südafrika weiterentwickelt. Ihre optimale Größe liegt bei einer Leistung von ca. 300 MW. Hessen braucht also rund 40 solcher Reaktoren, die in den kommenden 20 Jahren gebaut werden müssen. Während der kommenden Legislaturperiode müssen wir die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß ab 2012 jährlich 2, später, je nach Bedarf 3 bis 4 solcher Hochtemperaturreaktoren ans Netz gehen können.
Sie würden, wie gesagt, nicht nur einen großen Teil des Stroms erzeugen, sondern auch einen erheblichen Anteil der Wärmeenergie, die beispielsweise in den Chemiestandorten Wiesbaden, Frankfurt oder Darmstadt benötigt wird. Aufgrund der kleineren Größe der Reaktoren wären die Nuklearanlagen künftig gleichmäßiger über unser Land verteilt als bisher, wobei sie aufgrund ihrer einkonstruierten Sicherheit auch in Ballungszentren errichtet werden können. Das würde auch die Übertragungsverluste dramatisch senken, die heute entstehen, wenn unsere Stromversorger „Ökostrom“ aus Tschernobyl importieren. Die Ablösung der unrentablen Windkraftwerke würde unsere Landschaft verschönern und gleichzeitig die Sicherheit unserer Stromversorgung verbessern.
Es liegt bei den hessischen Wählern, ob sie sich für eine solche Politik entscheiden, oder für den Rückschritt in ein ökologisches finsteres Mittelalter.
Alexander Hartmann,
Landesvorsitzender der BüSo Hessen
Spitzenkandidat bei der hessischen Landtagswahl am 18. Januar 2009
Lesen Sie hierzu bitte auch: BüSo Hessen tritt an zur vorgezogenen Landtagswahl - Neue Solidarität Nr. 48/2008 Ist die SPD noch zu retten? - Neue Solidarität Nr. 33/2008 Hessen: Wahlergebnis erzwingt Abschied von ideologischen Scheuklappen - Neue Solidarität Nr. 6/2008 Hessens SPD auf den Spuren Arnold Schwarzeneggers? - Neue Solidarität Nr. 7/2007 Sei kein Bio-Narr - Neue Solidarität Nr. 5/2007 Energiedebatte im Alkoholdunst - Neue Solidarität Nr. 5/2007 Nietzsche, Faschismus & "Terminator" Schwarzenegger - Neue Solidarität Nr. 15/2005 Kernthema Kernenergie |
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