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Aus der Neuen Solidarität Nr. 46/2008

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Das neoliberale Dogma ist am Ende

Im Wortlaut. Beim Bundesparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität am 26. Oktober in Frankfurt hielt die Bundesvorsitzende der BüSo, Helga Zepp-LaRouche, die folgende Rede.

wir sind in einem in der Tat außergewöhnlichen historischen Moment. Wir haben eine weltweite Panik, und die ganze Welt ist von einem Tsunami des Finanzkrachs erfaßt, der die Gefahr mit sich bringt, daß es zu einem schrecklichen Zusammenbruch der Zivilisation kommen könnte.

Ich will diese Gefahr überhaupt nicht verkleinern, aber von der Seite der guten Nachrichten her ist sich, glaube ich, jeder hier im Raum darüber bewußt, daß wir - Lyndon LaRouche, die BüSo und die weltweite LaRouche-Bewegung - uns im Zentrum dieser historischen Lage befinden, weil wir und insbesondere natürlich mein Ehemann Lyndon LaRouche wirklich auf der ganzen Welt inzwischen bekannt ist als derjenige, der diese Entwicklungen prognostiziert hat und der an allen wichtigen Punkten immer haargenau richtig gelegen hat mit der Prognose dieser Entwicklungen.

Nur wenige Leute in relevanten Kreisen bestreiten das noch. Gestern hat der stellvertretende Gouverneur der Bank von England, der interessanterweise Herr Bean heißt, gesagt, daß diese jetzige Finanzkrise die schlimmste Krise in der Geschichte sei; daß sie einzigartig sei wegen ihres Ausmaßes, weil sie die ganze Welt umfaßt. Diese Bemerkung ist nur deshalb hervorzuheben, weil sie eben von der Bank von England kommt, und damit von einer der Institutionen, die ja nun nicht ganz unverantwortlich sind für das Zustandekommen dieser Krise.

Weil wir recht hatten, ist es sehr wichtig, eben auch auf unsere Lösungen zu hören, und alles wird in der nächsten Zeit darauf ankommen, ob sich unsere Lösung durchsetzt. Und nur dann wird diese Krise zwar nicht zu verhindern, aber zu überwinden sein.

Aber ich denke, wie sind eigentlich in einem relativ guten Zustand, d.h., unsere Autorität ist enorm gewachsen. Wenn Sie sich einmal erinnern: Wenn Sie vor zwei Monaten, Ende August, den Leute an den Infoständen auf der Straße gesagt haben: „Wir brauchen ein neues Bretton-Woods-System“, dann haben die Leute gefragt, was ist denn das? Oder wenn wir das in der Zeitung geschrieben haben, dann haben die Leute gesagt, wir sollen nicht immer so viele Fremdworte benutzen, das würde doch kein Mensch verstehen.

Aber jetzt ist es praktisch so, daß „New Bretton Woods“ ein Haushaltswort ist, daß man keine Zeitung mehr aufschlagen kann, daß man keine Fernsehsendung mehr anschauen kann, ohne daß die Leute sagen: „Wir wollen ein neues Bretton Woods.“ Und das ist im Grunde in den letzten sechs Wochen geschehen. Denn wir haben in den letzten sechs Wochen ein Massaker bei den internationalen Banken erlebt, wie es in der Tat in der Geschichte in der Form noch nicht vorgekommen ist, und auch das ist nur der Anfang.

Countdown für LaRouches Ideen

Wir sind jetzt in einem Countdown, wo sich unsere Ideen auf die Tagesordnung setzen. Die meisten von Ihnen wissen, daß der französische Präsident Sarkozy sich zum Sprecher der Forderung gemacht hat, daß eine Notkonferenz stattfinden soll, eine neue Bretton-Woods-Konferenz, und er hat gesagt, er habe den Konsens von 27 EU-Staaten. Das stimmt zwar nicht ganz, darauf gehe ich gleich noch ein, aber er hat es durchgesetzt, daß am 15. November voraussichtlich in Washington eine Konferenz stattfinden wird mit 20 Nationen. Auch das entspricht nicht ganz dem Vorschlag von Sarkozy, die USA haben die vorgeschlagene Zahl von 13 Staaten auf 20 erhöht, worin Frankreich schon wieder einen Trick sieht, um die ganze Sache zu verwässern, was durchaus wahrscheinlich ist. Aber das steht jetzt auf der Tagesordnung.

Sarkozy hat auch etwas gefordert, was noch vor ganz kurzer Zeit eine absolut unfaßbare Forderung war, nämlich die Wiedereinführung von festen Wechselkursen. Ich hatte vor etwa einem halben Jahr ein Treffen mit einem Bundestagsabgeordneten in Berlin, der sagte: „Was, feste Wechselkurse? Teufelszeug, das wird nie wieder auf die Tagesordnung kommen!“

Sarkozy sagt auch, die Idee, daß die Märkte und „Experten“ über alles bestimmen, d.h., die Kraft der Märkte - diese Idee sei tot, und die Rolle des Staates stehe wieder im Vordergrund.

Giulio Tremonti, immerhin der Finanzminister eines G-7-Staats, spricht inzwischen öffentlich darüber, daß nicht Sarkozy die Idee hatte mit dem Neuen Bretton Woods, sondern er, Tremonti, der erste gewesen sei, der das gefordert hat, aber er sei nur der erste auf Regierungsebene gewesen, und natürlich stamme die Idee von Lyndon LaRouche, dem amerikanischen Ökonomen, der seit vielen Jahren diese Forderung erhebt.

Lyn - Lyndon LaRouche - war in den letzten Wochen und Tagen wiederholt in den russischen Medien, im russischen nationalen Fernsehen, im indischen Fernsehen. Ich habe vor zwei Tagen Anrufe bekommen von Freunden aus Indien, die ganz begeistert waren und sagten: „Wir haben LaRouche im indischen Fernsehen gesehen, und er hat dort über die Lösung gesprochen, daß nur die vier mächtigsten Nationen - USA, Rußland, China und Indien - zusammen diese Krise überwinden können.“ Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Wie sieht es nun hier aus, in Deutschland? Immerhin ist das hier ein Bundesparteitag in Deutschland, und hier geht es auch um die Bundestagswahl.

Nun, die gute Nachricht ist: Heute steht in der Bild am Sonntag: Unser Finanzminister Steinbrück „warnt vor dem Zusammenbruch des Finanzsystems“. [Heiterkeit im Publikum, Applaus.] Besser spät als nie! Also, man könnte auch sagen: „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt!“ - Piccolomini, aus dem Wallenstein. D.h., es ist eine späte Erkenntnis, und es ist besser, er kommt spät zu dieser Erkenntnis, als nie.

Am Freitag, also vorgestern, war der 79. Jahrestag des „Schwarzen Freitags“ von 1929. Und wie die Medien berichtet haben, war es ein „blutiger Freitag“. Es gab also Massaker an den Aktienmärkten, in Asien stürzten die Börsen um 10-12%, in Europa auch um die 10%, in den USA zunächst ins Bodenlose; und nur, nachdem die sog. Futuresmärkte temporär geschlossen wurden, kam es zu einer gewissen Beruhigung. Ein Marktexperte wird zitiert: „Das ist schon keine Panik mehr, das ist Kapitulation.“

Heller Wahnsinn auf den Finanzmärkten

Es war in der Tat der helle Wahnsinn, der sich in den letzten Wochen ereignet hat. Man muß sich das vorstellen: Alleine in Deutschland wurde ein sog. „Rettungspaket“ von 500 Mrd. Euro für die Banken geschnürt. (Die Pakete werden immer „geschnürt“, das klingt so ordentlich, als wäre das alles ganz in Ordnung; der deutsche Ordnungssinn wird damit beruhigt.) Aber das hatte nur eine kleine, verpuffte Wirkung, denn die EZB hat alleine am Donnerstag weitere 305 Mrd. Euro an sog. „Wochengeld“ zur Verfügung gestellt für 700 Banken in Deutschland, dann noch einmal schnell 102 Mrd. Euro sog. „Vier-Wochen-Geld“, und 22,6 Mrd. Euro für sog. „Currency-Swaps“.

Man kann also sehen: Wenn alleine die EZB jeden Tag etwa 100 Mrd. Euro weiteres Geld in das System schießen muß, dann ist das mindeste, was man sagen kann, daß das Rettungspaket total versagt hat. Und bisher beliefen sich diese Rettungspakete in Europa auf sagenhafte 1,3 Billionen, d.h. 1300 Milliarden Euro. Das ist schon ganz erstaunlich.

Die Kursstürze der Dax-Unternehmen seit Jahresbeginn haben bereits die Hälfte der Börsenwerte dieser Firmen ausgelöscht, insgesamt ein Kapitalverlust von 500 Mrd. Euro. Die Bankentitel - also die Commerzbank, die Dresdener Bank, die inzwischen verschluckt wurde, die Deutsche Bank, die Hypo Real Estate - haben sogar drei Viertel ihres Wertes verloren. Ich hoffe, Sie haben auf die BüSo gehört und diese Aktien nicht gekauft, sonst hätten Sie jetzt einen Haufen Verluste.

Mein Ehemann und ich haben seit langem gesagt, daß diese Situation solange weitergehen wird, bis der gesamte sogenannte „Giftmüll“, d.h. die inzwischen wertlosen Wertpapiere, die „Special Investment Vehicles“, die Derivate, abgeschrieben sind. Und was ist der Umfang dieser Derivate? Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich, das ist die „Zentralbank der Zentralbanken“, hat in ihrem Bericht geschrieben, daß es etwa 600 Billionen Dollar sind, d.h. 600.000 Milliarden Dollar.

Das ist eine Schätzung. Kein Mensch weiß genau, wieviel das ist, denn der kritische Punkt sind die sog. „over-the-counter“-Derivate, die Kontrakte, die zwischen privaten Gruppierungen ohne Bankaufsicht, ohne Wissen der Regierungen abgeschlossen worden sind, und wir haben aufgrund unserer langjährigen Beobachtungen dieses Phänomens eher die Schätzung, daß es sich um quadrillions - Billiarden! -  handelt, d.h., um vierstellige Billionenbeträge. Der ehemalige Berater von Francois Mitterrand, Jacques Attali, hat kürzlich in einem Interview in der französischen Presse die Zahl genannt von 1,4 Billiarden, und das kommt schon eher in die Nähe dessen, was da abgeschrieben werden muß.

Nun, wenn wir sagen, man muß diesen Giftmüll aus dem System herausnehmen, dann gibt es normalerweise ein großes Geschrei von Bankern, von Politikern, die sagen: „Um Gottes willen, das wird nie gehen, das ist ja das ganze System!“ Aber wenn man versucht, diesen ganzen Überhang aufrecht zu erhalten durch immer weitere Liquiditätsspritzen, dann kommt man genau in die Situation, in der sich die Reichsbank 1923 befunden hat, als sie versuchte, die von Versailles diktierten Reparationsgelder zu honorieren, d.h., durch das Drucken von immer weiterem Geld, was natürlich heute nicht mehr durch Druckerpressen und Papiergeld passieren würde, sondern durch virtuelles Geld: Man macht einfach im Computer weitere Nullen, und auf diese Weise hat man dann mehr Liquidität. Also, wenn man versuchte, das zu machen, dann würde man in der Tat bei einer Hyperinflation wie in Weimar 1923 enden - allerdings auf Weltmaßstab.

Es wird wahrscheinlich sehr turbulent werden in den nächsten Wochen. Die französische Presse schreibt inzwischen, daß schätzungsweise 2000-5000 Hedgefonds von den etwa 10.000 Hedgefonds untergehen werden, und das haben wir jetzt in den letzten Tagen erlebt. Einer der Gründe, warum die letzte Woche so extrem turbulent war, ist, daß die Hedgefonds im Augenblick damit konfrontiert sind, daß ganz viele Leute verständlicherweise ihr Geld herausnehmen wollen, und die Hedgefonds deshalb alles verkaufen müssen, was sie irgendwie an Aktien, an Anleihen usf. haben. Und genau das führt zu diesen Kursstürzen.

Eines ist vollkommen klar: Je länger man die Bereinigung dieses Systems verschiebt, um so größer wird der Preis für die Realwirtschaft. Und das hat natürlich enorme Konsequenzen.

Krise trifft die Schwellenländer

Wenn wir schon jetzt Erdbeben haben im Finanzsektor der USA, der G-7-Staaten: die große Gefahr, die wirklich noch besorgniserregender ist, ist, daß diese Welle jetzt die sog. „Schwellenländer“ erreicht - also China, Rußland, Brasilien, Indien, aber natürlich auch die kleineren Länder wie z.B. in Osteuropa Ungarn, Ukraine, oder Argentinien, die in der letzten Woche alle um massive Kredite beim IWF nachgefragt haben.

Ein Beispiel, das ganz dramatisch ist, ist Pakistan. Pakistan ist praktisch bankrott. Das ist ein Land mit 170 Millionen Menschen, die praktisch keine Reserven, keine Währungsreserven mehr haben und die jetzt einen Notkredit von 5 Mrd. vom IWF bekommen haben, nur um den Lebensstandard der Menschen irgendwie zu erhalten.

Wir haben es inzwischen weltweit mit einer gigantischen Vertrauenskrise zu tun, weil jeder weiß: Man kann den Bankern nicht mehr glauben, man kann den Politikern nicht mehr glauben, und das ist natürlich das fatale, denn wenn es im Finanzsystem eine Vertrauenskrise gibt, dann ist wirklich das Ende erreicht, denn keine Bank hat genug Liquidität, um alle ihre Einleger gleichzeitig auszubezahlen. Wenn das Vertrauen so weg ist wie jetzt, dann kann es theoretisch - vielleicht auch praktisch - sofort und vollständig zu einem unmittelbaren und totalen Kollaps des Systems kommen. Und dann gibt es nur noch eine Institution, und das ist der Staat, der das dann übernehmen muß. Und genau das haben wir ja schon ansatzweise gesehen mit der Verstaatlichung von Banken in Amerika, in Großbritannien, in Frankreich usf.

Es ist also sehr gut möglich, daß es z.B. schon morgen oder auch vor dem 11. November dazu kommen könnte, daß die Börsen, die Märkte geschlossen werden, um einen solchen Kollaps zu verhindern. Es wurde wenigstens gestern in der französischen Presse als Vermutung erörtert, daß es zu einer solchen Schließung der Märkte kommen könnte.

Am Freitag war das schon der Fall in Rußland, weil Rußland, das noch bis vor kurzem auch die Illusion hatte, daß es irgendwie von diesem weltweiten Finanzkrach ausgeschlossen bleiben würde, jetzt festgestellt hat, daß es eine immense Kapitalflucht gegeben hat, und sich natürlich ein Absturz des Ölpreises von über 146 $ pro Barrel auf inzwischen 64 $ pro Barrel ganz enorm auswirkt. Man sieht: Die Marktmechanismen greifen nicht mehr, egal, was versucht wird. Die Idee der OPEC beispielsweise, daß man die Produktion drosselt, verpuffte, es hatte überhaupt keine Wirkung.

Auswirkung auf die Realwirtschaft

Aber wie schon gesagt, die Auswirkung auf die Realwirtschaft ist das wirklich kritische, und das hat leider erst begonnen. Schon jetzt sehen wir: Der Autosektor ist weltweit bereits um 20% eingebrochen. Es gibt Kurzarbeit in allen Autofirmen. 25% aller Zulieferer in Deutschland drohen im Augenblick pleite zu gehen. Gestern hat Daimler-Benz - also Mercedes, die Marke, die so krisensicher schien - für fünf Wochen einen Produktionsstopp angekündigt, ab dem 11. Dezember bis irgendwann im Januar.

Im deutschen Maschinenbau - die Perle dessen, was die deutsche Wirtschaft ausgemacht hat - gibt es einen drastischen Rückgang bei Exportaufträgen, das, was die deutsche Wirtschaft bisher noch hochgehalten hat: Im August 19% auf Jahresbasis, in der Zeit von Juni-August 12% - das wäre dann aufs Jahr hochgerechnet, bei einer linearen Projektion, 48%, aber die Sache eskaliert. Bei  Textilmaschinen sind die Aufträge in den ersten sechs Monaten um 42% zurückgegangen, bei Spinnmaschinen - also auch für die Textilproduktion - um 51%.

Das hat natürlich den Grund, daß es bereits bei Tausenden von kleinen Textilfirmen in China und anderen Dritte-Welt-Ländern, wohin Outsourcing betrieben wurde, eben zu Bankrotten kam, und es gibt Berichte, daß im Augenblick in Ländern wie China, Indien, aber auch vielen anderen täglich Zehntausende von Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Und das hat natürlich alles damit zu tun, daß der amerikanische Exportmarkt im Augenblick wirklich evaporiert.

China ist der Markt, wohin alleine 25% der deutschen Textilmaschinen exportiert werden, und das ist eigentlich im freien Fall, denn die amerikanische Wirtschaft stürzt ab. Es gibt gerade jetzt eine neue Welle von Zwangsversteigerungen, und wie mein Mann gerade noch einmal betont hat: Das wird solange weitergehen, solange nicht seine Gesetzesvorlage - das Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken - durchgesetzt ist.

Betonköpfe und Wendehälse

Nun, in dieser Situation sieht man ein sehr interessantes Phänomen, was wir schon einmal erlebt haben, und zwar vor 19 Jahren: Man sieht Betonköpfe, man sieht Wendehälse, und man sieht Leute, die ihren Hals so oft drehen, daß er dann zur Kordel wird, sodaß dann wirklich Schluckbeschwerden auftreten müssen

Ohne die Sache irgendwie ins Lächerliche bringen zu wollen: Es ist einfach so, daß man jetzt wirklich erkennen kann, wer Ahnung hat von den Sachen, und wer nicht. Und da möchte ich wirklich noch einmal drauf eingehen. Denn die Debatte ist im Augenblick zwischen der Position, kleine Korrekturen zu machen, kleine Regeln, und dann so weiter wie bisher; oder den Leuten, die verstehen, daß wir wirklich ein absolut grundsätzlich anderes Paradigma brauchen, daß wir eine vollkommen andere Wirtschaftsordnung brauchen, als die des neoliberalen Freihandels.

Und da möchte ich noch einmal drauf eingehen, daß man wirklich an die tiefsten Wurzeln des Problems heran muß, wenn man das Problem überwinden will. Und da ist die Erfolgsgeschichte meines Ehemanns Lyndon LaRouche, was die Prognose dieses Problems angeht, wirklich etwas, was wir in die Diskussion bringen müssen. Denn in dieser Situation muß man auf den Mann hören, der das alles richtig vorhergesagt hat, und nicht auf irgendwelche Quacksalber oder „Experten“, die plötzlich meinen, sie hätten das immer schon alles gewußt, auch wenn sie vor zwei Monaten noch behauptet haben, alles sei in Ordnung.

LaRouches Leistungen

Tatsache ist, daß Lyndon LaRouche alle entscheidenden Wegscheiden immer präzise vorhergesagt hat.

Er hat z.B. in der Zeit zwischen 1948 und 1952, als noch keine Krise war - Amerika war damals die stärkste Wirtschaftsmacht, Europa war mit dem Wiederaufbau beschäftigt - mit den Schriften von Norbert Wiener und John von Neumann beschäftigt, und kam zu dem Schluß, daß die von ihnen verwandte statistische Methode, also das, was mit der Informationstheorie, mit der Systemanalyse an mathematischen Modellen entwickelt wurde, unfähig sei, reale Prozesse in der Ökonomie zu beschreiben.

Wenn Sie heute Volkswirtschaft studieren oder sich die mathematischen Modelle betrachten, mit denen Banker versuchen, den Finanzprozeß und den Wirtschaftsprozeß zu beschreiben, dann haben Sie genau diese Methode. Sie beschreibt eben nicht den wirklichen Prozeß der Ökonomie, der ein lebendiger, ein dynamischer Prozeß ist, bei dem sich die Produktivität in der Wirtschaft durch kreative Entdeckungen, durch wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt pausenlos ändert, so daß ganz andere, physikalische Begriffe notwendig sind, um eine Wirtschaft akkurat zu beschreiben.

Das hat er damals gewissermaßen entdeckt und dem sein eigenes Modell, das sogenannte „LaRouche-Riemann-Modell“, entgegen gesetzt.

Diese Studien haben ihn dazu veranlaßt, 1958 zum ersten Mal darauf hinzuweisen, daß es, wenn es bei der damaligen Überbetonung des Konsumbooms, der damals in Amerika stattfand, also einer zu starken Betonung des Konsums im Verhältnis zu den Investitionen in den industriellen Bereich bleiben würde, zu einer Rezession kommen würde.

Einzigartig ist auch die Erkenntnis, die Lyndon LaRouche in den sechziger Jahren gehabt hat, daß er nämlich damals schon zurecht die katastrophale Wirkung der Gegenkultur auf die kognitiven Fähigkeiten der Bevölkerung als ökonomischen Faktor vorhergesehen hat. Zu einer Zeit, als die Hippie-Bewegung da war, als die Drogen-Rock-Sex-Gegenkultur Mode wurde, als die 68er Bewegung sich weltweit oder wenigstens in den Industrienationen konstituierte, hat er gewarnt, daß diese Zerstörung der kognitiven Fähigkeiten irgendwann zu einer wirklichen Depression führen würde.

Aber vor allen Dingen war er natürlich derjenige, der festgestellt hat, daß 1971, als Nixon zusammen mit Kissinger und George Shultz den Dollar vom Gold abkoppelte und die festen Wechselkurse abschaffte und der Eurodollarmarkt und damit die Spekulationsblase begonnen wurden, daß eine Fortsetzung dieser Politik, d.h., der Paradigmenwandel weg von einer an Produktion orientierten Gesellschaft hin zur Spekulation, daß das zu einer neuen Depression und der Gefahr eines neuen Faschismus führen würde, oder daß man eine neue Weltwirtschaftsordnung an die Stelle setzen müsse.

Der Beginn der LaRouche-Bewegung

Das ist der Beginn und die Identität der LaRouche-Bewegung. Das ist der Grund, warum ich selbst und viele andere Mitglieder dieser Organisation beigetreten sind, weil wir das damals intellektuell nachvollziehen konnten, und das ist wirklich etwas, was unsere Visitenkarte darstellt - und alle unsere Kritiker sollten sich erst einmal damit auseinandersetzen.

Inzwischen wird diese Tatsache, daß man zu 1971 zurückkehren muß, von allen möglichen Leuten auch gesehen. Gestern z.B. hat der ehemalige französische Premierminister Rocard genau diese Feststellung gemacht, daß nämlich das ganze Problem 1971 angefangen hat. Und, das ist auch sehr wichtig, auch ein Professor Carlos Lessa, der ehemalige Chef der Brasilianischen Nationalen Entwicklungsbank, hat gesagt: Das ganze Problem fing 1971 an mit der Abkopplung des Dollars vom Gold.

Ich sage das deshalb, weil es wichtig ist. Wir müssen die Geschichte, wie es zu dieser Krise kam, zum Thema einer breiten und öffentlichen Debatte machen.

Dann, in den siebziger Jahren, hat unsere Organisation den Wandel zum neomalthusianischen Paradigma damals erkannt, und wir haben dagegen gekämpft. Wir haben gegen den Club of Rome gekämpft, gegen die These der nachindustriellen Gesellschaft, gegen die Idee der „Grenzen des Wachstums“. Der Club of Life, der 1982 von mir gegründet wurde, war eine bewußte Gegenorganisation gegen dieses Paradigma.

Mein Mann hat damals den Ölpreisschwindel von 1974 aufgedeckt. Jeder kann das heute nachvollziehen. Wir haben jeden einzelnen Schritt aufgedeckt, z. B. die Politik der Trilateralen Kommission von 1975, als viele Mitglieder dieser Trilateralen Kommission an einem Projekt beteiligt waren, das „Die kontrollierte Desintegration der Weltwirtschaft“ hieß. Das wurde dann von McGraw-Hill in der Form von 22 Büchern veröffentlicht.

Im Wesentlichen war das die These, daß man auf jeden Fall verhindern müsse, daß es in der Dritten Welt zu „neuen Japans“ kommt, d.h. zu neuen Ländern, die aus einem Zustand des Feudalismus innerhalb von kürzester Zeit zu führenden Industrienationen würden durch die Anwendung einer bestimmten Wirtschaftstheorie. Wir wissen, was das war: In der Meiji-Restauration wurden die Ideen von Friedrich List und Henry Carey angewandt. Die Trilaterale Kommission hat damals gesagt, niemals wieder dürfe es ein solches Beispiel geben, und man müsse verhindern, daß es zu der Synthese kommt von „Merkantilismus und Sozialismus“, wie sie das damals genannt haben. Diese Mitglieder der Trilateralen Kommission sind dann in die Carter-Administration gegangen und haben dort für die Einführung der nachindustriellen Gesellschaft in Amerika gewirkt.

Wir haben auch die Einführung der Hochzinspolitik durch Paul Volcker 1979 angegriffen, und natürlich in den achtziger Jahren „Reaganomics“ und „Thatcherismus“.

Jedes Mitglied dieser Organisation wird sich daran erinnern, daß mein Mann der einzige war, der 1983 präzise den Kollaps der Sowjetunion „in fünf Jahren“ prognostiziert hat, falls sie bei der damaligen Aufrüstungspolitik bleibe.

Er hat 1987 den Crash vorhergesehen, der damals schon ein „Schwarzer Freitag“ war und der dann den Anlaß dafür gab, als Alan Greenspan Paul Volcker als Chef der Federal Reserve ablöste, daß es zu dieser in der Geschichte noch nie dagewesenen Blasenwirtschaft kam, nämlich durch die Einführung der sog. „kreativen Kreditinstrumente“, also alle diese „Special Investment Vehikel“, Derivate, Kreditderivate etc. - all das, was heute zu einer ungeheuren Blasenwirtschaft geführt hat. Das fing 1987 an durch Greenspan, und Alan Greenspan wird in die Geschichte eingehen als der größte Schwindler und Versager der Blasenwirtschaft in der Geschichte.

Die verpaßte Chance von 1989

1989, als es dann zum Kollaps der Sowjetunion und des Comecon kam - was für uns keine Überraschung war, weil wir wußten, daß es kommen würde -, hatten wir ein Konzept. Ich persönlich habe damals, 1989-90, viele Reden gehalten, in denen ich gewarnt habe, daß es, wenn man den Fehler machen würde, dem kollabierten Kommunismus das ebenfalls bankrotte System der „freien Marktwirtschaft“ überzustülpen, in einigen Jahren zu einem noch viel größeren Kollaps käme, und daß man zwar aufgrund der primitiven Akkumulation gegenüber den Ostblockländern in gewisser Weise noch etwas Reichtum würde herauspressen können, daß es dann aber zu einem sehr viel größeren Zusammenbruch kommen würde. Und genau das ist es, was wir heute erleben.

Nach dem Kollaps der Sowjetunion, wo eigentlich die Chance gewesen wäre, eine völlig neue Weltordnung zu bauen, weil es keinen Gegner mehr gab, entschlossen sich die Neokons in den USA, Amerika mit der „New American Century“-Doktrin aus einer Republik in ein neues Imperium zu verwandeln, und in Europa verschworen sich Margaret Thatcher und Mitterrand gegen die Wiedervereinigung von Deutschland und stülpten Deutschland die Europäische Währungsunion über, was mit dem Verlust der D-Mark einherging.

Wir hatten damals ein Konzept, wie man diese Krise nicht nur hätte verhindern können. Wenn man es damals gemacht hätte, hätte es den größten Boom in der Geschichte gegeben seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und dem daraus resultierenden deutschen Wirtschaftswunder.

Wir hatte die Idee des „Produktiven Dreiecks“, also die Idee, daß man die Wirtschaftsregion von Paris-Berlin-Wien nimmt, die die Größe des Territoriums von Japan hat und wo sich die weltweit größte Ansammlung von Industriekapazitäten befand, dort durch moderne Technologien - Transrapid, Kernenergie, andere Avantgarde-Technologien - die Produktivität steigert und dann in der Form von Entwicklungskorridoren den Osten entwickelt und dort die Infrastruktur aufbaut.

Als die Sowjetunion kollabierte, haben wir diesen Plan natürlich erweitert, und haben die „Eurasische Landbrücke“ vorgeschlagen, was ebenfalls ein absolut machbares Projekt gewesen wäre.

Das „Plunge Protection Team“

Nun, wir wissen, daß es statt dessen zum wirtschaftlichen Kahlschlag kam, und diese Idee, daß man das anglo-amerikanische Empire aufbaut, hat dann dazu geführt, daß es 1997 zu der sog. „Asienkrise“ kam, im August 1998 zum russischen Staatsbankrott, dem Bankrott der sog. GKO-Staatsanleihen und dem Bankrott des damals größten Hedgefonds der Welt, Long Term Capital Management (LTCM), der damals mit 4 Mrd. $ bankrott machte. Vier Milliarden, das war noch Peanuts im Vergleich zu heute.

Und dann beschloß man eben weiteres Liquiditätspumpen in Amerika durch das sog. „Plunge Protection Team“, d.h., eine Gruppe von Investmentbanken, die immer, wenn das System irgendwo zu krachen drohte, einfach Liquidität gepumpt haben. Das führt dann dazu, daß im März 2000 der „Neue Markt“ kollabierte, die erste größere Blase mit 16 Billionen Kapitalvernichtung.

Aber dann hat Herr Greenspan in seiner großen Weisheit sofort die Niedrigzins-, de facto fast Nullzinspolitik in Amerika eingeführt und damit die nächste Blase geschaffen, nämlich den sog. Immobilien- und Hypotheken-Markt und vor allem den Markt der sog. nachrangigen Hypotheken: die Vergabe von Kredite an Leute, die keine Bonität hatten.

Bekanntermaßen hat all das nur kurze Zeit gehalten, und als dann der sog. „reversed leverage“-Effekt durch den Kollaps dieses nachrangigen Kreditmarktes und das Ende des Yen-„carry trades“ im Juli letzten Jahres begann, da hat Lyndon LaRouche in einer historisch inzwischen nicht mehr zu leugnenden internationalen Webcast, also einer Internetkonferenz am 25. Juli 2007 festgestellt: Das Weltfinanzsystem ist bereits kollabiert, und alles, was man jetzt erleben wird, sind nur die Auswirkungen, wie sie allmählich an die Oberfläche kommen.

Eine Woche später brach es los, aber Lyndon LaRouche hat es eine Woche vorher gesagt.

Und er hat sofort im August ein Paket vorgeschlagen, wie das Problem in den Griff zu kriegen sei, nämlich durch das sog. „Gesetz zum Schutz der Eigenheimbesitzer und Banken“ und die Idee, daß die vier stärksten Nationen der Welt - die USA, Rußland, China und Indien - gemeinsam die Kerngruppe einer neuen Bretton-Woods-Konferenz darstellen müßten.

Es wurde nicht auf ihn gehört, es kam vom August an zu der unglaublichen Kreditklemme, das Liquiditätspumpen durch die Zentralbanken fing an, es wurde immer mehr versucht, diesen Giftmüll, auf dem die Banken saßen, durch Liquidität zu retten, und ab September begann die Inflation, sichtbar zu werden. Hungeraufstände in über 40 Nationen begannen. Und dieses Problem steigerte sich, bis die Sache vor etwa sechs Wochen, mit den Bankrott der Lehman-Brothers-Bank, nicht mehr zu halten war.

Bewegung für ein Neues Bretton Woods

Jetzt befinden wir uns am Ende dieses Prozesses. Nichts in der Welt wird diese Lage beruhigen, sondern wir befinden uns in einem Countdown, wo einige führende Finanzvertreter zwar nicht exakt auf der Position von LaRouche sind, aber doch in der Nähe. Dazu gehört im Augenblick mit Sicherheit erstaunlicherweise Präsident Sarkozy, nicht in allen Punkten, aber doch in der generellen Richtung. Dazu gehört Tremonti, dazu gehört mit Sicherheit der russische Außenminister Lawrow, der gerade gestern davon gesprochen hat, daß er jetzt eine Sonderdiskussion ins Leben rufen wird zwischen Rußland, China und Indien. Dazu gehört auch der Präsident von Südkorea, Lee, der gerade ein Neues Bretton Woods gefordert hat. D.h., es ist eine Riesenbewegung in unsere Richtung.

Aber man muß natürlich sehen: Es gibt auch noch die berühmten Betonköpfe. So schrieb die Washington Post am  23. Oktober: Ja, natürlich braucht das Finanzsystem Verbesserung, aber wir brauchen keine radikale Neuerfindung wie vor 64 Jahren damals in Bretton Woods, als 730 Delegiert von 44 Nationen sich trafen und das Bretton Woods beschlossen haben. Das bräuchten wir nicht, sondern wir müßten auf Freihandel bestehen, der IWF sei nützlich und müsse bleiben, und die USA sind nicht am Ende als führende Wirtschaftsmacht der Welt, weil - man höre - die anderen genauso krachen wie die USA.

Der Zynismus ist also wirklich nicht mehr zu überbieten, und es erinnert an Betonköpfigkeit, an die Aussage von Honecker beim 40. Jubiläum der DDR, wo er die berühmte Aussage machte: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“, und „Der Sozialismus wird noch 1000 Jahre bestehen“. Genau das meint offensichtlich die Washington Post in Bezug auf den Freihandel.

Man kann sich daran erinnern, daß es genau 12 Tage dauerte, bis Honecker gestürzt war, und drei Wochen, bis die Berliner Mauer fiel. Das ist durchaus bedenkenswert.

Tatsache ist, daß das neoliberale Paradigma am Ende ist. Und es wird durch nichts wieder belebt werden können.

Die Konferenz von Rhodos

Ich war gerade auf der Konferenz in Rhodos, wo der Dialog der Zivilisationen vom World Public Forum organisiert wird, das ist eine Organisation, die primär von Rußland, Indien und Griechenland - das sind wenigstens die Gründer und Vorsitzenden dieses Forums - getragen wird. Dort haben über 700 Personen teilgenommen aus über 70 Nationen, und es waren nur ganz, ganz wenige Leute - vielleicht zwei oder drei Professoren aus Deutschland -, die meinten, man könnte das neoliberale System behalten, während die große Masse der Leute sich einig war, daß das neoliberale Modell am Ende ist. Selbst der Bundeskanzler von Österreich, der Herr Gusenbauer, sagte zu meinem großen Erstaunen, daß die Situation zwei Dinge bewiesen habe: erstens, das neoliberale Modell sei beendet, und zweitens, die Konfrontation als Mittel der Konfliktlösung ist am Ende - auch ein wichtiges Axiom. Oder der sehr bekannte französische Ökonom Jacques Sapir, der auch sagte, nicht nur das neoliberale Paradigma sei am Ende, sondern auch die EU. Denn in dieser ganzen Krise hat man von Brüssel nichts gehört, und alle Maßnahmen zur Verteidigung der Wirtschaft wurden von den nationalen Regierungen getroffen.

Aber es ist natürlich nicht so, daß das Problem schon gelöst wäre. Man muß jetzt wirklich einige klare Worte sprechen: Wer jetzt noch am neoliberalen Modell festhält, nimmt bewußt die Folgen in Kauf, die das für die Menschheit hat. Und das ist kein Spaß mehr. Wer jetzt noch an diesem System festhalten will und bereit ist, durch Hyperinflation den Lebensstandard von Millionen und Milliarden Menschen zu vernichten, der muß sich gefallen lassen, daß er dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Vielleicht nicht sofort, aber in kurzer Zeit. Und ich möchte das jetzt an einem Beispiel demonstrieren.

Ich habe im Jahr 2003, als wir eine Konferenz des Schiller-Institutes in Bad Schwalbach hatten - das war einen Tag nach dem Ausbruch des Irakkrieges -, meine Rede damit begonnen, zu sagen, daß es das Ibykus-Prinzip gibt. Das ist jenes Prinzip, das von Friedrich Schiller in dem phantastischen Gedicht „Die Kraniche des Ibykus“ beschrieben wird: daß es nämlich ein höheres Prinzip gibt, ein Naturrecht, das die Gerechtigkeit wieder herstellt, wenn diese Gerechtigkeit über lange Zeit und in ernsthafter Weise verletzt worden ist.

In diesem Gedicht sind es bekanntermaßen die Erynnien, die die Macht des Übernatürlichen im griechischen Theater beschwören und die Mörder, weil sie mit dieser übernatürlichen Macht konfrontiert sind, dazu veranlassen, sich selbst preiszugeben mit dem berühmten Satz: „Sieh da, sieh da, Timotheus, die Kraniche des Ibykus.“ Dieses Prinzip ist wirksam. Wie gesagt, manchmal dauert es eine gewisse Zeit, aber es wirkt.

Ich habe damals gesagt: Diese Toren, die diesen Irakkrieg begonnen haben, wissen die denn nicht, daß sie die Macht des Naturrechtes beschwören? Daß man nicht einen Krieg anfangen kann, der auf Lügen aufgebaut ist? Und genau das ist heute in der Diskussion.

Bugiosis Anklage

Ich möchte deshalb zur Illustration dieses Problems auf ein Buch hinweisen, das gerade in Deutsch erschienen ist, auch in Englisch, und zwar Anklage wegen Mordes gegen George W. Bush. Ich habe dieses Buch gelesen, und es ist ein erstaunliches Buch. Ich kann es Ihnen durchaus empfehlen. Ich mache das selten, aber es ist ein Buch, das es durchaus zu lesen lohnt. Es ist geschrieben von Vincent Bugliosi, einem Staatsanwalt ist in Amerika. Ein richtiger Staatsanwalt, 1934 geboren: Er hat über 100 erfolgreiche Prozesse wegen Kapitalverbrechen geführt, 21 Mordprozesse, der berühmteste davon war gegen Charles Manson. Und er sagt, der beste Platz, George W. Bush anzuklagen, sei natürlich Washington, aber man könnte auch jeden beliebigen Bundesstaat nehmen, weil aus jedem Bundesstaat einige der 4000 amerikanischen Soldaten kamen, die im Irakkrieg ums Leben gekommen sind.

Er sagt dann, daß er sich die Sache intensiv angeschaut habe und zu dem Schluß gekommen sei, daß es sich um das größte Verbrechen handelt, das je in den USA begangen wurde, bei dem über 100.000 Menschen getötet wurden, davon über 4000 amerikanische Soldaten, und natürlich sehr viel mehr Menschen verletzt wurden, zu Krüppeln gemacht wurden, unter irreparablen psychischen Folgen zu leiden haben usw.

Er geht dann erst einmal ausführlich ein auf die Verdrängung als Phänomen, und er beschreibt, wie Menschen sich durch psychologische Verdrängung in die Lage versetzen können, etwas nicht zu sehen, was eigentlich ganz offensichtlich vor ihrer Nase sitzt. Er sagt, nachdem er einige Beispiele durchgegangen ist, daß es faktisch eine vorgefaßte Meinung in Amerika sei - bei vielen, nicht bei allen -, daß Bush unfähig sei, etwas zu tun, was nach Schwerverbrechen aussieht, nur weil er Präsident der USA ist. Er sagt: „Wenn Sie diese Meinung haben, dann müssen Sie sie jetzt revidieren.“

Er bringt dann viele Zitate aus Reden, die Bush 2002-2003 gehalten hat, in denen er behauptete, daß Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hätte, an Atomwaffen baue, ABC-Waffen hätte, Uran aus Afrika importiert hätte, um diese Kernwaffen zu entwickeln, und besonders dann, was Bush im März 2003 sagte, zwei Tage vor dem Angriff und einen Tag nach der Invasion.

Dann hat er ganz viele Zitate von Cheney, auch Saddam Hussein würde aktiv am Bau der Kernwaffe arbeiten; Colin Powells unglückliche Rede vor der UN am 5. Februar 2003, die Colin Powell ja inzwischen als den größten Irrtum und die schwärzeste Stunde seines Lebens bezeichnet hat, und dann geht er ausführlich ein auf das Leid der Eltern, die ihre Söhne verloren haben oder Töchter, und die von den Ärzten beraten werden, daß sie die Kisten mit ihren toten Kindern nicht mehr öffnen sollen, weil die Leichen so unansehnlich sind durch die Verletzungen nach den Selbstmordanschlägen.

Dann zitiert er Alexander Hamilton, die Nr. 39 der Federalist Papers, wo er sagt, daß in der amerikanischen Verfassung, wenn der Präsident Verrat, Bestechung oder andere Schwerverbrechen begeht, daß er, wenn er nicht durch Amtsenthebung sowieso aus dem Amt gebracht wird, nach der Amtszeit der Verfolgung und Bestrafung auf normalem Rechtsweg ausgesetzt ist. Dann sagt er, daß er das untersucht habe und kein Zweifel bestehe, daß Bush das amerikanische Volk und den amerikanischen Kongreß bewußt belogen hat.

Dann zitiert er einen Brief, den der CIA-Direktor George Tenet am 8. Oktober 2002 an den damaligen Geheimdienstausschuß-Vorsitzenden Bob Graham geschrieben hat, wo er sagt, die CIA sei zu dem Schluß gekommen, daß Bagdad auf einem Kurs sei, der auf Terrorangriffe verzichtet, und deshalb keine Bedrohung darstelle.

Dieser Brief wurde am 7. Oktober 2002 geschrieben und war Bush vor seiner Rede bekannt, sagt Bugliosi.

Er zitiert auch eine Einschätzung des „National Intelligence Estimate“, das ist die Dachorganisation aller Geheimdienste in den USA, und auch, daß Bush das genaue Gegenteil gesagt hat.

Er geht dann ein auf das „Downing Street Memo“ vom 23. Juli 2002, das eigentlich von Blair kam und die ganze These in Gang gesetzt hat, und zitiert dann weiter eine Aktennotiz von einem Matthew Mycroft, der der außenpolitische Berater von Blair war und sagt, es war das Protokoll einer Besprechung zwischen Blair und sechs Mitgliedern des Kriegskabinetts über den bevorstehenden Irakkrieg, wo er einen Sir Richard Dearlove zitiert, den damaligen Chef des MI5, der sagt, es sei bei Besprechungen mit der Bush-Administration in Washington deutlich geworden, daß Bush Saddam Hussein durch militärisches Eingreifen stürzen wolle, und daß die geheimdienstlichen Fakten anhand dieser Politik und für diese Politik formuliert wurden - also das, was wir die ganze Zeit über gesagt haben.

Dann sagt Bugliosi: Das ist eindeutig kriminell.

Dann zitiert er den sogenannten „Zeugen Curveball“, der damals schon dem BND übrigens als Schwindler bekannt war, der Irak hätte mobile Fabriken für ABC-Waffen; er zitiert den „Yellowcake“-Fall und vor allem die Aussagen des ehemaligen Botschafters Joe Wilson, und geht auf die Lüge ein, daß Saddam Hussein in Verbindung zu Al-Kaida gestanden habe und deshalb etwas mit dem 11. September zu tun hätte.

Es sagt dann: Es handelt sich also nicht nur um Mord, sondern auch um eine Verschwörung zum Mord, und geht dann im weiteren auf Ungereimtheiten des Kriegs gegen den Terrorismus ein: Die Tatsache, die von der 11.-September-Kommission nur mal so beiläufig erwähnt worden ist, daß nämlich Bush am 6. August 2001 bereits ein geheimes, anderthalbseitiges Memorandum vorgelegt bekam, daß bin Laden kurz davor stehe, in Amerika zuzuschlagen, und auch die Tatsache, daß es zwischen dem 6. August und dem 11. September keine einzige Sitzung der Bush-Administration zu diesem Thema gab.

Dann berichtet er weiter, daß Cheney am 11. September, schon Minuten nach dem Anschlag, das Kommando übernahm in Bezug auf den Befehl zum Abschuß von Flugzeugen, falls die sich weigern würden, abzudrehen, wenn sie dazu aufgefordert werden.

Er sagt dann, der Grund, warum er diese Anklage macht, sei, daß sich Amerika im Niedergang befindet, daß Bush der meistgehaßte Präsident in der Geschichte der USA ist und im totalen Gegensatz steht zu Roosevelt, Eisenhower und Kennedy, daß die USA vom Kurs abgekommen sind und dieser Fall bereinigt werden muß, wenn es die Hoffnung geben soll, daß die USA wieder zu einem geachteten Land werden können.

Die gemeinsame Wurzel der USA und Rußlands

Ich erwähne das deshalb: Wer denkt, daß wir aus dieser Krise - die ja nicht nur eine Finanzkrise ist, sondern eine existentielle moralische Krise der Menschheit, eine Zivilisationskrise - wer denkt, daß wir aus dieser Krise herauskommen, indem man alles nur glatt wischt und nur einige Regeln macht, der hat sich getäuscht.

Lyn hat immer wieder betont, daß nur dann, wenn die vier stärksten Nationen der Welt - die USA, Rußland, China und Indien - eine Kernallianz bilden, um die sich dann andere herumgruppieren, eine Lösung möglich ist. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung und Arbeit, daß Rußland, China und Indien überhaupt kein Problem darstellen, daß aber bisher natürlich die Haltung der USA und Großbritanniens dem entgegensteht, und sie immer noch an einer imperialen Politik festhalten.

Die Reinigung der USA ist deshalb nötig, weil nur dann, wenn die USA auf die in der Verfassung konstituierte Idee eines Kreditsystems in der Tradition von Alexander Hamilton zurückkehren, eine Lösung gefunden werden kann.

Lyn macht in seinem neuen Papier, an dem er im Augenblick auf Hochtouren schreibt und das sehr interessant zu werden verspricht, den Punkt - nicht zum ersten Mal, aber emphatisch -, daß die USA in ihrem nationalen Charakter eigentlich nie ein Imperium waren, sondern sich immer nur imperial verhalten haben, wenn es britische Subversionen gab - ob es der Widerstand des Britischen Empires dagegen war, Amerika eine eigene Industrie zu erlauben, was dann zur Unabhängigkeitserklärung geführt hat, oder ob es der Krieg von 1812 war, als England versuchte, die Amerikanische Revolution militärisch rückgängig zu machen, ob es der Bürgerkrieg war, bei dem das Britische Empire mit der Confederacy, mit den Südstaaten und den Sklavenbesitzern, verbunden war, oder z.B. als ein anglophiler Vizepräsident, Aaron Burr, da war, ein anglophiler Präsident Teddy Roosevelt oder Woodrow Wilson.

Und Lyn sagt in diesem Papier auch, daß die verschiedenen Paradigmenwandel, die in Amerika stattgefunden haben, heute eine Situation geschaffen haben, in der die USA alleine nicht die Kraft haben, zu ihrer Identität als Republik zurückzukehren und den anglo-amerikanischen, oder besser anglo-holländischen Imperialismus abzustreifen. Deshalb müsse es eine qualitativ neue Form der Kooperation geben, vor allen Dingen durch das Verhältnis zwischen den USA und Rußland.

Lyn macht dann einen sehr interessanten Punkt: daß es nämlich nicht nur die lange historische Zusammenarbeit gibt, etwa die Unterstützung der Amerikanischen Revolution durch die „Liga der bewaffneten Neutralität“ oder die Unterstützung Lincolns im Bürgerkrieg durch russische Schiffe, die damals Großbritannien in Schach hielten, sondern viel wichtigere gemeinsame Wurzeln, nämlich in den Ideen von Leibniz. Denn aufgrund der amerikanische Unabhängigkeitserklärung, vor allem der Idee, daß jeder Mensch das Recht hat auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit - dieser Begriff der Glückseligkeit ist ein Leibnizischer Begriff -, und auch in Rußland, vor allem durch Peter den Großen und seine Verbindungen mit Leibniz, sind wirklich tiefgehende Wurzeln der Verbindungen möglich.

Dabei ist mir natürlich sofort aufgefallen, daß das für Deutschland gut ist, denn immerhin war Leibniz ja ein Deutscher. Also können wir durchaus, wenn wir uns zu unserer Leibnizischen Tradition zurückkehren, an diesem Bündnis teilhaben.

Das heißt, daß die USA nicht nur gereinigt werden müssen von diesem neoliberalen Imperium, und nicht nur Bush zur Rechenschaft gezogen werden muß - man könnte diesem Mord, den Bugliosi erwähnt, noch viele Dinge hinzufügen, die Folter in Guantanamo, die Verletzung der Genfer Konvention. Ich mache den ganzen Punkt mit dem Irakkrieg nur deshalb, weil auch die neoliberale Politik Konsequenzen im realen Leben hat.

Jemand, der an diesem Freihandelsparadigma festhält, ist verantwortlich für die Hungeraufstände. Und was ist in den nächsten Monaten und Wochen, wenn diese Sache schief geht? Dann ist die Gefahr, daß es zu Millionen von Hungertoten kommen wird.

Milliardäre beim Psychiater

Man muß es wirklich ins Verhältnis setzen. Gestern war in der FAZ ein Artikel, „Banker auf der Couch“. Da beschreibt der Autor, wie die Psychiater in New York nach dem Kollaps der ganzen Banken schon Angst hatten, daß sie auch von der Wirtschaftskrise betroffen würden, weil die Leute kein Geld mehr hätten, zum Psychiater zu gehen. Aber im Gegenteil: Das ist jetzt der einzige Sektor, der einen Boom erlebt, denn die Banker, aber auch die Besitzer von tollen Restaurants - die gehen jetzt alle dahin und haben große psychologische Probleme, weil sie merken: Die Party ist zuende. Auch Ehen gehen zugrunde, denn Geld ist der wichtigste Grund, warum Beziehungen zugrunde gehen. Partner werden verlassen, weil sie als Einkommensquelle versiegen [Heiterkeit im Saal], Leute, die sich noch vor kurzem als „Masters of the Universe“ empfunden haben, deren Eitelkeit ist jetzt beschädigt. Die, die dachten, sie gehörten zu den Schlauen und Erfolgreichen, sind abgestürzt und werden jetzt auch noch zu Schuldigen gemacht, die den ganzen Schlamassel angerichtet haben sollen. Außerdem Schadenfreude: „Es geschieht Dir ganz recht, Du Großmaul“, kriegen sie jetzt ständig zu hören.

Und er sagt dann, die meisten Leute zahlen 150 $ pro Stunde für diese psychiatrischen Sitzungen, aber es gibt natürlich auch „Star-Psychiater“ wie Byram Karasu, der berechnet 1000 $ für eine 45-Minuten-Sitzung, und da gehen also nur die Allerreichsten und Mächtigsten aus Wirtschaft und Politik hin. Und er sagt, er sei in einer derart „hohen Liga“, bei der es auf ein paar Hundert Millionen Dollar nicht ankomme, die seien so reich, daß Geld schon seine Bedeutung verliere, sie suchten vielmehr „nach dem Lebenssinn“. [Heiterkeit] Und er sagt: „Heute morgen hatte ich jemanden von einem Hedgefonds, der innerhalb von ein paar Tagen eine Milliarde Dollar verloren hat. Das hat er nur ganz nebenbei erzählt und dabei gelächelt. Dann sind wir zu unseren normalen Gesprächsthemen übergegangen.“

Ich meine, das ist unanständig, so reich zu sein, daß man selbst über den Verlust einer Milliarde nur mal so lächelt. Denn dieses Geld ist nicht ehrlich verdient. Dieses Geld ist bezahlt mit Menschenleben. Das muß weg, das muß weg aus unserem System. Deshalb muß das neoliberale Freihandelsparadigma ersetzt werden.

Ich habe vorhin gesagt, daß alleine im europäischen Raum seit dem Ausbruch dieser Krise 1,3 Billionen Euro an Rettungsgeld zur Verfügung gestellt worden sind - 1300 Milliarden, nur um bankrotte Banken zu retten, die gar nicht gerettet werden dadurch, das muß man sich vergegenwärtigen, die nur zur Inflation beitragen.

Einige von Euch werden sich daran erinnern, daß wir im April dieses Jahres eine Kampagne begonnen haben zur Verdoppelung der Nahrungsmittelproduktion mit der Idee, daß das auf der FAO-Konferenz im Juni beschlossen werden sollte, um das Problem des Welthungers zu bekämpfen. Einige unserer Mitglieder waren bei dieser Konferenz in Rom.

Es gab damals keinen Beschluß. Damals hat die FAO gesagt, sie brauche dringend 12 Mrd. $, um die schlimmsten Hungerprobleme zu lösen. Inzwischen ist bekannt geworden, es stand anläßlich des Welthungertages, der vor einigen Tagen stattgefunden hat, in den Zeitungen, daß von diesen 12 Mrd. $ gerade einmal 1 Mrd. $ von den sogenannten Geberländern zusammengekommen ist. Eine Milliarde für den Welthunger, im Verhältnis zu den 1300 Milliarden für die Rettung von Giftmüll. Das muß man erst einmal ins Verhältnis setzen.

Kreativität als Quelle des Reichtums

Wir brauchen also eine völlige Änderung. Und das heißt in Deutschland, daß wir zu den Ideen der Nationalökonomie zurückkehren müssen, genau den Ideen, die aus Deutschland, einem Feudalstaat, im 19. Jahrhundert durch die Ideen von Friedrich List und später durchaus auch Henry Carey in den Bismarckschen Wirtschaftsreformen dazu geführt haben, daß Deutschland eine der führenden Industrienationen der Welt wurde.

Friedrich List, der ja bekanntermaßen nicht nur der Vater des Deutschen Zollvereins ist, sondern aufgrund politischer Verfolgungen auch nach Amerika ausgewandert war und sich dort intensiv mit Alexander Hamilton, mit dem, wie er es bezeichnete, Unterschied zwischen dem „Amerikanischen System“ und dem „Britischen System“, auseinander gesetzt hat, hat ganz klar gesagt: Die Quelle des Reichtums ist nicht der Freihandel, ist nicht die These, „billig kaufen, teuer verkaufen“, sondern es ist einzig und allein die Beförderung der Kreativität der Bevölkerung als dem Mittel, was die Produktivität der Wirtschaft steigert. Und es ist vor allen Dingen der Schutz des Binnenmarktes, die Entwicklung der Kaufkraft im Binnenmarkt, um dann aus einer Position der Stärke den Handel zu betreiben, aber nicht die Thesen des Freihandels, wie sie heute von der WTO und der Doha-Runde bis zur Perversion getrieben wurden.

Was muß man aber tun, damit die Kreativität in der Bevölkerung als Quelle des Reichtums maximal befördert werden kann? Nun haben wir in Deutschland eigentlich auch alles, was wir dazu brauchen, nämlich mit dem Erziehungssystem von Wilhelm Humboldt. Wilhelm von Humboldt, der damals, natürlich vor allem von Friedrich Schiller inspiriert, ein Erziehungskonzept entwickelte, das als Ziel der Erziehung einerseits die Idee der Schönheit des Charakters hatte, ein Erziehungsziel, das in dieser Welt der Dekadenz und Unmoral dringend nötig ist, aber vor allen Dingen auch der Wissenschaftsmethode, sich immer wieder neues Wissen besorgen zu können, weil man lernt, wie man lernt. Das war die Quintessenz von Humboldt.

Humboldt hat damals gegen die Dominanz der sog. „Fachschulen“ seiner Zeit angekämpft, obwohl es gute Fachschulen gab - Freiberg und andere. Aber trotzdem hat Humboldt gesagt: Es geht nicht darum, ein spezifisches Wissen zu lernen und dann aufzuhören, sondern man muß lernen, wie man sich immer wieder neue Stufen des Wissens erwirbt.

Das ist das, was heute die LaRouche-Jugendbewegung macht, und was Lyn mit der LaRouche-Jugendbewegung in Gang setzt. Das ist im Übrigen auch das, was jeder gute Mittelständler in Deutschland weiß: Die ganze Idee des „Managements“, die ganzen Leute, die jetzt bankrott sind, weil sie sich unmoralische Mengen von Geld in die Taschen gestopft haben, aber inkompetent sind, eine Firma zu leiten, die müssen ersetzt werden durch Leute, die von wirklicher Wirtschaft eine Ahnung haben, wie sie es z.B. früher gab und auch heute noch vereinzelt gibt, daß eben kreative Mittelständler selber Entdeckungen machen, die dann als Patente angemeldet werden und dazu führen, daß es wissenschaftlichen Fortschritt gibt. Dazu müssen wir zurückkehren.

Was wir jetzt brauchen

Wir brauchen eine völlige Veränderung des Denkens. Wir brauchen keine Billigproduktion und Outsourcing, sondern wir müssen zurückkehren zu den Ideen von Friedrich List, von Bismarck, von Roosevelt und dem Amerikanischen System der Ökonomie, das immer funktionierte, wo es angewandt wurde, ob das in Rußland war, in Japan, in Deutschland, in Frankreich oder eben in den USA selbst.

Wir brauchen vor allen Dingen eine Debatte in Deutschland über das Neue Bretton Woods. Denn während in der ganzen Welt derzeit über das Neue Bretton Woods diskutiert wird, fehlt eine solche Debatte in den deutschen Medien so gut wie völlig.

Wir brauchen ein Europa - nicht der EU-Bürokratie und von Maastricht, sondern ein Europa in der Tradition von Adenauer und de Gaulle, ein Europa der Vaterländer, und sogar ein Eurasien von souveränen Nationalstaaten, die an gemeinsamen Projekten partizipieren.

Wir müssen eine Politik in der Tradition des Westfälischen Friedens, wo jede Nation es als ihr ureigensten Interesse betrachtet, das Interesse der anderen Nationen zu befördern, auf die Tagesordnung setzen, und damit die Ideen meines Lieblingsphilosophen Nikolaus von Kues, daß es Konkordanz im Makrokosmos nur geben kann, wenn sich alle Mikrokosmen entwickeln. D.h., es kann nur dann Frieden auf der Welt sein, wenn alle Nationen sich entwickeln können.

Und dann muß es zu einer vernünftigen Arbeitsteilung kommen, die das Ende des Kolonialismus bedeuten muß, d.h., daß auch alle Länder der jetzigen sogenannten Dritten Welt in einzelnen Bereichen Spitzentechnologien haben müssen, die sie als die Avantgarde weltweit vertreiben, und wir brauchen einen multinationalen Vertrag oder Verträge für die nächsten 50 Jahre, für eine vernünftige Kooperation zwischen den Nationen.

In Europa werden wir nicht überleben, wenn wir nicht Maastricht aufkündigen - alle EU-Verträge seit Maastricht, d.h. die Verträge von Amsterdam, den Stabilitätspakt, den Vertrag von Nizza - und vor allen Dingen den unsäglichen Vertrag von Lissabon in den Papierkorb werfen, der Europa in eine oligarchische Diktatur zu verwandeln droht, und der absolut abgeschafft und für immer beseitigt werden muß.

Die Europäische Union, so wie sie vom Lissaboner Vertrag propagiert wird, hat im Übrigen nichts mit den Interessen von Europa zu tun, denn die EU ist in ihrer Bürokratie vollkommen neoliberal, sie ist oligarchisch, und sie negiert das reiche europäische kulturelle Erbe, das die europäische Identität ausmacht.

Wie schon gesagt: Zum Glück ist die EU-Bürokratie seit dem Ausbruch dieser Krise in einem relativen Schockzustand, und deshalb wird sie sich vielleicht eher damit abfinden, daß sie abgeschafft wird. Wir brauchen keine supranationale Bürokratie, sondern eine gemeinsame Politik von souveränen Nationalstaaten, die durch eine gemeinsame Mission verbunden sind.

Der 15. November

Wir brauchen eine Vision für das 21. Jahrhundert. Und das ist eine ganz kurzfristige Debatte. Am 15. November - vorausgesetzt, es kommt nicht vorher noch zu größeren dramatischen Prozessen - wird voraussichtlich in Washington diese sogenannte Neue Bretton-Woods-Konferenz stattfinden, und auch wenn jetzt so getan wird, als wären sich alle einig, daß sie zusammenarbeiten müssen - beim ASEM-Gipfel in Beijing wurde gesagt, Europa und die Asiaten würden zusammenarbeiten: Das glaube ich eher nicht. Ich bin eher überzeugt, daß es zu einem offenen Streit kommen wird, daß die Position des britischen Empire und wahrscheinlich auch noch der USA - statt Britisches Empire würde man wohl besser anglo-holländisches Modell sagen - auf der einen Seite sehr deutlich sein wird, und auf der anderen Seite eben die Tendenz, die ein Neues Bretton Woods in der Tradition von Roosevelt will.

Nun ist leider die deutsche Situation auch noch sehr unklar. So schreibt die FAZ gestern: „Berlin: Sarkozy könnte die EU spalten“, und sagt dann, daß man in Berlin sage: „Im Übrigen sei eine Zusammenarbeit auf diesen Gebieten ohne Großbritannien kaum vorstellbar. Das habe sich schon beim jüngsten Krisengipfel der Euro-Länder gezeigt, bei dem der britische Premierminister Brown teilnahm.“ Usf.

Das ist die offizielle Position der Bundesregierung, die wir ändern müssen, wenn Deutschland eine Chance haben soll. Denn wir müssen uns eines sehr klar machen - und das ist etwas, wo ich Sie alle bitte, daß Sie den Bundestagswahlkampf mit diesem Parteitag als eröffnet und in die heiße Phase gehend betrachten und helfen, diese Ideen in Deutschland auf die Tagesordnung zu setzen und das Paradigma zu korrigieren. Denn wenn die Sache schief geht, um das nur noch einmal sehr drastisch und dramatisch zu sagen: Die Gefahr, daß die Welt abstürzt in ein finsteres Zeitalter ist absolut real.

Die Leute, die schadenfroh sind und sagen, die USA sind am Ende, sie werden abstürzen - die müssen sich an die eigene Nase fassen, weil Europa unter diesen Unständen ebenfalls nicht überleben würde. Auch die sog. „goldene Milliarde“, d.h., die Leute, die meinen, sie hätten ihre Schäfchen ins Trockene gebracht: wenn die denken, sie würden einen solchen Absturz der Menschheit überleben - das glaube ich eher nicht.

Denn die Leute, die Hunger haben, die werden erst einmal dahin gehen, wo noch etwas da ist. Regierungen werden weggefegt werden. Man sollte sich an das erinnern, was in Haiti passiert ist, wo die Hungeraufständischen gesagt haben, sie hätten keine Angst vor den Gewehren des Militärs und der Polizei, weil sie sonst sowieso Hungers sterben.

Wir stehen also am Rande eines Absturzes der Menschheit, und das 14. Jahrhundert ist durchaus lehrreich, weil man eben sehen kann: Wenn es zu einem solchen Zusammenbruch kommt, dann sind Krankheiten die Nebenerscheinung. Damals war es die Schwarze Pest, heute wären es andere Krankheiten. Es gab damals Hexenverbrennungen, es gab das Flagellantentum. Man muß sich nur die Bilder von Hieronymus Bosch und Breughel anschauen, um dort den Wahnsinn der Bevölkerung festgehalten zu sehen, der mit einem solchen finsteren Zeitalter einhergeht.

Die Lösung ist einfach

Wenn wir auf der anderen Seite diese Krise nutzen, um ein neues Bretton-Woods-System auf die Tagesordnung zu setzen, ist der Ausweg relativ einfach. Es ist relativ einfach, eine Notkonferenz zu machen, zu beschließen, daß das alte System bankrott ist, daß wir ein neues System brauchen, die alten, nicht mehr bezahlbaren, außenstehenden Obligationen und Schulden abzuschreiben, das mit einer Kennzeichnung zu versehen, was ins neue System gerettet werden muß, dafür zu sorgen, daß die Löhne, die Renten, die kleinen Sparguthaben, die Kredite an die produzierenden Unternehmen - daß das alles weitergeht in der Transformationsperiode, und daß dann Banken souveräner Staaten neue Kreditlinien zur Verfügung stellen, um die Produktion wieder in Gang zu setzen.

Wenn wir uns auf eine Rekonstruktion der Weltwirtschaft nach diesem Crash einigen, dann ist es relativ einfach, die Produktion in Gang zu bringen. Wenn wir sagen, o. k., wir bauen die Eurasische Landbrücke, die ja sowieso schon in verschiedenen Stadien der Umsetzung ist, ob das jetzt die Eisenbahn ist zwischen Nordkorea und Südkorea, die mit der Transsibirischen Eisenbahn verbunden wird und der alten chinesischen Seidenstraßen-Eisenbahnlinie, ob es andere gigantische Eisenbahnprojekte sind, die jetzt von Rußland beschlossen wurden als Gegenmaßnahme gegen diese Weltfinanzkrise, oder viele andere Projekte, etwa der Entwicklungskorridor zwischen Delhi und Mumbai, der 1400 Kilometer lang sein wird und das Wirtschaftsleben von 180 Millionen Indern beeinflussen wird. Alle diese Projekte, die wir in dem ursprünglichen Bericht über die Eurasische Landbrücke 1991 vorgestellt haben, sind bereits in der Realisierung, genauso die Idee des Ausbaus der Beringstraße - etwas, was in unserem Bericht als Programm vorgestellt war: Das wird jetzt gemacht.

Die russische Regierung ist fest entschlossen, diese Verbindung der Transsibirischen Eisenbahn über den Bering-Tunnel, einen 100 km langen Tunnel unter der Beringstraße nach Alaska, auszubauen, und die russischen Wissenschaftler, die mit diesem Projekt beschäftigt sind, waren auf einer Konferenz, wo wir letztes Jahr in Moskau waren, buchstäblich so begeistert wie kleine Jungs, die sagen: „Wir bauen den Korridor bis nach Chile!“ Und sie haben dann gesagt, daß es dann vielleicht in 20 Jahren möglich sein würde, schneller mit dem Transrapid von Acapulco über die Beringstraße nach Mumbai in Indien auf dem Landweg zu fahren, als jetzt mit dem Schiff auf dem Seeweg. Diese Dinge sind also schon in gewisser Weise schubladenfertig in petto, sie brauchen nur gemacht zu werden.

Und natürlich ist das die einzige Chance, den afrikanischen Kontinent zu retten. Es wäre ganz einfach, wirklich einfach, wenn es der politische Wille wäre, diese eurasischen Entwicklungskorridore nach Afrika zu bauen, über Ägypten, einen Tunnel oder eine Brücke über Sizilien nach Tunesien oder einen dritten Korridor nach Marokko über die Straße von Gibraltar, und Afrika wirklich innerhalb von kürzester Zeit aus dieser Katastrophe zu befreien.

Ich bin absolut überzeugt davon, daß es möglich wäre, nach dem Crash, nach der Reorganisation des Systems in einem halben Jahr den Welthunger zu beseitigen - nicht so, daß dann schon alle Menschen genügend zu essen hätten, aber daß der Hunger besiegt wird, der Menschen dazu führt zu sterben, das sind immerhin täglich 20.000-30.000 Menschen. Das könnte aufhören - in einem halben Jahr, nach einer Ernte, mit einem Crashprogramm, mit dem Abschaffen von Biotreibstoffen oder der Verwendung von Nahrungsmitteln für Biotreibstoffe, wir könnten auf der Stelle dieses Problem in den Griff kriegen.

In zwei Jahren könnten wir die schlimmste Armut beseitigt haben, weil wir ein Crashprogramm von Produktion beginnen könnten. Und in einer Generation könnten wir eine Situation haben, wo diese absolute Armut, in der jetzt ein Drittel der Menschheit lebt, sodaß sie weniger als einen Dollar pro Tag zu leben haben - das könnte überwunden werden, und wir könnten eine Situation haben, wo jeder Mensch ein menschenwürdiges Leben hätte.

Heraus aus dem Tiefstpunkt der menschlichen Gattung!

Ich bin überzeugt davon, daß wir, wenn die Menschheit überhaupt aus dieser Krise herauskommt, auf diese jetzige Periode, diese wahnsinnige Gier, die das System in den letzten Jahren zum Punkt des Wahnsinns gebracht hat - daß man auf diese Periode zurückschauen wird als den Tiefstpunkt der menschlichen Gattung, wo die Menschen sinnentleert waren, wo die Verblödung der Massen einen Grad angenommen hatte, der einen entsetzt. Jedesmal, wenn man das Fernsehen einschaltet, tritt einem das entgegen. Und daß wir aus dieser Situation nur heraus kommen werden, wenn wir die Menschenwürde - das, was den Menschen vom Tier unterscheidet - in den Mittelpunkt unseres eigenen Lebens und des Lebens unserer jeweiligen Nationen stellen, d. h., die Kreativität, die Fähigkeit des Menschen, immer wieder neue Prinzipien der Schöpfungsordnung zu erkennen, ob es nun im Bereich der Naturwissenschaft ist oder im Bereich der großen klassischen Kunst, der Musik, der Dichtung, der Architektur, der Malerei. Und daß wir in der Kreativität, in der Entwicklung unserer Persönlichkeit nicht als Selbstzweck, sondern, weil wir damit zukünftigen Generationen einen besseren Dienst erweisen - daß wir das wieder zu dem machen, was der Sinn des Lebens ist. Daß wir nur soviel Güter anhäufen, wie wir brauchen, um diesen Zweck zu erfüllen, aber nicht irgendwie Geld als Selbstzweck irgendwo in irgendwelchen „Paketen“ aufbewahren, die dann immer wieder neu geschnürt werden müssen.

Ich denke, daß wir an einen Punkt gekommen sind, wo alles davon abhängt, ob wir die politische und die ökonomische Ordnung mit den Gesetzen der Schöpfungsordnung in Übereinstimmung bringen.

Ich weiß, daß viele Nationen in der Welt im Augenblick über diese Dinge reflektieren, und deshalb denke ich, daß das absolut möglich ist. Ich bin wirklich der Meinung, daß dies die wichtigste Periode in unser aller Leben ist.

Lassen Sie uns deshalb alles versuchen, damit wir in dieser großen Herausforderung der Menschheit nicht daran scheitern, daß in einem großen Augenblick ein kleines Geschlecht führt, sondern daß wir beweisen, daß wir diese Herausforderung meistern können, und eine gerechte neue Weltwirtschaftsordnung errichten.

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