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Aus der Neuen Solidarität Nr. 32/2008 |
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Rußland debattiert LaRouche, Neues Bretton Woods
Nachdem Präsident Dimitri Medwedjew mehrmals zur Schaffung
einer neuen „Architektur der internationalen Wirtschaftsbeziehungen“ aufgerufen
hat, wird in Rußland hitzig darüber debattiert, wie ein neues System aussehen
soll. Eine große Rolle spielen dabei Vorschläge, den Rubel zur regionalen
Reservewährung und zur Währung im Energiehandel zu machen. Gleichzeitig tauchen
der Name des US-Ökonomen Lyndon LaRouche und die Idee des Neuen Bretton Woods
immer wieder in der Diskussion auf, was auf ein tieferes Verständnis der
Problematik hindeutet. Die bevorstehende Veröffentlichung der russischen
Übersetzung von LaRouches Schrift „Freihandel gegen nationales Interesse: Die
Wirtschaftsdebatte über Rußland“ (siehe Neue Solidarität 30/2008) und sein
jüngstes Internetforum werden noch mehr Aufmerksamkeit auf seine Lösungen
lenken.
Der bekannte Fernsehjournalist Michail Leontjew, der das
Weltfinanzsystem kürzlich mit einem Pyramidensystem verglichen hatte, schrieb
am 14. Juli in einem Kommentar für KM.ru, der einzige der G-8
Regierungschefs, der eine einigermaßen angemessene Einschätzung der
Weltfinanzkrise gegeben hätte, sei der russische Präsident gewesen. „Worüber
Medwedjew sprach, war eine neue Konfiguration des Weltfinanzsystems.
Tatsächlich hat er ein neues Bretton Woods aufgebracht. Und in der Tat war dies
der Hauptpunkt, den man auf dem Forum hätte besprechen sollen. Umfang, Tiefe
und Gefahr der kommenden Krise sind so groß, daß keine andere Frage auf der
Tagesordnung an Bedeutung vergleichbar war. Aber was wir von Medwedjews
Gesprächspartnern hörten, war armseliges Geschwätz... Die Nahrungsmittelmärkte
blähen sich auf. Aber niemand handelt direkt mit Öl oder Nahrungsmitteln - er
handelt mit Futures, Derivaten und Versprechungen und spekulativem Papier, das
völlig losgelöst von realen Werten ist. Das System muß neu konfiguriert werden.
Und der Gipfel hätte wenigstens beginnen können, über ein Neues Bretton Woods
zu diskutieren.“
Akademiemitglied Sergej Glasjew hat in einem Interview mit
der Rosbalt Agentur am 15. Juli vorgerechnet, daß Finanzminister Alexej
Kudrin 50 Mrd. $ Verluste eingefahren hat, weil er Währungsreserven in
Dollar-Wertpapieren angelegt hat. Wie schon in einem Interview mit Sawtra
im Mai verwies Glasjew auf die Anhörung in der Staatsduma mit LaRouche als
Hauptredner im Jahr 2001: „Schon bei den parlamentarischen Anhörungen 2001
haben wir unsere Währungshüter offiziell gewarnt, eine schwerwiegende
Dollarabwertung sei unausweichlich.“
Der Wirtschaftswissenschaftler
Andrej Kobjakow unterstützte am 12. Juli auf seiner Webseite RPMonitor.ru
Medwedjews Idee, den Rubel als regionale Reservewährung zu nutzen, was er auf
Vorschläge Glasjews vom Ende der neunziger Jahre zurückführt. Es werde
allerdings nicht ohne einen detaillierten Plan für ein Zahlungssystem und enge
diplomatische Beziehungen mit anderen eurasischen Nationen funktionieren, so
Kobjakow. Aber die Idee könne Optimismus und Hoffnung auf Wiederherstellung der
russischen Wirtschaftssouveränität auslösen.
In der Wochenzeitung Slowo fügte Prof. Stanislav
Menschikow am 11. Juli ein wesentliches Element hinzu, das sonst in der
russischen Diskussion fehlt: den Beitrag der USA. Unter einem Zwischentitel
„Ein Neuer Roosevelt“ schloß Menschikow seine Analyse der jüngsten
Krisenerscheinungen in den USA so: „Der bekannte amerikanische Ökonom Lyndon
LaRouche sagt den bevorstehenden Bankrott der Banken voraus und ruft zu
dringenden Maßnahmen auf, sie zu retten... Natürlich gibt es theoretisch
vernünftige Lösungen für die Krise, wie staatliche Investitionsprogramme zum
Bau von Schulen, Krankenhäusern und Infrastruktur, die die Linke der
Demokratischen Partei unterstützen würde. Aber die Bush-Administration ist für
so radikale Schritte nicht zu haben, und genauso steht es um die
Oppositionsführung im Kongreß.“
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