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Aus der Neuen Solidarität Nr. 32/2008

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UN-Debatte über Ernährungskrise ohne Lösungsangebote

Hungerkrise. Eine UNO-Arbeitsgruppe zur Welternährungskrise versteifte sich auf die abgenutzten Argumente von „Angebot und Nachfrage“ und wurde deshalb scharf angegriffen.

Am 18. Juli hielt die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York eine Sondersitzung zur weltweiten Nahrungsmittel- und Energiekrise ab. Es wurden mehrere bedeutsame Reden gehalten, aber kein konzertiertes Handeln beschlossen. Dabei ist die Arbeitsgruppe, die zur Lösung der Krise gebildet wurde, selbst Teil des Problems.

Im Frühjahr hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Mun die Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des langjährigen UN-Beamten Sir John Holmes zusammengestellt, die sich mit Lösungen für die Nahrungsmittel- und Energiekrise beschäftigen sollte. Sie lieferte Mitte Juli ein Dokument mit dem Titel Umfassendes Rahmenprogramm zum Handeln (Comprehensive Framework for Action - CFA), das als Grundlage für die Sondersitzung am 18. Juli diente.

Der Schwere der Krise angemessen, nahmen Vertreter verschiedener Nationen in ihren Reden kein Blatt vor den Mund. Einige richteten einen verzweifelten Hilferuf an die UNO. Andere unterstützten den Vorschlag, den Chile, Ägypten und Indonesien im Juni unterbreitet hatten, Sicherung der Nahrungsmittelversorgung und Entwicklung zum Hauptthema der 63. Sitzung der Vollversammlung im September zu machen.

Im folgenden wollen wir einige der schärfsten Erklärungen aus der Diskussion zusammenfassen.

Der ständige Vertreter Pakistans bei der UNO, Raza Bashir Tarar, machte in seiner Rede deutlich, daß die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise, die Milliarden Menschen trifft, politische Ursachen hat: „Die Krise ist das Ergebnis einer Vernachlässigung der Landwirtschaft, einer schlechten Handelspolitik, von Biotreibstoffen, Marktspekulation und Naturkatastrophen und den Folgen des Klimawandels“, erklärte er. Die Behauptung, am Anstieg der Energiepreise sei ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage schuld, wies Tarar zurück. Er nannte drei Gründe für den Preisanstieg: 1. unzureichende Raffineriekapazitäten, sogar in hochindustrialisierten Ländern, 2. Spekulation: „Die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Treibstoffen nützt nur den Spekulanten, den Hedgefonds und Händlern... Sie liegt weder im Interesse des einfachen Bürgers noch der Wirtschaft.“ Und 3. die düsteren Sicherheitsszenarien für die Ölregionen: „Die zunehmende Rhetorik über Konflikte und Militärschläge am Persischen Golf, verbunden mit den Problemen in Nigeria und dem Sudan“ sei ein großer Faktor hinter dem Preisanstieg gewesen.

Schließlich warnte Tarar vor den Auswirkungen der Weltfinanzkrise, ohne allerdings Lösungen anzugeben. Sollte diese sich zu einer vollen systemischen Finanzkrise auswachsen, wäre es wichtig, Schritte gegen eine Wirtschaftsdepression in den Entwicklungsländern zu ergreifen. Seine Rede endete mit einer unheilvollen Warnung: „Zögern und Stillhalten wären katastrophal. Wir müssen handeln, und zwar jetzt.“

Von allen Beiträgen der Debatte des 18. Juli lieferte der ständige Vertreter Indiens bei der UNO, Nirupam Sen, die umfassendste Analyse der Krise. Er stellte auch am deutlichsten die negativen Absichten der „Hochrangigen Arbeitsgruppe“ bloß.

Zu Beginn seiner Rede betonte Sen, es sei völlig angemessen, die Nahrungsmittelkrise und die Energiekrise als Einheit zu behandeln. Er fügte hinzu: „Noch nützlicher wäre es gewesen, heute auch die dritte Krise mit zu betrachten - die globale Finanzkrise, die eine direkte Herausforderung für unsere Entwicklungsanstrengungen darstellt. Jede vernünftige Antwort muß alle drei Problemfelder berücksichtigen.“

In seiner Rede wandte Sen sich immer wieder gegen den Inhalt des CFA-Papiers und direkt oder indirekt gegen die Arbeitsgruppe, die es produziert hat. Das Papier sei sehr „voluminös“, sei aber erst wenige Tage vor der Sitzung zur Verfügung gestellt worden. Dann kritisierte er, obwohl das CFA-Programm einen Konsens der Vereinten Nationen zum Ausdruck bringen sollte, seien darin kaum Beiträge der Mitgliedsstaaten aufgegriffen. „Lassen Sie es mich wiederholen: Der Inhalt des CFA-Papiers wäre bereichert worden und einfacher umzusetzen gewesen, hätte man Ideen und Vorschläge der Mitgliedsländer berücksichtigt... Die allgemeine Stoßrichtung des Dokuments scheint zu sein, die Mitgliedsländer zur Realisierung von Programmen zu bewegen, an deren Ausarbeitung sie nicht beteiligt waren.“

Er nahm dann auch einige Formulierungen in dem Papier aufs Korn. „Man kann nicht die Verzweiflung von Millionen hilfloser Menschen in ihrem Kampf ums Essen als eine ,Chance’ hinstellen“, sagte Sen. Die Umstellung der Agrarproduktion von Nahrungsmitteln auf reine Exporterzeugnisse (Cash Crops) habe die Nahrungsmittelsicherheit unterminiert. Sen fuhr fort: „Es ist gut, daß im CFA das Recht auf Ernährung anerkannt wird, aber wir hätten uns bessere Vorschläge gewünscht, das auch sicherzustellen.“

Sen verspottete die Behauptungen des CFA und der Welternährungsorganisation FAO über Biotreibstoffe als bloße Allgemeinplätze zur Dynamik von Angebot und Nachfrage. Er ging ziemlich ausführlich auf den jüngsten (geheimen) Bericht der Weltbank von Don Mitchell ein, der Biotreibstoffe für 75% des Preisanstiegs bei Nahrungsmitteln verantwortlich macht. Die Biotreibstoffe hätten den Nahrungsmittelmarkt aus dem Lot gebracht, sagte Sen, weil man Getreide als Benzin mißbrauche, Anbauflächen darauf umgestellt würden und die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln Auftrieb erhalten habe. Im CFA würden die Tatsachen auf den Kopf gestellt: „Die Spekulation wird als Folge der Exportbeschränkungen bezeichnet, während in Wirklichkeit diese Beschränkungen eindeutig eine Folge der von Spekulation geschürten Inflation sind.“ Auch werde in dem CFA-Papier niemals die Bedeutung moderner Technik angemessen angesprochen, obwohl Forschung und Entwicklung in der Landwirtschaft und Zugang der Landwirte zu Agrartechnik für eine Ausweitung der Agrarproduktion wesentlich seien. Die Rede endete mit einem stolzen und optimistischen Rückblick auf die Grüne Revolution in Indien - das sei ein Beispiel dafür, daß man die gegenwärtigen globalen Herausforderungen meistern könne.

Offenbar soll die UN-Arbeitsgruppe nur dazu dienen, einen wirklichen internationalen Aktionsplan, der diesen Namen verdient, zu verhindern, und die Angriffe auf sie sind nur zu berechtigt.

  Leni Rubinstein

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