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Aus der Neuen Solidarität Nr. 32/2008

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Lissaboner Vertrag: Sarkozy scheitert in Irland

Als der französische Präsident Nicolas Sarkozy am 22. Juli aus Dublin zurückkehrte, mag er sich ein wenig gefühlt haben wie Napoleon auf dem Rückzug aus Rußland. Sein Versuch, die irische Regierung zu einem neuen Referendum über den Lissabon-Vertrag zu bewegen, war gründlich gescheitert. Laut einer Red C-Umfrage sind 71% der Iren gegen ein zweites Referendum zum Lissabon-Vertrag. Auf die Frage, was wäre, wenn doch ein zweites Referendum stattfinden würde, war das Ergebnis 64 zu 34 Prozent gegen den Vertrag.

Überhaupt trifft die Idee selbst, daß man sie zu einer zweiten Abstimmung nötigen könnte, bei Befürwortern des Vertrages überwiegend auf wütende Ablehnung. So berichtet Red C, daß 67% der irischen Bevölkerung mit der Aussage übereinstimmen, daß die Politiker Europas das irische „Nein“ nicht respektieren, und 53% der Befragten sagten, daß sie den jetzigen Premierminister nicht wiederwählen würden, wenn er ein zweites Referendum einberufe.

Auch wenn die Denkfabrik Open Europe, die die Umfrage in Auftrag gab, aus ihrer Ablehnung des europäischen Reformvertrages keinen Hehl macht, sind ihre Umfragen sehr ernst zu nehmen. So lagen die Ergebnisse ihrer Umfrage vor dem irischen Votum sehr nahe an dem tatsächlichen Wahlresultat. Der Lissabon-Vertrag ist tot, und bevor Irland ein zweites Mal abstimmt, sollten alle anderen Europäer ein erstes Mal abstimmen dürfen.

Die Alternative wäre, einen neuen Text zu schreiben, doch das müßte von den 27 Mitgliedsländern einstimmig beschlossen werden. Damit wird 2009 der Vertrag von Nizza als EU-Recht in Kraft treten (der allerdings in einzelnen Aspekten noch schlimmer ist).

Trotzdem bleibt die EU-Lobby entschlossen, die Ratifizierung voranzutreiben. EU-Kommissionschef José Barroso wurde nach Italien geschickt, damit das Parlament den Vertrag noch im Juli ratifiziert. Eine Verzögerung bei einem Gründungsmitglied der EU wäre ein starkes politisches Signal. Die Tageszeitung Italia Oggi berichtete über Barrosos Auftritt vor dem Außenpolitischen Ausschuß beider Häuser, wo er offen zugab, daß der „Turm zu Babel“ EU nicht gerade auf demokratischem Grund steht. Er sagte: „Als Politiker auf nationaler und europäischer Ebene müssen wir unpopuläre Entscheidungen treffen, das ist die Wahrheit.“ Hätte es vor zehn Jahren ein Referendum über den Euro gegeben, „glauben Sie, es hätte ein positives Ergebnis gegeben? Lassen Sie uns ehrlich sein - würden die Deutschen mit ‚Ja’ stimmen?“ fragte Barroso rhetorisch. „Mitgliedsstaaten können über ihre wichtigsten politischen Entscheidungen nicht ständig in Referenden abstimmen lassen, und es gibt keinen Grund, warum das nicht auch für Europa gilt“, sagte Barroso sophistisch, als stünden grundlegende Verfassungsfragen auf einer Stufe mit gewöhnlichen Regierungsbeschlüssen.

Am 23. Juli ratifizierte der italienische Senat den Vertrag. Insiderberichten zufolge wurde enormer Druck auf die Lega Nord ausgeübt, um ein einstimmiges Ergebnis zu erzielen. Aber die Abgeordnetenkammer hat noch nicht abgestimmt, und der Außenpolitische Ausschuß neigt bisher dazu, die Abstimmung bis September zu verschieben. Das wäre eine politische Niederlage für die Lissabon-Fraktion.

Inzwischen haben intelligente europäische Politiker verstanden, daß der Vertrag tot ist. Der außenpolitische Sprecher der britischen Konservativen William Hague forderte die EU-Regierungschefs am 23. Juli auf, „den Vertrag für tot zu erklären“. Im Falle eines Wahlsieges 2010 würden die Konservativen „die britische Ratifizierung rückgängig machen und den Vertrag zur Volksabstimmung stellen, wobei wir ein ‚Nein’ empfehlen“ so Hague - es sei denn, der Vertrag werde von Irland ratifiziert. Die Konservativen haben gegenwärtig einen Vorsprung von 20 Punkten vor Labor, und mit der Verschärfung der Wirtschaftskrise werden vorgezogene Wahlen immer wahrscheinlicher.

In Deutschland veröffentlichte die linksgerichtete Webseite Telepolis ein dreiteiliges Interview mit Prof. Karl-Albrecht Schachtschneider über den Lissabon-Vertrag, u.a. über einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt. Schachtschneider sagte, die Doha-Runde der WTO werde scheitern, weil die Vorschläge der Europäer den Entwicklungsländern sozial und wirtschaftlich keinen Vorteil böten und nicht einmal im europäischen Interesse seien. Die bestehenden EU-Verträge böten wenigstens noch über die Wettbewerbsregeln des Marktes etwas Schutz gegen die Auswirkungen der totalen Globalisierung. Der Lissaboner Vertrag würde dies eliminieren und die europäischen Produzenten hilflos dem Wettbewerb des Weltmarkts ausliefern. Darüber hinaus würden der Grundsatz des Gemeinwohls und die demokratischen Prinzipien Europas geopfert, warnte Schachtschneider.

            eir

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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- Neue Solidarität Nr. 31/2008
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- Neue Solidarität Nr. 15/2008
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- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)

 

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