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Aus der Neuen Solidarität Nr. 22/2008 |
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Da das Finanzsystem nicht zu retten ist, setzt das Britische Empire offenbar auf härtere Maßnahmen: „Das nette Jahrzehnt liegt hinter uns.“
Die Neue Solidarität stimmt nur selten mit der Bank von England überein, jener alten Hure von Babylon, aber wir müssen zugeben, daß eine vor kurzem abgegebene Erklärung ihres Gouverneurs Mervyn King mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit enthält. Auf einer Pressekonferenz am 14. Mai erklärte er nämlich: „Das nette Jahrzehnt liegt hinter uns“ - und so ist es auch. Seit dem letzten Juli, als Lyndon LaRouche öffentlich gewarnt hatte, daß das globale Finanzsystem gestorben sei, stapeln sich die Leichen schneller als in einem Hollywoodfilm.
„Das Weltwährungs- und -finanzsystem befindet sich jetzt im Prozeß der Desintegration“, sagte LaRouche am 25. Juli 2007 in einem Internetforum. „Die meisten der heutigen finanziellen Forderungen, Werte und Obligationen der Welt sind wertlos... Die Betrügereien sind enorm.“
Diejenigen, die es vorzogen hatten zu glauben, daß LaRouche übertreibe, wissen es inzwischen besser. Seit jenem Internetforum ist eine der größten Investmentbanken der Welt kollabiert, die Zentralbanken der Welt haben mehr als 3 Billionen Dollar in das Bankensystem gepumpt und riesige Mengen an wertlosen Papiertiteln als Pfand vom Markt angenommen, die großen Banken der Welt haben mehr als 320 Mrd. Dollar an Verlusten durch Wertberichtigungen und Kreditabschreibungen verbucht und mehr als 160 Mrd. Dollar an Kapital-Notinfusionen erbettelt, der Ölpreis ist auf ungeahnte Höhen gestiegen, fast 250 Ausleiher nachrangiger Hypothekenkredite haben ihre Pforten geschlossen, und die Nahrungsmittelknappheit hat Hunger und Unruhen verzweifelter Menschen ausgelöst.
Angesichts der kollabierenden Wertpapiermärkte fallen die Immobilienpreise, die Zwangsversteigerungen von Eigenheimen mehren sich, die kommunalen Haushalte implodieren und es breitet sich Chaos aus. Die Stadt Vallejo/Kalifornien hat ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt, weitere Bankrotte werden erwartet, während die Regierungen versuchen, mit den sinkenden Steuereinnahmen und den steigenden Kosten fertigzuwerden. Wohin man auch blickt, sieht man Desaster.
Dieser Kollaps, sagte LaRouche in seinem Forum, werde „unaufhaltsam“ sein, wenn jetzt nicht eine „fundamentale Änderung in der Politik der Regierung der Vereinigten Staaten“ vollzogen werde. „Jeder, der anders denkt, ist entweder einfach inkompetent, ein Idiot oder ein Wahnsinniger. Das ist die Realität!“
LaRouche warnte auch: „Der Kongreß - der Senat und das Repräsentantenhaus - ist derzeit nicht kompetent, um damit umzugehen.“
Wiederum behielt LaRouche recht. Aber anstatt eine fundamentale Änderung der Politik zu vollziehen, beschäftigte sich die Regierung mit einer Serie leichtsinniger und wachsender Rettungsaktionen, die bewirkten, daß riesige Verluste von den Banken auf die Steuerzahler übertragen wurden, gleichzeitig den Wert des Dollars dezimierten und das Finanzsystem noch tiefer in die Hyperinflation stürzten. Das „Absturz-Verhinderungs-Team“ unter der Führung des früheren Goldman Sachs-Chefs Henry Paulson und des Vorsitzenden der FED, Ben Bernanke, versuchte das Unmögliche, in der Hoffnung, den Wert der Derivate, CDOs, hypothekengedeckten Wertpapiere und anderer fiktiver Werte nach und nach senken zu können, ohne zugeben zu müssen, daß sie allesamt betrügerische und fiktive Werte sind, die auf ebenso fiktiven Werten beruhen: Spielchips in einer bankrotten Spielbank.
Es gab mehrere Wendepunkte, an denen eine angemessene Politik hätte umgesetzt werden können, aber das geschah nicht. Statt dessen wählte man den „leichten Weg“, erst in kleinen Schritten, dann in immer größeren. Der Kollaps des Hedgefonds Bear Stearns im vergangenen Sommer war die sprichwörtliche Schrift an der Wand, die ankündigte, daß das System am Ende sei, auch wenn Bankiers und Behörden darauf bestanden, es sei bloß ein Ausrutscher und alles sei in Ordnung. Aber das war es nicht, und die Verluste breiteten sich weiter aus. Am 31. Juli, knapp eine Woche nach LaRouches weitsichtigem Internetforum, beantragten die beiden Bear Stearns-Fonds Insolvenz, und im August kündigte die Fed an, sie werde hypothekengedeckte Wertpapiere als Sicherheit für Kredite annehmen. Das war Teil einer koordinierten 284-Mrd. $-Intervention der Fed, der Europäischen Zentralbank und der Zentralbanken der Schweiz, Kanadas, Australiens, Japans und Singapurs. Im November, nachdem von britischen Kreisen die gefährdete Lage der Citigroup ins Rampenlicht gestellt wurde, tauschte die Bank ihre Führung aus. Eine ganze Reihe weiterer Banken folgten dem Beispiel. Die angeschlagene Citigroup arrangierte eine 7,5-Mrd. $-Infusion der Investmentbehörde von Abu Dhabi.
Als sich Mitte Dezember das Jahresende näherte, kündigten die Zentralbanken eine weitere gemeinsame Aktion an, in deren Rahmen die Fed eine neue „Term Auction Facility“ (TAF) schuf, über die sie den Banken Kredite gab, die dafür weitere exotische und unverkäufliche Wertpapiere als Pfand hinterlegen durften. Ein Bankökonom charakterisierte diese Aktion als „Feuerschneise“, aber sie erwies sich - vorhersehbarerweise - als wirkungslos. Paulson, dessen Versuch, eine Rettungsaktion für den zusammengebrochenen Markt der „Investment-Vehikel“ zu orchestrieren, kläglich gescheitert war, brütete dann einen Plan aus, um den Markt der Hypotheken-Papiere unter dem Vorwand der „Rettung der Eigenheimbesitzer“ zu stützen.
Dank dieser außergewöhnlichen Maßnahmen gelang es den Banken, ihre Pforten bis ins neue Jahr offenzuhalten, und sie erklärten, nun sei das Schlimmste geschafft. Das war gelogen, und das wußten sie. Sie waren lebendige Leichen, die durch eine Kombination lebenserhaltender Maßnahmen der Zentralbanken, „kreativer Buchführung“ und der Weigerung der Aufsichtsbehörden, sie für tot zu erklären, am „Leben“ blieben.
Im März 2008, als sich das Ende des 1. Quartals näherte, unternahmen die Zentralbanken eine Reihe weiterer außergewöhnlicher Interventionen, die sogar noch größer waren als die vorhergehenden. Am 7. März vergrößerte die Fed die Geldmenge bei den zweimal monatlich stattfindenden Auktionen, die sie über die TAF-Auktionen in Umlauf brachte, auf jeweils 50 Mrd. $ - zuvor waren es jeweils 20 Mrd. $ gewesen - und kündigte gleichzeitig ein neues 100-Mrd. $-Programm zum Rückkauf von Krediten für ausgewählte Investmentbanken an. Vier Tage später kündigten die Zentralbanken eine weitere koordinierte Intervention an, deren Höhepunkt in der Ankündigung gipfelte, daß eine weitere Kreditlinie - die „Term Securities Lending Fascility“ (TSLF) - durch die Fed geschaffen werde, mit der den Investmentbanken noch größere Kredite gegeben werden sollten. Am 14. März gab die Fed dann Notkredite an Bear Stearns, und nur zwei Tage später, am Sonntag dem 16. März, arrangierte sie aus Angst vor dem, was geschehen würde, wenn die Märkte am Montag öffneten, weitere Schritte, darunter eine 30-Mrd. $-Unterstützung für die Übernahme von Bear Stearns durch J.P. Morgan, die Zusage weiterer Kredite an die Investmentbanken und die Senkung der Diskontrate um ein Viertelprozent auf 3,25%. Am nächsten Tag senkte die Fed dann den Zinsfuß für Fed-Gelder um ein weiteres Dreiviertel-Prozent auf 2,5%.
Der Zusammenbruch von Bear Stearns war eine Wasserscheide. Er bewies, daß die von den Zentralbanken und dem „Absturz-Verhinderungs-Team“ unternommenen Rettungsaktionen das Problem nicht gelöst hatten.
Seit März wurden die Probleme noch schlimmer. Am 2. Mai hob die Fed das Volumen der TAF-Kredite nochmals auf jeweils 75 Mrd. $ pro Auktion an. Monat für Monat wuchs die Menge der ausstehenden Kredite der Fed, von 80 Mrd. $ pro Woche im Dezember auf heute weit über 400 Mrd. $. Bedenkt man, daß wir gerade erst die Hälfte des 2. Quartals hinter uns haben, sind das ominöse Summen.
Die Berichte zum Quartalsende sind wichtig, weil die Banken dann die Bücher für die Bilanz offenlegen müssen, was sie in eine unhaltbare Lage versetzt: Sagen sie die Wahrheit, müssen sie schließen, aber wenn die lügen, riskieren sie Klagen und mögliche - wenn auch unwahrscheinliche - Strafverfahren. Ihre Buchprüfer, die nur zu gut wissen, was nach dem Enron-Debakel mit der Buchprüfungsfirma Arthur Anderson geschah, sind extrem nervös, wenn sie solche falschen Bilanzen abzeichnen sollen, und verlangen Haftungsausschluß.
Die Banken haben jetzt ihre Märchenstunde und versuchen, wie schon zu Beginn der Krise, so zu tun, als ob die Probleme vorüber seien. Minister Paulson beispielsweise behauptete Anfang des Monats: „Das Schlimmste liegt wahrscheinlich hinter uns.“ Interessanter ist der Freudsche Versprecher jener, die behaupten, das Ende der Krise sei nahe, was an die Leute erinnert, die auf den Straßen mit Schildern herumlaufen, das Ende sei nahe. Nachdem sie immer wieder falsch gelegen haben, ist die Glaubwürdigkeit der Banken etwas erschüttert, und ihr Ende ist tatsächlich nahe.
All das bringt uns zurück auf Mervyn King von der Bank von England und seine Bemerkung, daß das „nette“ Jahrzehnt vorüber sei. Man kann sicher darüber streiten, wie „nett“ dieses Jahrzehnt war, insbesondere wenn man zu den ärmeren 80% der Bevölkerung gehört, aber es ist klar, daß die Welt eine schlimme Wende zum Schlimmeren vollzogen hat. Angesichts der Tatsache, daß die Bank von England eine der treibenden Kräfte hinter den faschistischen Bewegungen der zwanziger und dreißiger Jahre war und geholfen hat, Hitler und Mussolini an die Macht zu bringen, sollte man es ernst nehmen, wenn sie warnt, daß die Maske der Nettigkeit nun fallen wird.
Die Bank von England, die praktisch als Bank der oligarchischen Fondi und als Herz des anglo-holländischen liberalen Systems fungiert, weiß, daß dieses Finanzsystem tot ist, und daß die Krise nur politisch, aber nicht finanziell gelöst werden kann. Unter politisch verstehen wir hier, daß das Empire entschlossen ist, sich selbst zu retten, indem es der Weltbevölkerung erneut faschistische Regime aufzwingt. Man betrachte die Art und Weise, wie die Verluste der Banken auf die Öffentlichkeit abgewälzt werden; man betrachte, wie die Allgemeinheit durch hohe Treibstoff- und Nahrungsmittelpreise geschröpft wird; man betrachte die Nahrungsmittel-Verknappungen in aller Welt und die Unruhen, die sie auslösen; und man betrachte, wie sich große und kleine Kriege ausbreiten: Das sind keine isolierten Ereignisse, sondern vielmehr alles Teile eines Gesamtprozesses: des Krieges des Britischen Empire gegen den Fortschritt der Menschheit. Daß eine solche Politik verrückt ist, heißt nicht, daß sie nicht real oder ungefährlich wäre. Wenn wir nicht die souveräne Macht der Nationalstaaten nutzen, um die Pläne des Empire aufzuhalten, werden viele von uns das, was vor uns liegt, nicht überleben.
John Hoefle
Lesen Sie hierzu bitte auch: Amerika im Krieg gegen das britische Empire - Neue Solidarität Nr. 19/2008 Hinter der Unfähigkeit der Politiker lauert die Fratze des Faschismus - Neue Solidarität Nr. 17/2008 Ominöse Seifenoper in Washington - Neue Solidarität Nr. 16/2008 Die große Lüge zurückweisen - Neue Solidarität Nr. 15/2008 Das anglo-holländische System ist am Ende - Neue Solidarität Nr. 14/2008 |
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