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Aus der Neuen Solidarität Nr. 20/2008

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Bahnprivatisierung: „Da war doch was...“

Schon in den vergangenen Jahren waren die Zahlen und Zusammenhänge allgemein bekannt. Da rechneten britische Kritiker der Eisenbahnprivatisierung in ihrem Land einem vor, daß die in viele Einzelgesellschaften zerschlagene britische Bahn dem Steuerzahler heute dreimal so viel kostet wie ehedem der alte Staatsbetrieb British Rail; daß die mit Kontrolle und Überwachung des Bahnnetzes betraute staatliche Bürokratie heute sage und schreibe 25mal so groß ist wie zu der Zeit, als die Eisenbahn noch staatlich war; daß Bahnfahren in England heute so teuer ist wie sonst nirgendwo in Europa usw. usf.

Es mußten erst Menschen in schweren Eisenbahnunglücken mit ihrem Leben bezahlen, bis die britische Regierung zumindest einen Aspekt der Privatisierung, die des Schienennetzes, 2002 wieder zurücknahm. Die bis dahin damit betraute Gesellschaft Railtrack, die natürlich börsennotiert war, hatte sich sozusagen aus der Verantwortung gestohlen und die notwendigen Arbeiten einfach an über hundert verschiedene Subunternehmen weitergegeben, die teilweise keinerlei Erfahrung mit dem Eisenbahnbetrieb hatten.

All das zusammen hat die öffentliche Meinung im Vereinten Königreich dazu gebracht, in der Wiederverstaatlichung der Bahn die vernünftigere und verantwortlichere Lösung zu sehen.

Auch in einem anderen Land des Commonwealth, Neuseeland1, wo die Privatisierung 1993 sogar noch vor Großbritannien vollzogen worden war, zog man jetzt die Notbremse. Zum 1. Juli dieses Jahres kommt die Eisenbahn in Neuseeland wieder unter staatliche Regie. Die privaten Betreiber hatten zwar innerhalb weniger Jahre den Kurs der Bahnaktie an der Börse verneunfacht und jede Menge Geld aus dem Unternehmen gezogen, aber nichts wieder hineingesteckt. Investitionen, z.B. um das Sachkapital zu erhalten oder gar zu verbessern, blieben aus. So verkam die neuseeländische Bahn zusehends, und auch die Wiederverstaatlichung des Schienennetzes 2003 konnte dem kein Einhalt gebieten.

Für den neuseeländischen Staat war die Privatisierung der Eisenbahn übrigens eine kostspielige Erfahrung. Hatte man 1993 vom damaligen Käuferkonsortium 328 Mio. Neuseeland-Dollar für die „New Zealand Rail“ bekommen, so mußte man jetzt gut das Doppelte (665 Mio.) hinblättern, um die Bahn vom letzten Betreiber, der australischen Toll Holdings, zurückzukaufen.

In Deutschland, wo die Bahn laut Beschluß der Bundesregierung ab 2009 zu 24,9% privatisiert und an die Börse gebracht werden soll, scheinen die verantwortlichen Politiker noch gar nicht mitbekommen zu haben, daß der Zug mittlerweile in die andere Richtung fährt; oder sie haben, wie die Mehrzahl der Bundestagsabgeordneten bei der Abstimmung über den Lissaboner Vertrag, den Text überhaupt nicht gelesen, was zu ihrer Urteilsfindung eigentlich notwendig gewesen wäre. Oder sie sind einfach nur „belehrungsresistent“. Egal, was davon zutrifft, die unangenehme Frage läßt sich nicht mehr abweisen, wie lange wir uns derartige „Entscheidungsträger“ noch leisten können, bis das Land endgültig ein Scherbenhaufen ist. Jeder, der diese Zeilen liest und dem sich eine gesunde Wut im Bauch entwickelt, sollte sich aufgerufen fühlen, selbst Verantwortung zu übernehmen und bei der nächsten Wahl zu kandidieren.

HPM


Anmerkung

1. In den 90er Jahren wurde Neuseeland auch von deutschen Politikern als „Erfolgsmodell“ für neoliberale Wirtschaftsreformen angepriesen. Einer von ihnen erwarb sich damals den Spitznamen „der alte Rucksack“, denn er meinte, es müsse ein „Ruck“ (im Sinne von „Erfolgsmodellen“ à la Neuseeland) durch Deutschland gehen. Daß diese neuseeländischen Erfolgsgeschichten nicht der Realität entsprechen und entsprachen, darüber konnte sich der Leser der Neuen Solidarität schon 1997 in aller Sachlichkeit und der gebotenen politischen Engagiertheit informieren (s. Ausgaben Nr.11 und 29/1997).

 

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