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Aus der Neuen Solidarität Nr. 9/2007 |
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Kaum legen die französischen Präsidentschaftskandidaten ihre Wahlprogramme vor, tönt es aus den Medien: „Zu teuer, wir müssen sparen!“ Hinter dieser Kampagne stehen, nicht überraschend, die Synarchistenkreise im Umfeld von Lazard Frères. Als einziger Kandidat zeigt sich Lyndon LaRouches Mitstreiter Jacques Cheminade unbeeindruckt.
In den französischen Medien tobt ein Streit über die Kosten der Programme der Präsidentschaftskandidaten, mit dem die Finanzwelt Einfluß auf die Programme und auf die Öffentlichkeit nehmen will, indem so getan wird, als verführten die Bürger die Politiker zum Geldverschwenden. Das Ziel ist, dem Staat eine radikale Sparkur aufzuzwingen, um ihn zu schwächen, damit die Finanzelite an seiner Stelle regieren kann.
Die sozialistische Kandidatin Ségolène Royal hatte ihre große Grundsatzrede am 11. Februar noch nicht beendet, da mischte sich eine Gruppe selbsternannter Finanzexperten über die Internetseite Debats2007.org in den Wahlkampf ein. Sie hätten ausgerechnet, daß die Kosten der Programme der Kandidaten viel höher seien als erklärt: bei der Sozialistin statt 35 Mrd. Euro 48,6 Mrd. Euro und bei ihrem neokonservativen Gegenkandidaten Nicholas Sarkozy statt 30 Mrd. Euro sogar 49,9 Mrd. Euro.
Debats2007.org gibt sich als unabhängige Gruppe, die das Wachstum der öffentlichen Schulden überwacht. In Wirklichkeit ist sie aber alles andere als neutral und unabhängig. Sie wird finanziert und geleitet vom Vorsitzenden der Großbank BNP/Paribas, Michel Pébereau. Die Internetseite wird mit Unterstützung französischer und internationaler Konzerne wie Danone, Veolia und Microsoft betrieben. Le Monde enthüllte am 20. Februar, daß von den vier „Rechenexperten“ der Internetseite drei hohe Beamte sind, die anonym bleiben wollen. Ein wahres Vorbild an Transparenz.
Michel Pébereau hatte schon im Dezember 2005 für Wirtschafts- und Finanzminister Thierry Breton einen provokanten Bericht über die französischen Staatsschulden verfaßt, der als Ausgangspunkt für eine große Medienkampagne diente. Man wollte den Franzosen Schuldgefühle einreden, sie hätten „25 Jahre lang zuviel Geld ausgegeben“, um sie von der Notwendigkeit drastischer Sparmaßnamen zu überzeugen. In typisch synarchistischer Manier wurde in dem Bericht die Demokratie angegriffen: Der „Wahlkalender ist zu dicht“, es gebe zu viele Wahlen, und das schade der „Kontinuität der Reformen“, und es gebe auch zuviel gewählte Mandatsträger in Frankreich (500.000), was einen Konsens für die Sparpolitik verhindere.
Hinter den ausführenden Organen dieser finanziellen Inquisition steht der lange Schatten des früheren Premierministers Raymond Barre. Pébereau ist heute Präsident der „Orientierungs- und Beobachtungs-Kommission“ des französischen Aspen-Instituts, das er 1994 umstrukturiert und in Lyon neu gegründet hat. In dem Institut sitzt auch ein Senator aus der Region Rhône-Alpes, Michel Mercier, der seit langem in der zentristischen Partei UDF mit deren Präsidentschaftskandidat François Bayrou zusammenarbeitet. Auch dieser alte Freund Raymond Barres stellt die Schuldenfrage in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes. Barre ist auch ein enger Freund eines der letzten Vertreter der alten Gründerfamilien von Lazard Frères, Antoine Bernheim, gegenwärtig Chef des oligarchischen Versicherungskonzerns Generali in Venedig und Triest.
Barre äußerte sich in einem Interview am 4. Februar im Journal du Dimanche: „Ich entscheide mich für eine Politik der allgemeinen und progressiven Desinflation.“ Das habe er schon als Premierminister unter Präsident Giscard d’Estaing getan. „Das war in der Politik nicht besonders populär, aber man muß bereit sein, gegen den Strom zu schwimmen. Die kommende fünfjährige Amtszeit wird von diesem Standpunkt gesehen entscheidend sein.“ Er riet dem Gewinner der Präsidentschaftswahl zu einer „allgemeinen Bestandsaufnahme aller öffentlichen Leistungen, um doppelte oder nutzlose Ausgaben einzusparen“. Die Franzosen seien „zu den notwendigen Anstrengungen bereit, wenn man offen zu ihnen spricht“.
Jacques Attali, ein weiterer synarchistischer Bankier, der den alten Lazard-Interessen nahesteht, sagte am 20. Februar dem Massenblatt Metro: „Wir laufen in den Abstieg, wenn wir das Wachstum der öffentlichen Schulden nicht aufhalten. In den nächsten fünf Jahren sind die Schulden noch nicht so tragisch. Aber in fünf Jahren wird es unlösbar sein.“
Der Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade, der für die Ideen Lyndon LaRouches eintritt, sieht das ganz anderes. Er hat erklärt, eine Verschuldung von 64,6% des BIP, wie sie Frankreich hat, sei an und für sich kein unüberwindliches Problem. Es müsse der Regierung nur gelingen, „schlechte Schulden durch gute abzulösen“. Tatsächlich sind die Schulden nicht größer als in Deutschland oder den Vereinigten Staaten, und im Gegensatz zu den USA hat Frankreich eine Sparquote den 15%. 40% der öffentlichen Schulden werden von Franzosen gehalten. Wenn der Staat produktiven Kredit schöpft, um große Infrastruktur- und Forschungsprojekte zu finanzieren, schafft er Vollbeschäftigung mit qualifizierten Arbeitsplätzen und das Wirtschaftswachstum, das notwendig ist, um die Schulden zurückzahlen zu können. Cheminade ist der einzige Kandidat, der sich für eine solche grundlegende Finanzreform nach dem Vorbild des amerikanischen New Deal einsetzt.
Cheminade befindet sich mitten in den Wahlvorbereitungen. Ein Präsidentschaftskandidat muß mindestens 500 Unterstützungsunterschriften amtierender Bürgermeister oder Abgeordneter vorweisen, was für Kandidaten, die von keiner etablierten Partei unterstützt werden, eine hohe Hürde ist. So traf Cheminade in den letzten Wochen rund hundert Bürgermeister meist kleiner Ortschaften - eine höchst lehrreiche Erfahrung, insbesondere für die Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung, die ihn bei den Gesprächsterminen begleiten. Bei diesen sokratischen Dialogen, die oft zwei bis vier Stunden dauern, zeigt sich immer wieder, daß diese Bürgermeister einen Kämpfer suchen, der das Land aufrütteln kann. Die meisten Unterschriften geben Bürgermeister, die nicht nur Cheminades Schlagfertigkeit bewundern, sondern auch erkennen, daß er eine Alternative vertritt und die Lage international betrachtet. Bei den Gesprächen prüfen die Bürgermeister Cheminade „auf Herz und Nieren“, um zu sehen, ob er den Mut hat, den Kampf anzuführen, und sie geben ihre Unterschrift oft, nicht weil sie inhaltlich in allem seiner Meinung wären, sondern weil sie sehen, daß er entschlossen ist, den Gang der Geschichte zu ändern.
Eines der Probleme, das viele zögern läßt, ist die Tatsache, daß die nationalen Medien bisher kaum über Cheminade berichtet haben. Dabei wissen die meisten Bürgermeister sehr wohl, daß diese Medien von den Finanzmächten kontrolliert werden, die das Land zerstören. Typisch ist die folgende Anekdote, die sich in Lothringen ereignete. Der betreffende Bürgermeister war ganz entschieden für das Gemeinwohl und für die Integration der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in der Region, wandte aber ein: „Sie sind ja nie im Fernsehen, Sie kennt doch keiner!“ Nach dem Treffen, als Cheminade und sein Begleiter noch am Teich vor dem Rathaus saßen, kam der Bürgermeister mit einem Freund vorbei und fragte den Freund: „Laß uns einmal ein Experiment machen. Kennst du diesen Mann?“ - „Nein.“ - „Erinnerst du dich nicht an die Präsidentschaftswahl 1995?“ Zur Überraschung des Bürgermeisters sagte der Freund: „Oh, ist das nicht Herr Cheminade? Ich hätte nie gedacht, daß Sie in unser Dorf kommen!“ Wahrheit und Massenmedien sind eben zweierlei!
Erfreulicherweise entschied nun kürzlich die Aufsichtsbehörde für die audiovisuellen Medien CSA, daß alle Kandidaten ein Anrecht auf angemessene Berichterstattung haben (abgestuft nach ihrer vermuteten Bedeutung). Seither bemühen sich die Medien vermehrt um Cheminade, wobei aber auch die monatelange Arbeit mit den Bürgermeistern eine Rolle spielt, weil sie in den politischen Zirkeln des Landes eine intensive Diskussion ausgelöst hat und nun in die Medien „überschwappt“.
Seit Anfang Februar gab Cheminade zehn Interviews, davon zwei für die nationalen Fernsehsender France 3 und Canal Plus. Der Sender France 2 brachte einen Kurzbericht über den Kandidaten, der gegen die finanzielle Globalisierung kämpft und ihr eine umfassende wissenschaftliche, wirtschaftliche und soziale Perspektive entgegensetzt. Auch regionalen Sendern gab Cheminade Interviews: France 3 Lorraine sowie Tele Lyon Metropole, das rund 400.000 Zuschauer im Großraum Lyon erreicht. France 3 brachte einen sehr guten Kurzbericht, in dem Cheminade im Gespräch mit einem Bürgermeister gezeigt wurde. Bisher gab er sechs Interviews den lokalen Radiosendern und Zeitungen, die jeweils Hunderttausende erreichen - in Lothringen in Radio Bleue Lorraine Nord und in der einflußreichen Zeitung Le Républicain Lorrain, im Westen des Landes brachte Ouest France (in der Ausgabe für das Departement Calvados) ein Interview, und in Lyon sprach er mit der zweitgrößten Radiostation der Region Radio Scoop sowie der großen Tageszeitung Le Progrès de Lyon.
Christine Bierre
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Die Seele der Nation wecken - Neue Solidarität Nr. 4/2007 Die wirkliche Alternative für Frankreich - Neue Solidarität Nr. 3/2007 Internetseite von Jacques Cheminade - in französischer Sprache |
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