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Aus der Neuen Solidarität Nr. 36/2007 |
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Der Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen, Zalmay Khalilzad, warnte am 26. August in einem Interview mit der Wiener Zeitung Die Presse, die Probleme des Nahen Ostens hätten „das gleiche Potential, die Welt in den Abgrund zu reißen“ wie die Krisen Europas in der Vergangenheit, wo Kriege „manchmal zu Weltkriegen wurden“.
Khalilzad erklärt zwar, ausländische Truppen müßten noch mindestens 10-20 Jahre im Irak bleiben, gibt aber zu verstehen, daß das Desaster nicht unvermeidlich war. „Die Historiker diskutieren schon jetzt, ob wir nach Saddams Sturz nicht mehr Truppen in den Irak hätten schicken sollen... Ob es richtig war, die irakische Armee aufzulösen. Ob man schneller eine irakische Regierung bilden hätten sollen. Ob es ein derart umfassendes De-Baathifizierungsprogramm geben hätte sollen.“
Roger Cohen von der New York Times berichtete am 28. August in einem Kommentar, Khalilzad mache offen Paul Bremer für diese schrecklichen Fehler verantwortlich. Die Ernennung Bremers zum Chef der Übergangsregierung im Irak sei eine Laune George Bushs in letzter Minute zu verdanken. (Tatsächlich bestand Dick Cheney auf der Ernennung Bremers zum „Prokonsul“.) Khalilzad teilte Cohen mit, was der ursprüngliche Plan vorsah: „Bremer sollte die Geschäfte führen, und ich sollte die Loya Jirga einberufen.“ (Die Loya Jirga ist eine Versammlung aller Fraktionen im Irak, die unter sich eine irakische Regierung auswählt, so wie dies unter Khalilzads Aufsicht im Afghanistan geschehen war). Sowohl Bremer als auch Khalilzad sollten Gesandte des Präsidenten sein. Als Bremer dazu berufen wurde, die Übergangsregierung im Irak zu führen, wurde der Plan für eine Übergangsregierung von Irakern aufgegeben. Als dies bekannt wurde, habe Khalilzad einen Anruf von Außenminister Colin Powell erhalten. Dieser habe gefragt: „Was ist passiert?“ Khalilzad habe geantwortet: „Sie sind der Außenminister und Sie fragen mich, was passiert ist?“ Khalilzad fügte hinzu: „Ich bin sehr davon überzeugt, daß die Entscheidung der USA falsch war. Wir hätten eine irakische Übergangsregierung haben können.“ Powell stimmte überein.
Ein Bericht, der schon Anfang 2006 von pensionierten Militär- und Nachrichtendienstbeamten verfaßt wurde und den der Washington Post-Korrespondent Walter Pincus am 27. August an die Öffentlichkeit brachte, beschreibt den - jetzt operationellen - Plan der US-Regierung, sich mit sunnitischen Stämmen der Provinz Anbar zu verbünden, obwohl diese zu den Aufständischen gehören. Schon damals warnten die Autoren des Berichts, ein Bündnis mit diesen Stämmen wäre im besten Falle opportunistisch gegen Al-Kaida gerichtet, dies dürfe jedoch „nicht als Unterstützung oder selbst Akzeptanz der Aktivitäten der Koalition" gewertet werden. Pincus merkt an, die US-Nachrichtendienste hätten in der vergangenen Woche diese Tatsache bestätigt.
Wie Pincus schreibt, wird in dem Bericht dazu aufgefordert, die Rhetorik von „Freiheit und Demokratie“ aufzugeben und den Stammesfürsten den nötigen „Respekt“ zu zeigen - gemeint ist Respekt für ihre traditionell privilegierte Stellung in der irakischen Gesellschaft. Die Stammesoberhäupter seien „in großer Furcht vor einer schiitischen Regierung, von der sie annehmen, sie wäre wenig mehr als eine Marionettenregierung der schiitischen Extremisten im Iran“.
Auf die von Cheney und den Saudis geplante sunnitische Allianz für den Krieg gegen den Iran nimmt Pincus keinen Bezug.
Die jährliche UN-Studie der weltweiten Drogenproduktion wurde am 27. August veröffentlicht. Die New York Times berichtet, daß das besetzte Afghanistan einen neuen Rekord in der Erzeugung Schlafmohn aufgestellt hat. Der meiste Mohn komme aus der Provinz Helmand im Süden Afghanistans, wo die Ernte 45% größer sei als im Vorjahr. Afghanistan produziert 92% der Welternte, berichtet die UN.
Für den Produktionsanstieg macht die Times die „bittere Armut, Korruption der Beamten, das Wiederaufkommen der Taliban und verbreitete Gesetzlosigkeit“ verantwortlich. In Helmand seien die Taliban besonders stark. Die US-Marionettenregierung treffe „keine Schuld“, da sie sich sehr bemühe, die Bauern zum Anbau anderer Pflanzen zu bewegen, die nur ein Zehntel so viel Ertrag einbringen würden, aber die Taliban „durchkreuzen“ diese Anstrengungen. Aus dem Times-Artikel geht nicht hervor, ob die UN-Studie auch so einen Unsinn enthält.
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