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Aus der Neuen Solidarität Nr. 35/2007 |
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Russischer Raumfahrtpionier: Baut Basen auf dem Mond!
Das Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften
Boris Tschertok, der 1912 geborene höchstrangige noch lebende Veteran des
sowjetischen Raumfahrtprogramms der fünfziger Jahre, forderte am 13. August im
Gespräch mit Journalisten nachdrücklich, Rußland müsse davon abkommen, nur
Rohstoffproduzent zu sein, und solle statt dessen die technischen Kapazitäten
schaffen, Raumfahrtbasen auf dem Mond zu errichten. Da Tschertok 20 Jahre lang
eng mit dem „Chefdesigner“ des sowjetischen Raumfahrtprogramms Sergej Korolew,
der den größten Teil des Programms sozusagen „aus dem Boden stampfte“,
zusammenarbeitete, kennt er diese Pläne aus erster Hand, „Es gibt Rückschläge
in den damit verbundenen Industriezweigen, beispielsweise in der Elektronik“,
sagte er. „Unsere Wirtschaft erlaubt es in ihrem derzeitigen Zustand nicht, die
ambitionierten Aufgaben zu erfüllen“, die sich die Raumfahrt-Visionäre
vorgenommen haben. „Wir brauchen einen kardinalen Wandel unserer
Wirtschaftspolitik.“
Tschertoks Bemerkungen gingen ähnliche Äußerungen eines
weiteren großen alten Mannes der russischen Wissenschaft voraus: Auch das
Akademiemitglied Erik Galimow, Direktor des Wernadskij-Instituts für Geochemie
und analytische Chemie, ist frustriert über den Visionsmangel der Führung der
russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. In Rußland gibt es seit Monaten Streit
über die Raumfahrtpolitik, und nun greifen diese Patriarchen der russischen
Wissenschaft öffentlich die Politik der Regierung an. Bisheriger Höhepunkt des
Streits war die Entlassung des Präsidenten von Energija, Nikolai Sewastjanow
vor einigen Wochen. Sewastjanow hatte ein mehrstufiges Mondforschungsprogramm
vorgeschlagen, das zu bemannten Mondmissionen und zur Förderung von Helium-3
auf dem Mond zur Verwending in Fusionskraftwerken auf der Erde führen sollte.
Diese Pläne wurden von Roskosmos weder unterstützt noch bewilligt.
Tschertok glaubt, es sei sinnlos, „einfach nur zu
wiederholen, was die Amerikaner Ende der sechziger Jahre [mit dem Apollo-Programm]
gemacht haben. Wir brauchen eine Basis auf dem Mond.“ Energija, dessen Berater
Tschertok ist, hat vorgeschlagen, die Sojus-Kapseln der fünfziger Jahre
durch den wiederverwendbaren Cliper zu ersetzen. Auch wenn Sewastjanow
für seinen Plan wirbt, indem er sagt, man könne ihn schnell mit der schon heute
vorhandenen Technik durchführen, betont Tschertok, daß die russische Forschung
und Entwicklung und die Hochtechnologie-Industrie aufgewertet werden müssen,
indem sich die Regierung zur Schaffung neuer Kapazitäten für neue Missionen
verpflichtet.
eir