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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2007

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Von Heuschrecken und Fußsoldaten

Von Helga Zepp-LaRouche

Der folgende Kommentar der Bundesvorsitzenden der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo), Helga Zepp-LaRouche, bildet die Einleitung zu einer demnächst erscheinenden Broschüre der BüSo.

Der größere Teil der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit von der existentiellen Sorge gequält, daß es heute keine Institution in unserem Land gibt, die sich wirklich um das Gemeinwohl kümmert. Dem neuen Sozialbericht der EU-Kommission zufolge haben die Menschen am meisten Angst vor der Arbeitslosigkeit (47%) und unsicheren Renten (43%) - bei den „künftigen Generationen” sind es sogar 49% bei der Arbeitslosigkeit und 47% bei den Renten; aber auch schlechtere Gesundheitsversorgung und höhere Lebenshaltungskosten bereiten Unsicherheit. Das Vertrauen, daß die Politiker oder gar die Manager irgend etwas tun, um eine Lösung für diese Probleme zu finden, war noch nie dem Nullpunkt so nahe wie heute.

Nirgendwo werden die Gründe für diesen Vertrauensverlust in der Bevölkerung so deutlich wie beim völligen Versagen der Politik gegenüber den von Müntefering im Juni 2005 einmal so genannten „Heuschrecken”. Deutschland ist zur Zeit Zielscheibe einer beispiellosen feindlichen Übernahme durch Hedgefonds und sogenannte Beteiligungsgesellschaften, die seit Monaten alles aufkaufen, was nicht niet- und nagelfest ist: Mittelständische Unternehmen, Sozialbauten, Villen, Schlösser; einfach alles. Und nachdem sie dann den maximalen Profit aus ihren Erwerbungen gezogen haben, die „Filetstücke” verkauft, die Belegschaften „verschlankt”, den Leistungsdruck für die verbliebenen Mitarbeiter erhöht haben, lassen sie nur noch die ausgesaugte Hülle der Unternehmen oder Immobilien zurück. Die Spekulanten haben sich die Taschen gefüllt, das Volksvermögen ist gefleddert.

Hauptnutznießer dieser modernen Piraterie ist die Londoner City, die sich inzwischen weit vor der Wall Street als Finanzzentrum der Welt etabliert hat und von der aus die Mehrzahl der Hedgefonds operieren. 7481 der insgesamt 9000 Hedgefonds weltweit, das sind immerhin 80 Prozent, sind auf der britischen Kronkolonie, den Cayman Islands, registriert.

Nach alter Manier des britischen Empires setzen die Geheimdienste nun ein ganzes Spektrum von Operationen in Gang, um sicherzustellen, daß niemand wagt, sich den Beutezügen dieses Raubtierkapitalismus entgegenzustellen.

Bei dieser Verteidigung der Hedgefonds gibt es merkwürdige Bettgenossen, deren Zusammenspiel jedoch nur auf den ersten Blick überrascht: die Finanzpresse, die für die Globalisierung wirbt, und eine organisierte Gedankenpolizei an den Universitäten und auf der Straße, die beide gleich argumentieren: der Angriff auf die Hedgefonds sei „antisemitisch“. So sind sich z.B. die Financial Times und die auf der Straße auftretenden gewalttätigen Schlägertrupps der sogenannten Anti-Fa und Anti-Deutschen einig, daß Angriffe auf die Hegdefonds antisemitisch seien, weil „viele der Private Equity Firmen auf Münteferings Hitliste jüdische Namen“ hätten, wie der Kolumnist Wolfgang Münchau am 14. Februar in der deutschen Ausgabe Financial Times schrieb. Es ist schon der Gipfel des Sophismus, wenn Münchau schreibt, daß Münteferings “unverantwortlicher Kommentar unser Land in dieser Frage derart diskreditiert hat, daß er es den Amerikanern und den Briten unmöglich gemacht hat, sich mit uns über eine vernünftige Vorgehensweise zu einigen”.

Genausogut könnte man sagen, daß derjenige, der einen Kinderschänder beim Namen nennt, es diesem unmöglich macht, sich mit seinen Opfern „über eine vernünftige Vorgehensweise zu einigen”. Und wenn dieser Kinderschänder zufällig noch katholisch oder protestantisch ist, ist man noch lange nicht antichristlich, wenn man sich dagegen verwehrt, daß er Kinder schändet.

Wie eine derzeit vom Nachrichtenmagazin EIR ausgearbeitete Dokumentation hinlänglich beweist, sind die Anti-Fa und Anti-Deutschen-Gruppen nichts weiter als die Fußsoldaten derselben oligarchischen Finanzinteressen, deren Lied auch Münchau singt. Auf jeden Fall sollte man von Herrn Münchau keinen Gebrauchtwagen kaufen.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß dieses Totschlagargument, jede Kritik an den Hedgefonds sei antisemitisch, ein Hauptgrund für die Feigheit der Politiker ist. Jedenfalls geschieht bisher nichts, um Deutschland gegen diesen Raubtierkapitalismus zu verteidigen. Bundeskanzlerin Merkel versprach jüngst in Frankfurt beim Neujahrsempfang der Bundesbank, es werde keine Staatsorgie der Reregulierung der Hedgefonds geben. Die Grünen haben die FDP inzwischen sowohl als Partei der Bestverdiener wie als Apologeten der Globalisierung überholt. In der SPD hat die jüngere Generation um Hubertus Heil längst einen Coup gegen Müntefering gemacht und lädt Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften sogar ein, nach Deutschland zu kommen, damit sie in deutsche Umwelttechnologieunternehmen investieren. Und niemand in der Linkspartei glaubt ernstlich, daß Rosa Luxemburg in der Debatte mit Lenin über den Zusammenbruch des Kapitalismus recht gehabt haben könnte.

Es wird ein rauhes Erwachen geben. Denn die Megablase, die die Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften in Wirklichkeit darstellen - die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) spricht von 370 Billionen (370 000 000 000 000) Dollar ausstehenden Derivatkrediten -, hat bereits angefangen, sich aufzulösen. Der Paradigmenwandel, den die anglo-holländische Finanzoligarchie seit etwa Mitte der 60er Jahre in Gang gesetzt hat, nämlich die an wissenschaftlich-technischem Fortschritt orientierte Industriegesellschaft durch die Utopie der nachindustriellen Dienstleistungsgesellschaft und Produktion durch Geldwirtschaft zu ersetzen, hat die Welt in eine Systemkrise gestürzt, deren Endphase nun begonnen hat.

Ein weitverbreiteter Mythos besagt, es gäbe zur Globalisierung keine Alternative. Diese Zwecklüge wird von denjenigen verbreitet, die ein neues Weltreich nach anglo-holländischem Modell anstreben, bei dem der souveräne Nationalstaat abgeschafft und die Welt letztlich von ein paar hundert Managern der Finanzkonglomerate und Megakartelle regiert wird. Wenn man sich vom sophistischen Etikettenschwindel bei Dingen wie “ppp” (public private partnership) und ähnlichen leeren Worthülsen nicht ablenken läßt, geht es letztlich um eine Rückkehr zum Feudalismus, bei dem auch alles “privatisiert” war und alles den Privilegien einiger weniger aufgeopfert wurde.

Es gibt sehr wohl eine Alternative dazu - das beste Beispiel ist die nationale souveräne Republik, wie sie in der Amerikanischen Revolution erstritten worden ist und deren ökonomischen Aspekt Friedrich List als „amerikanisches System” im Gegensatz zum „britischen System” bezeichnet hat. Das Schicksal der Welt wird davon abhängen, ob die gegenwärtige Auseinandersetzung in den USA die Prinzipien der Unabhängigkeitserklärung und der Verfassung wieder lebendig machen kann, und darum führt die LaRouche-Bewegung derzeit einen heroischen Kampf. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist vielleicht ein weniger kohärentes Gesetzeswerk als die amerikanische Verfassung, aber die Artikel 1 und 20 reichen aus, um auch bei uns das Gemeinwohl gegen die Übergriffe des Raubtierkapitalismus zu verteidigen. Genau aus diesem Grund ist die Bürgerrechtsbewegung Solidarität unerläßlich.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Die Grünen - ein Frankensteinmonster der Oligarchie
- Neue Solidarität Nr. 10/2007
Stellungnahmen der BüSo-Vorsitzenden Helga Zepp-LaRouche
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)

 

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