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Aus der Neuen Solidarität Nr. 12-13/2003

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Warum es kriminell wäre, jetzt einen Krieg anzufangen

Von Lyndon LaRouche

Lyndon LaRouche, Präsidentschaftsvorwahl-Kandidat für 2004 in der Demokratischen Partei, veröffentlichte am 8.März folgendes Memorandum, das in den USA als Massenflugblatt verbreitet wird.


Die Wurzel der Krise
Der Wirtschaftskollaps beschleunigt sich

Das strategische Dreieck als Alternative

Am Montag, dem 10.März, beginnt eine Woche, die möglicherweise auf ihre Art ebenso bedeutend sein wird wie die Kuba-Raketenkrise 1962. Das folgende Memorandum faßt die entscheidenden Aspekte der Krise zusammen.

Die Wurzel der Krise

1. Der erste Faktor, die Wurzel der Krise, ist eine klassische existentielle Krise in den Institutionen der amerikanischen Regierung.

Wie der Vertreter Frankreichs [am 7.März vor dem UN-Sicherheitsrat] zu verstehen gab, ist der eigentliche Kern der Krise folgender: Bei der Frage von Krieg oder Frieden geht es nicht um Saddam Hussein oder den Irak, sondern primär um zwei verschiedene, doch konvergierende Elemente der gegenwärtigen Bush-Administration in den USA. Eine Ursache besteht im Einfluß der imperialistischen Anhänger von Prof. Leo Strauss, dem ideologischen Mentor der meisten als "Drückeberger-Falken" oder "Neokonservative" bekannten Kriegstreiber. Damit konvergiert die zweite Ursache, nämlich die Nähe der pro-imperialen "Neokonservativen" zu dem stumpfsinnigen "Scheunenhof-Unilateralismus", der bei Präsident George W.Bush persönlich zum Ausdruck kommt.

Ein zusätzliches Element der Krise auf amerikanischer Seite ist, daß die verrückte Meute fanatischer neokonservativer "Drückebergerfalken" um Cheney und Wolfowitz Unterstützung erhält durch die als mafianah verdächtigten, imperial gesinnten Leute im DLC (Democratic Leadership Council, Demokratischer Führungsrat) der Demokratischen Partei. Typisch für diese Demokraten ist der Kreis um den rechten Ideologen und Kriegstreiber Senator Joseph Lieberman.

Diese überparteiliche Kombination aus Imperialisten und Bushs Unilateralismus hat den furchterregenden Nachhall des 11.September 2001 ausgenutzt, um eine Politik zu entfesseln, welche die USA gegen die vitalsten Interessen so gut wie aller anderen souveränen Nationalstaaten des Planeten gestellt hat. Kurz gefaßt: Wenn man es zuläßt, daß die USA mit der von der UNO verbotenen Androhung einseitiger Gewaltanwendung - einschließlich des Einsatzes von Kernwaffen gegen Staaten, die keine Kernwaffen besitzen - den UN-Sicherheitsrat dazu erpressen, einen Krieg gegen den Irak zu tolerieren, wird mit diesem Präzedenzfall entweder bald ein amerikanisches Weltreich nach dem Vorbild des antiken Römischen Reiches entstehen, oder die Nationen der Welt werden gezwungen sein, die Umsetzung einer solchen Politik der USA zu unterminieren, oder die Welt muß als Strafe dafür, daß sie den Krieg nicht verhindert hat, einige Generationen lang in der Hölle zubringen.

Wie ich, meine Frau und andere aus meinem Umkreis bei früheren Gelegenheiten schon mehrfach erklärt haben, ist die gegenwärtige Irakpolitik der Bush-Administration in der Praxis eine klägliche Nachahmung jenes überheblichen Aberwitzes, der das antike Athen zum tragischen Peloponnesischen Krieg verleitete. Leider ist der selbsterklärte "Bildungspräsident" Bush in Geschichte keine besonders große Leuchte.

Wenn die USA erklären, sie stünden kurz davor, einseitig einen imperialen Krieg zu führen, obwohl keine objektive Notwendigkeit dafür besteht, ist dies mehr als nur eine große Torheit, wie der Peloponnesische Krieg beweist.(*) Ein Krieg unter solchen rechtswidrigen Vorwänden - Vorwände wie gefälschte Berichte aus Israel und anderen Orten, die über britische Kanäle den Weg in die Rede von Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat fanden - ist auch ein Verbrechen an der Menschheit unter Berücksichtigung der Präzedenzfälle, die seit dem Westfälischen Frieden von 1648 zusammenkamen. Diese Präzedenzfälle wurden 1945-46 als Lehre aus den Erfahrungen zweier Weltkriege neu bekräftigt.

Tatsache ist, daß der anglo-amerikanische Krieg, mit dem gewisse verrückte Schaumschläger aus offiziellen und journalistischen Quellen in Washington und London drohen, durch keinerlei Handlungen des Iraks veranlaßt wird. Man benutzt maßlos übertriebene Behauptungen über angebliche Bedrohungen der Welt durch den Irak als Vorwand, um einen sogenannten "Kampf der Kulturen" auszulösen - einen Krieg nicht nur gegen die arabische Welt und die ganze islamische Bevölkerung, sondern auch gegen China und noch weitere Ziele. Damit droht möglicherweise schon im März der Ausbruch des dritten geopolitischen Weltkriegs durch eine imperiale See- (und Luft-)macht gegen das gesamte kontinentale Eurasien.

Dies stützt, kurz zusammengefaßt, Frankreichs Gegenargumente gegen die Argumente der amerikanischen und britischen Sprecher. Praktisch hat die heutige US-Administration eine imperiale Kriegspolitik gegen die ganze Welt verkündet. Man mißbraucht die Ereignisse des 11.September 2001 als Vorwand, um die imperiale Politik "präventiver" Atomkriege zu erneuern, die zuerst vom bösartigen Bertrand Russell und seinen Utopiern Mitte der 40er Jahre und bereits 1991-96 vom damaligen Verteidigungsminister Dick Cheney und der israelischen Rechten vorangetrieben wurden.

Die vernünftigere und weniger käufliche Mehrheit der Regierungen der Welt sagt jetzt der amerikanischen Regierung: "Wahre Freunde unterstützen einen sturköpfigen Verbündeten nicht bei etwas so Verrücktem wie der derzeitigen strategischen Haltung der gegenwärtig bankrotten Vereinigten Staaten. Wir widersetzen uns eurer Torheit zu eurem eigenen Besten. Ihr braucht dringend unseren Rat, viel mehr als wir euren."

Der Wirtschaftskollaps beschleunigt sich

2. Der zweite Aspekt der gegenwärtigen Krise ist, daß die Bush-Administration diesen törichten Imperialismus ausgerechnet dann verfolgt, als die Volkswirtschaften Europas und des amerikanischen Kontinents 2000-2003 in einen sich nun beschleunigenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Weltwährungs- und Finanzsystems stürzen.

Ich habe es schon oft gesagt: Rom begann sich in ein Imperium zu verwandeln, als es seine relativ größte Stärke erreicht hatte; Präsident Bushs Regierung beginnt ihren Vorstoß genau an dem Punkt, da die US-Wirtschaft immer schneller in sich zusammenbricht. Was James Carville 1992 [zu Clintons Wahlsieg über Bush senior] sagte, läßt sich durchaus auch heute zusammenfassend über Präsident Bushs Probleme bei seinem Wunsch nach Wiederwahl sagen: "Es ist die Wirtschaft, Dummerchen!"

Unter diesen wirtschaftlichen Bedingungen wäre es für die USA kriminell, einen Krieg anzufangen - es sei denn, der Irak wäre eine direkte Gefahr für die USA oder andere relevante Nationen, was er heute nicht ist - , weil dieser Krieg nach dem modernen Naturrecht der Nationen schon im Grundsatz nicht gerechtfertigt wäre. Unter dem gegenwärtigen bankrotten wirtschaftspolitischen Denken ihrer gegenwärtig insolventen Regierung verfügen die USA nicht über die Mittel, den regionalen Nahostkrieg und einen noch größeren Krieg, den ihr Angriff auf den Irak auslösen würde, zu einem erfolgreichen Abschluß und dauerhaften Frieden zu führen.

Die für alle sichtbare Torheit der jüngsten von den USA angeführten Operationen in Afghanistan - wo die Gefahr, die durch den "erfolgreichen Krieg" entstand, größer ist als die Gefahr zu Beginn dieses Krieges - veranschaulicht diesen Punkt. Diese erwiesene Dummheit im Nahen Osten zu wiederholen, bewiese ein ähnliches Ausmaß an Fahrlässigkeit im Amt, wie Ariel Scharon sie an den Tag legt, und könnte in zukünftigen Gerichtsverfahren als kriminell verurteilt werden.

Was den Nahen Osten betrifft, sollte man aus dem andauernden israelisch-palästinensischen Konflikt eine exemplarische Lehre ziehen. In den letzten beiden Jahrzehnten haben Kreise um Ariel Scharon den Krieg im Libanon, gegen Syrien und andere geführt, um zusätzlich zur Ausbeutung der Wasservorräte am Jordan Wasser aus dem Litani und von den Golanhöhen zu stehlen. Dies geschah im Rahmen einer noch andauernden "Großisrael"-Politik mit dem Ziel, die Palästinenser aus ihrer angestammten Heimat zu vertreiben, um Platz für Einwanderer zu schaffen, die von mit Scharon (und anderen) verbundenen räuberischen Immobilienspekulanten nach Israel gelockt werden. Tatsache ist, daß es keine Möglichkeit gibt, in irgendeinem Teil dieser Region und ihrer Nachbargebiete Frieden zu schaffen und zu erhalten, wenn man nicht systematisch neue Trinkwasserquellen erschließt, die für die Bedürfnisse der gesamten heutigen und zukünftigen Bevölkerung der Region ausreichen.

Der Mangel an dieser und verwandter wirtschaftlicher Entwicklung der grundlegenden Infrastruktur des Nahen Ostens als solcher wird zu einer Quelle zunehmender Konflikte zwischen den Bevölkerungen dieser Region - ob eine oder mehrere davon nun diesen Konflikt wollen oder nicht. Bedenkt man die Folgen, so ist der Widerstand gegen wirtschaftliche Infrastrukturentwicklungen oder die Unterlassung der Beteiligung an solchen praktisch eine kriminelle Unterlassung.

Wenn die derzeitige amerikanische Regierung diese Wirtschaftspolitik der Periode von 1971-2003, die für die Wirtschaftskrise des gegenwärtigen, gescheiterten Weltwährungs- und Finanzsystems verantwortlich ist, heute fanatisch fortsetzt, ist das schon an sich ein Grund für jene mörderischen Konflikte, die eine große Gefahr für die USA, für Europa und den ganzen amerikanischen Kontinent werden könnten. Unter den gegenwärtigen Umständen wird keine Regierung, die ihren Verstand beisammen hat, wertvolle knappe wirtschaftliche Ressourcen unnötig für das bodenlose Faß des Krieges vergeuden.

Das strategische Dreieck als Alternative

3. Es existieren dringend nötige Alternativen zu dem verrückten Nahostkrieg, den die amerikanischen "Drückeberger-Falken" vorschlagen.

Man betrachte die jetzige Lage in Eurasien, die durch den heranstürmenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Weltwährungs- und Finanzsystems von 1971-2003 definiert ist. Glücklicherweise sind unter den derzeitigen Bedingungen dieser Weltwirtschaftskrise, die der "Bildungspräsident" Bush nicht erkennen kann, auf dem eurasischen Kontinent sich überlappende Blocks transkontinentaler Zusammenarbeit entstanden. In Westeuropa ist das europäische Dreieck des Widerstands gegen den Krieg um Frankreich, Deutschland und Rußland implizit ein wachsender Partner für Technologieaustausch mit den Nationen, die sich um das eurasische strategische Dreieck Rußland-China-Indien (und anderer) gruppieren. Dazu gehören das nordasiatische Dreieck Rußland-China-Korea, und hoffentlich wird sich auch das Industrieland Japan daran beteiligen. Dazu gehört auch die ASEAN-Gruppe, die jetzt durch die neue Phase des Mekong-Entwicklungsprojekts enger zusammenrückt.

Die Nachbarn im westlichen Kontinentaleuropa haben ein vitales Interesse am Erfolg dieser verschiedenen "Dreiecke" der Zusammenarbeit. Wir in den USA sollten uns als Partner an diesen neuen Systemen der Zusammenarbeit beteiligen. Und wir sollten dieselben Prinzipien des Fortschritts anwenden, um die Republiken Mittel- und Südamerikas, die mehr als alle anderen durch die Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik der USA von 1971-2003 ruiniert wurden, mit neuem Leben zu erfüllen.

Es fehlt nicht an Lösungen für die Krisen, die uns in den schicksalhaften nächsten ein oder zwei Wochen bevorstehen. Die Schuld liegt zum Teil bei den Führungspolitikern in der gegenwärtigen Regierung und in unseren großen Parteien, von denen man wie Shakespeare sagen könnte: "Die Schuld, mein lieber Brutus, liegt bei uns selbst, denn wir sind Untertanen." Die Schuld liegt bei den Narren - Narren aller Ränge, die aber alle auf dem geistigen Niveau von "Untertanen" sind - , welche jammern: "Aber der Krieg ist nicht zu verhindern." Die Schuld liegt, zum großen Teil, auch bei den gewöhnlichen Männern und Frauen, die eine solche politische Führung wählen.

Kleingeistige Männer und Frauen nennen ihre Torheit "Tradition", "öffentliche Meinung" oder ähnlich; so wählen sie aktiv oder durch Nichtstun eine kleingeistige Führung, die das Volk für diese Unterstützung belohnt wie die Anführer der sagenhaften Lemminge: sie führt das Volk über den Abgrund in eine ungeheure Dummheit, wie sie die amerikanische und britische Regierung (und einige andere, die sich mit dem Klimpern der praktisch leeren Geldbörse der bankrotten USA billig kaufen lassen) jetzt vorschlagen.

Es ist an der Zeit, sich vom Abgrund völligen Wahnsinns abzuwenden. Nehmen wir Frankreichs Vorschlag guten Glaubens an. Besser französischen Käse genießen als schmutzigen, heißen Wüstensand zu schlucken.


(*) Zum Peloponnesischen Krieg und dem fatalen athenischen Feldzug nach Sizilien siehe auch Feuilleton, Kassandra trifft Iphigenie, in dieser Ausgabe.

 

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