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Neue Solidarität
Nr. 34, 19. August 2009

Glauben Sie etwa auch, daß Impfungen vom Teufel sind?

Ein Aufruf zu mehr Vernunft (nicht nur im Wahlkampf)

Von Dr. med. Wolfgang Lillge,
Bundestagskandidat der BüSo im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg
und auf der Landesliste Berlin, Platz 3.
Vorsitzender des Club of Life.

Kaum eine andere der zahlreich zirkulierenden „Verschwörungstheorien“ hat in Deutschland soviel Verbreitung gefunden wie die Behauptung, Impfungen jeder Art seien gefährlich. Die Impfschäden seien größer als der Nutzen, oder es sei „natürlicher“, wenn Kinder die sog. Kinderkrankheiten wirklich durchmachten, oder es gebe gar eine Weltverschwörung zur Reduzierung der Weltbevölkerung durch die Verbreitung kontaminierter Impfseren, heißt es auf diversen „kritischen“ Internetseiten und in anderen Veröffentlichungen. Dabei werden richtige Sachverhalte in willkürliche Zusammenhänge gebracht, Falsches mit Richtigem vermischt, bestimmte Schlußfolgerungen suggeriert oder einfach völlig haltlose Behauptungen aufgestellt.

Als Arzt bin ich entsetzt darüber, mit welch einem religiösen Eifer Menschen an etwas glauben, was so offensichtlich sogar gegen das eigene Interesse an körperlicher Gesundheit verstößt, darüber hinaus aber das Leben vielleicht von Millionen anderer Menschen aufs Spiel setzt. Ein immer größerer Teil der Bevölkerung scheint immer weniger in der Lage zu sein, einfachen gesunden Menschenverstand walten zu lassen oder auch nur ansatzweise wissenschaftlich zu denken.

Worum geht es eigentlich?

Die LaRouche-Bewegung hat schon Anfang der siebziger Jahre davon gesprochen, daß der Menschheit, ausgelöst durch den sich immer weiter beschleunigenden physischen Kollaps der Weltwirtschaft, ein „biologischer Holocaust“ droht. Wenn man sich die realen Entwicklungen seit dieser Zeit ansieht, besteht kein Zweifel daran, daß sich die Lebensbedingungen der Weltbevölkerung stufenweise immer weiter verschlechtert haben, insbesondere die Gesundheitsversorgung ist mittlerweile in weiten Bereichen zusammengebrochen. Betrachtet man die reale Kaufkraft und Produktivität der Bevölkerung als das „Immunsystem“ der Menschheit, so hat der realwirtschaftliche Kollaps im Zuge der „Globalisierung“ die Krankheitsanfälligkeit insgesamt massiv erhöht; der Ausbruch bestehender Krankheiten und Seuchen und die Entstehung neuer Krankheitserreger sind dadurch praktisch vorprogrammiert. Genau das spielt sich praktisch „live“ direkt vor unseren Augen ab: Die Entstehung von HIV/AIDS, der Ausbruch alter, bisher unter Kontrolle geglaubter Seuchen wie Tuberkulose, Pest, Malaria, Cholera u.a. bis hin zur jetzt grassierenden Pandemie der „Schweinegrippe“, deren wirkliche Gefährlichkeit noch gar nicht in Erscheinung getreten ist.

Wer Warnungen vor der akuten Gefahr dieser Krankheitsentwicklungen als „Panikmache“ abtut und damit wirksame Maßnahmen zur Eindämmung gefährlicher Seuchen verhindert, hat nicht nur die wahren Ursachen des „ökologischen Holocausts“ verkannt, sondern spielt sogar denen in die Hände, deren strategische Perspektive tatsächlich die Reduzierung der Weltbevölkerung auf weniger als zwei Milliarden Menschen ist. Prinz Philip und seine Gesinnungsgenossen im World Wildlife Fund lachen sich ins Fäustchen, wenn sie sehen, daß Leute sogar freiwillig darauf verzichten, Schutzmaßnahmen gegen Seuchen zu ergreifen, die für die gesamte Menschheit gefährlich werden könnten. So wäre es gar nicht nötig, daß der Prinz als tödliches Virus wiedergeboren würde, wie er es sich erklärtermaßen wünscht, denn die vorhandenen Erreger haben aufgrund der Torheit der Leute schon zu seinen Lebzeiten leichtes Spiel.

Wir brauchen in unserer Gesellschaft wieder einen Überlebenstrieb, einen Willen zum Leben, eine Entschlossenheit, nicht in die oligarchische Falle eines wissenschaftsfeindlichen, existentialistischen, „grünen“ Todeskults von „Naturmedizin“, „Zurück zur Natur“ oder ähnlichem Irrationalismus zu tappen.

Die Aufgabe, die sich uns heute stellt, ist gigantisch: Es gilt nicht nur, unmittelbare Maßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung der heutigen gefährlichen Krankheiten auf der Welt zu ergreifen, sondern viel wichtiger noch, die Ursachen der weltweiten Zusammenbruchskrise der Realwirtschaft zu beseitigen, d.h. eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung aufzubauen, mit der die seit über 40 Jahren unterlassenen Investitionen in die produktive Industrie, Infrastruktur, Bildungs- und Gesundheitswesen finanziert werden können.

Zurück zum gesunden Menschenverstand!

Stecken wir alle unsere Kraft in diesen entscheidenden Kampf zur Beendigung der oligarchischen Herrschaft, anstatt uns mit impotenten Verschwörungstheorien abzugeben, die so offensichtlich im Interessen der Oligarchie selbst sind!

- Warum sollen wir auf medizinische Errungenschaften wie Impfungen verzichten, die wie keine andere vorbeugende Maßnahme in der Lage sind, lebensbedrohliche Viruserkrankungen zu verhindern? Seit Edward Jenner 1796 eine erste Impfung gegen die Pocken durchführte, hat sich die Vakzination als der wohl wirksamste Schutz vor immer mehr gefährlichen Virusinfektionen durchgesetzt. Gefürchtete „Kinderkrankheiten“ wie die Masern, Keuchhusten, Diphtherie, Kinderlähmung sind in weiten Teilen der Welt fast verschwunden, die Pocken sogar ausgerottet worden. Unser Gedächtnis sollte nicht so kurz sein, daß wir das Leid, das mit all diesen Seuchen verbunden war, heute schon wieder vergessen haben. Zudem ist die Sicherheit der heutigen Impfstoffe gerade in den letzten Jahren weiter verbessert worden, so daß sich die Frage der Verhältnismäßigkeit (von Nutzen zu Schaden) nur in den wenigsten Fällen stellen dürfte.

- Zu was ist es gut, wenn man behauptet, die Erreger von HIV/AIDS oder jetzt der Schweinegrippe gäbe es gar nicht? Mit einer solchen Behauptung liefert man nur die beste Begründung dafür, daß dringende, gezielte Bekämpfungsmaßnahmen und die weitere Erforschung dieser Krankheiten unterbleiben!

- Zu was ist es gut, wenn man der Pharmaindustrie reines Profitinteresse vorwirft, welches sie dazu bringe, Impfstoffe zu entwickeln, die die Menschen vergiften bzw. nur der Vorwand seien, um den Menschen winzige Mikrochips zu injizieren, mit denen diese willenlos manipuliert werden könnten? Hier werden auf unverantwortliche Weise Beziehungen zwischen Richtigem und Absurdem hergestellt, die eine Kausalursache suggerieren. Natürlich sind die Pharmamultis profitorientiert, bei vielen sind die Finanzabteilungen sogar der bei weitem größte Geschäftsbereich. Daraus aber kausal auf übelste Machenschaften der Pharmaindustrie mit Impfstoffen zu schließen, ist ein einfältiger Trugschluß nach Art eines aristotelischen Syllogismus: Die Pharmaindustrie produziert Impfstoffe - Impfstoffe töten: Die Pharmaindustrie tötet. Somit verraten solche Aussagen mehr über das Denken bzw. die Beschränktheit des Verschwörungstheoretikers. Denn wenn man von vornherein meint, Impfstoffe seien vom Teufel, ist es leicht, alle die vermeintlichen Gründe hierfür einer übermächtigen Pharmalobby anzulasten.

Im übrigen ist es ein großer Irrtum anzunehmen, die Pharmaindustrie mache mit der Impfstoffproduktion riesige Gewinne. Im Gegenteil, der Umstand, daß es auf der Welt nur noch 24 Produktionsstätten für Impfstoffe (von 5 Großkonzernen) gibt, ist u.a. auch darauf zurückzuführen, daß man damit aufgrund der komplizierten Herstellungsverfahren kaum Geld verdienen kann und solche Sparten oft als unprofitabel abgestoßen werden. Im Zuge der Globalisierung haben außerdem die Regierungen sträflich versagt, für die Sicherstellung einer ausreichenden Impfstoffversorgung auch für Pandemienotfälle zu sorgen und reine Spekulationsgeschäfte mit Medikamenten zu unterbinden. Deswegen liegt es im dringenden öffentlichen Interesse, so sensible Bereiche wie die Impfstoffherstellung wieder weitgehender staatlicher Kontrolle zu unterstellen.

Beispiel Schweinegrippe

In der mangelnden staatlichen Aufsicht liegt auch der einzige Grund, darüber besorgt zu sein, daß der jetzt produzierte Impfstoff gegen die Schweinegrippe nicht die notwendige Qualität haben könnte. Wenn sich das Gesundheitsministerium nur in kleinlichen Streitereien mit den Krankenkassen darüber ergeht, wer die Kosten für die Impfaktion tragen soll, wird deutlich, daß in solchen grundlegenden Fragen der Gesundheitspolitik nicht mehr das Prinzip des Gemeinwohls, sondern nur noch vordergründige Interessen der Sparpolitik eine Rolle spielen. Und dieses Denken muß ein für allemal aus der Politik verschwinden.

Wir brauchen einen Impfstoff gegen die Schweinegrippe. Alles, was eine unkontrollierte Ausbreitung der Pandemie beschränkt - seien es Quarantänemaßnahmen, strenge Hygienevorschriften, antivirale Medikamente oder Impfungen, senkt die Wahrscheinlichkeit, daß das H1N1-Influenzavirus weitere Mutationen durchläuft, die es für den Menschen noch weitaus gefährlicher macht, als es jetzt schon ist. Das sind keine aus der Luft gegriffenen Vermutungen, sondern fundierte Erkenntnisse der Virologie.

Ich kandidiere für den Bundestag, um (nicht nur in der Gesundheitspolitik) eine Wende zurück zur Vernunft in Gang zu setzen.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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