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Aus der Neuen Solidarität Nr. 44/2007 |
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Von Dr. Markku Heiskanen
Dr. Markku Heiskanen, leitendes Mitglied des Nordic Institute for Asian Studies und früherer Vizedirektor der Planungsabteilung im finnischen Außenministerium, sprach auf der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 15. und 16. September in Kiedrich zum Themenkreis „Projekte für die Eurasische Landbrücke“, die Zwischentitel sind hinzugefügt.
Unter die eurasische Landbrücke und Eurasien kann man vielerlei verstehen. Zunächst zum Konzept Eurasien. Ich erinnere mich an einen Aufenthalt in Seoul im August 2001. Wir, mein Kollege aus Schweden und ich aus Finnland, nahmen an einer Konferenz über die koreanische Frage teil. Ich sagte damals bei meiner Vorstellung: „Sie wundern sich vielleicht, weshalb Schweden und Finnen in Korea über die koreanische Frage diskutieren?“ Dann zeigte ich auf die Landkarte und sagte: „Sehen Sie, wir leben in der Tat auf demselben Kontinent namens ,Eurasien’: Finnland und Schweden liegen im westlichen, und Korea im östlichen Teil des eurasischen Kontinents.“
Auch Geographen halten das Zerschneiden des eurasischen Kontinents in zwei Hälften entlang des Uralgebirges für eine künstliche Teilung. Es gibt daher gute Gründe und ist vernünftig, über Eurasien als einem zusammenhängenden Kontinent zu sprechen. Wenn wir uns mit den sich entwickelnden Verkehrsnetzen auf dem eurasischen Kontinent befassen, spielt es meiner Meinung nach keine Rolle, ob die Berge des Ural Europa und Asien voneinander trennen oder nicht, da es sich mehr oder weniger um ein und denselben Kontinent handelt.
Bevor ich mich dem eigentlichen Gegenstand meiner Rede widme, möchte ich erwähnen, daß wir während dieser Konferenz vor allem künftige Projekte mit Bezug auf die Eurasische Landbrücke diskutiert haben. Es ist auch gefragt worden: „Wird die Eurasische Landbrücke verwirklicht?“ Meine Antwort lautet: „Ja!“ Doch brauchen wir etwas Geduld. Wir sollten schrittweise vorgehen. Einige sehr konkrete Schritte sind kürzlich schon unternommen worden, und in naher Zukunft wird man weitere konkrete Schritte tun, insbesondere was das Eisenbahnnetz und die Bahnverbindungen zwischen Europa und Asien betrifft.
Zunächst einige Bemerkungen über die Geschichte Eurasiens und die Eurasische Landbrücke, oder die „eurasische Dimension“, wie ich sie nenne. Tatsächlich wird der Begriff Eurasien schon konkret im 19. Jahrhundert in Verbindung mit dem Russischen Reich, das sich gegen Osten bis zum Pazifischen Ozean erstreckte, gebraucht. 1808-09 gab es einen Krieg zwischen Schweden und Rußland. Finnland war 650 Jahre lang eine Provinz Schwedens gewesen. Nachdem Schweden den Krieg verloren hatte, wurde Finnland ein Großherzogtum, ein autonomer Teil des Russischen Reichs. Und tatsächlich gab es seit damals, etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts, ein eurasisches Reich, das sich von den Åland-Inseln nahe der schwedischen Westküste, die zuvor zu Schweden gehört hatten, bis nach Alaska erstreckte. Wie Sie sicherlich wissen, hatte Rußland auch Alaska erobert und bis 1867 besessen, als es an die Vereinigten Staaten verkauft wurde, wovon heute schon viel die Rede war.
In jener Zeit, noch bevor die Transsibirische Eisenbahn 1902 fertiggestellt wurde, sind viele Finnen nach Nordostasien und sogar bis Alaska zumeist auf dem Seeweg gereist. Damals gehörte der Norden des eurasischen Kontinents nur zu einem Staat, und vom westlichsten Teil dieses Reiches konnten ein paar Einwohner des kleinen Finnland bis nach Alaska reisen. Hunderte von Finnen haben dort gearbeitet, es gab dort sogar zwei finnische Gouverneure.
Dann wurde 1902 das Riesenprojekt der Transsibirischen Eisenbahn fertiggestellt. Sie erstreckt sich über etwa 10.000 Kilometer. In der heutigen Diskussion wurde darauf hingewiesen, daß der Bau der Bahn zur Beringstraße ein sehr schwieriges Unterfangen sei. Ich darf Sie daran erinnern, daß die Transsibirische Eisenbahn vor über 100 Jahren mit der Technik jener Zeit gebaut wurde. Deshalb glaube ich, daß es heute eher eine Frage des politischen Willens und der Haushaltsansätze ist, wenn wir ein derartiges Projekt realisieren wollen, auch wenn es etwas futuristisch klingen mag.
Lassen Sie mich jetzt auf das zu sprechen kommen, was sich heute im eurasischen Bahnverkehrssystem abspielt. Es gibt einige Korridore im nördlichen Teil Eurasiens, durch die der Bahnverkehr mehr oder weniger normal fließt. Die nördlichste Route ist die Transsibirische Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok, die 2002 erneuert wurde. Sie besteht heute als zweispurige Eisenbahnstrecke, ist völlig elektrifiziert und inzwischen auch automatisiert, so daß der Kunde, dessen Container von Europa nach Asien oder umgekehrt transportiert wird, immer erfahren kann, wo sich sein Container gerade befindet. Das funktioniert alles sehr gut. Und seit ein paar Jahren hat der Containerverkehr auf der Transsibirischen Eisenbahn geradezu explosionsartig zugenommen. Doch dann hat die russische Bahngesellschaft plötzlich die Tarife angehoben, so daß der Seeweg wieder konkurrenzfähig wurde, und der Transport auf der Transsibirischen Bahn fast zum Erliegen kam. Jetzt hat die russische Bahngesellschaft die Tarife wieder gesenkt, und so belebt sich das Verkehrsaufkommen langsam wieder.
Ich hatte die Gelegenheit, 2002 anläßlich des zehnjährigen Jubiläums der Eisenbahnstrecke, die die Chinesen den Eurasischen Transportkorridor nennen, in der chinesischen Hafenstadt Lianyungang und auch in Shanghai zu sein. Die Strecke war 1992 vom damaligen chinesischen Ministerpräsidenten feierlich eröffnet worden. Eine Eisenbahnstrecke von Ostchina nach Westeuropa, von Lianyungang zum holländischen Hafen Rotterdam, das war eine sehr gute Idee. Es hatte symbolische Bedeutung, daß zur Feier dieser guten Idee über 200 geladene Gäste nach Lianyungang kamen. Ich war der einzige Europäer und war dort, weil ich an dieser eurasischen Bahnstrecke in Kopenhagen gearbeitet hatte. Niemand war aus Holland, niemand aus Rotterdam erschienen. Die Erklärung lag darin, daß diese Bahnstrecke „nicht funktioniert“.
Warum funktioniert sie nicht? War sie technisch nicht vertretbar? Ein Problem liegt in den vielen Grenzen, die zu überwinden waren. Dabei können Züge die Grenze zwischen Finnland und Rußland in einer Stunde oder weniger passieren. Das Problem liegt in den vielen verschiedenen Kulturen, und dann gibt es viele Länder, deren Verwaltungen nicht recht - wie soll ich sagen - nach Recht und Gesetz arbeiten. Es gibt Korruption, Bürokratie und so weiter. Und tatsächlich, hier war Durchgangsverkehr nicht möglich.
Erst jüngst wieder gab es Bemühungen, neben der Transsibirischen Eisenbahn, die sehr gut läuft, im nördlichen Teil des eurasischen Kontinents einige andere mehr oder weniger schnelle Bahnstrecken zu erschließen. Eine verläuft von Finnland durch Rußland nach Manchuli an der russisch-chinesischen Grenze und von da nach Tianjing, Peking und anderen Städten in China. Sie funktioniert. Es sind einige Testzüge gefahren, es hat verhältnismäßig gut funktioniert. Ich glaube, man kommt in etwa zwölf Tagen von Helsinki nach Tianjing. Das ist etwa ein Drittel der Zeit, die man braucht, um die gleiche Ladung per Schiff zu verschicken, und der Preis ist zurzeit etwa der gleiche. Doch läuft noch der Testbetrieb und es gibt noch keine regulären Tarife.
Es gibt noch eine Alternative, die im Prinzip gut, aber in der Praxis nicht ganz so gut funktioniert. Das ist die Strecke von Rußland durch die Mongolei nach China.
Doch die interessanteste Möglichkeit, die bei diesem nordeurasischen Bahnnetz am meisten begeistert, ist das Projekt der sog. „Eisernen Seidenstraße“ von der Koreanischen Halbinsel nach Europa. Es war vom damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung bei seinem Treffen mit dem nordkoreanischen Staatsführer Kim Jong-il in Pjöngjang im Jahr 2000 vorgeschlagen worden. Damals kamen die beiden, der nord- und der südkoreanische Staatschef, überein zusammenzuarbeiten, die Koreanische Halbinsel für den Verkehr zu öffnen und an die Transsibirische Bahn und die chinesischen Bahnstrecken anzubinden.
Nach diesem Gipfeltreffen in Pjöngjang 2000 gab es positive und konkrete Fortschritte. Doch dann brach im Oktober 2002 - wie Sie sich sicherlich erinnern - der Konflikt um die sog. nordkoreanische Atomfrage aus, und die meisten Vorhaben der sog. „Sonnenscheinpolitik“ Südkoreas wurden eingefroren. Allerdings bestand Südkorea in den Vereinigten Staaten darauf, daß mit diesem Bahnprojekt weitergemacht werden müsse. Und erstaunlicherweise wurden im Juni 2003 zwei Bahnstrecken durch die entmilitarisierte Zone zwischen den zwei koreanischen Staaten geöffnet. Diese Grenze gilt als die am strengsten bewachte der Welt.
Ein beteiligter südkoreanischer General zeigte mir einen Dokumentarbericht über die Arbeiten. Es gab entlang der Strecke noch Tausende von Minen, die seit über 50 Jahren, als der Koreakrieg ausbrach, noch scharf waren. Die beiden Strecken wurden in Zusammenarbeit zwischen Süd- und Nordkorea im Juni 2003 geöffnet. Beim Zusammenschluß der beiden Strecken gab es leider nur ganz unbedeutende Einweihungsfeiern; die Ingenieure Nord- und Südkoreas steckten gerade mal die Schienen zusammen - trotzdem war das ein ganz großer symbolischer Schritt nach vorne. Davon nahm die Weltpresse keine Notiz. Alle negativen Nachrichten aus Korea wurden pünktlich gebracht, aber als etwas sehr Positives geschah, gab es im Westen darüber im allgemeinen keine Berichterstattung.
Nachdem man die Schienen verbunden hatte, gab es einige Unterbrechungen beim Ausbau der Eisernen Seidenstraße. Das jüngste dramatische Hindernis bei der Realisierung, also beim Anschluß der Bahnnetze Nord- und Südkoreas an die Transsibirische und die Trans-China-Bahn, war Nordkoreas Atomtest im letzten Jahr. Doch dann änderten die Vereinigten Staaten plötzlich ihre Politik gegenüber Nordkorea. Ich glaube, daß es dafür mehrere Gründe gab.
Ich denke einer der Faktoren, der dem eine positivere Wende gab, war die Ernennung des Außenstaatssekretärs Christopher Hill zum Sonderbotschafter der Vereinigten Staaten bei den sogenannten Sechsmächtegesprächen, die sich mit der nordkoreanischen Atomfrage befaßten. Die Gespräche der Sechs wurden, wie Sie sicherlich wissen, ausgeweitet, und Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gehören jetzt zu den behandelnden Themen, was auch, mindestens indirekt, die Zusammenarbeit im Eisenbahnwesen einschließt.
Beim Projekt Eiserne Seidenstraße spricht man oft von einer Eisenbahn von Pusan nach Paris. Ich meine sogar, Herr LaRouche hat diesen Begriff gebraucht. Wir in Finnland und in den nordischen Ländern betonen immer, daß es eine andere Hauptstrecke nach Nordeuropa gibt, und beziehen uns auf das, was Hal Cooper [in seinem Konferenzbeitrag] über das multimodale System gesagt hat: Es gibt ein Projekt des Internationalen Eisenbahnverbands, eine Bahnstrecke von China durch Rußland, Finnland und Schweden nach Norwegen zu bauen, und von Norwegen, vom Hafen Narvik aus, einen multimodalen Transportkorridor zur Ostküste Nordamerikas zu öffnen.
Ein kleiner Schritt, den wir noch vor der Verbindung des süd- und nordkoreanischen Bahnnetzes unternommen haben, war für die Realisierung der Eisernen Seidenstraße sehr wichtig: Von der russisch-nordkoreanischen Grenze sind es etwa nur 50 km bis zum Hafen, der in Nordkorea Rajin und in Südkorea Najin heißt. Zu diesem Hafen führt eine Eisenbahnlinie mit der gleichen Spurweite, wie wir sie in Rußland und in Finnland aus der Zeit haben, als wir Teil des Russischen Reiches waren. Die Spurweite ist, wie Hal Cooper sagte, heutzutage kein Problem mehr. Man kann die Fahrwerke sehr leicht auswechseln. Trotzdem ist es von Vorteil, wenn man die gleiche Spurweite besitzt.
Zur Zeit verhandeln Nordkorea, Südkorea und Rußland über die Erschließung Rajins für den Verkehr, um den Hafen an die Transsibirische Eisenbahn anzuknüpfen. Die Kosten für die Anbindung des süd- und nordkoreanischen Netzes an die Transsibirische Eisenbahn werden auf 5-7 Mrd. Dollar schätzt; der größte Teil davon wird benötigt, um das nordkoreanische Bahnnetz instand zu setzen. Das dürfte fünf bis sieben Jahre beanspruchen. Das wäre der erste Schritt, um den ersten Teil der Eisernen Seidenstraße von Nordkorea über Rußland nach Westeuropa zu öffnen. Das ist nicht wenig, aber ich habe eine andere Schätzung gesehen, die sich auf 2 Mrd. Dollar belief, und das kann man - denke ich - in ein, zwei Jahren oder noch schneller schaffen.
Das ist alles sehr vielversprechend, und wir müssen sehen, was schließlich aus dem Projekt wird. Wenn die Anbindung Koreas realisiert wird, kann die Transsibirische Eisenbahn voll ausgenutzt werden. Diese Strecke von Moskau bis Wladiwostok ist 9288 km lang, und wenn sie bis Pusan, einem der größten Containerhäfen im Süden Südkoreas, reicht, dann sind es etwa 12.000 km. Das ist länger als die Strecke durch ganz China auf den verschiedenen Strecken, die ich erwähnt habe: von Manchuli in der Mongolei und dann die Trans-China-Trasse bis nach Kasachstan und von dort in die verschiedenen Teile Europas.
Wenn sich Süd- und Nordkorea einigen könnten, könnten die Züge durch Nordkorea nach Rußland und nach China gelangen. Vermutlich wird es kaum größere Kontrollen an den Grenzen geben. Im Fall der Transsibirischen Bahn ist, wenn der Zug Pusan verläßt, die nächste Grenze die zwischen Nordkorea und Rußland, die man höchstwahrscheinlichst recht flexibel handhaben wird. Dann wird der Zug in zwei Tagen die Koreanische Halbinsel durchqueren. Von der Grenze zwischen Nordkorea und Rußland bis Moskau braucht er, glaube ich, etwa neun Tage. Wenn er dann bis Finnland weiterfährt, kann man in unserem Fall in etwa zwei Wochen die ganze Strecke von Pusan bis Helsinki schaffen. Noch einmal: Das ist etwa ein Drittel der Zeit, die man für den Schiffsweg benötigt.
Das ist also eine recht attraktive Möglichkeit, und sie wird höchstwahrscheinlich auch wirklich konkurrenzfähig sein. Es gibt andere Programme für den Seeverkehr, auf die ich im einzelnen nicht eingehen will. Der Schiffsverkehr nimmt zu. Einer der Hauptgründe dafür ist, daß die chinesischen Importe immer mehr Containerschiffe beanspruchen. Dadurch sind viele Häfen in verschiedenen Teilen der Welt überlastet. Und dann gibt es noch, denke ich, einen für den Wettbewerb sehr günstigen Faktor: Züge können bei jeder Wetterlage fahren. Wenn es in Sibirien minus 40°C und dazu noch Eis- und Schneestürme gibt, macht das nichts aus - der Zug fährt. Und dazu sind sie heutzutage auch sehr pünktlich: Wenn der Kunde weiß, daß der Zug Wladiwostok, oder in Zukunft Pusan, am Sonntag verläßt, dann weiß er, daß er nächste Woche am Mittwoch um 5 Uhr in Helsinki oder in anderen Teilen Westeuropas ankommt. Er wird die ganze Zeit über per Satellit überwacht, so daß der Kunde stets weiß, wo sich sein Container gerade befindet.
Bleibt noch die übliche Frage: Ist es auch sicher? Man hat schon gehört, daß Ladungen oder gar ganze Züge verschwunden sind. Das war einmal so, ein bißchen wenigstens, und zwar paradoxerweise in der Zeit, als die Sowjetunion zusammenbrach. Als die Sowjetunion noch existierte, benutzten die japanischen Autofirmen zum Beispiel die Transsibirische Bahn, um Autos nach Europa zu transportieren. Aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und eine gewisse Zeit danach herrschte in Rußland große Unsicherheit. Das hatte auch Einfluß auf die Transsibirische Eisenbahn. Daher verloren die japanischen Autohersteller und andere große Unternehmen ihr Interesse daran, und nun ist es sehr schwierig, das Vertrauen wiederzuerlangen. Doch ich glaube, es wird möglich sein.
Schließlich - und das ist wohl mein letztes Beispiel, was die gewaltige Aufgabe der Verbindung der Eisernen Seidenstraße von Korea bis nach Europa betrifft - arbeiten einige russische Ölfirmen in Rußlands Fernem Osten. Sie zeigen sich daran interessiert, eine Erdölraffinerie in dem erwähnten Hafen Rajin in Nordkorea zu nutzen. Sie wollen diese Erdölraffinerie wieder in Gang bringen. Nach ihrer Einschätzung könnte die Kapazität für Ölraffinerieprodukte in Rajin jährlich 6 Mio. Tonnen erreichen. Diese Raffinerieprodukte würden dann per Bahn über die transsibirische Strecke an verschiedene Bestimmungsorte in Westeuropa transportiert werden. Fachleute schätzen das Volumen dieser Öltransporte auf 200.000 TEU (1 TEU entspricht einem Standardcontainer von 20 Fuß).
Hier einige Hintergrundinformationen zu diesen 200.000 Containern pro Jahr: Zur Zeit beträgt die Jahreskapazität der Transsibirischen Eisenbahn mehr als 450.000 Container. Auf dem Höhepunkt der Transportleistung im Jahr 2004 erreichte sie etwa 150.000 Container. Es handelt sich hier also um eine sehr bedeutende Perspektive. Auch noch ein Wort zur Logistik. Ich bin kein Logistikfachmann, ich bin wahrscheinlich so etwas wie ein Volkswirt. Doch eine Regel in der Logistik lautet, daß die kürzeste Entfernung nicht immer die günstigste ist, auch nicht immer die schnellste und billigste. Hier ein Beispiel aus Finnland: Der größte Teil unseres Transportaufkommens - es lag 2004 bei etwa 150.000 TEU-Containern - passierte die Grenze zwischen Rußland und Finnland. Damals, glaube ich, kamen die Exporte und Ladungen von Südkorea und China, von Shanghai und Pusan. Es handelte sich um Elektronik und ähnliche Produkte. Sie kamen nach Wladiwostok und wurden dann per Zug nach Finnland transportiert. Dann belieferten die finnischen Unternehmen damit den russischen Markt. Das war der günstigste Weg. Nachdem die Tarife angehoben wurden, ging das zu Ende. Doch das logistische Gesetz stimmte, denn jetzt kommt die gleiche Elektronik und dergleichen über den Seeweg nach Finnland.
Wenn der Bahnverkehr durch die Koreanische Halbinsel beginnen kann, halte ich dies auch für eine sehr wichtige vertrauensbildende Maßnahme. In diesem Mai überquerten die ersten Testzüge nach 56 Jahren die innerkoreanische Grenze. Und nun bleibt abzuwarten, ob der südkoreanische Präsident Roh Moo-Hyun am 2. Oktober seinen offiziellen Staatsbesuch in Nordkorea, wie es sein ausdrücklicher Wunsch war, per Eisenbahn antreten wird.1 Wenn er das per Zug tun kann, dürfte das ein gewaltiges symbolisches Zeichen für die Welt sein, daß wieder Bewegung in die festgefahrene koreanische Angelegenheit gekommen ist.
Vielen Dank.
Anmerkung
1. Dieser Staatsbesuch fand tatsächlich statt. Die beiden Präsidenten schlossen bei der Gelegenheit mehrere Wirtschafts- und Verkehrsabkommen und erklärten, sie wollten einen Friedensvertrag schließen.
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