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Aus der Neuen Solidarität Nr. 39/2007 |
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Am 15./16. September versammelten sich 350 Personen aus über 30 Ländern zu einer Konferenz des Schiller-Instituts im Rheingau. Unter Leitung von Lyndon LaRouche und der Präsidentin des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche sprachen namhafte Persönlichkeiten aus Rußland, Europa, den USA und Südwestasien auf der Veranstaltung. Finanzkrise und Kriegsgefahr wurden die optimistische Wiederaufbauperspektive der Eurasischen Landbrücke entgegensetzt. In der folgenden Eröffnungsansprache umriß Helga Zepp-LaRouche die historische Bedeutung der Konferenz.
Diese Konferenz findet zu einem wahrhaft außergewöhnlichen Zeitpunkt der Geschichte statt. Sogar die Medien der Finanzwelt können nicht verhehlen, daß sich das globale Finanzsystem in einem fortgeschrittenen Stadium der Desintegration befindet, das gesamte System löst sich auf. Natürlich ist dieser Umstand mit der überaus gefährlichen Weltlage verbunden, einer erhöhten Kriegsgefahr, die sich vor allem gegen den Iran richtet. Wenn es dazu käme, wäre dies der Beginn eines globalen, asymmetrischen Kriegs, dann versänke die gesamte Zivilisation in einem neuen, finsteren Zeitalter.
Ich möchte zwar diese zwei unmittelbaren Gefahrensituationen nicht herunterspielen, doch die eigentliche Absicht dieser Konferenz ist überaus optimistisch. Wir werden in vielen Präsentationen und Redebeiträgen hören, wie leicht es wäre, die Welt wieder aufzubauen. Wenn es gelingt, die Welt sicher aus der Gefahrenzone herauszubekommen, könnte die Menschheit in eine völlig neue Entwicklungsphase eintreten, in der rationale Diskussionen im Vordergrund stehen, wie die Welt gestaltet werden kann; wie Engpässe überwunden werden können; wie wir die Armut besiegen können; wie wir Industrien neu schaffen können; wie wir die Wüsten ergrünen lassen können. Der eigentliche Zweck dieser Konferenz ist also, Menschen nicht nur über die zwei Tage dieser Konferenz, sondern weit darüber hinaus optimistisch zu stimmen. Diese Konferenz soll der Beginn eines weltweiten Dialogs mit Menschen sein, die die Welt wieder aufbauen wollen. Sie will Menschen zusammenbringen, die für die alte Idee kämpfen, für die auch die Bewegung der Blockfreien Nationen stand, nämlich eine neue, gerechte Weltwirtschaftsordnung zu schaffen.
Der Schlüssel dazu ist offensichtlich der Bau der Eurasischen Landbrücke, ein Projekt, das von Anfang an nicht nur auf Eurasien beschränkt bleiben sollte, sondern wir haben immer daran gedacht, die Eurasische Landbrücke zum Eckpfeiler eines globalen Wiederaufbauprogramms zu machen.
Um den Rahmen für die Konferenz anzugeben, lassen Sie mich kurz in Erinnerung rufen, was in den letzten, dramatischen Wochen passiert ist.
Das gegenwärtige System ist hoffnungslos am Ende. All die wundersamen, kreativen Finanzinstrumente des Herrn Greenspan, die Hedgefonds, die Private Equity Fonds, die Zweckgesellschaften, die Investitions-Vehikel und wie sie alle heißen, sind alle im Kern wertlose Papiere. Oder sogar noch nicht einmal richtiges Papier, sondern bloß elektronisches Papier, das man durch Druck auf die Löschtaste am Computer eliminieren kann, weil es nicht wirklich existiert, es ist nur eine Fiktion.
Wie viele Billionen Dollar da draußen herumvagabundieren, kann niemand sagen, noch nicht einmal die Regierungen oder Zentralbanken. Die Anstrengungen der deutschen Regierung während des letzten G8-Treffens, wenigstens etwas Transparenz zu erzielen, schlugen fehl. Wir befinden uns in einer Lage, in der niemand genau zu sagen weiß, wie viele unbezahlbare Schulden es auf der Welt gibt. Das einzige, das man mit Sicherheit sagen kann, ist, daß sie um Größenordnungen höher sind als das Gesamtprodukt der Weltwirtschaft. Wir haben den Punkt erreicht, an dem die Banken selbst Gefahr laufen, bankrott zu gehen, wenn sie die Hedgefonds zu retten versuchen.
Niemand anders als Lyndon LaRouche hat seit langem vorhergesehen, daß dieses gegenwärtige Finanzsystem irgendwann in einer Systemkrise untergehen würde. Ich bin sicher, alle kompetenten Fachleute in der Finanzwelt denken in diesem Moment des Finanzkrachs an ihn. Denn er ist zur Symbolfigur für die Auffassung geworden, dieses System könne nicht funktionieren.
Als Lyndon LaRouche und ich im Mai aus dem erfreulichen Anlaß des 80. Geburtstages von Professor Menschikow in Moskau waren, - er ist übrigens zusammen mit seiner Frau hier anwesend - sagte er, er erwarte bis zu seinem Geburtstag im September einen massiven Finanzkrach. Wir nahmen seine Warnung ernst und dachten, es sei angemessen, zu diesem Zeitpunkt eine Konferenz zu veranstalten, so daß wir die Alternativen diskutieren könnten. Und so haben wir uns hier zusammengefunden.
Lyndon LaRouche hat bei seinem historischen Internetforum in Washington am 25. Juli erklärt, das System sei bereits zusammengebrochen, und wir erlebten jetzt lediglich die Auswirkungen dieses Kollapsprozesses. Er stellte auch fest, die amerikanische Infrastruktur sei völlig marode und falle auseinander.
Und tatsächlich gingen nur einige Tage später im Zuge des Zusammenbruchs des minderwertigen Hypothekenmarktes in den USA die ersten Hedgefonds von Bear Stearns unter. Gleichzeitig brach die Brücke in Minnesota zusammen. Das war wahrhaft prophetisch. Danach kam auch der japanische Yen-Carry-Trade zum Stillstand, womit die andere Säule des Systems einbrach und sich das sogenannte „Klumpenrisiko“ ausbreitete: alle Finanzmarktsegmente sind eng miteinander verwoben, und so nahm der Prozeß der Desintegration seinen Lauf.
Anfang August geriet eine erste deutsche Bank in Schieflage. Die Industriekreditbank (IKB) stand am Rande des Bankrotts und wurde durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einer 8 Mrd. Euro Finanzspritze gerettet. Die IKB hatte massive Verluste durch ihr Rheinland-Investitionsvehikel im minderwertigen Hypothekenmarkt gemacht. Die Süddeutsche Zeitung schrieb, schon zu diesem Zeitpunkt, also Anfang August, hätte das gesamte deutsche Bankensystem auf der Kippe gestanden. Jochen Sanio, der Chef der Deutschen Finanzaufsicht (BaFin) warnte, dies sei die größte Bankenkrise seit 1931, was noch eine ziemliche Verniedlichung der gegenwärtigen Krise ist.
Dann ging es im eigentlich sommerruhigen August Schlag auf Schlag. Die staatliche Landesbank Nordrhein-Westfalens, die WestLB, kam als nächste in Schwierigkeiten. Auch sie wurde gestützt, und es stellte sich heraus, daß der gesamte Vorstand über ein halbes Jahr hinweg das Ausmaß der Verluste verschleiert hatte. Sie wurden alle entlassen, und einige von ihnen werden wahrscheinlich vor Gericht landen.
Dann kam der Bankrott der landeseigenen SachsenLB, die ebenfalls mit 17 Mrd. Euro vom Sparkassenverband gerettet wurde. Die genaue Summe der Verluste, die sie durch Investitionen ihrer sogenannten Zweckgesellschaften in Dublin von 40 bis 65 Mrd. Dollar im amerikanischen Immobiliensumpf gemacht hatte, ist niemandem genau bekannt.
Alle diese Banken standen also kurz vor dem Aus. Sie wurden gerettet, aber als Folge der rückläufigen Hebelwirkung entwickelte sich eine Kreditklemme. So wurde die Refinanzierung mit Ramschpapieren gedeckter Schuldverschreibungen unmöglich. Im Falle der SachsenLB stellte die Bundesfinanzaufsicht sie vor die Wahl, innerhalb von zwei Tagen einen Käufer zu finden oder am Montag geschlossen zu werden. Daraufhin setzte der sächsische Ministerpräsident Milbradt die Landesverfassung für zwei Tage außer Kraft, denn eigentlich hätte er den Landtag um Zustimmung für den Verkauf fragen müssen. Aber da die Frist so knapp war, setzte er einfach die Verfassung außer Kraft. Das läßt schon Zweifel aufkommen, wieviel den Verantwortlichen die Demokratie wirklich wert ist.
Kurz nach all diesen Ereignissen schlug Lyndon LaRouche am 22. August als erste wichtige Maßnahme gegen die Krise ein „Gesetz zum Schutz von Hauseigentümern und Banken“ vor. Es sieht vor, daß Regierung und Kongreß eingreifen, um Eigenheimbesitzer vor der Zahlungsunfähigkeit zu schützen, damit sie in ihren Häusern bleiben können; die Banken sollten die Hypotheken in eine Art Miete verwandeln, so daß ein geordneter Prozeß der Rückzahlung entsteht, der sowohl die Eigenheimbesitzer als auch die Banken schützt. Denn wenn die Banken untergehen, kommt die Wirtschaft ins Stocken, und Not und Elend für die Bevölkerung wären die Konsequenz.
Offensichtlich ist dieses Gesetz nur der erste Schritt. Wir brauchen weitere Gesetze zur Ankurbelung der Wirtschaft. Wir brauchen einen New Deal. Wir brauchen ein Neues Bretton Woods. In diesem Zusammenhang rief LaRouche zu einer Vier-Mächte-Vereinbarung zwischen einer veränderten USA, Rußland, China und Indien auf, über die er sicher selbst sprechen wird. Jetzt möchte ich mich dem eigentlichen Thema dieser Konferenz zuwenden.
Die Eurasische Landbrücke wird Realität. Genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Globalisierung scheitert, nimmt die Alternative Gestalt an. Dafür haben wir seit dem Fall der Mauer 1989/90 gekämpft. Als die Berliner Mauer fiel, ging LaRouche mit der Idee des Produktiven Dreiecks an die Öffentlichkeit. Er schlug vor, das Gebiet zwischen Paris, Wien und Berlin als größte und dichteste Industrieregion der Welt durch Hochtechnologie-Investitionen auf ein höheres Niveau zu heben und durch moderne Entwicklungskorridore an Osteuropa anzubinden.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schlugen wir 1991 die Eurasische Landbrücke vor, eine Idee, mit der die Industrie- und Bevölkerungszentren Europas mit den entsprechenden Zentren Eurasiens durch sogenannte Entwicklungskorridore verbunden werden sollten. Die Transportadern entlang der Transsibirischen Eisenbahn und der alten Seidenstraße sollten zu 100 km breiten Korridoren ausgebaut werden, um durch den Bau grundlegender Infrastruktur allgemein Bedingungen für einen hohen Lebensstandard zu schaffen. Ganz Eurasien würde so für Entwicklung geöffnet werden.
Aber dann geschah etwas sehr Interessantes, was einen Einblick in die Art vermittelte, wie historische Prozesse tatsächlich funktionieren. Als Reaktion auf den Versuch der Bush-Administration, die USA in ein Imperium zu verwandeln und eine unilaterale Welt zu schaffen, schlossen sich die Länder Eurasiens viel schneller zusammen, als es normalerweise geschehen wäre. Es entstand eine strategische Partnerschaft zwischen China, Rußland und Indien, die in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit Gestalt annahm.
Lange Zeit haben wir nur über diese Projekte gesprochen, aber jetzt befinden wir uns in einer völlig veränderten historischen Periode, in der diese Projekte Realität werden.
Am 10. April trug Präsident Putin seinem Kabinett vor, er habe beschlossen, die Modernisierung des russischen Eisenbahnsystems zur Priorität seiner Amtszeit zu machen. Am 24. April fand in Moskau eine Konferenz über die Untertunnelung der Bering-Straße statt – eine Idee, die LaRouche schon seit den 70er Jahren verfolgte, um Alaska über die Beringstraße mit Sibirien zu verbinden.
Dies ist in der Tat ein phantastisches Projekt. Es umfaßt auf russischer Seite den Plan, 6000 km Eisenbahnstrecke und einen 100 km langen Tunnel unter der Beringstraße zu bauen. Es umfaßt aber auch die Erschließung der riesigen Rohstofflager Sibiriens und die Entwicklung des Fernen Ostens unter Permafrostbedingungen. Aber es geht nicht um die einfache Ausbeutung dieser Ressourcen, sondern darum, das große Wissenschaftspotential Rußlands im Sinne Mendelejews und Wernadskijs zu nutzen, um neue Rohstoffe, neue Isotope zu finden, so daß die Weltwirtschaft als Ganzes durch diesen Wissensschub auf ein neues Niveau gehoben wird.
Darüber hinaus gibt es überall in der Welt – außer in Deutschland, was wir ändern müssen – eine Renaissance der Kernenergie. Ich sollte Ihnen sagen, daß es neben der Diskussion über die großen Weltprobleme ein Zweck dieser Konferenz ist, einen Paradigmawandel in Deutschland herbeizuführen, um die tief verwurzelte Technologiefeindlichkeit in diesem Land zu überwinden. China, Rußland und Indien bauen jeweils 30 bis 40 neue Kernkraftwerke. Indien entwickelt Reaktoren auf der Basis des Thorium-Kreislaufs. China und Südafrika sind Pioniere des Hochtemperaturreaktors, der ursprünglich in Deutschland von Professor Schulten aus Jülich entwickelt wurde, der seit den 50er Jahren an einer inhärent sicheren Reaktortechnik gearbeitet hat. Als Professor Schulten erkannte, daß diese Technik in Deutschland keine Perspektive hatte, übergab er diese Technik sozusagen schlüsselfertig an China. Und heute arbeitet auch Südafrika zusammen mit China an diesem fortschrittlichsten Reaktor der 4. Generation, dem sogenannten modularen Kugelhaufen-Reaktor.
Die Entscheidung der deutschen Regierung oder genauer gesagt der Kommission für Reaktorsicherheit im Jahre 1990, die Arbeit am HTR einzustellen, war ein großer Fehler und muß revidiert werden. China hat diesen Reaktor wiederaufgebaut und er wird seit sieben Jahren in der Nähe Beijings als Testreaktor betrieben.
Wir sind entschlossen, die Bevölkerung zu erziehen, diese Technik in Deutschland zu akzeptieren, damit Deutschland als Industrienation überleben kann. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für andere Technologien, die in Deutschland entwickelt wurden, aber hier nie zum Einsatz kamen, wie die Magnetschwebetechnik, die jetzt in China auf der Strecke zwischen dem Flughafen von Pudong und Shanghai kommerziell genutzt wird. Diese Strecke wurde in 22 Monaten unter Commander Wu fertig gestellt, während wir in Deutschland für die ICE-Strecke zwischen Köln und Frankfurt 10 Jahre gebraucht haben. Ich schlage vor, Commander Wu nach Deutschland zu holen, damit er uns entsprechend berät, da es bei uns kaum gelingt, auch nur eine winzige Transrapid-Strecke von München zum Flughafen zu bauen.
Wir haben also einen Punkt erreicht, an dem wir entweder eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung auf dem Fundament der Eurasischen Landbrücke errichten und einen weltweiten Wiederaufbau einleiten, oder das Abgleiten in ein finsteres Zeitalter akzeptieren. Wir haben die Absicht, die Eurasische Landbrücke ganz auf die Tagesordnung zu setzen, denn sie ist ein Konzept, das der Kriegsvermeidung dient und eine politische Ordnung schafft, die der Würde des Menschen gerecht wird – eine politische Ordnung, die auch mit den Gesetzmäßigkeiten des Universums übereinstimmt.
Am 1. Oktober 1982 hat der mexikanische Präsident Lopez Portillo vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine denkwürdige Rede gehalten, die ich Ihnen als Video nun vorführen will (siehe Kasten). Diese Rede hat eine wichtige Vorgeschichte, denn Lopez Portillo hatte zuvor Lyndon LaRouche nach Mexiko eingeladen, da er Rat brauchte, wie die mexikanische Wirtschaft, die damals durch ausländische Interventionen zu Gunsten einer Kapitalflucht aus dem Peso unter heftiger Attacke stand, verteidigt werden könnte. Nach seinem Treffen mit Präsident Lopez Portillo schrieb LaRouche nicht nur ein Programm zur Verteidigung der mexikanischen Wirtschaft, sondern auch für die Integration des ganzen iberoamerikanischen Kontinents, das Lopez Portillo am 1. September 1982 umzusetzen begann. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine ordentliche Reorganisierung des Finanzsystems möglich gewesen, worauf der Vorschlag eigentlich abzielte.
Lopez Portillos Politik zur Rettung seines Landes schlug damals fehl, weil Argentinien und Brasilien ihm ihre Solidarität verweigerten. So wurden 25 Jahre verschenkt. Aber die Herausforderung, eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung zu schaffen, ist unsere Lebensaufgabe, und jetzt ist die Zeit, sie zu verwirklichen.
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