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Aus der Neuen Solidarität Nr. 29/2007 |
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Von Lyndon LaRouche
- Vierter Teil -
Die bisher in diesem Kapitel angestellten allgemeinen Beobachtungen haben wichtige Implikationen.
Ich habe wiederholt betont, daß das, was zur Idee des „Infinitesimalen“ wurde - angefangen mit der Reihe grundlegender Entdeckungen durch Kepler -, keine Vorstellung der Kleinheit eines Punktes war, sondern die Erkenntnis, daß die Rate der Krümmungsänderung beim Umlauf der Erde um die Sonne keine Grenze der Kleinheit kennt, so wie Nikolaus von Kues bereits den grundsätzlichen Fehler in Archimedes’ versuchter Quadratur des Kreises aufgezeigt hatte. Wie bei Kepler, ist dieses Konzept auch ein integraler Bestandteil von Leibniz’ ureigenster Entdeckung des Kalkulus und seiner späteren Verfeinerung dieser Entdeckung, mit der er Pierre de Fermats Entdeckung eines Prinzips der physikalischen geringsten Wirkung Rechnung trug. Diese zweite Phase von Leibniz’ weiterer Arbeit an der Entwicklung des Kalkulus, die Phase der Zusammenarbeit mit Johann Bernoulli, definierte ein universelles Prinzip der physikalischen geringsten Wirkung, dessen Grundeigenschaft nicht durch das Zykloid, sondern durch die Kettenlinie ausgedrückt wird. Das Konzept des komplexen Bereichs beruht auf dieser in Zusammenarbeit von Leibniz und Bernoulli verwirklichten Entdeckung.
Die besonderen Umstände, unter denen die Idee des Infinitesimalen verbreitet wurde - implizit durch Nikolaus von Kues, aber explizit durch das Zusammenwirken der Arbeiten vor allem von Kepler, Fermat, Leibniz und Johann Bernoulli -, definieren das Umfeld, in dem die Konzeption einer wissenschaftsbasierten, souveränen Volkswirtschaft lokalisiert werden muß. Der Konflikt, der in Europa und Nordamerika in der Zeit nach dem Westfälischen Frieden 1648 bis etwa zum Tod von Königin Anne in England entstand, drehte sich um den Kampf zwischen dem nach 1648 wiedererwachenden Renaissance-Optimismus des 15. Jahrhunderts, für den Leibniz’ Werk und Einfluß steht, und den gegenläufigen Bemühungen der Sarpi-Fraktion, der anglo-holländischen liberalen Fraktion, die diesem Optimismus die historische Grundlage zu entziehen versuchte. Wie mein Mitarbeiter, der verstorbene Historiker Graham Lowry, zeigte,16 erlitten wir in Amerika genauso wie Europa mit dem Tode Königin Annes einen Rückschlag, doch wir machten uns daran, die Welt mit der Amerikanischen Revolution erneut zum Besseren zu verändern. Wir siegten 1856 erneut gegen Lord Palmerston und seine Südstaaten-Marionetten und erschütterten die Welt in den letzten Jahrzehnten jenes Jahrhunderts mit einer mächtigen zweiten amerikanischen Revolution in der Wirtschaft. Später stellten wir unter der Führung von Franklin Roosevelt wieder eine vernünftige Wirtschaftspolitik her, und es besteht die Chance, daß dies bald wieder gelingt.
Um die wichtigen kulturellen und verwandten politischen Entwicklungen im modernen europäischen Denken des 17. und 18. Jahrhunderts einzuordnen, ist es unerläßlich, den antilinearen Begriff des „Infinitesimalen“ des komplexen Bereichs universeller physikalischer geringster Wirkung zu verstehen, wie Leibniz ihn zum Großteil aus den vorhergehenden Arbeiten Keplers und Fermats ableitete. Man sehe darin ein modernes europäisches Echo der Weigerung Platons und der Pythagoräer, apriorische Annahmen in der Art des Sophisten Euklid zu akzeptieren. Im wahren Infinitesimal von Kepler und Leibniz ist das Konzept zu sehen, das schon mit dem pythagoräischen „Komma“ und der Nachwirkung von Archytas’ Beweis der notwendigen Konstruktionsmethode für die Verdoppelung des Würfels verbunden ist.
Ein Narr wie der Sarpi-Anhänger Galileo sagt: „Sie bewegt sich.“ Ein kompetenter Wissenschaftler wie der Kepler-Anhänger Carl F. Gauß würde erwidern: „Ich beginne jetzt zu verstehen, wodurch sie sich bewegt.“
Das liberale Dogma der Cartesianer und ihrer „Newtonschen“ Derivate muß deshalb im Zusammenhang mit dem Auf und Ab im Ringen des modernen Europa mit den großen geistigen Fragen der Zeit gesehen werden. Dies ist aus der Sicht allgemeinerer Überlegungen zu betrachten, wie dem Aufstieg und Fall der Kultur Athens von der Größe eines Solon bis zu der tödlichen Krankheit des Sophismus, von der die Anhänger des Perikles befallen waren. Die Befürworter von Kepler, Leibniz und der späteren Amerikanischen Revolution standen für die fortgesetzte Tradition Solons und Platons, und die Gegner von Kepler, Leibniz und der Amerikanischen Revolution bildeten eine Art Reinkarnation der Auseinandersetzungen des antiken Griechenlands im Rahmen des neuzeitlichen Europa.
Entsprechend würdige ich die einzigartige Rolle von Kepler und Leibniz, die nacheinander das Prinzip des modernen Kalkulus als implizites Echo der pythagoräischen Vorstellung des Kommas definierten; dieser Begriff des Kommas war der Vorläufer von Keplers Konzept des „Infinitesimalen“ der Planetenbahnen und damit der Herausforderung, die zu Leibniz’ Entdeckung des Kalkulus führte.17 Die entscheidende Bedeutung für die heutige Staatskunst ist die, daß derartige Entdeckungen von Prinzipien durch ein menschliches Individuum den eindeutigen Unterschied zwischen dem Menschen bezeichnen, der gleichzeitig die Noosphäre und die Biosphäre verkörpert, und dem Affen, der nur die niedrigere Daseinsordnung, die Biosphäre, verkörpert. Es ist das physikalische Prinzip schöpferischen Denkens, welches Wernadskij als grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem Menschen als Individuum und Gesellschaft auf der einen und den Tieren auf der anderen Seite verwendet.
Das Konzept des „Infinitesimalen“, wie es aus dem Werk Keplers und Leibniz’ sowie Riemanns später entstanden ist, ist das wichtigste der Wissenschaft der Neuzeit und damit das wesentlichste wissenschaftliche Konzept der modernen Staatskunst. Der Ausdruck dieses allgemeinen Prinzips menschlicher Kreativität unterscheidet den Menschen absolut von den Affen.
Damit sind wir an einem kritischen Punkt dieses Aufsatzes angekommen: Wie ich soeben geäußert habe, ist diese Kraft, die die menschliche Gattung von allen Tieren einschließlich der Menschenaffen unterscheidet, auch die einzige kompetente Grundlage für Studium und Praxis der Wirtschaftswissenschaft.18 Praktiken, die entstehen, wenn man von diesem Prinzip nichts wissen will, führen Regierungen und Experten zu dem Fehlverhalten, das in der europäischen und inzwischen weltweiten Geschichte der Neuzeit wiederholt existentielle Katastrophen über uns gebracht hat. Wirtschaftlicher Fortschritt läßt sich nicht wirklich begreifen, solange dieser besondere Umstand nicht entsprechend berücksichtigt wird.
Was ich eben geäußert habe, ist auch entscheidend, wenn man den Kern der Inkompetenz der britischen empiristischen Wirtschaftsschule finden will. Von dieser Schule stammt auch Friedrich Engels’ berühmte Schwindeltheorie vom „opponierbaren Daumen“ in der Geschichte von frühester Urzeit bis heute ab. Engels’ Schwindel war deckungsgleich, vielleicht sogar identisch mit dem Dogma von T.H. Huxley.
Aus dieser Sicht ist das Übelste, was in der modernen Wissenschaft vorgekommen ist, die falsche Grundannahme hinter Bertrand Russells Principia Mathematica. Hinzu kommt der wahrhaft teuflische Schwindel, der sich hinter der Bezeichnung „Zweites Gesetz der Thermodynamik“ versteckt, der sich durch den Einfluß von Clausius, Grassmann, Kelvin u.a. im 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit hinübergerettet hat.
Diese Überlegungen über den reduktionistischen Schwindel, der von der aufstrebenden politischen Macht hinter den neocartesianischen Auswüchsen im Namen der Wissenschaft ausgeht, zwingen uns zur näheren Beschäftigung mit der eigentlichen zugrundeliegenden historischen Streitfrage - z.B. hinter der verbreiteten Tolerierung des verrückten, liberalen Reduktionismus, angefangen mit den Gegnern des Nikolaus von Kues über Galileo, Hooke und Conti über die liberalen Reduktionisten in der Zeit nach Leibniz sowie D’Alembert, Euler und Lagrange, dann Laplace und Cauchy bis hin zu Clausius, Grassmann, Kelvin und danach.
Es gab nie eine ehrliche Entschuldigung dafür, einen solchen Unsinn in einer Weise und Intensität wie die modernen Reduktionisten als Wissenschaft auszugeben. Zum Beispiel: Keplers Behandlung des vermuteten „Ausgleichspunktes“ für die Bahnbeziehungen von Erde und Mars zur Sonne sowie der harmonischen Zusammensetzung des damals bekannten Sonnensystems zeigt typisch, welche Erkenntnisse schon damals verfügbar waren, verglichen mit den späteren Verdrehungen durch Clausius, Kelvin u.a. Das ist der gleiche Schwindel wie bei D’Alembert, Euler, Lagrange u.a. Es ist der Schwindel, den Carl F. Gauß bekanntermaßen in seiner Doktorarbeit von 1799 aufdeckte, der aber von Laplace und seinem Komplizen, dem Betrüger und Plagiator Augustin Cauchy, weiterbetrieben wurde.19 Aus Eulers eigenen früheren Schriften ist bekannt, daß er wußte, daß er z.B. 1761 in seiner Argumentation gegen Leibniz’ Kalkulus nicht bloß unrecht hatte, sondern gelogen hatte. Er wußte aber auch, daß solche Lügen damals politisch erforderlich waren, um den weiteren, verhältnismäßig ungestörten Verlauf seiner Karriere sicherzustellen. Die Streitpunkte waren im wesentlichen nicht wissenschaftlich, sondern Ausdruck eines theologischen Fanatismus hinter der Fortsetzung von Paolo Sarpis pro-ockhamitischem Sophismus im Gewand der Sozialpolitik, die sich unter der Tyrannei des modernen Liberalismus ausprägte.
Das Grundargument hinter dem als „Zweites Gesetz“ bekannten Schwindel war und bleibt ein Spiegelbild der Sichtweise, die in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus dargestellt wird, wo dem Menschen der Zugang zur Anwendung universeller physikalischer Prinzipien verwehrt werden soll. Im neuzeitlichen Europa war dies schon das Argument des Giovanni Botero über den Staat (1589) sowie des venezianischen Ideologen Giammaria Ortes, von dessen englischer Übersetzung seiner Betrachtungen über die Bevölkerung (1790) Thomas Malthus seine Schrift Über die Bevölkerung (1798) abschrieb, und heute taucht es in dem abstoßenden Klimaschwindel des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore wieder auf.
Ein Verhalten wie das des anfänglichen Wissenschaftlers Leonhard Euler, der sich um des Liberalismus willen von der ernsthaften Wissenschaft lossagte, rührt von etwas her, was manche lieber unaufrichtig eine „Gehirnwäsche“ nennen würden. In gewissem Sinne war Eulers Verhalten an der Berliner Akademie das Ergebnis einer Art Gehirnwäsche, aber es „Gehirnwäsche“ zu nennen, ist eher ein Vorwand, etwas Bösartiges zu tolerieren, indem man es mit einem dummen Schimpfwort belegt - so, als lasse das Gericht einen Mörder mit einer freundlichen Ermahnung wegen seiner „kindischen Tat“ wieder laufen. Wenn man beispielsweise sagt, Euler sei „gehirngewaschen“ worden, lenkt man davon ab, welche tiefere Bedeutung und Bösartigkeit hinter Eulers Veränderung steckt.
Eine Untersuchung derartiger Probleme ist der Schlüssel zur Einsicht in eines der strategisch wichtigsten Probleme der öffentlichen Meinung, das heute auf der Welt grassiert.20
Das Wiederaufleben von Al Gores „malthusianischem“ Schwindel heute, die Lügen vom „stummen Frühling“ und des Club von Rom in den 60er Jahren, der Schwindel hinter dem DDT-Verbot usw. sind in keiner Hinsicht anders als die Euthanasie-Begeisterung, die sich von oligarchischen Kreisen in den USA auf die Nazibewegung in Deutschland übertrug. Das Unterdrücken wissenschaftlicher und ähnlicher Erkenntnisse und ihrer Anwendung in der breiten Bevölkerung war in der gesamten bekannten Geschichte immer das Kennzeichen von Kulturen, in denen die große Bevölkerungsmehrheit in einem hirngeschädigten Zustand wie menschliches Vieh gehalten werden sollte. Ein solcher Fall war die physiokratische Lehre des Dr. François Quesnay, der den Reichtum der Großgrundbesitzer den magischen Kräften der Besitzansprüche des Landadels zuschrieb, während er den Bauern nicht mehr als das Futter zugestand, das sie brauchen, damit man sie als Vieh halten kann. In der neuzeitlichen europäischen Zivilisation war eine sogenannte „Umweltpolitik“ dieser Art seit Botero, Ortes, Malthus und Eugenikern wie Julian Huxley häufig das Kennzeichen faschistischer Bewegungen.
Es sollte kein Rätsel sein, wie und warum so etwas wie der „Umweltschutz“ als Form moralischen Niedergangs in der Geschichte immer wieder aufkommt.
Bei der Untersuchung nationaler Ideologien, wie meine Mitarbeiter und ich sie in den siebziger Jahren unternahmen, ist man gut beraten, alle apriorischen Systeme, die dem Kult des Euklid ähneln, zu verwerfen. Unserem Verständnis der Phänomene, von denen ich hier rede, ist am besten geholfen, wenn wir sozusagen rückwärts arbeiten: indem man als Beispiel betrachtet, wie grundlegende wissenschaftliche Fragen aus Sicht der modernen Wissenschaft erscheinen und sich systemisch von entsprechenden Ansichten früherer Zeiten unterscheiden. Oder man betrachtet den Unterschied zwischen der Ansicht eines jungen Laien und der Denkweise der gleichen Person, nachdem diese einige Grundprinzipien der wissenschaftlichen Forschung gemeistert hat. Im ersten Fall verfährt derjenige, der einige Aspekte der betreffenden Wissenschaft noch nicht beherrscht, nach Vorstellungen, bei denen bestimmte Prinzipien, die Fachleuten mehr oder weniger wohlbekannt sind, nicht berücksichtigt sind. Der weniger Informierte lebt geistig in einem anderen Universum als der qualifizierte Fachmann. Er ist ein Gefangener falscher Überzeugungen infolge absurder axiomartiger Grundannahmen und einfach fehlender Kenntnis der Prinzipien, die den Phänomenen, auf die er reagiert, zugrunde liegen.
Es ist kein Verbrechen, wenn man Dinge nicht weiß und noch lernen muß; aber es ist unehrlich, wenn man die betreffenden universellen Prinzipien nicht wissen will. Die oligarchischen Klassen, versinnbildlicht im olympischen Zeus, die in der geistigen Entwicklung der breiten Bevölkerung eine Gefahr für ihre Vorherrschaft sehen, machen sich eine gewisse Schwäche im noch unterentwickelten Geist von Kindern und Jugendlichen zunutze. Daher kommt der Fall eines typischen Opfers, das einen axiomatischen Glauben an die Euklidische Geometrie angenommen hat und sich nichts mehr wünscht, als ein Bewunderer des jämmerlichen alten Isaac Newton zu erscheinen. Solche Neigungen, die mich schon seit meiner Kindheit empört haben, nehmen immer mehr die Rolle axiomatischer weltanschaulicher Faktoren an und wirken wie Zäune, die um die „erlaubten“ Funktionen im Geist des leichtgläubigen Opfers errichtet werden.
Das Phänomen läßt sich folgendermaßen betrachten.
Im allgemeinen versuchen die Menschen - darunter sogar anerkannte Wissenschaftler, mit denen ich zusammengearbeitet habe -, sich an das, was sie für die funktionierende Umgebung halten, in der sie leben, erfolgreich anzupassen. Die bewußte oder quasi zufällige Vorstellung dieser Umgebung, etwa wenn man seine Loyalität gegenüber der bekannten Denkweise in einer bestimmten Kirche, am Arbeitsplatz oder auch nur nach dem Umzug in einer neuen Nachbarschaft bekundet, ist ein sehr starker Faktor bei der Erzeugung von Denkprämissen, die wie Zäune sind, die dem Geist nur bestimmte vermeintlich erlaubte Richtungen und Geschicke erlauben.
Um diese Illustration meines Punktes zusammenzufassen: Der typische Geisteszustand von einzelnen oder Gruppen in heutigen Gesellschaften entsteht durch eine quasi reflexartige Reaktion gegen alles, was darauf schließen läßt, daß ein reales Universum außerhalb der gesellschaftlichen Auffassungen existiert, die der Betreffende als Anpassung an das sozial-ideologische Klima, in dem er gerade lebt, übernommen hat.
Das Problem, das ich soeben in dieser Weise umrissen habe, hängt mit einer gestörten Funktion des schöpferischen Potentials des Individuums zusammen. Ich verweise oft auf ein paar wichtige Beiträge des Psychiaters Dr. Lawrence Kubie aus den letzten 45 Jahren, der sich mit der „neurotischen Störung des kreativen Prozesses“ auseinandergesetzt hat - ein Begriff, den er bereits Ende der fünfziger Jahre und auch noch in den siebziger Jahren benutzte. Von besonderer Bedeutung war ein Bericht über die Frage der Förderung wissenschaftlicher Kreativität, den Kubie für das Magazin Daedalus verfaßte.
Mein Interesse an dieser Frage war im wesentlichen zweifach. Seit ich Anfang 1948 einen Vorabdruck von Prof. Norbert Wieners Kybernetik erhielt, befinde ich mich in einem ständigen Alarmzustand darüber, wie die Denkweise, die in dieser und anderen Schriften Wieners sowie John von Neumanns und seiner Anhänger zu Ausdruck kam, der vorsätzlichen, systematischen Zerstörung der schöpferischen Fähigkeiten einiger unserer sonst intellektuell vielversprechendsten jungen Erwachsenen Vorschub geleistet hat.
Ich hatte aufgrund meiner Lebensumstände den Vorteil, über Jahrzehnte hinweg zu beobachten, wie nur allzu häufig die kreativen geistigen Fähigkeiten von Personen mit der Vorbereitung auf Prüfungen, die zu einem Doktorgrad oder einer akademischen Position führen sollten, zusammenbrachen. Das Alter von etwa 27 Jahren wurde bei meinem Studium solcher Fälle zu einer Art wiederkehrendem klinischem Alptraum. Es ist, als würde der Geist an solchen kritischen Punkten der Karriere absterben. Ich habe oft ein solches Bild vor Augen: ein junger Mensch, dessen Fähigkeiten bis zu einem gewissen Punkt, nehmen wir hypothetisch ein Alter von 27 Jahren an, sehr aussichtsreich waren, der aber später nur der bekannte Professor Soundso war, der in seinen Massenvorlesungen nur noch den Inhalt seiner schmutzigen, abgegriffenen Karteikarten abspult, die sich im Laufe eines ermüdenden Lebens angesammelt haben. Er wiederholt ständig nur den sprichwörtlichen „gleichen alten Kram“, den er gelernt hatte, bevor seine kreativen Geisteskräfte abgeschaltet wurden.
Für mich ist natürlich geistige Kreativität, wie sie mit der Entdeckung universeller Prinzipien in Natur und klassischer Kunst verbunden ist, das Wesen des wahren Menschseins, auf das jeder Mensch ein Recht und wirksamen Zugang haben muß. Das half mir, eine mitleidige Sicht von Leuten wie Leonhard Euler zu entwickeln, eines Denkers, dessen Gehirn offenbar nach 1750 durch erlittene Schäden immer bösartiger wurde.
Ich erwähne diese eben genannten Formen geistiger Störung, weil dies wesentlich ist, um zu verstehen, warum die heutigen Ökonomen, die sich mit langfristigen Prognosen und ähnlichem befassen, durchweg inkompetent sind. Ich spreche von dem Problem, für das die Katastrophe, die mit den Methoden von Morton Scholes & Co. bei LTCM angerichtet wurde, typisch ist.
Die typische inkompetente Wirtschaftsprognose von heute beruht auf in sich untauglichen Methoden jener Art, wie sie sich von den mechanistisch-statistischen Lehren René Descartes’ weitervererbt haben. Der für uns heute interessantere funktionelle Aspekt ist dabei, wie und warum diese obskuren und untauglichen statistischen Vorhersagemethoden verwendet werden, obwohl jeder vernünftige Zeitgenosse die Absurdität neokartesischer statistischer oder ähnlicher Methoden schon längst erkannt hätte. Scholes und seine Anhänger mögen etwas wissen - vielleicht von Computerspielen -, aber sicher nichts über reale Volkswirtschaften.
Die wirksamste frische Betrachtungsweise für diese Frage liefert uns die Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung die Methoden, die W.I. Wernadskij zur Definition von Biosphäre und Noosphäre verwendete, für die Fortführung der Riemannschen Physik. Wie Aufstieg und Untergang bekannter Wirtschaftssysteme vom Altertum bis zur Neuzeit bezeugen, lassen sich die entscheidenden Grenzen einer Volkswirtschaft immer darin ausdrücken, ob es einer Gesellschaft gelingt, qualitative Veränderungen im verwendeten Repertoire universeller Naturprinzipien vorzunehmen, oder nicht.
Im allgemeinen liefert jede neue Entdeckung eines universellen oder vergleichbaren Naturprinzips die Grundlage für einen großen Aufwärtssprung in der potentiellen Produktivkraft pro Kopf und pro Quadratkilometer - oder zur Vermeidung eines Einbruchs des Produktivitätspotentials durch Verschleiß. Der verfügbare Nachschub der verwendeten Rohstoffe ist prinzipiell in verschiedener Weise begrenzt. Wenn der Bedarf wächst oder die realwirtschaftlich definierten Kosten der Förderung qualitativ schlechterer und weniger zugänglicher Rohstoffe steigen, kann die Produktivität der Gesellschaft, gemessen pro Kopf und pro Quadratkilometer, sinken oder sogar negativ werden. Dann muß man die angewandte Technik ändern, und manchmal reichen bloß quantitative Änderungen der physischen Produktivität nicht aus, es können auch radikalere Verbesserungsmaßnahmen notwendig werden. Diese Überlegungen definiert man als Verschiebungen in der relativen potentiellen Bevölkerungsdichte pro Kopf und Quadratkilometer, nicht nur als monetäre oder ähnliche Buchhalterwerte.
Unter der Voraussetzung, daß die so entstandenen Probleme durch Bildung, durch neue Beschäftigungsmöglichkeiten und allgemein durch bessere Lebensbedingungen gelöst werden, ist das Wachstum der Bevölkerung eine Quelle potentieller Produktivitätssteigerung. Diese Verbesserungen lassen jedoch selbst wieder die Ausweitung und Entwicklung der Gesellschaft schneller auf neue Grenzbedingungen zustreben, etwa eine beginnende Erschöpfung der besten Ressourcen oder eine notwendige Erhöhung des realen Lebensstandards, um beschleunigte technische Verbesserungen zu ermöglichen. Das Standardmittel zur Überwindung von Grenzbedingungen dieser Art ist ein wissenschaftlich-technischer Fortschritt, der wirksam genug ist, um die indirekt gegebenen Grenzbedingungen nach oben zu verschieben.
Der bedauerliche kartesische Ideologe, wie beispielsweise Laplace, geht davon aus, daß wir auf einer euklidischen „flachen Erde“ leben, wo man anhand der statistischen Projektion einer mathematisch definierten Matrix vorhandener Trends voraussagen kann, daß in einer gewissen berechneten Entfernung ein Punkt erreicht wird, an dem etwas von Bedeutung geschehen wird. Die Methoden der meisten mathematisch-ökonomischen Prognostiker von heute sind Ausdruck solcher absurder Dogmen, einer Scheinwissenschaft, die schon Leibniz in seinen Warnungen vor den Descartesschen Methoden in den 90er Jahren des 17. Jahrhunderts schlüssig widerlegt hat!
Wir leben nicht in einem mathematisch-statistischen, sondern in einem physikalischen und dynamischen Universum. In diesem Universum herrscht das physikalische Prinzip über jede kompetente mathematische Praxis, und nicht umgekehrt. Der Gestank eines überreifen statistischen Apriorismus bei Descartes gehört zur Glaubensstruktur von Verrückten im Elfenbeinturm, deren Alpträume sich Jonathan Swift zum Gegenstand seines Spotts hätte nehmen können.
Dagegen beruhen Prognosen mit den notwendigen Methoden Riemannscher anti-apriorischer Naturwissenschaft auf dem Begriff physikalischer Grenzbedingungen. In einer ersten pädagogischen Annäherung läßt sich schlicht feststellen, daß die Rate des zu realisierenden Fortschritts in Wissenschaft und Technik größer sein muß als die Tendenz zum Verbrauch bestehender Ressourcen, auf denen der gegenwärtige physische Produktionsstandard pro Kopf beruht.
Aus diesem Grund wenden wir uns der Wissenschaft zu, um eine Reihe künftiger Grenzbedingungen zu definieren. Dementsprechend müssen wir es uns zur Aufgabe machen, mehr zu erreichen als nur die Grenzen, die erforderlich sind, um die reale Arbeitsproduktivkraft pro Kopf und pro Quadratkilometer zu erhalten, wenn jeweils eine neue Grenzbedingung erreicht und überschritten wird. Beispielsweise sollte man heute jede Volkswirtschaft, die nicht massiven Investitionen in Kernspaltung und Kernfusion höchste Priorität in ihrer langfristigen Wirtschaftsplanung einräumt, quasi für verrückt erklären und therapeutisch behandeln. Davon abgesehen lassen sich Wirtschaftskrisen normalerweise aufgrund einer Annäherung an drohende Grenzbedingungen vorhersagen. Der Begriff solcher Grenzbedingungen ist die wesentliche Grundlage für kompetente Methoden der Wirtschaftsprognose.
Über die soeben dargestellte, beträchtlich vereinfachte Skizze hinaus ist das, was diese Skizze hinreichend treu wiedergibt, in der Praxis eine Frage der Anwendung entsprechender Methoden der Riemannschen physikalischen Hypergeometrien.
Heute werden in der wirtschaftspolitischen Diskussion in Amerika der Präsident und die Kongreßmitglieder leider allzuoft behandelt wie technische Idioten, denen man wissenschaftliche und technische Projekte verkauft, wie man früher den Hausfrauen an der Türe die Staubsauger verkaufte. Manchmal sind diese Leute tatsächlich Idioten, wenigstens in ihren offiziellen Funktionen. Es würde fürs erste schon ausreichen, einen normalen Menschen zum Präsidenten zu wählen und ähnliche Sorgfalt bei der Auswahl der Abgeordneten walten zu lassen. Im übrigen sollten wir die überforderten Abgeordneten und ihre Mitarbeiter erziehen und ihnen Programme vorlegen, die den Erfordernissen des Schicksals Amerikas und der Welt entsprechen.
Fortsetzung folgt
Anmerkungen
16. Siehe H. Graham Lowry, How The Nation Was Won: America’s Untold Story, Executive Intelligence Review, Washington 1988.
17. Man vergleiche dieses pythagoräische Konzept des „Kommas” mit Keplers revolutionärer Idee von Harmonie - die gleiche ontologische Besonderheit, die entsteht, wenn man den Keplerschen Harmoniebegriff so anwendet, wie er auch aus Sicht der physikalischen Chemie der Biosphäre Wernadskijs wieder auftritt. Man vergleiche dies mit bestimmten wichtigen Funktionen des Periodensystems der Elemente und ihrer Isotope. Sobald man den abergläubischen Begriff ablehnt, der das „Physikalische“ auf das Sichtbare beschränkt, müssen unsere Gedanken aus Sicht der pythagoräischen und platonischen Harmonie zur ontologischen Bedeutung des Begriffs vom Komma zurückkehren. Das Komma ist ein Konzept von Harmonie, bei dem die Wahrnehmung von Tönen nur ein untergeordneter Aspekt ist - ein notwendiger, passionierter Schatten einer unsichtbaren Realität. Man erwäge die Verteidigung von Max Plancks Entdeckung des Wirkungsquantums gegen die Verdrehung dieses Begriffs durch eine Bande positivistischer und radikal reduktionistischer Fanatiker aus Deutschland und Österreich, die während des Ersten Weltkriegs in Berlin waren. Man bedenke in der Hinsicht die ontologisch „erblichen“ Folgerungen der Anhänger von Sarpi, Galileo, Descartes und dem Abt Antonio Conti im 17. und 18. Jahrhundert. Man denke an das bedauernswerte Genie Georg Cantor, der von Leuten dieses Schlags aus der Universität Cambridge und in Deutschland so kaputtgemacht wurde, daß sie Cantors kostbaren Verstand in den späten 80er und 90er Jahren des 19. Jh. praktisch zugrunde richteten.
18. Geistig verwirrte Leute, wie unsere zeitgenössischen britischen Empiriker in den Fußstapfen von Friedrich Engels würden einen Schimpansen, der einen Marihuana-„Joint“ raucht, „Menschenaffe“ nennen. Wer von ihnen könnte eine solche Beschreibung widerlegen?
19. Gegen Cauchy läßt sich vor allem seine betrügerische Definition des Kalkulus anführen sowie sein bewußter Betrug, als er vorsätzlich wissenschaftliche Arbeiten Abels versteckte, von ihnen abschrieb und sie als sein Werk ausgab - ein Umstand, der bis nach Cauchys Tod unentdeckt blieb. Der Schwindel, der unter der Bezeichnung „Cauchy-Riemann-Funktion“ verbreitet wurde, ist typisch. Schließlich waren Cauchy und sein Mentor, der Neocartesianer Laplace, Schützlinge des von der damaligen Besatzungsmacht des Duke of Wellington eingesetzten Marionettenregimes in Frankreich. Unter Wellingtons Herrschaft zerstörten Laplace und Cauchy das Fundament der wissenschaftlichen Arbeit des damals weltführenden Wissenschaftsinstituts, der Ecole Polytechnique von Monge und Carnot. Die Argumente von Clausius und seines „Sancho Pansa“ Grassmann müssen zu recht als Fortführung der widerlichen postnapoleonischen, fast schon postfranzösischen Sabotage angesehen werden.
20. Daß Vizepräsident Cheney nicht längst des Amtes enthoben und die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten des geistig angeschlagenen Präsidenten Bush stark beschnitten wurden, fällt auch in diese Kategorie.
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Die Regeln zum Überleben - Erster Teil - Neue Solidarität Nr. 26/2007 Die Regeln zum Überleben - Zweiter Teil - Neue Solidarität Nr. 27/2007 Die Regeln zum Überleben - Dritter Teil - Neue Solidarität Nr. 28/2007 Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006 - Internetseite des Schiller-Instituts Was Lyndon LaRouche wirklich sagt - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees - in englischer Sprache |
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