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Aus der Neuen Solidarität Nr. 27/2007 |
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Von Lyndon LaRouche
- Zweiter Teil -
Im Gegensatz zum anglo-holländischen Liberalismus ist das amerikanische System der politischen Ökonomie, zu dem unsere Nation zurückkehren muß, kein monetäres System; es ist ein Kreditsystem, dessen Vorbild die vor 1688 praktizierte Politik der Massachusetts Bay Colony war. Das amerikanische System beruht auf dem fundamentalen Rechtsprinzip, das in dem Leibniz-Zitat vom „Streben nach Glückseligkeit“ in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 zum Ausdruck kommt. Es ist das gleiche Leibnizsche Prinzip, das auch als grundlegendstes Rechtsprinzip Eingang in die Präambel der amerikanischen Verfassung gefunden hat.
Kurz gesagt: Das britische System ist ein monetäres System, ein System des „Freihandels“, während die amerikanische Bundesverfassung, wie gerade gesagt, ein protektionistisches Kreditsystem schafft, das manchmal auch als System des fairen Handels bezeichnet wird.
Aus wissenschaftlicher Sicht hat der Unterschied zwischen beiden Systemen seinen Ursprung darin, daß in der hierarchischen Ausrichtung des anglo-holländischen liberalen Systems, wie Bernard Mandeville, der Physiokrat François Quesnay und Adam Smith nachdrücklich betonen, kein physikalisches oder moralisches Prinzip am Werk ist. Wie Mandeville und Adam Smith hervorheben, herrscht lediglich das Prinzip des Glücksspiels. Ihr System beruht anstelle von Prinzipien auf Glücksspiel oder Zufall, auf einem mathematischen Spielsystem, das sich Thomas Hobbes’ Lehrer, Sarpis Lakai Galileo, ausgedacht hat.8
Dagegen beruht das amerikanische System der politischen Ökonomie, wie es in den drei berühmten Berichten von Finanzminister Alexander Hamilton an den US-Kongreß zusammengefaßt ist, auf naturwissenschaftlichen Überlegungen, wie ich sie von einem höheren Standpunkt in diesem Aufsatz beschreibe.9
In anderen Worten, im neovenezianischen liberalen System Sarpis und seiner Anhänger ist es nicht erlaubt, darüber nachzudenken, ob ein beweisbares Prinzip des Universums oder ein wißbares moralisches Prinzip eines Schöpfers existiert. Sie meinen, man müsse diese Fragen allein dem Hedonismus überlassen und das Endergebnis als Segnung des Zufalls anbeten, als würden kleine grüne Männchen unter dem Fußboden einer mit den Sinnen oder sonstwie erfaßbaren Realität Würfel spielen. Die Propheten der liberalen politischen Ökonomie kennen keine andere Gottheit im Universum als eine Art übernatürlichen Croupier einer metaphysischen Spielhölle von Las Vegas - mit gezinkten Karten und mit seiner Hand in Ihrer Geldbörse.
Soviel hierzu. Wie ich hier schon angedeutet habe, ist die Welt insgesamt in eine kritische Phase eingetreten. An dem Punkt, an dem wir jetzt sind, gelangt die Weltwirtschaft an das Ende ihrer möglichen Existenz unter der anglo-amerikanischen Politik, deren Wille im bisherigen System durchgesetzt wurde und deren Trends der ganze Planet in den letzten 39 Jahren gefolgt ist. Aus diesem Grunde sind selbst die relativ besten - oder, wem das lieber ist, die „am wenigsten schlechten“ - unter den statistischen Prognostikern, die in ihrer Erfahrung und ihrem Glauben an das jetzige System gebunden sind, als Gestalter der zukünftigen Wirtschaftspolitik schlimmer als nutzlos.
Wir sollten also lieber über die Alternative zu diesem Wahnsinn sprechen und nachdenken.
Präsident George Washingtons erster Finanzminister Alexander Hamilton legte dem Kongreß in seinen drei berühmten Berichten über den Staatskredit, eine Nationalbank und die Manufakturen eine Beschreibung des gesetzmäßigen Kerns der Währungs-, Banken- und Wirtschaftspolitik des amerikanischen Verfassungssystems vor. Immer, wenn die Richtschnur dieser Politik befolgt wurde, prosperierten die USA. Von den drei Berichten sollte man die ersten beiden, hinsichtlich des Kredit- und Nationalbankwesens, als Einheit betrachten, während der letzte die Realwirtschaft definiert, deren Förderung das Kreditwesen dient.
Um die „Manufakturen“ werden drei Hauptelemente des Systems aufgebaut: die Landwirtschaft (auf dem Land), die Industrie (in den Städten) und das nationale Infrastrukturnetz, das die städtischen und ländlichen Systeme zu einem einzigen, integrierten Entwicklungsprozeß zur Steigerung der produktiven Arbeitskraft pro Kopf und Quadratkilometer verbindet. So beschreibt Hamilton in seiner Abhandlung über die Manufakturen, so wie er diesen Begriff in seinem Bericht verwendet, den physischen Zweck der Volkswirtschaft und liefert Mechanismen langfristiger Kreditvergabe und eines Nationalbankwesens, die notwendig sind, um diesen Zweck der Wirtschaft als Ganzer zu realisieren.
Ein wichtiger Präzedenzfall, der Hamiltons Argumentation zugrunde liegt, war Amerikas Erfahrung in der Massachusetts Bay Kolonie bis 1688 mit der Verwendung des als „Scrips“ bezeichneten Papiergelds. Cotton Mather und Benjamin Franklin setzten sich aufgrund dieser Erfahrung für ein System öffentlichen Kredits in Form von Papiergeld unter souveräner Aufsicht der politischen Regierung ein (später manchmal auch „Greenbacks“ genannt).
Die Absichten hinter diesem Ansatz sind Ausdruck eines Erbes, das bis zur französischen Regierung unter Ludwig XI. zurückreicht, eine Erfahrung, die man in England unter Ludwigs Bewunderer Heinrich VII. studierte und nutzte. Es war und ist das Konzept einer politischen Gesellschaft, das seit Ludwigs Frankreich und Heinrichs England als „Gemeinwesen“ (Commonwealth) bekannt ist, so wie dieser Begriff auch von einigen der amerikanischen Kolonien übernommen wurde. Die Saugus-Eisenhüttenwerke bei Lynn, Massachusetts, sind ein anschauliches Beispiel für den Erfolg dieser Politik der Massachusetts-Kolonie bis 1688.
Die Vorliebe für mittelständische Unternehmen wie Farmen, kleine Produktionsbetriebe, die auf Flexibilität und Einfallsreichtum setzen, und qualifizierte Dienstleistungen von Personen oder Kleinbetrieben mit besonderen Fähigkeiten war kennzeichnend für eine gesunde wirtschaftliche Organisation der Gemeinden, und die Beziehungen zwischen den Gemeinden definierten die Regionen der Bundesstaaten und das Verhältnis zwischen den Bundesstaaten. Die Macht über die Technik muß beim Volk liegen, damit abtrünnige Unternehmensinteressen die Technik dem Volk nicht wegnehmen können. So war auch die Idee des „Freihandels“ bei den freiheitsliebenden amerikanischen Kolonisten und Bürgern jener Zeit verpönt. „Der Arbeiter hat seinen Lohn verdient“, führten sie im Munde.
Nach Ausbruch der Französischen Revolution geriet die junge amerikanische Republik durch die turbulenten Entwicklungen in Europa in Gefahr, und die Werte, deren Erhaltung wir erkämpft zu haben glaubten, wurden erneut von innen wie von außen bedroht.
Die Geschichte meiner eigenen Familie im frühen Nordamerika geht bis auf Entwicklungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück, und über die Erinnerung meiner Großeltern an Familienmitglieder des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts habe ich dazu persönlich eine fundierte Überlieferung. Einer meiner Ur-Ur-Großväter mütterlicherseits war am abendlichen Eßtisch meiner Großeltern praktisch immer präsent, besonders an Wochenenden, wenn Besuch aus anderen Zweigen der Familie kam. Die Besonderheiten, die ich auf diese Weise aus persönlichen Berichten über die Lebensumstände meiner Vorfahren über zwei Jahrhunderte zurückverfolgen kann, decken sich mit den überlieferten Beschreibungen des Lebens in Amerika während dieser zwei Jahrhunderte.
Was macht schließlich und endlich unsere Gewißheit der Unsterblichkeit der menschlichen Seele - im Unterschied zum Schicksal der Tiere - anders aus als die Verpflichtungen einer Generation gegenüber vergangenen wie kommenden Generationen? Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die Annahme unserer Verfassung sind Ausdruck von Versprechen der gegenwärtig lebenden an die vergangenen und kommenden Generationen. Mehr noch als bestimmte Taten oder Versprechen ist es die Idee entdeckbarer Naturprinzipien, die es möglich macht, daß die durch Prinzipien definierten guten Absichten der Verstorbenen in der Zukunft Früchte tragen. Die Liebe zu denen, die uns vorangegangen sind, ist das Versprechen, was die Zukunft bringen wird.
Die Zweige der Familie, die in den 60er Jahren des 19. und im frühen 20. Jahrhundert in die Vereinigten Staaten einwanderten, übernahmen recht schnell den Kern einer Weltsicht, die mehr amerikanisch als europäisch war. Seit der Landung der Pilger und der Gründung der Massachusetts Bay Kolonie lag die wesentliche gemeinsame Besonderheit schon immer darin, daß wir vom übersteigerten Einfluß einer europäischen Oligarchie relativ frei waren. In dieser Freiheit liegt auch heute noch der wesentliche Unterschied zwischen der Mentalität des amerikanischen Präsidialsystems und den lähmenden parlamentarischen und oligarchischen Traditionen, die für Europa typisch sind.
Der Unterschied liegt darin, wie der typische Amerikaner mit vergleichbaren Erfahrungen wie ich seine Beziehung zur politischen Macht in unserer Republik wahrnimmt: Viele von uns betrachteten unser Präsidialsystem gefühlsmäßig mehr oder weniger als eine Familienangelegenheit im weiteren Sinne. So war es bis zu dem Verfall ab den 60er Jahren, als der „Klassenunterschied“ zwischen den höheren Einkommensschichten der „weißen Kragen“ und den zunehmend verarmten „blauen Kragen“ einsetzte. Unübersehbar wurde dieser Trend in der zweiten Hälfte der 70er Jahre, etwa seit der Zeit von Felix Rohatyns großem Schwindel mit der „Big-MAC“-Sparpolitik in New York City.
Was ich zum Repertoire des Amerikanischen Systems, wie es in meine Hände kam, hinzugefügt habe, entstand im wesentlichen bereits 1948 und in den folgenden Jahren mit meiner Reaktion gegen die abzusehenden barbarischen Folgen der zentralen Aussagen der berühmtesten Werke der Bertrand-Russell-Anhänger Professor Norbert Wiener und John von Neumann.
Die Hauptwerke in der Karriere dieses Paars („Informationstheorie“, „Spieltheorie“ und „künstliche Intelligenz“) gründeten auf dem gleichen zentralen Fehler wie Russells Principia Mathematica, deren grundsätzliche Inkompetenz in Kurt Gödels Arbeiten von 1930-31 nachgewiesen wurde.10 Diese Theorien, die entweder mißbräuchlich im Namen der „Wissenschaft“ oder der Ökonomie verbreitet wurden, knüpften an Paolo Sarpis Liberalismus an, indem sie leugneten, daß der Mensch zu schöpferischen Entdeckungen universeller Naturprinzipien fähig ist. Sarpis Einfluß in diesem Zusammenhang sieht man bis auf den heutigen Tag in der vorherrschenden kartesischen Tradition des mechanistisch-statistischen Denkens, als vermeintlicher Ersatz für die echte wissenschaftliche Entdeckungsmethode von Kepler, Fermat, Leibniz, Gauß, Riemann und Einstein.11
Schon vorher hatte ich mir vorgenommen, die Tradition der euklidischen Methode, die ich schon in meiner Jugend als physikalisch absurd erkannt hatte, zu widerlegen. Dieses Anliegen drückte sich dann in neuer Form aus, als ich mir 1948 vornahm, schlagend zu beweisen, daß dieselbe Inkompetenz in anderer Form in Wieners absurder „Informationstheorie“ zum Ausdruck kommt. Diese Leidenschaft führte dazu, daß ich einige Jahre später ein klares Verständnis des Kernarguments von Bernhard Riemann erlangte. Seit jener Zeit im Jahr 1953 gründet meine Vorstellung eines physikalischen Prinzips der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte auf den Grundmerkmalen des Riemannschen Werks, in dem Albert Einstein eine Folgewirkung der bahnbrechenden Entdeckungen Johannes Keplers ausmachte.
Das ist der Kern meiner methodischen Herangehensweise an die Wissenschaft der physischen Ökonomie. Die Verbesserungen, die ich zu dieser Wissenschaft beigetragen habe, sollten in der heutigen Weltkrise als gute Nachricht betrachtet werden. Die schlechte Nachricht dagegen sind die offensichtlichen Folgen des Einflusses Wieners und von Neumanns, die zu dem ruinösen Niedergang in die „nachindustrielle Wirtschaft“ beigetragen haben.
Wieners Mannschaft hat uns geholfen, schneller zu kommunizieren und schneller zu rechnen, aber um den Preis, daß wir die unverzichtbare Gewohnheit ernsten, produktiven Denkens aufgegeben haben. Mit der Einführung der „Spieltheorie“ haben wir sozusagen Kompetenz und Qualität gegen eine Masse zweifelhafter Werte eingetauscht.
Der gesellschaftliche Verfall, mit dem sich die „Informationstheorie“ überschnitt, begann in Familien zurückkehrender Kriegsveteranen aus der Schicht der Büroangestellten zwischen 1945 und 1965. Die schlimmsten Auswirkungen wurden jedoch erst allgemein sichtbar, als die schreckliche Saat aufging, die moralisch verkommene radikale Existentialisten wie der Kongreß für Kulturelle Freiheit und dergleichen gesät hatten, als die entsprechenden Teile der zwischen 1945 und 1956 geborenen Kinder zur „Babyboomer-“ oder „68er“-Generation wurde. (Einige von uns, die in den 50er Jahren schon erwachsen waren, erinnern sich vielleicht noch an den Horrorfilm Die Körperfresser!)
Der größte Umschwung und Niedergang der Ära nach Franklin Roosevelt setzte etwa ab der Zeit des Mordes an Präsident John F. Kennedy ein, als der erste Schub der 1945-46 geborenen Generation ungefähr den 18. Geburtstag erreichte. Der abrupte Wechsel kam 1968, als eine große Welle aus der Nachkriegsgeneration der mittleren und höheren Schichten an die Universitäten drängte, sie aber bereits ahnten, daß ihnen die Einberufung zum Vietnamkrieg im Nacken saß. Da brach zwischen den unproduktiven „Kopfarbeitern“ und den „Handarbeitern“ eine Art „Klassenkampf“ aus, ein Konflikt, der die damalige Parteibasis der Demokraten erschütterte und die spätere Watergate-Clique ins Weiße Haus brachte. Seit Mitte der 70er Jahre erleben die unteren 80% der Einkommensschichten einen stetigen Rückgang des Realeinkommens, während sich die Schnellaufsteiger in den obersten 3% der Einkommensschichten nicht selten völlig ungeniert an Alten und Armen bereicherten.
So wurden die USA vom Technologiezentrum für die Welt, das wir unter Franklin Roosevelt waren, zu einem Land, in dem ein Teil nicht bekommt, was er braucht, und der andere nicht verdient, was er bekommt - eine Gesellschaft, in der sich wie in Sparta eine tiefe Kluft zwischen den herrschenden sozialen Schichten und den ganz Armen auftut. Manchmal nennt man es euphemistisch „Informationsgesellschaft“. Für die Mehrheit der Bürger steckt hinter dieser „Information“ nur die eine Botschaft: „Ihr seid verarscht!“
Den Amerikanern wird heute nicht nur das Erbe der Amerikanischen Revolution vorenthalten, sondern auch das beste aus der Geschichte der europäischen Zivilisation, das auch in Europa selbst verloren geht. Auf beiden Seiten des Atlantiks ist der Zugang zu echter Kreativität, die sich in einem produktiven gesellschaftlichen Leben äußert, schon weitgehend verloren gegangen. Wir haben die Verbindung zur klassischen Kunst fast völlig verloren, und die meisten haben auch die Fähigkeit zu echtem wissenschaftlichem Denken verloren, abgesehen einmal von Mathematik als einer Art geistiger Masturbation. Wir haben es uns abgewöhnt, kreativ zu sein, so wie dies in dem großartigen Aufschwung der modernen Wissenschaftskultur üblich war, den Albert Einstein ausgehend vom Werk Johannes Keplers bis zum Werk Bernhard Riemanns beschrieben hat.
Wir haben das verloren, von dem Leute wie insbesondere die Anhänger von Norbert Wieners und John von Neumanns Kult der „Informationstheorie“ behaupten, es existiere nicht. Wir verloren die Fähigkeit, die wir einst besaßen, nämlich reale Verbesserungen in den Lebensbedingungen für die ganze Menschheit zu schaffen. Die vermeintlich am besten ausgebildeten Absolventen unserer angesehensten Universitäten werden immer mehr Opfer des geistig sterilen Zustands, daß das Wissen über Prinzipien, auf welchen das Universum ruht, verloren geht. Unsere Bildungseinrichtungen sind noch schlimmer als die Pseudo-Universitäten, die Doktorgrade verkaufen: Sie scheinen spezialisiert auf die Massenproduktion von albernern Schwätzern, die statt mit Wissenschaft und Kunst bis obenhin mit den beschränktesten Sophistereien vollgestopft sind: Opfer einer Kultur ähnlich den Karikaturen aus Jonathan Swifts Gullivers Reisen; sozusagen Ochsen statt Oxford.
Die gegenwärtigen Umstände stellen die Staatsmänner unserer Zeit vor zwei in gewisser Hinsicht miteinander verbundenen, aber qualitativ unterschiedliche Aufgaben, die hier dargestellt werden. Die erste Untersuchung muß zeigen, wie und warum die Weltwirtschaft gegenwärtig in einen Zustand abstürzt, der viel schlimmer ist als eine „zyklische Depression“. Die zweite, dringend benötigte Untersuchung muß feststellen, warum und wie dieses gescheiterte Wirtschaftssystem abzuschütteln ist, und darüber hinaus angeben, welche Veränderungen die Welt im kommenden halben Jahrhundert in einen allgemeinen realwirtschaftlichen Wiederaufbau leiten können.
Die Aufgabe, die sich damit all jenen von uns stellt, die sich wirklich verantwortlich fühlen, sollte in ihrer Intention mit dem Werk von Johannes Kepler vergleichbar angesehen werden. Alle führenden Astronomen der römischen Tradition, der Schwindler Claudius Ptolemäus, Kopernikus und Tycho Brahe, scheiterten, weil sie ihre Forschungen auf die Grenzen ihres Aberglaubens, ihre scheinbar sicheren euklidischen oder vergleichbaren aprioristischen Annahmen, beschränkten. Kepler hatte Erfolg, weil er das Gefängnis dieser Annahmen verließ. Er versuchte nicht, den Forschungsgegenstand in allgemein akzeptierten, vorgegebenen Begriffen zu definieren, sondern trat aus diesen Annahmen heraus. So entdeckte Kepler ein universelles Naturprinzip außerhalb des Rahmens einer gescheiterten Wissenschaft, die sich in den Fesseln der sophistischen und romantischen Tradition gefangen halten ließ; Albert Einstein pries die darauffolgende Entwicklung der neuzeitlichen Wissenschaft treffend als einen fortgesetzten schöpferischen Prozeß der Entdeckung universeller Prinzipien von Kepler bis Riemann.
Vielleicht ist es seltsam, daß es heutzutage ansonsten fähige Wissenschaftler gibt, die sich immer noch stur weigern, die schlagenden Beweise zu akzeptieren, an die man bei jeder Annäherung an die eigentliche Methode wissenschaftlicher Entdeckung gelangt; dies ist die Methode der revolutionären wissenschaftlichen Errungenschaften von Kepler, Fermat, Leibniz, Gauß und Riemann sowie Nikolaus von Kues, dessen Werk alle diese nachfolgenden Errungenschaften erst möglich machte. Ein verwandtes Problem auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaft bedeutet eine direkte Herausforderung für unseren gesamten Planeten.
Wir können die heranstürmende Krise überstehen, doch nur unter der Voraussetzung, daß die maßgeblichen Nationen dieses Planeten, und auch die anderen, bestimmte politische Veränderungen vornehmen, die es uns erlauben, erfolgreich durch die Gefahr eines allgemeinen weltweiten Zusammenbruchs hindurch zu den größten Verbesserungen im Lebensstandard der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte zu gelangen. Es erfordert unsere Rückkehr zu den Prinzipien, die durch den großen Aufschwung der US-Wirtschaft unter Führung von Präsident Franklin D. Roosevelt berühmt wurden, es erfordert aber auch einige grundlegende Veränderungen im Bereich der Technik, die bereits auf dem Speiseplan stehen und darauf warten, gekocht und serviert zu werden.
Aus besonderen Gründen, die der derzeitigen globalen realwirtschaftlichen Lage eigen sind, läßt sich die Aufgabe, den Weg in die Zukunft zu entwerfen, am besten frisch anpacken, indem man eine Reihe von Entdeckungen aufgreift, die der große russische Wissenschaftler und Akademieprofessor W.I. Wernadskij vor mehr als einem halben Jahrhundert machte. In der Tradition von D.I. Mendelejew sowie der Kreise um Louis Pasteur arbeitend, machte Wernadskij nacheinander zwei bedeutende Entdeckungen universeller Naturprinzipien. Sie unterteilten das Gebiet der Naturwissenschaft und Kunst in drei Grundbereiche von Erscheinungen, welche alle gemeinsam derselben universellen physikalischen Raumzeit innewohnen. Diese drei waren: der einfache Raum der unbelebten physikalischen Chemie; der Phasenraum, den lebende Prozesse und deren Produkte definieren, genannt Biosphäre; sowie der Phasenraum der Produkte derjenigen Prozesse des menschlichen Geistes, die wir mit der Entdeckung und Anwendung des Wissens universeller Naturprinzipien in Verbindung bringen sollten - die Noosphäre.
Wernadskij definierte die Biosphäre wie auch die Noosphäre als Bereiche, die einer Riemannschen Mannigfaltigkeit angehören. Diese Schlußfolgerung brachte Wernadskij in die geistige Nähe seines ungefähren Zeitgenossen Albert Einstein, der die gesamte physikalische Chemie des Bereiches, der durch die Entwicklungslinie der neuzeitlichen Naturwissenschaft seit Keplers Entdeckungen definiert wird, als Hinleitung zu den Entdeckungen Bernhard Riemanns sah.
Bei meinen eigenen Studien in der Zeit von 1948 bis 1953, die dazu führten, daß ich Riemanns Methoden übernahm, wendete ich Methoden an, die ich als unerläßlich ansah, um die Rolle des individuellen menschlichen Geistes als Antrieb realwirtschaftlicher Prozesse zu verstehen. Dies führte mich von meinen Ansichten in der Wirtschaftswissenschaft, die ab etwa 1953 feststanden, einige Jahre später zu der Erkenntnis, daß meine Arbeiten tatsächlich mit jenen Wernadskijs konvergierten. Dies definierte für mich den Prozeß der sich entfaltenden Entwicklung einer sich selbst tragenden Leibniz-Riemannschen physikalischen Wirtschaftswissenschaft in ihrer heutigen modernen Variante. Diese Erkenntnis der volleren Bedeutung von Wernadskijs Errungenschaften auf diesem Gebiet machten meine bis dahin erreichten Erkenntnisse nicht ungültig; sie fügte etwas hinzu, was mit dem teilweisen Verständnis, das ich zuvor gewonnen hatte, übereinstimmte und gleichzeitig eine notwendige Auffüllung davon war. Hieraus wiederum definiert sich der Ansatz, den ich bei der Abfassung dieses Aufsatzes verwendet habe.
Was ich vor Jahrzehnten dem Repertoire des amerikanischen Systems hinzufügte, war eine Reaktion auf die Barbarei der Arbeiten von Bertrand Russells bekannten Verehrern Professor Norbert Wiener und John von Neumann. Wie bereits erwähnt, gründeten die Hauptarbeiten ihrer Karriere („Informationstheorie“, „Spieltheorie“ und „Künstliche Intelligenz“) auf demselben Trugschluß wie Russells Principia Mathematica, deren grundsätzliche Inkompetenz Kurt Gödel 1931 aufdeckte - genau dieselbe Inkompetenz wie bei denjenigen, die Keplers Widerlegung einer vermeintlichen funktionellen Existenz des Ausgleichspunktes nicht annehmen wollten.
Ich füge dem zu diesem Thema gesagten die besondere Warnung hinzu, daß in all diesen Theorien, die im Namen der Naturwissenschaft oder der Wirtschaftswissenschaft aufgestellt werden, die unverzichtbare ontologische Existenz schöpferischer Entdeckungen universeller Naturprinzipien durch den Menschen geleugnet wird. Mein Bestreben, wie ich meine Behauptung, daß Wiener inkompetent war, am besten beweisen könnte, führte mich zu einer vollständigen Anerkennung der entscheidenden Entdeckung Bernhard Riemanns. Mein Begriff eines physikalischen Prinzips der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte gründete sich auf das Werk Riemanns, welches Albert Einstein als eine direkte Folgeerscheinung der ursprünglichen Entdeckungen Johannes Keplers bezeichnet und gelobt hatte.
Das ist der Kern meiner methodischen Prämissen für die physikalische Wirtschaftswissenschaft. Ich sehe hierin implizit den gleichen Begriff wie im pythagoräischen Komma, dem Vorläufer von Keplers Vorstellung des „Infinitesimalen“ bei den Planetenbahnen. Derartige grundsätzliche Entdeckungen Einzelner bezeichnen den eindeutigen Unterschied zwischen Mensch und Affe. Das physikalische Prinzip schöpferischen Denkens ist, wie W.I. Wernadskij zur Begründung seines Begriffs der Noosphäre bewies, das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Menschen als Individuum und Gesellschaft einerseits und Tieren oder Menschen, die sich lieber wie Tiere verhalten, andererseits.
Anmerkungen
8. In dieser Hinsicht zitierten meine Mitarbeiter und ich gelegentlich eine relevante Passage aus Adam Smiths Theorie der moralischen Gefühle von 1759, etwa in der 1980 von mir und David P. Goldman verfaßten Schrift The Ugly Truth About Milton Friedman (Die häßliche Wahrheit über Milton Friedman): „Die Natur hat uns zu diesen [Bestimmungen] weitgehend durch die ursprünglichen und unmittelbaren Instinkte gebracht. Hunger, Durst, die Leidenschaft, welche die beiden Geschlechter vereinigt, die Freude am Vergnügen und die Furcht vor Schmerz veranlassen uns, diese Mittel um ihrer selbst willen einzusetzen, ohne irgendwelche Rücksicht darauf, daß sie auf jene wohltätigen Ziele hinführen, welche der große Lenker der Natur durch sie herbeiführen wollte.” Hierin folgte Smith Bernard Mandevilles Theorie der „Laster“ sowie der physiokratischen Lehre des Dr. François Quesnay und auch der allem zugrundeliegenden mathematischen Glücksspieltheorie von Thomas Hobbes’ Lehrer, Sarpis Lakai Galileo Galilei.
9. Die Systeme von Mandeville, Quesnay, Smith und anderen bekannten liberalen Ideologen beruhen nicht auf Produktion, sondern auf dem Prinzip des Glücksspiels. Der Glauben an das Glücksspiel wurde von Sarpis Lakai Galileo, der zu einem Fachmann für die statistische Beratung Spielsüchtiger wurde, in den Liberalismus der Anhänger Sarpis eingeführt.
10. Norbert Wiener, Die menschliche Verwendung des Menschen - Kybernetik und Gesellschaft, 1958; John von Neumann und Oskar Morgenstern, The Theory of Games and Economic Behavior, 3. Auflage 1953. Siehe auch von Neumanns posthum erschienene Vorlesungen über „künstliche Intelligenz“ an der Universität Yale.
11. Man vergleiche Gödels Widerlegung Bertrand Russella (und auch John von Neumanns) mit der zentralen Frage, die sich in Platons Dialog Parmenides stellt, sowie mit Johannes Keplers Behandlung des irrtümlich angenommenen Ausgleichspunkts: In Russells Principia Mathematica wie auch von seinen Verehrern Norbert Wiener und John von Neumann wird a priori geleugnet, daß es wißbar wirksame universelle physikalische Prinzipien gibt, wobei sich Russell sein Argument einfach von Anhängern des neocartesischen Kults um den Abt Antonio Conti wie D’Alembert, Euler und Lagrange im 18. Jahrhundert „ausborgte“.
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Die Regeln zum Überleben - Erster Teil - Neue Solidarität Nr. 26/2007 Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006 - Internetseite des Schiller-Instituts Was Lyndon LaRouche wirklich sagt - Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees - in englischer Sprache |
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