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Aus der Neuen Solidarität Nr. 30/2008

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II. Was ist wirtschaftlicher Wert?

In jeder ernsthaften Diskussion über die Geschichte der heutigen Wirtschaftspolitik in Rußland hat man es mit Themen zu tun, die in einer „speziellen Sprache“ ausgedrückt werden. Diese Sprache wurde nach ihrer Ausbreitung von Europa in die nordamerikanischen Siedlungen gewöhnlich für die Diskussion verwandter Themen wirtschaftlicher Erfahrungswerte und deren Auswirkungen auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik verwendet.

Diese „Sprache“, inzwischen auch „Ökonomie“ genannt, war in ihrer heutigen Form während der auf das Jahr 1763 folgenden Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts wie auch eines Großteils der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ursprünglich durch das britische Empire festgeschrieben worden. Sie ist auch die von solchen Schülern der Haileybury-Schule der britischen Ostindien-Gesellschaft verwendete Sprache, wie dem in London vorgebildeten Karl Marx. In dieser Hinsicht war die Ausübung von vielem, was in Großbritannien als Ökonomie gelehrt wurde und das seinen Widerhall in den heutigen USA und der ehemaligen Sowjetunion fand, im wesentlichen der Haileybury-Schule der britischen Ostindien-Gesellschaft des späten 18. und 19. Jahrhunderts entwachsen und war manchmal, wie der Fall Marx verdeutlicht, eine Reaktion dagegen.

Selbst Leute wie Alexander Hamilton warnten in dieser Hinsicht vor der Notwendigkeit, die von der anglo-holländischen Führungsschicht verwendete Wirtschaftssprache in Betracht zu ziehen.16

Die einzige deutliche Ausnahme dieses „Ökonomie“-Lehrprogramms in der bekannten Geschichte der Menschheit war das sogenannte „Amerikanische System der Volkswirtschaft“, das gewöhnlich mit den Ausführungen des ersten Finanzministers der Vereinigten Staaten, Alexander Hamilton, in Zusammenhang gebracht wird, der aus damit verbundenen Gründen von dem britischen Agenten und ehemaligen Vizepräsidenten der USA Aaron Burr, einem geübten Duellanten, umgebracht wurde.17

Argumente, wie sie im Interesse des britischen Imperialismus verbreitet, Argumente, wie sie im ziemlich verschmutzten Namen der „Ökonomie“ in unseren Universitätsabteilungen und anderswo heutzutage vorgetragen werden, basieren unglücklicherweise auf den monetaristischen Annahmen hinter den Wucherpraktiken, die das moderne Venedig auf den Fundamenten der mittelalterlichen Bankenpraktiken der Mitte des 14. Jahrhunderts entwickelte.

Die Gewohnheiten, die mit solchen Theorien und Praktiken verbunden sind, Diebstahl von „Hedgefonds“ gar nicht eingerechnet, stehen mit keiner nützlichen realwirtschaftlichen Funktion in irgendeinem zweckmäßigen Zusammenhang. Wegen der allgemeinen Verwendung der besonderen „Ökonomie“-Sprache, die zur Begründung der verbreiteten Verfahrensweisen und Machteinflüsse des britischen Imperiums herhalten muß, haben sich daraus jedoch viele ansonsten widersprechende Meinungen über Wirtschaft gebildet; sie bedienen sich einer gemeinsamen speziellen Buchführungssprache, die bei Diskussionen unter Vertretern verschiedener umlaufender Theorien über vom Menschen hinterlassene wirtschaftliche Spuren verwandt wird. Die so angestoßene Diskussion nahm ihren Lauf, ohne daß das physikalische Prinzip gefunden wurde, das sich in dem sich tatsächlich bewegenden Menschen äußert. Der gewöhnliche Ökonom spricht dabei von verschiedenen Messungen und verschiedenen zu berücksichtigenden Bedingungen und Ereignissen, sagt aber absolut nichts von tieferer naturwissenschaftlicher Bedeutung, warum sich eine Wirtschaft über mittel- bis kurzfristige sowie mit bestimmten historischen Einschränkungen auch über lange Zeiträume so verhält, wie sie sich verhält.

Aufgrund der Kooptierung von Karl Marx durch das britische Außenamt ist die sogenannte marxistische Wirtschaftslehre infolgedessen nicht nur eine Variante der britisch-liberalen Wirtschaftslehre, wie Marx selbst oft betonte, wenn er die betrügerischen Äußerungen Adam Smiths u.a. als „die einzige wissenschaftliche“ Wirtschaftslehre bezeichnete. Diese Entwicklung jener britischen Manipulation in der Form, wie diese Erfahrung die weitere Herausbildung von Marx’ eigenem politischem und allgemeinem kulturellen Weltbild prägte, ist eine Lehre, die ausdrücklich auf den Erzeugnissen der Haileybury-Schule der britischen Ostindiengesellschaft aufbaut.18

Karl Marx wurde von Friedrich Engels zweimal zurückgepfiffen, denn Engels vermutete offensichtlich, Marx könnte dem Einfluß des Ökonomen des Amerikanischen Systems, Friedrich List, und später auch Henry C. Carey erliegen. Marx fügte sich Engels, der darauf beharrte, das Amerikanische System der politischen Ökonomie wenn nicht zu hassen, dann doch einfach abzulehnen. Dies wird an Engels’ Anti-Dühring, einem offen gesagt ziemlich dummem Traktat gegen Henry C. Carey und die Reformen von Reichskanzler Bismarck, deutlich.19 Ein Quellenvergleich der britischen Wirtschaftslehre, einschließlich jener Quellen, die Marx direkt und auch die meisten nachweislich marxistischen Varianten beeinflußten, zeigt eine gemeinsame spezielle Sprache, die nicht nur innerhalb einer bestimmten Variante des gleichen Markenetiketts, sondern auch unter gegensätzlichen Sichtweisen - etwa zwischen sogenannten kapitalistischen und marxistisch-sozialistischen Verfechtern - zur Abfassung von Beschreibungen verwendet wird. Dies setzte sich, bis auf wenige erwähnenswerte Ausnahmen, bis etwa zum Ende des Zweiten Weltkrieges und danach fort.20 Der endgültige Bruch mit den Formalitäten dieser speziellen Wirtschaftssprache vom Beginn des 19. Jahrhunderts setzte erst mit dem Aufkommen der radikal-positivistischen Mathematik-Kulte ein, die auch in den malthusianischen Prinzipien von Giammaria Ortes wurzelten, den Karl Marx so bewunderte. Der heutige Mathematik-Kult entstand vornehmlich mit dem Aufstieg der sogenannten „Systemanalyse“ während und nach dem Zweiten Weltkrieg um den Kern von Bertrand Russells Principia Mathematica und durch das Wirken von Russell-Anhängern wie Professor Norbert Wiener und John von Neumann.21

Wenn wir uns daher mit den Formalitäten des heutigen russischen Wirtschaftsdenkens beschäftigen, müssen wir uns darüber bewußt sein, daß wir es hier mit dem kombinierten Effekt der gleichen Tradition der von Marx verwendeten Wirtschaftskategorien der Haileybury-Schule zu tun haben, die auf diese Weise den Rahmen für die dekadente Fraktion von Bertrand-Russell-Anhängern bildeten, ihre von Neumannsche, radikale Abkehr von jedem vernünftigen Wirtschaftskonzept durchzusetzen. Man findet diesen extrem chaotischen Umschwung bei jenen sowjetischen oder ex-marxistischen Ökonomen, die sich heute unter den Verehrern des Cambridge-Kults der Systemanalyse wiederfinden, die im österreichischen Laxenburg zusammenkommen.

Wenn sich jetzt also die Diskussion dem heutigen nachsowjetischen Rußland zuwendet, müssen all diese divergierenden Traditionen, ihre Ähnlichkeiten, ihre Unstimmigkeiten und ihre gegenseitigen Unversöhnlichkeiten in Betracht gezogen werden.

Geometrie und Ökonomie

Dies sei vorangestellt, um den Kontext des Gegenstandes zu definieren, der in diesem Kapitel geklärt werden soll. Die zentrale Frage, die als nächstes behandelt werden muß, dreht sich darum, daß es weder in der Wirtschaftslehre von Marx noch jener der Haileybury-Schule einen wissenschaftlich gültigen, grundlegenden „Wert“-Begriff gibt.22

Ich meine das im selben Sinne, wie es auch in dem Sophismus von Aristoteles oder seinem Anhänger Euklid bzw. deren Nachfolger, dem Betrüger Claudius Ptolemäus, keinen wirklichen physischen Wertbegriff gibt. Eine nachsowjetische „ideologische“ Debatte über Wirtschaftsfragen zwischen Vertretern dieser Varianten ähnelt mehr einer Debatte zwischen Vertretern verschiedener Markennamen oder einer Parodie des Brettspiels „Monopoly“ als wirklichem Interesse für den Inhalt, mit dem diese Markennamen von den meisten heutigen Ökonomen in Verbindung gebracht werden. Ohne einen glaubwürdigen und starken Kontrahenten, der ihre Macht in Frage stellte, sind die internationalen monetaristischen Interessenvertreter Londons restlos und hemmungslos durchgedreht, wie sich dies unter den Anhängern des ehemaligen Federal-Reserve-Vorsitzenden Alan Greenspan zeigt.

Um ein Beispiel dieser Art Problem aus der frühen europäischen Geschichte anzuführen: Die Elemente des Aristotelikers Euklid basieren auf einer Reihe aprioristischer Annahmen, welche erwiesenermaßen keinerlei naturwissenschaftliche Grundlage haben.23 Praktisch die gesamte nützliche Geometrie vor der Zeit Euklids wurde hauptsächlich aus der Astronomie hergeleitet, wie dies die Sphärik der Pythagoräer und Platons verdeutlicht. So ist die systematischste Demonstration des Unterschieds zwischen der wissenschaftlichen Methode und der Methode aprioristischer Beschreibung die bekannte Konstruktion der Verdopplung des Würfels, welche der Stratege Archytas, der gefeierte Pythagoräer aus Tarent in Italien, als Gegenstand eines tatsächlich physikalischen Wirkprinzips durchführte.

Heutzutage ist es zum Beispiel üblich, daß Studenten an Oberschulen und Universitäten, ja selbst ausgebildete Professoren im späteren Leben, Gegenstände wissenschaftlicher Prinzipien genauso behandeln, als würden sie eine spontane Meinung über Kunstwerke anfertigen. Sie trennen wissenschaftliche Prinzipienfragen von gängigen Meinungsgewohnheiten über Gegenstände, zu welchen sie keinen grundlegenden emotionalen Zugang haben. Ihnen geht es wie allen Sophisten darum, gerne beim Nachdenken, Loben und Ablehnen ertappt zu werden, wenn sie gerade voll in dem Gegenstand engagiert sind, über den sie „handfuchtelnd“ ihre Meinung äußern. Für sie, wie für alle Sophisten, ist Wahrheit nicht das Thema; „akzeptiert“ zu werden, von welchen Kreisen auch immer, ist alles. Die „MySpace-Massenpsychose“ ist nur ein extremer Ausdruck dieses Mißbrauchs von Emotionen, der darauf abzielt, die Realitäten der Naturwissenschaften oder fast alles, was in der Erfahrung des Lebens real ist, zu meiden.

Anstatt zu versuchen, den Würfel lediglich deduktiv zu verdoppeln, steht hinter Archytas’ konstruktivem Vorgehen die gleiche Ablehnung der Quadratur des Kreises wie bei dem wichtigsten Begründer der modernen Naturwissenschaft, Nikolaus von Kues, der auf den Trugschluß des Archimedes bei der Konstruktion des Kreises und der Parabel hinwies. Nikolaus entdeckte das gleiche Prinzip, das Johannes Kepler in der Astronomie aufgezeigt hat, das auch implizit in Pierre de Fermats Prinzip der kleinsten Wirkung steckt (entgegen René Descartes und anderen) - die einzigartige Entdeckung dessen, was zutreffend das „ontologisch Infinitesimale“ in Leibniz' Entwicklung des Kalkulus genannt wird, oder das, was Carl F. Gauß in seiner Doktorarbeit als Leonhard Eulers Betrug an Leibniz u.a. bezüglich des Fundamentalsatzes der Algebra widerlegt hat. Das gleiche Prinzip liegt der Gesamtheit des Riemannschen Werks sowie dem Spätwerk Albert Einsteins zugrunde: alles muß neu bedacht werden, wozu wir nach der Vorlage von Riemanns Habilitationsschrift 1854 verpflichtet sind.24 Es stecken auch nützliche Aspekte in Euklids Werk; sie liegen in jenen seiner Haupttheoreme, die er aus den Arbeiten seiner Vorgänger übernommen hat; diese übernommenen und als Kompendium eingestuften Theoreme erscheinen nun samt einiger hinzugefügter unverblümter Sophismen als Teil der Elemente. Es wurde gezeigt, daß die als Definitionen präsentierten Apriori-Annahmen bloß willkürlicher Ausdruck apriorischer Vermutungen gewesen sind, und wenn man sie als Konzeptionen tatsächlicher physikalischer Prinzipien annimmt, sind sie zudem noch vollkommen falsch, wie am Beispiel des vorsätzlichen Betrügers Claudius Ptolemäus deutlich wird.25

Praktisch das gleiche läßt sich auch über das sagen, was heutzutage allgemein als Wirtschaftswissenschaft akzeptiert ist. Ähnlichen Unsinn verzapft derjenige, der, wenn er aufgefordert wird, ein physikalisches Prinzip oder ein vergleichbares Konzept zu benennen, an die Tafel geht oder ein ähnliches Medium benutzt, eine Reihe von Formeln niederschreibt und seine Ausführungen mit einer Geste beendet, die die leichtgläubigen Beobachter seines Auftritts dazu auffordert, mit einem „Amen”, oder einem „q.e.d.” zu antworten. Der aufmerksame Zuhörer wird versucht sein, dieses Ritual mit dem offensichtlichen Hinweis zu unterbrechen: „Sie haben kein wirklich entscheidendes physikalisches Experiment präsentiert!”

Soviel zur Vorbereitung darauf, was dies für den Wirtschaftsstudenten bedeutet.

Marxistische Wirtschaftslehre an sich

Sie meinen, Sie hätten die marxistische Wirtschaftslehre verstanden. Dann erklären Sie mir bitteschön, was falsch daran ist. Warum sind die Marxisten gescheitert? Und warum hat der gewählte Ersatz dafür noch viel schlimmer versagt?

Um einen Einblick zu gewinnen, wie der Marxismus auf den Russen von heute wirkt, muß man die geistigen Eigenarten des heutigen Amerikaners oder Europäers verstehen, der zwar vorgibt, das Geistesleben des heutigen Russen zu untersuchen, in Wirklichkeit aber nur Belege liefert, die wichtige, klinische Einblicke in das Krankheitsbild seines eigenen Geisteslebens bieten. Oft geben uns Amateur- und andere Psychologen unbeabsichtigt bessere Einsichten in ihre eigenen Geistesstörungen als von der Denkweise der Patienten, die sie zu analysieren vorgeben.

Man nehme beispielsweise Johannes Keplers einzigartige, ursprüngliche Entdeckung des universellen physikalischen Prinzips der Schwerkraft. Zuerst beweist Kepler, daß die Erdumlaufbahn physikalisch nach einem Prinzip von gleichen Flächen in gleichen Zeiträumen erzeugt wird. Weil solch eine reale Orbitalbahn nicht durch die Methode der Quadratur erzeugt werden kann, wie Archimedes sie irrtümlicherweise auf den Kreis und die Parabel anwendete, läßt sich die Ursache für die Umlaufbahn nicht in den Begrenzungen der Bahn finden, sondern die Bahn muß als vorgezeichnetes Produkt des durch ein universelles physikalisches Prinzip bestimmten Verlaufs betrachtet werden, ein Prinzip, das nicht direkt mit den Sinnen wahrgenommen werden kann, so wie Kepler diesen Umstand in seiner Darstellung eines allgemeinen Prinzips der Schwerkraft in seiner Weltharmonik genau bestimmt.26

Diese Aufgabe auf dem Feld der Naturwissenschaft ist die gleiche, die man auch auf dem Feld der menschlichen Psychologie wiedertrifft. Das Prinzip, welches das augenscheinliche menschliche Verhalten vorzeichnet, ist die Wahrheit über menschliches Verhalten - im gleichen Sinne, wie die Planetenumlaufbahn ein Schatten des Gravitationsprinzips ist. Diese Sicht der Psychologie ist von entscheidender Bedeutung, um das Verhalten von Massen als kulturell gesteuertes Verhalten zu behandeln, so auch das wirtschaftliche Massenverhalten, das unserer derzeitigen Untersuchung zugrunde liegt. Jemand, der meint: „Das ist meine Tradition!“, oder mit der Behauptung droht: „Das ist meine Kultur!“ oder: „Das ist unsere Kultur!“, offenbart dadurch mehr über sich selbst und die moralischen Mängel seines Denkens, als er sich eingestehen würde.27

Gottfried Wilhelm Leibniz hat durch seine einzigartige, ursprüngliche Entdeckung des Kalkulus die umfassendere Bedeutung davon aufgezeigt. Er benutzte dazu eine einzigartige Methode, welche er sich durch eine genaue Beschäftigung mit Keplers Werk herleitete. In einer späteren Phase berücksichtigte Leibniz auch die entsprechenden Folgerungen aus dem Prinzip der geringsten Wirkung, welches auf Pierre de Fermat zurückgeht: das Prinzip der universellen physikalischen geringsten Wirkung, das Leibniz zusammen mit seinem Freund Jean Bernouilli vorlegte.

Ein umfassenderes Verständnis dieser Frage geht aus Albert Einsteins Verweis auf das Werk Bernhard Riemanns hervor, indem er die entsprechende tiefere Bedeutung von Keplers Werk für die Naturwissenschaft im allgemeinen aufzeigte. Daraus bestimmte sich ein selbstbegrenztes Universum als ein selbst expandierendes (d.h. anti-entropisches) Universum, das durch wirksame universelle Prinzipien - ähnlich dem von Kepler entdeckten Prinzip der universellen Schwerkraft - selbstbegrenzt ist.

Das Prinzip definiert somit die Formel, und nicht die bloß aufgestellte Formel die eigentliche Wirksubstanz, das Prinzip. Das so definierte Konzept verweist auf  das substantielle Wirkprinzip.

Es ist an und für sich nichts Falsches daran, eine beschreibende Methode zu verwenden, selbst wenn die Beschreibung als solche wissenschaftlich nicht wirklich zutrifft. Wenn man Beweise dafür entdeckt, daß an den auf solchen Beschreibungen beruhenden hypothetischen Annahmen etwas falsch ist, beginnt erst die wissenschaftliche Behandlung des Gegenstands. Nur wenn man diese Unterscheidung zwischen Substanz und Schatten übersieht, nimmt das absurde Verhalten seinen Lauf.

Wenn man also die marxistische Wirtschaftslehre als ein beschreibendes System auffaßt, das auch für die gewöhnliche Finanzbuchführung gut wäre, ohne zu glauben, es sei eine wirkliche Wissenschaft, eignete sie sich ohne weiteres für die Besprechung fast aller Fragen, für die sich die meisten Abgänger der Wirtschaftsfakultät früher einmal interessiert haben - jene, die ernsthaft ihren Geist anstrengen wollten, anstatt nur Prüfungen zu bestehen oder auf die Verleihung von Graden und Titeln aus zu sein, und die diese Frage ohne weiteres verstehen würden - wenn auch nur auf kantianische oder ähnliche Weise.28 Ein Marxist, der kompetent ausgebildet ist, um als marxistischer Ökonom aufzutreten (eine seltenes Wesen in der heutigen Welt), könnte zwar seine Absicht ehrlich und brauchbar beschreiben, doch eigentlich weiß er gar nicht, warum das von ihm identifizierte Phänomen überhaupt entstanden ist. Wo Wissen über das Prinzip fehlt, wird das Vakuum durch Wunschglauben gefüllt.29 In früheren, vernünftigeren Zeiten, sozusagen vor Alan Greenspan, hätte man somit den Unterschied zwischen der marxistischen Wirtschaftstheorie und der sogenannten „klassischen Ökonomie“ von Ende des 18. Jahrhunderts oder Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts grob als praktischen Bedeutungsunterschied zwischen den Mundarten einer gemeinsamen Sprache beschreiben können. (So wie man zu sagen pflegt, daß Amerikaner und Briten durch die Barriere einer gemeinsamen Sprache getrennt sind.) So konnte sich ein Ökonom, der in der Zeit vor dem Mord an US-Präsident John F. Kennedy, als noch nicht „freier Handel“, sondern „fairer Handel“ herrschte, für General Electric arbeitete, mit einem sowjetischen Vertreter oder einem deutschen Sozialdemokraten der „Kanalarbeiter“-Fraktion ohne besondere grundsätzliche Schwierigkeiten austauschen, um sich über Themen zu verständigen, die damals in der aktuellen Diskussion waren.30

Gewöhnlich wären alle drei Diskussionspartner im Irrtum gewesen, wenn auch auf unterschiedliche Weise; dennoch konnten ihre Diskussionen nützlich sein und waren manchmal sogar produktiv.

Nehmen wir mein eigenes Beispiel, um diese Frage zu verdeutlichen.

Ich war zwar in meinen mittleren bis späten Jugendjahren immer ein Anhänger von Leibniz und war im Grunde bereits auf dem Weg, der mich 1953 zu Riemann brachte, Tatsache ist jedoch, daß ich in der Nachkriegszeit von 1946-53, als ich als Unternehmensberater arbeitete, gleichzeitig auch ein nie schwankender, loyaler Bewunderer von Franklin Roosevelt war. Aus patriotischen Gründen stand ich deshalb der sozialistischen Opposition in Amerika gegen Präsident Truman sowie gegen den berüchtigten Senator Joseph McCarthy und den Senator und späteren Präsidenten Richard Nixon nahe. Meine Differenzen als einer von jenen, die dieser Sicht zustimmen konnten, hinderten mich nicht daran, die verschiedensten Berufsgruppen zu verstehen und mich ihnen verständlich zu machen, mit denen ich im Laufe meiner Tätigkeit zu tun hatte. Doch deckten sich meine eigenen Ansichten besonders seit Anfang 1953 in keiner tiefergehenden Hinsicht mit denen dieser anderen Leute. In praktischen Fragen wirtschaftlicher Analysen und Vorschläge drückten wir alle jedoch in diesen Zeiten zu gewissem Grad ein praktisches Verständnis über die anstehenden Probleme aus.

So ist das Leben unter vernünftigen Berufstätigen unterschiedlicher Überzeugungen, wenn die Umstände erträglich sind. Die heutigen Umstände sind dagegen unerträglich. Es kommen Zeiten und Orte, wo solche auskömmlichen Verhältnisse zusammenbrechen, wie es jetzt geschieht. Die Wirtschaftspolitik der heutigen amerikanischen Regierung ist längst vollkommen unerträglich, und war es im Grunde schon seit den siebziger Jahren. Betrachten wir nun einige bestimmte Amerikaner von heute, die sich in ihrer Vorstellung mit den Russen von heute beschäftigen, während ich in Wirklichkeit eine klinische Begutachtung ihrer eigenen Verhaltensweisen und ihrer zum Ausdruck gekommenen Beweggründe durchführe.

„Weil ein Nagel fehlte...“

Es gibt einen englischen Kinderreim, der pädagogisch recht wertvoll ist. Das Gedicht schildert den Verlust eines Hufnagels, der zum Verlust des Hufeisens, zum Verlust des Pferdes und letztendlich „zum Verlust des Königreichs“ führt - alles wegen des Verlustes eines Hufnagels. Das Paradox, das ich hier bisher vorgestellt habe, nimmt einen ähnlichen Verlauf, es ist aber kein Kinderreim. Es ist die Wirklichkeit der Situation, der die Welt heute wirtschaftlich gegenübersteht.

Unter den wichtigen Amtsträgern und Fachleuten von heute mangelt es diesbezüglich fast durchgehend an der Idee einer physischen Wirtschaft im Gegensatz zu einer reinen Finanzwirtschaft. Dies ist in der gegenwärtigen Diskussion unser „Hufnagel“.

Dieser Mangel nimmt die Form von Massenwahnsinn an, wenn Länder sich darauf versteifen, das sogenannte „Freihandelsprinzip“ zu verteidigen - vor allem seit Berater Präsident Richard Nixons wie George Shultz von der Chicago School (der gleiche, der uns später auch die nazistische Pinochet-Diktatur in Chile bescherte) den einfältigen Nixon dazu brachten, das 1944 von Präsident Franklin Roosevelt eingeführte Bretton-Woods-System abzuschaffen. Dieser Verlust des entscheidenden Vernunft-Nagels, der Verlust kultureller Gesundheit in der Zeit nach 1968, ausgelöst durch einen Apriori-Glauben an den „Freihandel“, bedeutete den „Verlust dieses kleinen Dinges“, des Grundprinzips kompetenter Politikgestaltung - einen Verlust, der zum wichtigsten Bestandteil des Massenwahnsinns geworden ist, der die Welt seit dieser Zeit mehr und mehr beherrscht. In diese Richtung verlief zunehmend der weltwirtschaftliche Trend seit 1971 und schuf so den Prozeß des schrittweisen Abstiegs, der zu der unheilbaren Krebserkrankung des heutigen Weltmarktsystems geführt hat.

Hier von „einem kleinem Ding“ zu sprechen, soll heißen, daß der Unterschied zwischen der Idee eines bestimmenden physischen Wertfaktors und dem Wert eines monetären Prozesses, solange man mit Geld kaufen kann, was für den alltäglichen Gebrauch notwendig ist, relativ klein erscheint. Als den Russen damals unter Präsident Jelzin der Zusammenbruch ihres physischen und nicht bloß monetären Lebensstandards akut bewußt wurde, war der Unterschied zwischen einer physischen Ökonomie im Unterschied zu einer Geldwirtschaft kein kleines Ding mehr.

Zum Beispiel war es in den USA bis vor kurzem fast unmöglich, einen typischen Amerikaner davon zu überzeugen, daß die US-Wirtschaft seit 1971-1973 (eigentlich bereits seit ungefähr 1966-1967) physisch kollabierte, wo doch die Wirtschaft tatsächlich mit allgemein zunehmender Geschwindigkeit innerhalb des ganzen Zeitraumes zwischen 1971 und 2008, und jetzt mit noch größerer Beschleunigung, zusammengebrochen war. Der Wunsch, dem verbreiteten Mythos zu glauben, war für den Durchschnittsbürger größer als die zunehmende Schmerzhaftigkeit seiner eigenen Realitätserfahrung.

Der entscheidende Faktor hierbei ist die systematische, ideologische Ablehnung eines Konzepts physischer Wirtschaft, eines Konzepts, in dem der brillante und fruchtbare Verstand des Physikers Pobisk Kusnezow  (zumindest weitgehend) während der Zeit unserer Beziehung in den neunziger Jahren mit mir übereinstimmte. Vergleicht man damit die transatlantischen Erfahrungen der Zeit nach 1945, bestand der schädlichste Faktor bei der potentiell fatalen Lockerung des Vernunft-Nagels in realwirtschaftlichen Fragen in dem Existentialismus, der von den Kreisen um Theodor Adorno, Hannah Arendt u.a. unter Federführung des eigentlich pro-faschistischen „Kongresses für Kulturelle Freiheit“ nach dem Zweiten Weltkrieg ausging. Der Verlust des Verständnisses für die reale Produktion der Mittel, um die physischen Bedürfnisse zu befriedigen, ist der Hauptfaktor, der in Nordamerika und Europa den typischen Wahnsinn in bezug auf Geld gefördert hat, ein Wahnsinn, der sich graduell, dann aber immer schneller in der Folgezeit des Zweiten Weltkrieges entwickelte.

Ich erläutere das.

Die unmittelbaren Gehirnwäscheopfer dieser gezielten kulturellen Kriegführung, die sich hauptsächlich gegen die Figur des US-Präsidenten Franklin Roosevelt richtete, waren überwiegend die Angehörigen der typischen sogenannten „Angestelltenschicht“ unter den Veteranen des Zweiten Weltkrieges und deren Frauen, insbesondere diejenigen, deren Karrieren und Streben nach einem verbesserten Sozialsystem sie bei Verfahren zur Sicherheitsüberprüfung durch die Bundeskriminalpolizei (FBI) und ähnliche Agenturen in den USA und im Ausland extrem anfällig machte.

Diese Familien waren das Gesamtziel, doch vor allem hatte man es auf deren Kinder abgesehen, Kinder verängstigter junger Erwachsener in der Zeit zwischen 1945 und 1958 (wobei die Hausfrau während des Krieges meist nicht im Militärdienst gewesen war). Die in diese Haushalte hineingeborenen Kinder galten in der Umgangssprache der fünfziger Jahre als Familienmitglieder der sozialen Kategorie des „Angestellten“ oder des sogenannten „Organization Man“, Kinder, die überwiegend zwischen 1945 und der Zeit der relativ tiefen US-Rezession 1958 geboren wurden. Auf diese Kinder müssen wir unsere besondere Aufmerksamkeit richten, wenn wir die schlimmsten moralischen Funktionsstörungen, deren Einfluß auf einen Großteil ihrer Klasse die Folgezeit des Frühjahrs 1968 vor allem in Amerika und Europa möglich machten, beurteilen wollen.

Die 68er-Epidemie

Der Schlüssel zum geistigen Verhalten der heutigen 68er liegt in der kulturellen und auch moralischen Verderbtheit, die den Kindern der zurückkehrenden Veteranen als Sophismus eingeimpft wurde, Veteranen, deren eigene Kindheit in der Realität der Depression der dreißiger Jahre, des Krieges von 1939-1945 und dann als Opfer der Truman-Präsidentschaft mit ihren im Namen Londons ausgestoßenen Drohungen eines Krieges mit Atom- und Wasserstoffbomben geprägt wurde. Diese Erfahrungen erzeugten den harten Kern der Verderbtheit, der sich besonders in Amerika und Europa seit dem Frühjahr 1968 in einem bestimmten soziologischen Nukleus als Neigung zu „reinigender Gewalt“ äußerte.31

Das zeitliche Erscheinen dieser 68er-Entwicklung war keineswegs zufällig. Bis zu einem bestimmten Punkt des US-Krieges in Indochina Mitte der sechziger Jahre hatte die studienbedingte Zurückstellung von der Einziehung zum aktiven Militärdienst bei denjenigen, die sich als „intellektuell Privilegierte“ und „Wehrdienstbefreite“ ihrer Babyboomer-Generation betrachteten, eine bestimmte Form der Abgestumpftheit gegenüber der Kriegsrealität erzeugt.32 Diese jungen Leute, die sich als privilegiert betrachteten, sahen in den anderen, den „niederen“, „arbeitenden“ sozialen Klassen das geeignete Kanonenfutter für den Krieg in Südwestasien, oder wo auch immer die Ereignisse sie hinverschlagen würden.

Als jedoch die Einberufungsbefehle auch die Universitäten zu erfassen begannen - eine Schicht, die sich aus privilegierter Überheblichkeit ins Fäustchen lachte, weil sie von der Gefahr ausländischer Militäreinsätze verschont zu bleiben glaubte, wie es auch der spätere Vizepräsident Al Gore getan hatte - wurden Angst und Haß auf den Verlust ihrer Eliteprivilegien zusammen mit der am 1. März einsetzenden Krise des US-Dollars und der „Tet-Offensive“ zum sozialen Zünder all dessen, was notwendig war, um die Randale-Reaktionen von 1968 und danach zur Explosion zu bringen.

Blickt man tiefer in das Denken der 68er Randaletypen, waren der Glaubwürdigkeitsverlust des US-Dollars am 1. März 1968 und die Wirkungen, die von der „Tet-Offensive“ ausgingen, die wichtigsten Zünder, wie ich sie während der Entwicklungen des Frühjahrs 1968 und danach gesehen habe. Nicht eine Ungerechtigkeit ihnen gegenüber hatte sie provoziert; sondern ich beobachtete eine „Existenzangst“ unter jenen, die sich als Vertreter einer privilegierten Faulenzer-Klasse betrachteten. Sie flohen vor ihrer realen, existentiellen Angst, mit der Mehrheit von „Arbeitern“ aus dem Industrie- und Landwirtschaftsbereich in einen Topf geworfen zu werden, die sie mehr und mehr zu hassen begannen.

Das Spektakel, daß Präsident Charles de Gaulle, der größte Held Frankreichs der Nachkriegszeit, in den Straßen von Paris förmlich bespuckt wurde, ist eine Ausdrucksform des gleichen Prozesses unter etwas anderen Umständen. Europa hat sich kulturell bis heute nicht von den Schäden erholt, die durch die wiederholten Mordversuche an Präsident de Gaulle, den Mord an US-Präsident John F. Kennedy und durch die Ermordung von Martin Luther King und Senator Robert Kennedy 1968 angerichtet wurden.

Die soziologische Entwicklung von 1968-1971 erzeugte nicht die anhaltenden Effekte, welche die USA und andere Länder seit dieser Zeit erfaßt haben. Der eigentliche Motor der anhaltenden Dekadenz war vielmehr die systematische Zerstörung von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt und Stabilität; dieser anhaltende Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen unserer Republik begann mit der Dummheit Präsident Nixons 1971 und unter dem faktischen Verrat dessen, was man zutreffend als gezielte, schnelle „Dekonstruktion“ durch die Trilaterale Kommission während und nach der Carter-Regierung 1977-1981 beschreiben kann. Das war der beabsichtigte persönliche und moralische Zerstörungsprozeß für ausgewählte einzelne Individuen vor allem unter den 68ern, die dann jene synarchistische Unmoral des Kulturpessimismus zu verkörpern begannen, die sie dazu motivierte, jede Stütze des  wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritts einzureißen, die seit dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut worden war.

Jeder, der „in dieser Journalistenwelt des Establishments, in der die Dinge sind, wie sie sind“, vorankommen wollte, wurde ziemlich sicher entweder ein direktes Gründungsmitglied des 68er Phänomens oder wünschte sich aus purem unmoralischen Opportunismus oder aus „Lust an dem Trip“, in deren Reihen aufgenommen zu werden. Wenn es weiter nichts gab, reichte vielen auch eine Mitfahrt auf einem Anteil der unrechtmäßig erworbenen Gewinne des britischen Agenten George Soros. Unter dem Befehl von Soros, der Obama und Howard Dean finanziell aushält, bekommen die Reichen die Dollars und die übrigen den „Change“ [Wechselgeld].

Das „Babyboomer-Syndrom“, wie ich seine Ursachen und Merkmale hier zusammenfassend beschrieben habe, heißt somit die Gefahr für die ganze Menschheit.

Die hysterische Leugnung des „Babyboomer-Syndroms“ von 1945-2008 insbesondere durch jene, die heute führende Machtpositionen in Regierung und Privatsektor innehaben, ist der Schlüssel zum Verständnis dafür, wie die Massenmedien der USA und die liberalen Massenmedien West- und Zentraleuropas Rußland und die Geschichte Rußlands noch heute betrachten. Um das Motiv zu verstehen, welches sich die Anschauung der „Babyboomer“ zunutze macht, muß man sich die Machtzentren des anglo-holländischen Liberalismus und das Mitwirken jener US-Finanzinteressen, die in der Tradition der „Verräterpartei“ der britischen Ostindiengesellschaft im amerikanischen Finanzestablishment stehen, näher betrachten.

Sobald man den Babyboomer-Faktor und den Einfluß Londons darauf abgerechnet hat, muß man sich fragen: Was ist eigentlich wirtschaftlicher Wert? Was ist die Realität in dieser Angelegenheit?

Lesen Sie bitte weiter: III. Die Wissenschaft der physischen Ökonomie


Anmerkungen

16. Die Geschichte der auf systematischem Wucher basierenden britischen Schule der politischen Ökonomie stammt im wesentlichen aus Venedig, angefangen mit der Rolle des Francesco Zorzi (De Harmonia Mundi, 1525) in der Heiratsaffäre des englischen Königs Heinrich VIII. bis zur Übernahme der Kontrolle über die englische Monarchie Jakobs I. durch die Venedig-Fraktion Paolo Sarpis und von Sarpi-Agenten wie Galileo Galilei sowie der Schule des René Descartes und des Pariser Abts Antonio Conti. Am wichtigsten für die britische Schule der 1790er Jahre und danach ist der Fall Giammaria Ortes, dessen Werk (1790) von Thomas Malthus von der Haileybury-Schule abgeschrieben wurde, und der der tatsächliche Begründer des modernen Malthusianismus von Leuten wie Prinz Philip und seinem Lakaien und früheren US-Vizepräsidenten Al Gore war. Ortes hatte erheblichen Einfluß auf Karl Marx’ eigenes Ökonomiedenken, trotz dessen anderweitiger Angriffe auf Malthus.

17. Siehe Anton Chaitkin, Treason in America: From Aaron Burr to Averell Harriman, New Benjamin Franklin House, New York, 1985, für ausführliche Belege über Burrs Rolle. Zusätzlich sei gesagt, daß Burr vom Chef des Geheimkomitees des britischen Außenamts, Jeremy Bentham, angeleitet wurde, eine völlig verdorbene Person, wie aus seinen eigenen Veröffentlichungen deutlich wird. Bentham, der entscheidende Elemente der Französischen Revolution unter seiner Kontrolle hatte, war auch der Hintermann der Bolivar-Bewegung, die Bolivar selbst später als eine direkte Bentham-Operation entlarvte. Er war zusammen mit seinem von ihm persönlich ausgebildeten Nachfolger im Außenamt, Lord Palmerston, der Organisator hinter der Gruppe Junges Europa und auch der Organisation Junges Amerika, deren Aufgabe es war, den Sklavenkult der Londonhörigen Konföderierten Staaten von Amerika aufzubauen. Zu den Komplizen Burrs gehörte jener Andrew Jackson, der sowohl mit Burrs Verschwörung in Zusammenhang stand als auch als Agent des New Yorker Bankers, des Urhebers der Landpanik von 1837 und US-Präsidenten Martin van Buren diente.

18. Bei Marx’ Rekrutierung spielte das Britische Museum unter dem Außenamtsspezialisten David Urquhart eine Rolle, zu dessen leitenden Geheimdienstfunktionen dort die Überwachung der Korrespondenz unter den Agenten des Palmerston-Agenten Mazzini gehörte. Der gleiche törichte Karl Marx, der ein Buch über den angeblichen „russischen Spion“ Lord Palmerston schrieb, wußte gleichwohl, daß er selbst ein Agent des gleichen Mazzini gewesen ist, der später Marx öffentlich als Vorsitzenden der von Mazzini gegründeten „Ersten Internationale“ ins Gespräch brachte. In der Zeit nach dem durch US-Präsident Abraham Lincoln verursachten Niedergang Palmerstons wurde Marx vom britischen Außenamt, das Anarchismus, Anarchosyndikalismus und den als französische Krankheit bekannten Synarchismus (später auch als Faschismus bezeichnet) unterstützte, im wesentlichen fallengelassen und starb als Erscheinung früherer Zeiten in relativer Abgeschiedenheit. Marx wurde später von seinem früheren Freund Friedrich Engels in gewisser Hinsicht wiederbelebt. Engels sollte im Auftrag der Fabian Society bei Projekten wie der Rekrutierung von Alexander Helphand (auch als „Parvus“ bekannt) eine wichtige Rolle spielen. Der gleiche Helphand fungierte lebenslang als Agent der Fabian Society bei verschiedenen Waffengeschäften und anderen Zünften, die geeignet waren, die von ihm selbst geprägte Lehre vom „permanenten Krieg, permanenter Revolution“ zu verbreiten. Das ist noch heute die Hauptstrategie der fabianischen Mannschaft des früheren Premierministers Tony Blair.

19. Während seiner letzten Lebensjahre verfolgte Carey zwei äußerst bemerkenswerte Auslandsprojekte, eines zur Unterstützung der Meiji-Restauration für Wirtschaftsreformen im Stil des Amerikanischen Systems in Japan, und das andere zur Unterstützung von Reichskanzler Bismarck bei der Umsetzung von Reformen im Stil des Amerikanischen Systems in Deutschland. Eugen Dühring war ein Intellektueller, der sich für die Bismarckschen Reformen einsetzte. Genauso wie Engels den Vorstellungen von Thomas Huxley nahestand, der H.G. Wells praktisch in einem Laboratoriumsprojekt erzeugte, waren seine Polemiken auch in diesem Fall im wesentlichen wissenschaftlich dummes, spätempiristisches Zeug. In der gleichen Zeit wurde der große russische Wissenschaftler D.I. Mendelejew durch die Hundertjahrfeier in Philadelphia dazu angeregt, den Zaren davon zu überzeugen, die große neue wissenschaftlich-industrielle Revolution im damaligen Rußland in Gang zu setzen.

20. Der Umstand, daß einige Ökonomen manchmal brillante Erkenntnisse über realwirtschaftliche Entwicklungen hervorbringen, widerspricht nicht meinen Warnungen vor allgemein akzeptierten akademischen und anderen Lehrmeinungen. Die Erkenntniskräfte, die der einzelne Denker mit seinen schöpferischen Fähigkeiten besitzt, führt den geschulten Ökonomen zu Einsichten, zu denen er auf Grundlage der allgemein akzeptierten Wirtschaftslehren niemals gelangt wäre. Manchmal möchte man meinen: „Ja, er ist ein brillanter Ökonom, aber das ist er nur, weil er gegen die akzeptierten Regeln verstößt, mit denen er seinen Status als ausgebildeter Fachmann erlangte.“ Der bereits verstorbene Pobisk Kusnezow ist hierfür ein zutreffendes Beispiel. Als versierter Physiker erkannte er ein Prinzip der physischen Ökonomie, welches gegen das falsche Prinzip der Thermodynamik verstieß, das er gegen genau jene Entdeckung in der Ökonomie in Schutz nahm, für die er mich lobte.

21. Der Wechsel in der wirtschaftswissenschaftlichen Auffassung läßt sich sinnvollerweise mit der Veränderung der positivistischen Sicht der Mechanik, der von Ernst Mach, zu Russells grundsätzlicher Veränderung von der Mechanik zum Standpunkt der Principia Mathematica während des gleichen Jahrzehnts vergleichen. Es lohnt sich auch, die rücksichtslosen Angriffe auf das Werk Max Plancks durch die Anhänger Machs in Berlin und Wien während des Ersten Weltkriegs sowie den Übergang zu den noch radikaleren Angriffen durch die Anhänger Bertrand Russells auf den Solvay-Konferenzen der zwanziger Jahre zu betrachten.

22. Dieser Unterschied drückt sich als eine prinzipielle Erweiterung des Umstands aus, daß sich in der Euklidischen Geometrie oder der Praxis der Finanzbuchhaltung kein wirklich physikalisches Prinzip findet.

23. Wie ich an anderer Stelle bereits mitgeteilt habe, erfolgte meine eigene Ablehnung der Euklidischen Geometrie bereits bei meiner ersten Begegnung mit ihr in der Grundschule, als ich sie mit meinen früheren Beobachtungen auf der Navy-Werft in Charlestown verglich, wo man mit Hilfe der physikalischen Geometrie für Trägerstrukturen das minimale Gewicht bei maximaler Stärke dynamisch herauszufinden versuchte.

24. Keplers Feststellung des Prinzips „gleiche Zeit, gleiche Fläche“ zeigt, daß hier ausschließlich ein ontologisches und kein räumliches Infinitesimal als Ausdruck eines universellen physikalischen Wirkprinzips hinter dem Phänomen der Gravitation vorliegt. Dieses Konzept gehörte zu den beiden herausragenden Aufgaben, die Kepler „zukünftigen Mathematikern“ mit auf den Weg gab: Der Kalkulus des Infinitesimals (keiner „unendlichen Reihen“) von Leibniz und die Verallgemeinerung des physikalischen Begriffs elliptischer Funktionen durch die führenden Zeitgenossen von Carl F. Gauß. Die gleiche Überlegung kommt in Albert Einsteins Sicht von Kepler zum Ausdruck und äußert sich in Einsteins Abneigung gegenüber dem systematischen methodischen Fehler, der sich in dem Einfluß der Anhänger von Ernst Mach, Bertrand Russell und Russells Nachläufern unter den Vertretern der Cambridger Systemanalyse ausdrückt.

25. Zum Beispiel: Alles, was Kepler im Zuge seiner Widerlegung von Claudius Ptolemäus’ Schwindel über Aristoteles sagt, muß auch über Euklids Elemente gesagt werden. Die Bedeutung davon wird auch in dem Angriff deutlich, den Philo von Alexandria, der Freund des Apostels Petrus, auf Aristoteles führte. Entgegen der Lehrmeinung des Aristoteles, entgegen der in Euklids Elementen enthaltenen Theologie und entgegen dem Betrug des Claudius Ptolemäus hat sich der Schöpfer durch den Schöpfungsakt nicht selbst ohnmächtig gemacht. Wie ein lieber Freund, ein bekannter Rabbi unserer Zeit, betonte: Der Messias wird nicht wie nach einem Bahnfahrplan erscheinen, sondern dann, wenn Gott es will.

26. Wie Kepler wußte (und „zukünftige Mathematiker“ warnte) und wie Mathematiker aus Gauß’ Zeit zeigten, gibt es einen qualitativen Unterschied zwischen den Ironien der Quadratur, die sich bei der Erzeugung eines Kreises stellen, und der höheren Ordnung im Zusammenhang mit elliptischen Funktionen.

27. Bezeichnend hierfür ist das Gerede über die „menschliche Natur“, das der typische Brite der Mittel- bis Oberschicht von sich gibt. Eine klassische Veranschaulichung hiervon ist das Argument de Moivres, D’Alemberts u.a., auf welches sie und andere ihre pathologische Vorstellung „imaginärer Zahlen“ gründeten.

28. Man sollte erkennen, daß angesichts der heutigen Weltkrise eine solche Nachsicht nicht mehr tolerierbar ist.

29. Was heute, und besonders seit den Entwicklungen von 1989, oft als Kritik an Karl Marx vorgebracht wird, läuft auf die einfache Beobachtung hinaus, daß Marx nach dem Untergang der Sowjetmacht nicht mehr modern sei.

30. Die Zusammenarbeit zwischen John Kenneth Galbraith und Prof. Stanislaw Menschikow ist hierfür ein grundlegendes Beispiel.

31. Diese historische Tatsache habe ich durch die Beschäftigung mit Ereignissen wie dem gewalttätigen Generalstreik der Berliner Straßenbahnfahrer Anfang der dreißiger Jahre in meiner Schrift Die Neue Linke, Lokale Kontrolle und Faschismus vom Sommer 1968 erkannt. Dabei betonte ich das ständige Hin- und Herwechseln in der Parteizugehörigkeit zwischen Kommunisten und Nazis während dieses Streiks, was ich als einen klinischen Beweis für die spezifisch synarchistischen Bestandteile in der „sozialen Chemie“ wichtiger Teile der 68er-Generation ansah. Dies war jedoch nicht spontan. Der Besuch Herbert Marcuses auf dem Campus der Columbia University bei bestimmten Ereignissen dort ist nur typisch für die intellektuelle Manipulation, die den Widerhall des Berliner Straßenbahnerstreiks geschaffen hat.

32. Man nehme das Beispiel von US-Präsident George W. Bush, der dem Kampfeinsatz während des Vietnamkrieges durch das Klassenprivileg einer Verwendung bei der Texas Air Guard entging, oder den Fall des späteren US-Vizepräsidenten Al Gore, der den Militärdienst in ähnlicher Weise vermied.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Einleitung
- Neue Solidarität Nr. 30/2008
I. Eine einzigartige Chance für wirtschaftliche Erholung
- Neue Solidarität Nr. 30/2008
III. Die Wissenschaft der physischen Ökonomie
- Neue Solidarität Nr. 30/2008
IV. Das Entwicklungsprogramm
- Neue Solidarität Nr. 30/2008
V. Phädon: Was ist Unsterblichkeit?
- Neue Solidarität Nr. 30/2008

 

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