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Aus der Neuen Solidarität Nr. 51-52/2007 |
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Das Konzept des Internet-Lexikons Wikipedia geht zurück auf eine Idee des britischen Imperialisten H.G. Wells.
Der eigenen Webseite zufolge ist Wikipedia kein Verleger von originalem Gedankengut (WP:NOT#OTHOUGHT); es ist keine Demokratie (WP:NOT#DEMOCRACY); es ist keine wahllose Sammlung von Informationen (WP:NOT#INFO, WP:NOT#NEWS), und ist doch zugleich nicht zensiert (WP:NOT#CENSORED).1
Vielmehr soll, so Gründer Jim Wales, die „schnelle und schlagkräftige Zerstörung“ von unhaltbaren Verschwörungstheorien gesichert werden. Der „offen kollaborative Ansatz“ zeige hier seine große Stärke. „Es ist recht einfach, eine Pseudo-Dokumentation wie ,Loose Change' anzusehen und sie überzeugend zu finden, bis man sich dann mal zurücklehnt und mit Hilfe von Webseiten wie Wikipedia seine Hausaufgaben macht“, schrieb Wales im Juli 2006 auf campaign.wikia.com zum Thema „Verschwörungstheorien über 9/11“.
Stöhnt man stets „Verschwörungstheorie!“ und schließt aus, was nicht dem gängigen Konsens entspricht, so verbietet man effektiv, nach Gründen und Ursachen zu forschen, und zwingt andere, sich der Manipulation und Überredung eines einfachen Konsens zu unterwerfen. Wikipedia ist einfach nur eine Verschwörung von anonymen Verfassern, die Einträge bei Wikipedia erstellen und ändern.
Um den erwähnten Konsens zu schaffen oder zu brechen, wenn es „nötig“ ist, hat Jimmy Wales Wikipedia so strukturiert, daß es sehr locker und kraftlos aufgebaut ist. Wie Wales es beschreibt, ist sein Verhältnis zu Wikipedia so, wie das der englischen Königin zu ihrem Parlament. Wikipedias erster Schritt, einen Konsens zu erreichen, ist mit dem Mediationskomitee (MedCom) verknüpft, eine Körperschaft, die 2004 von Wales ins Leben gerufen wurde, um „Streitigkeiten“ beizulegen. Jimmy Wales hat das letzte Wort bei der Besetzung dieses Komitees. Wenn MedCom es nicht schafft, Andersdenkende kaltzustellen, werden diese an eine Schiedsstelle (Arbitration Commitee - ArbCom) verwiesen, welche verbindliche Lösungen durch Verordnung verhängt.
ArbCom stellt sicher, daß der neutrale Standpunkt (neutral-point-of-view - WP:NPOV) niemals verletzt wird. Damit Wikipedia nicht in Anarchie ausartet, hat Jimbo die Definition WP:NOT#ANARCHY geschaffen. All diese Regeln können die Tatsache nicht verschleiern, daß Jimbo immer das letzte Wort hat - nicht der „Redakteur“ oder die „Gemeinschaft.“
Auf der Seite Wikipedia:Elections (Wahlen) wird sogar ausdrücklich gesagt, daß Wikipedia davon abrät, abzustimmen. Bevorzugt wird Verordnung durch Konsens. Im Falle der Schiedsstelle ArbCom wurden zwar „Wahlen“ abgehalten, aber diese sind nur „Vorschläge“ für Jimbo: er hat immer das letzte Wort - immer! (WP:CONEXCEPT, „consensus exeptions“ - „Konsensausnahmen“).
Jim Wales selbst bewegt sich in den Fußstapfen von Ayn Rand. In den 90er Jahren hat er seine gesamte Lebensgeschichte täglich in leerem Geschwätz auf alt.philosophy.objectivism, bit.listserv.politics und in anderen Internet-Newsgruppen veröffentlicht. Dort stellte Wales seine religöse Transformation zu dem sich selbst und Ayn Rand verehrenden Anarchisten dar, der er heute noch ist.
Bevor er Wikipedia gründete, hatte Wales Webseiten moderiert und Material zur Verfügung gestellt, die dem Objektivismus gewidmet waren. Als das nicht den gewünschten Erfolg zeigte, begann er etwas, was einem Ayn-Rand-Roman gleicht: ein Softpornoportal namens ,Bomis.com.’ In Kalifornien gründete er mit seinem liberalen Freund aus den USENET-Gruppen, Larry Sanger, Wikipedia. Ayn Rands Name taucht hier zwar nicht auf, doch wurde die Forderung aufgestellt, daß nur Material auf Wikipedia-Seiten toleriert werden soll, das aus ihrer höllischen Welt heraus veröffentlicht wurde. Dadurch wurden Tausende von Menschen dahingehend getäuscht, daß sie Wikipedia für seine guten Aspekte lobten, die eigentlich von Jimmy Wales gar nicht beabsichtigt waren, während sie sowohl die Bedeutung seiner Fehler als auch die mysteriöse Allianz mit Google übersehen.
„LaRouche? Ich hab ihn gegoogelt und bei Wikipedia gelesen daß...“
Im August 2004 kam es zu einem „Redaktionskrieg“ zwischen den Wikipedianutzern Adam_Carr, John_Kenney, Homey auf der einen, und Nutzer Herschelkrustofsky auf der anderen Seite. Dieser Redaktionskrieg wurde durch folgenden Superlativ entfacht: „Der offenste Befürworter der Lehre des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie des frühen 20. Jahrhunderts war Dr. Sun Yat-sen. Heute ist es der amerikanische Politiker und Wirtschaftswissenschaftler Lyndon LaRouche.“ Diesen Satz hatte der Nutzer Herschelkrustofsky der Wikipedia-Seite über das Amerikanische System zugefügt. Nutzer Homey löschte diese Aussage, und machte auch Bearbeitungen des Artikels über die Frankfurter Schule rückgängig, in der Lyndon LaRouche als die dritte große Schule der Kritik an der Frankfurter Schule zitiert wurde.
Der Versuch, den Ablauf dieses Krieges hier zusammenzufassen, wäre sinnlos. Der Fall wird online konserviert oder eben durch WP:OFFICE gelöscht.
Nutzer Herschelkrustofsky hatte als Konsequenz eines früheren Verfahrens, „LaRouche1“, bereits eine Bewährungszeit bekommen. Im Verfahren „LaRouche2“, unter Einbeziehung des Widerspruchs gegen Nutzer Herschelkrustofsky durch andere politische Feinde LaRouches - Chip Berlet (Nutzer cberlet) und Linda Mack (Nutzer SlimVirgin) - hat das Schiedsgericht ArbCom entschieden, daß Nutzer Herschelkrustofsky seine Bewährungsauflagen verletzt habe. Gegen ihn wurde eine einjährige Sperre gegen Bearbeitung von Wikipedia-Seiten verhängt, die später bis Juli 2008 verlängert wurde.
In Zusammenhang mit diesem Urteil hat ArbCom folgende Dekrete erlassen, mit entsprechenden Strafen für zukünftige Nutzer, die diese verletzen sollten: Originalschriften, die von LaRouche oder seiner Bewegung verfaßt wurden, dürfen aus jedem Wikipedia-Artikel, außer den Artikeln „LyndonLaRouche“ und anderen eng verwandten, gelöscht werden. Weiterhin werden die Unterstützer LaRouches angewiesen, keine direkten Referenzen zu ihm in Artikel einzufügen, es sei denn dort, wo sie sehr relevant sind. Es soll nichts geschrieben werden, was als „Werbung“ für LaRouche wahrgenommen werden könnten.
Nach dieser Anordnung fuhr Nutzer Will_Beback fort, Material zu löschen, das nicht nur mit LaRouche zu tun hatte, sondern auch mit José Rizal, Friedrich List, Henry Carey, der Verdopplung des Quadrats, Papst Johannes Paul II, und der Drogenlegalisierungspolitik von Milton Friedman and George Shultz.
Brent Bedford
Anmerkung
1. Diese Schreibweise ist offizielles „Wiki-Speak“ der Wikipedia-Seiten.
Lesen Sie hierzu bitte auch: Von Milken & Enron bis Perugia: „Extremfälle“! - Neue Solidarität Nr. 49/2007 Noosphäre contra Blogosphäre - Neue Solidarität Nr. 49/2007 Die pathologische Wirkung von Gewaltspielen - Neue Solidarität Nr. 18/2007 |
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