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Aus der Neuen Solidarität Nr. 49/2007

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Von Milken & Enron bis Perugia: „Extremfälle“!

Von Lyndon LaRouche
- 16. November 2007 -

Es gibt einen gemeinsamen historischen Faden epochemachender Art, der jüngste Ereignisse, die für die Finanzzentren von New York und London typisch sind, mit dem Massaker an der Jokela-Schule in Finnland und mit dem grauenhaften Tod einer jungen Britin im italienischen Perugia verbindet. Diese drei und vergleichbare Zeichen unserer heutigen Zeit, die berichtet werden, haben ein gemeinsames Merkmal, über das ein Richter in Perugia sagte, es habe bei wenigstens einigen der überlebenden Mittäter eine scheinbar unkontrollierbare Begierde nach „extremen“ existentialistischen Erfahrungen vorgelegen. Zusammengenommen lassen sich solche Erfahrungen als ein dionysisches Ereignis beschreiben, in dem einige besonders besorgniserregende Merkmale eines heraufziehenden, weltweiten „neuen dunklen Zeitalters“ zum Ausdruck kommen. Diese drei und viele weitere verwandte extreme Vorfälle, wie auch Rupert Murdochs „MySpace“, Microsofts „Facebook“ oder die Computer-Killerspiele von Microsoft und anderen, sind zusammengenommen typische Zeichen unserer bösartigen, tödlichen Gegenwart.

Man könnte meinen, die schrecklichen Erinnyen aus Ibykus’ Korinth fielen über unsere gegenwärtig wirklich böse Welt her!1

Die Zeit ist für mich gekommen, auf eine viele Jahre zurückliegende Erfahrung zu verweisen - ein geradezu unheimliches Gefühl, das mich beschlich, als ich mit meiner Frau auf einem grünen Hang saß und über den Arno auf die Straßen von Florenz blickte. Mir wurde plötzlich klar, daß ich etwa dort saß, wo der Autor des Decameron, Giovanni Boccaccio, Platz genommen hatte, als er, wie er in seinen Erzählungen schildert, jene Szenen beobachtete, die er als typisch für die Zeiten unmittelbar vor dem Absturz des mittelalterlichen Florenz in das dunkle Zeitalter Europas im 14. Jahrhundert beschrieb.2

Man sollte unter anderem dem amerikanischen Finanzminister Henry Paulson mitteilen, daß das eine Lehre ist, die er gelernt haben sollte.

Was sich uns hier zur Untersuchung darbietet, ist eine jüngste Serie von drei Vorfällen, die, wie ich zeigen werde, typische Produkte einer Form von Massenwahnsinn darstellen. Diese Serie von Vorfällen aus heutiger Zeit decken sich in der Tat mit dem dunklen Zeitalter, in dem sich das Thema von Giovanni Boccaccios Decameron in der Wirklichkeit abspielte.

1. An erster Stelle steht der Massenwahn, der in dem von US-Finanzminister Paulson angerichteten Fiasko zum Ausdruck kommt. Er reagierte tragisch impotent wie ein Angsthase auf das Herannahen einer allgemeinen Zusammenbruchskrise des gegenwärtigen Weltwährungs- und Finanzsystems, einer Krise, die sich in ihren Folgen bereits mit derjenigen beim Ausbruch des dunklen Zeitalters im mittelalterlichen Europa des 14. Jahrhunderts vergleichen läßt.3

Man darf den Fall Paulson nicht bloß als Ausdruck von Wahnsinn einer einzelnen Person betrachten; er ist Ausdruck einer Form von Gruppenwahnsinn, der sich in seiner gesamten politischen Klasse breit gemacht hat. Er hat daran teil wie Spreu, die von den Wellen weggespült wird: Er treibt mit den Wogen eines wahrhaft tragischen Massenwahns, der spezifischer Ausdruck und Produkt eines dynamischen sozialen Phänomens ist. Wir haben es also nicht bloß mit individuellem Verhalten zu tun, das bestimmten anderen Einzelfällen ähneln könnte, sondern mit einer Flut des Massenwahns innerhalb einer ganzen politischen Klasse und ihren Lakaien im heutigen sozialen und politischen Leben.

2. Der zweite Fall, der hier zu nennen ist, steht im Zusammenhang mit MySpace und Facebook: die Umstände in dem Fall, in dem die zuständigen Ermittler im italienischen Perugia Anklage wegen Mordes an der 21jährigen englischen Studentin Meredith Kercher erheben.

Das Thema, mit dem wir uns hier befassen, ist nicht, inwieweit die Beteiligten an jenem grausigen Ereignis schuldig oder eher unschuldig sind; ausschlaggebend sind für uns zum gegenwärtigen Zweck, wie in vielen offenbar ähnlichen Fällen auch, die Umstände, unter denen der Vorfall geschah und berichtet wurde. Entscheidend ist das verbreitete Potential (d.h. die Gefahr) der Dynamik, die in der tatsächlichen Situation zum Ausdruck kam.

3. Ähnlich ist der dritte Fall: ein weiterer Tötungsakt durch Schüsse an der Jokela-Schule, etwa 40 Kilometer nördlich von Finnlands Hauptstadt Helsinki. Laut Berichten gab ein videospielsüchtiger Fanatiker, ein 18jähriger Schüler der Schule, die Schüsse ab. Der Fall ist ähnlich wie der noch schlimmere Amoklauf eines Computerspielsüchtigen in Blacksburg, Virginia. Wieder und immer wieder kommt es zu mörderischen Amokläufen einzelner, die sich in eine Form des Wahnsinns hineingesteigert haben, der mit einer induzierten Gewöhnung an solche Computerspiele einhergeht und meist mit dem Selbstmord des Täters endet.

Über die wesentlichen Einzelheiten dieser letzten beiden grausigen Fälle wurde in der internationalen Presse ausführlich und mit einem relativ hohen Grad zwingender Plausibilität berichtet. Das Verhalten der Presse ist selbst zu einem integralen Bestandteil des Musters der berichteten Fälle geworden; ob mit Absicht oder nicht, die Presse selbst ist längst ein mitwirkender Bestandteil der tragischen Gesamtsituation - sowohl in dem, was sie tun sollte, aber unterläßt, als auch in dem, was sie tut.

Bevor wir auf die seltsamen Verirrungen von Minister Paulson zurückkommen, beschäftigen wir uns kurz noch einmal mit den beiden Fällen anomalen Jugendverhaltens als solchem.

Der entscheidende gemeinsame Nenner der vorliegenden Beweise liegt in der gemeinsamen Ideologie, dem einigenden Faktor von MySpace, Facebook und Video-Mörderspielen - wobei hier die Rolle des Facebook-Eigentümers Microsoft bezeichnend ist. Jeder kompetente Versuch, die drei oben dargestellten Beispielfälle zu verstehen, muß nach einer Dynamik suchen, welche sämtlichen Fällen systematisch zugrunde liegt.

Um einen Begriff von den wichtigen Wechselbeziehungen zwischen diesen und ähnlichen Phänomenen zu bekommen, müssen drei Dinge in Betracht gezogen werden. Erstens die soziale Organisationsform, in der solche Entwicklungen möglich werden. Zweitens die Methode, mit der solche spezifisch relevanten Effekte induziert werden. Drittens die Folgen, welche diese Faktoren hervorbringen, wenn man sie in die gegenwärtigen allgemeinen sozialen und realwirtschaftlichen Bedingungen hineinstellt.

Um diesen Punkt zu verdeutlichen: In zwei Fällen ist die Verbindung zwischen Rupert Murdochs MySpace und Microsofts Facebook einerseits und Computer-Killerspielen andererseits als gemeinsamer Nenner unmittelbar sichtbar. In allen drei Fällen ist das Gemeinsame erstens die Methode sophistischen Gruppenverhaltens. Ein solches Verhalten hängt eng, quasi genetisch, mit der Soziologie zusammen, die sich in der heutigen Gesellschaft durch das vorherrschende besondere Erbe der „68er-Generation“ (die  „Mittelschicht“ der Nachkriegsgeneration) definiert. Es sind zweitens Fälle von radikal existentialistischem Verhalten, das sich in der radikalen Abschottung und Auflehnung gegen die Existenz einer realen Welt äußert - etwa wie in William Goldings Buch Der Herr der Fliegen aus dem Jahr 1954.4 Hierin sieht man ein wohlbekanntes Merkmal von Gruppenwahn, das in diesen beiden Fällen, aber in derselben Dynamik auch kombiniert mit dem dritten, zum Ausdruck kommt, denn die drei genannten Ereignisse enthalten auch ein beispielhaftes drittes Element: die offensichtlichen Folgen von Paulsons fataler Torheit.

Es gibt z.B. keinen stichhaltigen Grund, zu leugnen, daß die Morde von Blacksburg die Folge des freien Zugangs zu Killer-Computerspielen sind. Diese Spiele sind aber nicht nur eine Haupteinkommensquelle für finanziell und politisch mächtige Interessen im kalifornischen Silicon Valley nach dem „Jahr-2000-Schwindel“, die Entwicklung und Förderung dieser Spiele ist auch Ausdruck und Nebenprodukt eines riesigen Finanzimperiums im militärisch-industriellen und verwandten Establishment, das sich, wie Vizepräsident Cheney, der „Revolution im Militärwesen“ verschrieben hat - und das ist nicht nur mit Cheney, den Finanzinteressen hinter George Shultz und Nancy Pelosis Freund Felix Rohatyn verbunden.

Da also hinter den Ursachen, die diese betreffenden Wirkungen auslösten, mächtige Sonderinteressen stecken, ist im Grunde nichts Wirksames unternommen worden, um die steigende Zahl von Bluttaten wie in Blacksburg oder jüngst an der Jokela-Schule aufzuhalten. Die Presse wird in der Regel gezwungen, zu lügen, indem sie die wohlbekannten Fakten hinter den Taten verschweigt, und unser politisches Establishment, z.B. im US-Kongreß, ist in dieser Frage genauso korrupt wie die Presse, vielleicht sogar noch mehr.

Das bringt uns auf die drei obigen Aussagen zurück.

Abbildung 1. Die radikalen Änderungen in der amerikanischen Wirtschaftspolitik, die zwischen 1969 und 1981 unter verschiedenen Präsidenten vorgenommen wurden, sorgten für einen immer rascheren Rückgang der realen Wirtschaftsleistung pro Kopf und Quadratkilometer, begleitet von einem beschleunigten Wachstum der Geldmenge und der ausgegebenen Finanztitel. Letztlich mußte dies auf eine Art Hyperinflation wie in der Weimarer Republik 1923 hinauslaufen.

Man betrachte nun Minister Paulsons Verhalten von diesem Standpunkt aus. Ihn kann man sicher nicht mehr als jugendlichen Erwachsenen bezeichnen; aber er ist in dasselbe verrückte Genre des Spiels ineinander wirkender Massenwirkungen eingebunden. Er tritt in seiner Rolle auf als jemand, der Geld- und Währungsfragen als eine Art kindisches politisches Spiel auffaßt,5 wie es heutzutage oft Erwachsene spielen, die es eigentlich besser wissen sollten. Doch das wichtigste: Dieses Spiel findet völlig außerhalb der Gesetze von Ursache und Wirkung des wirklichen Universums statt. Diese Form von Massenwahn deckt sich bestens mit Myron Scholes’ berüchtigter Rolle in dem 1998 geplatzten verrückten Spiel der Vorhersagemethode des Spekulationsfonds LTCM - einem Prognoseverfahren auf der Grundlage radikal reduktionistischer monetaristischer Lehre und Praxis, die nicht nur ein der realen Welt fremdes eingebildetes Glaubenssystem ist, sondern die auch in ihren soziologischen Folgen inhärent existentialistisch ist (Abbildung 1).

Nun betrachte man das Gemeinsame aller drei Fälle: Jeder einzelne davon und alle zusammen stehen für eine bestimmte gemeinsame Form des Massenwahns, ähnlich den Flagellantenhorden im dunklen Zeitalter im Europa des 14. Jahrhunderts. Wenn man dieses axiomartige Grundelement des Massenwahnsinns, das diese drei Einzelphasen des Prozesses steuert, nicht versteht, läßt sich die damit einhergehende Bedrohung der Zivilisation weder erkennen noch besiegen.

Zombies aus dem virtuellen Raum

Beginnen wir die nächste Etappe dieses Berichtes mit der Rolle von Minister Paulson. Die Eigenschaften der transatlantischen anglo-amerikanischen Finanzwelt, deren Gewohnheiten Henry Paulson mit in die Position als Finanzministers bringt, sind der Schlüssel zu allen ursächlichen Faktoren, die für den aktuellen Ausbruch der allgemeinen Krise des amerikanischen und übrigen Finanzsystems seit Ende Juli 2007 verantwortlich sind. Dieser Einfluß steckt hinter dem methodologischen Wahnsinn sowohl des sich seit 1987 immer weiter verschlimmernden Weltfinanzsystems als auch der soziologischen Eigenschaften, einschließlich der Glücksspielmanie, von Cyberspace-Klapsmühlen wie MySpace, Facebook und mörderischen Computerspielen.

Eine Weltwirtschaft, in der ein solches Währungs- und Finanzsystem vorherrscht, ist ein todgeweihtes System, genauso wie die durch die Bedingungen des Versailler Vertrages geschaffene Geldblase der Weimarer Republik 1923. Solange man die Menschen innerhalb dieses Systems in dem Glauben halten kann, sie hätten ein reales Interesse an der Fortführung dieses Systems, läßt sich, wenn auch zeitlich begrenzt, eine gewisse gedrückte soziale Stabilität erhalten, auch wenn dieses System bald an sein Ende kommen muß. Oftmals aber wird die Katastrophe, die man hätte vermeiden können, wenn man sich der Wahrheit gestellt hätte, durch den Impuls zur Realitätsverleugnung erst recht heraufbeschworen, wie das störrische Verhalten von Henry Paulson zeigt.

Für eine gewisse Zeit haben sich die etwas älteren Erwachsenengenerationen an die schwindenden Vorteile der oberen 20 Prozent der Familieneinkommensgruppen geklammert; aber die Mehrheit der Heranwachsenden und der jüngeren Erwachsenengenerationen, die in einem System gefangen sind, das ihnen keine glaubhafte Zukunftsperspektive bietet, wurden zunehmend entfremdet. Seit ungefähr zehn Monaten zeigt sich jedoch tendenziell bei allen Generationen in der einen oder anderen Form die politische und moralische Wirkung der sich ausbreitenden Demoralisierung - bei den Generationen der jungen Erwachsenen und ganz besonders der Heranwachsenden ist dieser Effekt noch ausgeprägter.

Nicht zufällig drücken die heutigen Trends in der Generation der jetzt bis zu 35jährigen deren Erfahrung mit den Veränderungen seit Frühjahr 2000 aus, also etwa seit der Zeit, als die von der US-Regierung mit geschaffene „Jahr-2000“-Blase platzte, als sich Al Gore um das Präsidentenamt bewarb und Dick Cheneys Hanswurst George W. Bush kurz vor seiner Vereidigung als Präsident der Vereinigten Staaten stand. Das Ende der Blase trieb die Investitionen in Computer und ähnliches in eine neue Richtung: in die beschleunigte Produktion und Vermarktung von Computern und verwandter Technik, die auf die „Revolution im Militärwesen“ ausgerichtet war - boomende neue Absatzmärkte, auf denen sich vor allem junge Anhänger von Computer-Kriegsspielen tummelten.

Heute, sieben Jahre später, ist der finnische Killer aus dem YouTube-Cyperspace, Pekka-Eric Auvinen, 18 Jahre alt, und von den Anhängern der Facebook-Sekte war Meredith Kercher 21, Amanda Knox ist 20, und Amandas italienischer Freund ist 23 Jahre alt. Der Veteran der Regierung Nixon, Henry Paulson, der im Finanzbereich die gleiche mathematische Ideologie vertritt wie die geübten Spieler der Killercomputerspiele, ist heute amerikanischer Finanzminister.

Wenn kein bedeutender Widerstand gegen die sich verschlimmernden gesellschaftlichen Zustände wahrnehmbar ist, entsteht unter diesen Bedingungen ein starker Impuls zu dem, was verbreitet „Entfremdung“ genannt wird. Insofern war die Wiederwahl von George W.  Bush 2004 demoralisierend; und die Verstärkung dieser Demoralisierung durch die Führung des US-Kongresses seit Februar 2006, besonders aber während des Jahres 2007, ließ insbesondere unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen „vorrevolutionäre Bedingungen“ entstehen. Die Flucht in Killercomputerspiele, um die Wut abzureagieren, und die Flucht aus dem Leben in den Cyberspace erzeugen Tendenzen, in denen beides zusammenkommt. Das Ergebnis kann man „Zombies aus dem virtuellen Raum“ nennen.

Hinzu kommt das erwähnte Verhalten von Minister Henry Paulson, das - sozusagen „genetisch“ - bestimmte Eigenschaften mit den weniger versteckten Grundeigenschaften fanatischer Selbstmordattentäter in Südwestasien gemein hat. Man sollte auch verstehen, daß die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die über ihre Sucht nach MySpace, Facebook und Killerspielen in eine derartige Realitätsflucht hineingezogen werden, den gleichen pathologischen Geisteszuständen unterworfen sind wie Selbstmordattentäter in Südwestasien.6

Psychologisch gesehen bewegen sich die Dauerbewohner des Cyberspace, ob in MySpace, Facebook oder von Killerspielen, Stück für Stück auf einen gemeinsamen Platz im heutigen Äquivalent eines Nürnberger Nazi-Aufmarsches hin - das hätte man schon beim Kern der Neonazis und Antifa-Kämpfer im heutigen Deutschland erkennen sollen. Die Tendenz zu einem derartigen faschistischen Massenphänomen läßt sich aufhalten, aber nicht, solange die Torheit, die heute im Fall Henry Paulson zum Ausdruck kommt, weiter geduldet wird.

Man betrachte all dies als eine Frage der Dynamik.

Menschliche Dynamik

Wir müssen uns nun an dieser Stelle des Berichts kurz mit einigen wichtigen Fragen der Wissenschaft beschäftigen.

Vergegenwärtigen wir uns den Unterschied zwischen Beuteltieren und Säugetieren. Vergleichen wir die Artenvielfalt in Teilen der Erde, wo einmal Beuteltiere überwogen haben, gegenüber Gebieten, wo Säugetiere die Beuteltiere weitgehend verdrängt haben. Man denke sich ein von Beuteltieren beherrschtes Gebiet in dynamischen, nicht mechanistischen Begriffen. Man sehe in der Nische, die jede Beuteltierart besetzt, eine entsprechende Kategorie erfolgreicher Stellenbewerber für die von dieser Art ausgeführten Rolle. Man betrachte die Säugetierarten, den Menschen ausgenommen, auf ähnliche Weise.

Die Existenz des Menschen ändert auf bestimmte Weise die Ordnungsprinzipien unter den Säugetieren, denn die Menschheit ändert ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte willentlich, was kein anderes Säugetier kann. Tatsächlich ist der Mensch, trotz seines tierischen Körpers, im wesentlichen gar kein Säugetier; der Mensch verändert seine Umwelt und die Natur seines Verhaltens, wie das kein gewöhnliches Säugetier kann. Dieser Unterschied, wie ihn das russische Akademiemitglied W. I. Wernadskij für die Naturwissenschaft definierte, liegt im entwicklungsfähigen schöpferischen Potential des menschlichen Individuums, das in keiner niedereren Lebensform existiert.

Wernadskij definierte diesen Unterschied wissenschaftlich, indem er dem Menschen einen Phasenraum namens Noosphäre zuwies, wohingegen die Säugetiere generell Teile des Phasenraumes sind, den man die Biosphäre nennt. Der Unterschied liegt in jenen spezifischen schöpferischen Fähigkeiten des menschlichen Geistes, die in niederen Lebensformen nicht anzufinden sind. Die Veränderungen in der Kultur und den damit verbundenen Tätigkeiten, die für den Anstieg oder Fall der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte einer Gesellschaft verantwortlich sind, wirken im Ganzen als einheitliche Dynamik des sozialen und realwirtschaftlichen Prozesses, wie Beutel- und Säugetierarten in sich und untereinander dynamisch als Arten interagieren.

Der Mensch als Teil der Noosphäre definiert sich durch die souveränen Fähigkeiten des individuellen menschlichen Geistes, die diese Faktoren der Veränderung in Form von „Entdeckungen“ oder ähnlichen Werken des einzelnen hervorbringen. Diese Entdeckungen sind keine Zufallsprodukte, gemeint sind nur Entdeckungen, die dem Entdecken universeller physikalischer Prinzipien entsprechen, wie etwa Keplers einzigartige ursprüngliche Entdeckung des Gravitationsprinzips.

Die Früchte dieser Fähigkeiten, die sich niemals bei Tieren finden, haben es der menschlichen Gattung ermöglicht, einen Bevölkerungsstand von ungefähr sechseinhalb Milliarden Menschen zu erreichen.

Die Schwankungen in der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte sind hauptsächlich davon abhängig, zu welchem Grad die Mitglieder einer Gesellschaft solche nur dem Menschen möglichen grundlegenden Entdeckungen erzeugen und auch anwenden. Die Erhaltung eines bestimmten Standes der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte einer jeden Nation oder eines Teils einer Gesellschaft hängt von der entscheidenden, funktionell übergreifenden Rolle dieser schöpferischen Fähigkeiten ab. Gemeint ist nicht die Fähigkeit, beispielsweise technische Spielereien zu erfinden, sondern nur die, die sich in der Entdeckung universeller Naturprinzipien äußert. Beispiele sind Keplers einzigartige Entdeckung der Gravitation und Leibniz’ einzigartige, ureigenste Entdeckung des Infinitesimalprinzips, das Kepler im Zuge seiner eigenen Entdeckung nicht nur des Effekts, sondern des Prinzips der Gravitation selber vorgegeben hatte.7

Da der Mensch mit seinen Aktivitäten notwendigerweise Rohstoffe aufbraucht, die bis dahin als notwendig zum Erhalt einer bestimmten Qualität, Lebenserwartung und Entwicklungsstufe menschlichen Lebens galten, kann die Menschheit nur durch Fortschritt von Ideen im Sinne von Entdeckungen universeller Naturprinzipien einen gegebenen Bevölkerungsstand (potentielle relative Bevölkerungsdichte) bewahren, als wäre dies unendlich, oder ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte erhöhen. 

Notwendig ist nicht nur, daß die Gesellschaft ständige Fortschritte bei der Entdeckung grundlegender physikalischer Prinzipien macht, wir müssen auch bestehende Entdeckungen zur Weiterentwicklung der Menschheit anwenden, um ihren Nutzen genießen zu können. Wenn man solche Entdeckungen in der gesellschaftliche Praxis anwendet, ermöglicht dies einen Anstieg der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der menschlichen Gattung. Der Anteil der Gesamtbevölkerung, der damit beschäftigt ist, entscheidet dann, in welcher Weise die potentielle relative Bevölkerungsdichte steigt oder fällt. Ob es zu solchen Fortschritten kommt oder ob dies beispielsweise durch den bösartigen Einfluß sogenannter „Malthusianer“ ins Gegenteil verkehrt wird, ist nicht nur entscheidend für die praktischen Bedingungen zur Verbesserung der menschlichen Lebensumstände; eine Abkehr vom wissenschaftsbestimmten, kapitalintensiven Fortschritt wirkt zerstörerisch auf die geistige Gesundheit der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft und der Gesellschaft als Ganzer.

Die Generation, die jetzt zwischen 14 und 35 Jahre alt ist, erlebt die Folgen eines tiefen Absturzes der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der USA (pro Kopf und pro Quadratkilometer) im Vergleich zu der Zeit, als Präsident John F. Kennedy erschossen wurde. So haben die USA beispielsweise schon kurz nach der ersten bemannten Mondlandung einen Teil der Wissenschaft und Technik, die den Flug zum Mond ermöglicht hatte, wieder verloren.

Ein paar Fettwanste meinen vielleicht, die realwirtschaftlichen Trends der letzten 40 Jahre hätten sie viel, viel reicher gemacht, doch in Wirklichkeit ist die tatsächlich tragfähige potentielle relative Bevölkerungsdichte der USA und West- und Mitteleuropas seit ungefähr 1967-68 in allgemein zunehmendem Tempo zusammengebrochen.

Bei solchen Katastrophen - das sollten wir am strukturellen Abstieg der US-Wirtschaft seit dem kulturellen Wertewandel 1968-71 erkennen - tritt die Wende zum schlechteren zunächst als eine Verminderung der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte in Erscheinung. Der tatsächliche Bevölkerungsrückgang, den das Absinken dieses Potentials hervorruft, zeigt sich erst später, im Verlauf der nächsten Jahrzehnte „statistisch“, wie sich an der heutigen Lage in den USA und anderen Ländern ablesen läßt. Daher reagieren Bevölkerung und Institutionen viel zu spät und erkennen nicht, daß politische Veränderungen, die sie kurzfristig für erfolgreich hielten, tatsächlich eine große Torheit waren. Dieser Punkt ist wesentlich, um die tiefsitzende Inkompetenz sämtlicher privaten und regierungsamtlichen Wirtschaftsvorhersagen der letzten 40 Jahre zu verstehen.

Die potentielle relative Bevölkerungsdichte der USA befindet sich, gemessen am realen Wirtschaftsertrag Amerikas, seit der verhängnisvollen Amtseinführung von Präsident Richard Nixon in einem sich beschleunigenden Kollaps, aber auch das dementsprechende geistige Potential der Bevölkerung ist katastrophal gesunken. Das schlimmste ist, daß die heutigen Amerikaner weniger fähig sind, ernsthaft zu denken, und nach diesem Maßstab viel schlechter ausgebildet sind als zur Zeit der Ermordung Kennedys.

Ein solcher vorübergehender oder langfristiger Zerfall nationaler Kulturen ist, wenn man auf längere Zeitabschnitte der bekannten Geschichte zurückblickt, etwas durchaus Übliches. Die Folgen einer solchen Dekadenz drücken sich zwangsläufig darin aus, daß die Seele eines durchschnittlichen Mitglieds der Gesellschaft immer häßlicher wird, wie dies Dante Alighieri in seiner Göttlichen Komödie und Boccaccio in seinem Dekameron betont haben.

Die Bedingungen des Ersten Weltkrieges und der Aufstieg des deutschen Faschismus sowie ähnliche Effekte in anderen Ländern waren zusammengenommen eine solche Periode des Niedergangs, aus welcher Präsident Franklin Roosevelt die Menschheit für eine bestimmte Zeit rettete. Wir befinden uns jetzt, ich wiederhole es noch einmal, im vierten Jahrzehnt eines sich stark beschleunigenden realwirtschaftlichen und moralischen Niedergangs der transatlantischen Kultur.

Dieser Niedergang führte zwar nicht quasi mechanisch zu der schrecklichen Verkommenheit, die in den hier behandelten „Extremfällen“ zum Ausdruck kommt; aber er förderte die Vorbedingungen für eine solche schreckliche moralische und geistige Demoralisierung und Dekadenz.

Permanente Revolution, permanenter Krieg

Diese Verbindung sollte schnell deutlich werden, wenn man die inzwischen umfangreichen Belege für den Rückzug aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit in den „virtuellen Raum“ genauer untersucht - der Trend, der u.a. in den USA neben anderen Abhängigkeiten von den „genetisch“ verwandten MySpace- und Facebook-Plattformen bis zum mörderischen Sog von Computerspielen reicht.

Aus meiner Sicht der Anomie, die sich in einiger Hinsicht entscheidend von der Durkheims und anderer unterscheidet, liegt die Ursache von Anomie im Bereich mehr oder weniger schizophrener Äußerungen von ontologischem Nominalismus, da sich Schizophrenie nach Auffassung von Fachleuten auch in einem bestimmten formalisierten Sprachgebrauch ausdrückt. Ich verweise auf Fälle, in denen bestimmte Redewendungen wie „Zaubersprüche“ oder ähnliches benutzt werden, wo der Gegenstand des Begriffs oder des Satzes nicht mit den realen Umständen menschlicher Wechselbeziehungen in der wirklichen Welt zusammenhängt, sondern mit einem Spiel, das keine systematische Übereinstimmung zum Leben in der realen Welt hat, von dem dennoch angenommen wird, es wirke durch magische (d.h. schizophrene) Kräfte von Symboldenken.

Heute drückt sich diese Art Massenwahn ganz besonders deutlich in zwanghaftem Glücksspiel aus. Tatsächlich behandelt man heute die Finanzsysteme Europas und Amerikas größtenteils nicht als Volkswirtschaften, sondern als verrückte Glückspielsysteme voller „Marktmagie“, die zu einem bestimmenden Merkmal des Massenwahns der Bevölkerung aller Einkommensschichten geworden sind. Reichtum nach dem eigenen Erfolg im Glücksspiel zu bemessen, das ist der Massenwahnsinn, der die Amerikaner mehr als alles andere dazu gebracht hat, die absurden politischen Veränderungen in der volkswirtschaftlichen Praxis und verwandten Bereichen seit dem Antritt der Regierung Nixon zu akzeptieren.

Extremformen des Reduktionismus („Symbolismus“ als Realitätsersatz) sind ein Beispiel einer solchen absonderlichen Geisteshaltung. Die typische „Ideologie“ von MySpace und Facebook oder entsprechenden „Computerspielen“ drückt diese absonderliche Vorform der Schizophrenie aus: Flucht aus einer verhaßten Realitätserfahrung, wie ein wutentbranntes Rumpelstilschen, das sich aus Wut über die Sinnlosigkeit der unmöglichen Träume, die man Kindermärchen nennt, selbst in Stücke reißt (Selbstmord!).

Aber die statistische Wirtschaftslehre der sog. „Informationstheorie,“ wie sie die Russell-Anhänger Norbert Wiener und John von Neumann oder die Jünger des Mystikers Ernst Mach im allgemeinen benutzen, weist die gleichen formal mathematischen, pro-schizophrenen Eigenschaften auf.8 Man beachte, wie die radikal nominalistischen Sichtweisen Wieners und von Neumanns im Bereich der Wirtschaftsprozesse Einzug hielten. Die gleiche Pathologie ist die spezifische Ursache für den Zusammenbruch des Weltwährungs- und -finanzsystems.

Der typische „Gobal Player“, der ganz groß im System der Globalisierung mitspielen möchte, erlebt „genetisch“ die gleichen soziologischen Entfremdungsfolgen, wie sie von dem Franzosen Emile Durkheim und seinen Anhängern als Anomie beschrieben wurden. Die Abhandlungen von Schülern Durkheims in Frankreich und der Schweiz über Kinderspiele sind in diesem Zusammenhang beachtenswert.

Wenn wir unser gegenwärtiges Verhalten nicht ändern, werden wir in Amerika und in West- und Mitteleuropa bald das gleiche Problem von Massenselbstmorden verbunden mit terroristischen Aggressionen erleben, das uns in Südwestasien angeblich so abschreckt - als Kampfmethode in Bürgerkriegen, als Methode des „Terrorismus“, einschließlich des Selbstmordes, wie in Blacksburg und Jokela. Genau das wird hier in den USA und anderswo eintreten, es sei denn, wir nehmen nicht bloß „Reformen“ zur Beruhigung vor, sondern entscheidende Systemänderungen an unserer inländischen Sozialpolitik allgemein.

In diesem Sinne schufen die gängigen Trends in der Volks- und Weltwirtschaft seit Nixons Amtsantritt als Schwerpunkt für die heutige Politik die Zerstörung einer Volkswirtschaft, die einmal auf der Tradition des amerikanischen Systems realwirtschaftlichen Wachstums pro Kopf und pro Quadratkilometer beruhte. Wir brauchen eine dramatische Abkehr von den wirtschaftszerstörerischen Vorstellungen, etwa der Regierung Nixon, wonach der symbolische Wert, der sich aus rein monetärem und finanziellem Wohlstand ergibt, das Maß für moralische und physische Werte sei.

Die drei von mir angeführten Beispiele für den Ruin sind nicht einfach spontane Massenphänomene. Sie sind das Zusammenwirken eines jahrzehntelangen, vielschichtigen Prozesses pathologischer Veränderungen, die sich vor allem auf die Ausrichtung der anglo-amerikanischen Militärpolitik ausgewirkt haben - Veränderungen, deren Folgen schon vor Jahrzehnten deutlich abzusehen waren, noch vor dem amerikanischen Krieg in Indochina, durch die Reaktion bestimmter Kräfte auf die sich 1945-46 abzeichnende Drohung mit Atomwaffen als Mittel der Kriegführung.

Das deutlichste jüngste Ergebnis dieser Veränderungen war die sog. „Revolution im Militärwesen“, ein Ausdruck moralischen Verfalls aus dem Umkreis von George Shultz, Vizepräsident Dick Cheney und Felix Rohatyn vom Middlebury College. Gewisse Begleiterscheinungen dieser Strategie sind vergleichbar mit einer speziellen Herangehensweise an das, was die sowjetische Militärstrategie „asymmetrische Kriegführung“ nannte. Es war auch die Doktrin mehrerer Arbeiten Samuel Huntingtons, besonders seiner Schriften Der Soldat und der Staat und Kampf der Kulturen, sowie der Politik von George Shultz und Felix Rohatyn bei ihrer Unterstützung des chilenischen Diktators Pinochet, als während Nixons Präsidentschaft am südlichen Ende Südamerikas Nazimethoden praktiziert wurden.

Dies praktiziert man heute unter dem ehemaligen Verteidigungsminister und jetzigen Vizepräsidenten Dick Cheney auf Hochtouren in Südwestasien, wo mit Einverständnis der Opfer der Tyrannei der Regierung Bush, etwa im Kongreß, das Spiel mit dem Weltuntergang weitergespielt wird, das die mehr als törichte Politik der Regierung Bush-Cheney spielt, seit diese Regierung die Ereignisse des „11. Septembers“ nutzte, um die seither herrschende Welle des Massenwahns in der Regierung, einem Großteil des US-Kongresses und der Presse freizusetzen.

Russell als Großinquisitor

Um die Politik des britischen Premierministers Tony Blair und der Regierung Bush-Cheney in der Zeit von 2001-07 zu verstehen, müssen wir auf die Wurzeln des heutigen Massenwahns zurückblicken. Denn die langfristigen sogenannten geopolitischen Ziele des britischen Imperiums reichen auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück, genauer gesagt auf die britischen Kreise um H.G. Wells, den Luzifer-Verehrer Aleister Crowley und Bertrand Russell.

Heutige Phänomene wie MySpace, Facebook und Killercomputerspiele sind ein Spiegel ebendieser Ideologie. Was man in der Anomie von MySpace, Facebook und Killercomputerspielen sieht, ist die Anomie eines gerade erst ausgebrüteten, aber schon faul riechenden Eies - das ausgewachsene Exemplar wird ein viel gefährlicheres Monster sein, wenn die Gesellschaft zuläßt, daß es als eigene Kraft heranwachsen darf.

Das kriminelle Denken von Shultz, Rohatyn usw. kam schon viel früher zum Ausdruck, ganz besonders in der Vision von H.G. Wells’ Von kommenden Tagen (The Shape of Things to Come). Es entsprach genau dem politischen Paradigma Bertrand Russells, der die Politik, die zum militärisch sinnlosen Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki führte, entscheidend mitbestimmt hat. Der gleiche Bertrand Russell setzte sich im September 1946 offen für einen „präventiven Atomschlag“ gegen die Sowjetunion ein. Er war der widerwärtigste Drahtzieher unter den Satanisten seines Jahrhunderts, wahrscheinlich der bösartigste Mensch des 20. Jahrhunderts; aber so wie Satan immer am Ende doch der Dumme ist, war auch Russell ziemlich beschränkt und wissenschaftlich inkompetent und vollkommen davon überzeugt, daß die Sowjetunion nicht rechtzeitig eigene Atomwaffen entwickeln könne.9

Was Wells, Crowley und Russell verkörperten, war ein Auswuchs der praktizierten Politik des britischen Empire seit 1763, wie z.B. dem Einsatz von Privatarmeen der Britischen Ostindiengesellschaft und deren Nachfolger in Indien, West- und Zentralasien. Das war der Präzedenzfall für ihre Machenschaften bis zum heutigen Tag, wie etwa die Tony-Blair-artige Ausweitung der Absichten und Praktiken des Sykes-Picot-Vertrages, gesteuerte kurdische Aktivisten einzusetzen, um die ganze Region in Flammen aufgehen zu lassen.

Bei der Untersuchung der Gemeinsamkeiten der eingangs erwähnten drei Beispiele tragischen Wahns - Paulsons törichte Reaktion auf den einsetzenden Zusammenbruch des Weltfinanzsystems, den Mord in Perugia und die Schießerei an der Jokela-Schule - muß der Fall Russell als wichtiger klinischer Bezugspunkt betont werden.

Paulson: Wahnsinn als Wirtschaftsform

Denken wir an die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in die Unwelt des „alternativen, virtuellen Raums“ von MySpace, Facebook und der ungewöhnten Geisteshaltung eines wahnsinigen Mörders in brutalen Computerspielen hineingezogen werden. Die Opfer solcher induzierter Wahnvorstellungen fliehen in Horden vor der Realität, wie die berühmten Lemminge; sie entfernen sich immer weiter von der wirklichen Welt, hinein in einen typisch infantilen emotionalen Geisteszustand, der sich in einer synthetischen, nichtexistenten Welt abspielt, wie bei Krieg der Sterne, Der Herr der Ringe, Harry Potter und ähnlichem. Was man bei den Opfern dieser Kulte sieht, läßt sich durchaus als Form von „Massenschizophrenie als soziales Phänomen“ bezeichnen.

Die Opfer dieses modernen Dionysianismus sind Massen rattenrottengleicher Jünger von Friedrich Nietzsche und Nietzsches Nazi-Anhänger in der leicht veränderten kulturellen Welt von heute.

Die Tendenz, die durch Massenwahnpraktiken wie bei den Anhängern von Neonazi- und AntiFa-Gruppen im heutigen Deutschland entsteht, entspricht in etwa der Geisteshaltung einer Horde cleverer, aber völlig verrückter, fanatisch aggressiver Rhesusaffen oder dem noch viel schlaueren und gefährlicheren erwachsenen Pavian- oder Schimpansenmännchen, dessen Sexualverhalten dem ähnelt, das in dem Fall aus Perugia berichtet wurde.

Das „Clevere“ solcher affenähnlicher oder praktisch schizophrener menschlicher Wesen liegt darin, daß sie große technische Fertigkeiten bei der Manipulation von Symbolen entwickeln können, aber ihre Fähigkeit zur kognitiven Einsicht in die dynamische Ordnung von Ursache und Wirkung in der realen Welt haben sie anscheinend völlig verloren.

Mit einem besonderen Erzeugnis der Gattung dieser Gruppen-Soziopathologie haben wir es im Falle symbolistisch denkender Pseudo-Ökonomen, wie dem für den bankrotten LTCM-Fonds berüchtigten Myron Scholes, zu tun. Auffällig ist, daß Scholes und ähnliche Experten aus der Erfahrung der Katastrophe, die sie mit ihren Vorhersagemethoden selbst heraufbeschworen haben, offenbar weniger als nichts gelernt haben. In ihrem neueren Prognoseverhalten seit den Erfahrungen von 1997-98 sind diese Leute mit ihren „mathematischen Modellen“ noch viel weiter gegangen - mit dem Ergebnis, daß die Praktiken der Hedgefonds und anderer Seuchen sich in immer weiter „perfektionierten“ mathematischen Varianten der Narrheiten, die schuld an der Krise 1998 waren, ständig ähnlicher werden.

Erweitern wir nun dieses Bild dadurch, daß US-Finanzminister Paulson die psychopathologische Wahnvorstellung einer Gruppe in der Finanzwelt teilt, die vom Einfluß derselben soziopathischen Eigenschaften durchsetzt ist. Die rücksichtslose Einforderung der nominellen Anlagewerte heute entspricht dem Bild eines Pavians, der seine Früchte vom Affenbrotbaum verteidigt. Man verlangt die vollständige Bezahlung von Einkommen, das niemals in irgendeinem realen Universum verdient wurde.

Eine solche geistig verwirrte Person hat sich ihre Rendite ausgerechnet, wo es tatsächlich keinerlei Zuwachs gegeben hat, außer rein symbolischen, völlig inhaltslosen angeblichen Gewinnen, die im Grunde nach der geltenden amerikanischen Verfassung als Falschgeld eingestuft werden müßten. Solches „Scheineinkommen“ läßt sich folgenderweise umschreiben: „Mein Buchhalter weist Sie warnend darauf  hin, daß Sie die Summe, die auf meinen Scheck an Sie ausgewiesen ist, nur unter der Voraussetzung in Ihrer Bilanz führen können, daß Sie nie versuchen werden, diesen Scheck einzulösen.“

Dann kam der Tag, an dem die mit betrügerischen Geldanlagen Spekulierenden ihre ungedeckten Schecks zur Auszahlung vorlegten: Peng!

Jüngst ist nun das gesamte Weltsystem in einen kettenreaktionsartigen Kollaps des Finanz- und Währungssystems eingetreten, ausgelöst durch eine Mutation der infektiösen Betrugspraktiken, wie sie seit den Tagen von Michael Milken vor Oktober 1987 gepflegt wurden. In einer ekstatischen Orgie versucht jeder, die betrügerisch ausgestellten Schecks einzulösen. Die erwachsenen Männchen der Finanzaffen vom Rhesustyp im riesigen Finanzzoo verlieren völlig den Verstand.

Wir leben in einer Welt, in der man das Gefühl hat: „Von den ganz Reichen tun es wirklich fast alle.“

Die Folge eines solchen Verhaltens für das System ist ein moralisch und formal-intellektuell kranker Geisteszustand, der an das kriminelle Denken erinnert, welches Athen unter Perikles in den Peloponnesischen Krieg trieb. Athen hat sich bis zum heutigen Tag von dem, was es damals durch eigene Torheit verlor, nicht wieder erholt. Glücklicherweise ist uns die Größe der Tradition des Solon von Athen in der Form des Erbes der Pythagoräer und der anderen Kreise Platons überliefert worden.

Das ist ein Vorteil, den wir nach Kräften nutzen müssen.


Anmerkungen

1. Friedrich Schiller, „Die Kraniche des Ibykus“

2. Man sollte verstehen, daß dieses Werk Boccaccios eine bedeutende Kenntnis von Dante Alighieris Göttlicher Komödie widerspiegelt - eine Äußerung dessen, was ich als Macht der Tragödie beschrieben habe (Lyndon LaRouche, The Mask of Nancy Pelosi: The Force of Tragedy, EIR vom 9.11.2007). So hätten es auch die zeitgenössischen Leser von Boccaccios Erzählungen in Florenz verstanden.

3. War das gewissermaßen Minister Paulsons „Verabredung in Samara“, eine verhängnisvolle Wiederholung dessen, wovor er während des Watergate-Skandals der Regierung Nixon davongelaufen war?

4. „BBB“: der Typ des „Britischen Baby-Boomers“. Obwohl das „Babyboomer“-Syndrom („68er“) als solches in Form des dionysischen Existentialismus in den USA auftrat, stammte es aus europäischen Kanälen, die in der Person von Brigadegeneral John Rawlings Rees zusammenliefen. Er war Leiter der psychologischen Kriegführung Großbritanniens nach dem Ersten Weltkrieg mit wichtigen Verbindungen zur Londoner Tavistock-Klinik.

5. Wie z.B. das Brettspiel Monopoly.

6. Peter Popham, „Murder in Perugia: Dangerous Games of the Facebook Generation”, The Independent (London), 11.11.2007.

7. Die Rolle der einzigartigen menschlichen Kreativität, wie sie Keplers Entdeckung des Prinzips der Solargravitation beispielhaft zeigt, ist eine Qualität des Handelns im Universum, die Reduktionisten und antiken und modernen Anhängern Euklids oder modernen Empiristen unbekannt ist. Der philosophische Reduktionist verlegt sich lieber auf eine Beschreibung der Wirkungen eines Prinzips, etwa auf mathematische Formeln, als den wichtigen Akt der Entdeckung selber zu erkennen.

8. Norbert Wiener, Kybernetik und Die menschliche Verwendung des Menschen - Kybernetik und Gesellschaft oder John von Neumann, Die Rechenmaschine und das Gehirn, ders. mit Oskar Morgenstern, Spieltheorie und Wirtschaftswissenschaft. Sowohl Wiener als auch von Neumann waren Anhänger Bertrand Russells, besonders von Russells Principia Mathematica, Alfred N. Whiteheads und Bertrand Russells, Principia Mathematica (1927). Beide wurden, zu unterschiedlichen Zeiten, von David Hilbert wegen des begründeten Vorwurfs der Inkompetenz von der Universität Göttingen verwiesen, im Falle von Neumanns auch wegen der schwerwiegenderen Anschuldigung des Plagiats.

9. Der Schlüssel zur Entwicklung des sowjetischen Atomarsenals lag in dem sowjetischen Wissenschaftspotential, wie es der herausragende Universalgelehrte des 20. Jahrhunderts, W.I. Wernadskij, verkörperte. Russell bereute aber nach eigener Aussage niemals seine Kampagne für einen „präventiven Atomschlag“ gegen die Sowjetunion, um diese zur Unterwerfung unter eine Weltregierung (die „Globalisierung“ von heute) zu zwingen.

 

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