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Aus der Neuen Solidarität Nr. 28/2007 |
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Unter dem Thema „Die Entwicklung Afrikas im Rahmen des Aufbaus der Eurasischen Landbrücke“ fand am 21. Juni in Berlin eine Veranstaltung der BüSo statt. Dabei wurde deutlich, daß der Kampf gegen Elend und Armut nur gewonnen werden kann, wenn wir alle unser ganzes Leben einer neuen Zukunft widmen.
Das Treffen der Berliner BüSo am 21. Juni hat Dutzende von Leuten aus der ganzen Welt angezogen, besonders Vertreter aus Kongo-Kinshasa und Angola - Länder, die in den letzten Jahrzehnten brutalster Gewalt ausgesetzt waren. Denn das Thema des Abends drehte sich um die Zukunft Afrikas und die Entwicklungsprogramme für einen wirtschaftlichen Aufbau des sogenannten „schwarzen Kontinents“.
„Um das Schicksal der Menschheit ringen zwei Mächte“, begann die BüSo-Vorsitzende Helga Zepp-LaRouche ihren Beitrag. „Und wir sind an einem Zeitpunkt angekommen, wo die oligarchische Idee und die republikanische Idee nicht gleichzeitig existieren können.“
Für alle im Raum waren das unerwartete Worte, denn Afrika war kürzlich im Rahmen des G-8-Gipfels und Frau Merkels Schwärmerei über die Rolle von Mikrokrediten sehr häufig in den Medien. Selbst die Bildzeitung hatte diesem Thema eine ganze Ausgabe gewidmet. Unter der Überschrift „30.000 Menschen sterben in Afrika jeden Tag an Armut: Schluß damit!“ kamen alle Prominente von Popstar Bono bis Papst Benedikt XVI. zu Wort. Spätestens, als wieder Dutzende von Leichen verzweifelter Flüchtlinge an spanische Strände gespült und die abgestumpften Regierungen Europas aufgerüttelt wurden, hieß es plötzlich: „Ah, wir haben Afrika wiederentdeckt!“
Es schien fast, als ob sich die öffentliche Meinung in eine neue Richtung bewegen würde. Sollte sich tatsächlich etwas ändern? Oder würde den Versprechen, die aufgetischt wurden, wieder einmal die große Enttäuschung folgen?
Das eigentliche Thema wurde dennoch in allen Presseberichten ausgeklammert: Was ist die wirkliche Ursache des Elends in Afrika, und könnte es sein, daß mit der Aufdeckung des großen BAE-Skandals einer der Hauptfaktoren beseitigt würde?
Als Bach diese Worte in seiner Motette „Jesu, meine Freude“ wählte, hatte er wohl kaum die britische Königsfamilie im Sinn gehabt. Allerdings kann man davon ausgehen, daß die oligarchische Ideologie sehr verbreitet war, ohne daß sich Prinz Philip bereits zu seiner Wiedergeburt als tödliches Virus geäußert hätte, um etwas zur Lösung der Überbevölkerung beizutragen.
Die oligarchische Idee, der Drachen, kam mit den Enthüllungen über die schwarzen Kassen des britischen Rüstungskonzerns BAE ans Tageslicht, der seit den 80er Jahren mit Milliarden von Dollar u.a. Stammeskriege in Afrika finanzierte. Jetzt sind Untersuchungen im Gange, die die britische Rolle bei der Steuerung des Weltfinanzsystems in den letzten Jahrzehnten aufzeigen.
Der Streit zwischen Churchill und Roosevelt über die Nachkriegsordnung war in der Folge zweifellos zugunsten Churchills ausgegangen, der 1941 bei einem Treffen in Casablanca wütend meinte:„Herr Präsident, ich glaube, daß Sie das britische Imperium abschaffen wollen.“
Roosevelts Plan hingegen sah vor, den Kolonialismus abzuschaffen, Industrien aufzubauen, den Lebensstandard zu erhöhen, den Menschen eine Ausbildung zu geben und das Gesundheitswesen zu verbessern. Roosevelt ging es nicht um Almosen, wie denen, die vom G8-Gipfel versprochen wurde, und hätte er nach dem Zweiten Weltkrieg noch gelebt, würde die Welt heute völlig anders aussehen.
Am 14. Juni erschien in Die Zeit ein klinisch interessanter Artikel über die Lage in Simbabwe. Der Alltag im Lande wird beschrieben und alle Probleme - von der Hyperinflation bis zur HIV-Epidemie - Präsident Mugabe, dem „Satan“, angelastet.
Romantisch verbrämt wird das Landleben während der Kolonialzeit dargestellt, und sophistisch verdreht werden Äußerungen frustrierter Simbabwer wiedergegeben, um die Vorzüge des Apartheidregimes zu präsentieren. Läßt man einmal die unglaubliche Dreistigkeit dieser Behauptungen beiseite, werden zwei Dinge deutlich. Erstens, die vielsagende Kritik von Erzbischof Pius Ncube, einem der Hauptgegner Mugabes, der einmal über Mugabes Jugend sagte: „Er war ein Einzelgänger, seine Nase steckte immer in einem Buch. Er las mehr, als gut für ihn war.“ An anderer Stelle in dem Artikel findet der gleiche Erzbischof nur gute Worte für die Weißen, unter anderem wegen ihrer effizienten Verwaltung.
Zweitens, das Zitat einer verwirrten alten Frau, die meinte: „Von Simbabwe kam nichts Gutes. Da müssen Sie weiter zurückgehen, nach Rhodesien.“ Und ähnlich frappierend die klägliche Äußerung eines 67jährigen Mannes: „Die Weißen haben sich jedenfalls um uns gekümmert.“
Das große Mißverständnis liegt hier im Menschenbild und in einer kolossalen Umwertung der Werte, wie sie für die heutige 68er Generation so typisch ist. Es soll ein liebgewonnener Lebensstil (wie in den Südstaaten der USA zu Lincolns Zeiten) als Naturprinzip verteidigt werden, das den Betroffenen manchmal teurer ist als verletzte Traditionen oder Werte.
Bei einer Veranstaltung im Auswärtigen Amt hat Staatssekretär Werner Müller vom Umweltministerium kürzlich ein ähnliches 68er-Plädoyer gehalten, als er sich für ein „Ende der Denkweise, die die europäische Zivilisation über die letzten Jahrhunderte bestimmt hat“, aussprach. Geeigneter Anlaß für einen solchen Aufruf sei die angebliche Klimakatastrophe, denn „Thomas von Aquins Meinung, daß der Mensch über der Natur steht“, sei falsch. Also wäre der Mensch dann doch nichts Anderes als ein Tier?
In diesem Zusammenhang ist ein Interview von Martin Durkin, dem Regisseur des Films The Great Global Warming Swindle, vom 14. März sehr aufschlußreich, worin er auf die Gemeinsamkeiten zwischen Nationalsozialismus, dem neofeudalistischen Denken der britischen Oligarchie und den Grünen einging:
„All dies grenzt an Faschismus. Es ist kein Zufall, daß die Nazis wegen dieses romantischen Antiindustrialismus, der eine lange Geschichte hat, tatsächlich sehr vom Umweltschutz schwärmten. Leute wie Prinz Charles passen sehr schön in dieses Weltbild hinein. Ein Freund von ihm, Laurens van der Post, drang nachdrücklich auf die Erhaltung des sogenannten traditionellen Stammeslebens in Afrika; es sei unerträglich, daß wir Afrika Industrie und Veränderung aufdrängten.
Ich meine dagegen, wenn man sich in Afrika umschaut, dann suchen die Leute verzweifelt nach Modernisierung. Die Vorstellung, daß sie es lieben, im Dreck zu leben, ist schrecklich, aber das ist diese Philosophie, bei der das Stammesleben glorreicher und edler ist als das moderne Industrieleben. Diese rückschrittliche Anschauung wird normalerweise von den Leuten vertreten, die einen Apple Mac auf ihrem Schreibtisch haben. Sie kriechen nicht gerade im Dreck herum und müssen ohne Strom überleben. Sie gefallen sich darin, über eine nichtindustrielle Gesellschaft zu schwärmen, obwohl sie sich selber nie darauf einlassen.“
Es verwundert deshalb nicht, daß die gleichen Leute, die predigen, Afrika solle mit Solarpanelen vollgepflastert werden, nicht nur, wie Al Gore, eine rassistische Ideologie verfolgen, sondern voll im Geschäft mit der Umwelt stecken und auf Kosten der Entwicklung der Dritten Welt Millionen verdienen.
Ein zentrales Thema des BüSo-Treffens über Afrika war, wie man die Hedgefonds- und Finanzlogik bricht, die die gesamte Welt in den Abgrund zu stürzen droht. Helga Zepp-LaRouche schilderte den jahrzehntelangen Kampf der internationalen LaRouche-Bewegung, der Finanzmacht der Oligarchie ein wirkliches weltweites Entwicklungskonzept entgegenzustellen. Erst kürzlich sei sie mit ihrem Ehemann Lyndon LaRouche in Moskau gewesen, wo im Rahmen der Feierlichkeiten zum 80. Geburtstag ihres Freundes Prof. Menschikow intensiv über LaRouches inspirierendes Programm zur Entwicklung Rußlands diskutiert wurde. Die russische Regierung habe inzwischen Teile dieses Programms übernommen und wolle einen 6000 km langen Entwicklungskorridor einschließlich eines Tunnels unter der Beringstraße bauen.
Das Gesamtprogramm schließe aber die ganze Welt und nicht zuletzt Afrika ein. Schon in den 70er und 80er Jahren habe LaRouche zahlreiche Entwicklungsprojekte für die Dritte Welt vorgelegt, für Mexiko, Indien und den Nahen Osten, die letztlich durch das Eingreifen von Lakaien der Oligarchie, namentlich Leuten wie Henry Kissinger, vereitelt wurden.
Heute aber, sagte Frau Zepp-LaRouche, gebe es von Venezuela bis Iran, von China bis Südafrika eine Renaissance des Fortschrittsgedanken, es würden Kernkraftwerke und Transrapidstrecken gebaut. Nur so könne man die Ideologie des britischen Imperiums zerstören, denn so könnten jetzt auch landumschlossene Regionen entwickelt werden. Länder wären endlich unabhängig und könnten das Schicksal ihrer Nationen selbst bestimmen.
Der Berliner Landesvorsitzende der BüSo, Dr. Wolfgang Lillge, ging in seinem Beitrag auf die Zusammenarbeit durch technologischen Austausch ein, die nicht nur für den Bau der Eurasischen Landbrücke nötig sei. Was Afrika vordringlich bräuchte, sei Wasser- und Energieversorgung. Er berichtete über eine Studie der Fusion Energy Foundation von 1980 über die Industrialisierung Afrikas.
Darin seien Entwicklungsprojekte vorgeschlagen worden, um z. B. die Wassermengen des Kongoflusses in den Tschadsee zu lenken oder Bewässerungsmöglichkeiten im Sudan zu schaffen - ein Land mit äußerst fruchtbaren Böden. In Ägypten seien bereits Projekte in Angriff genommen worden, um das Nilwasser in künstliche Seen in der Wüste zu leiten und dort ganz neue Städte und landwirtschaftliche und industrielle Anlagen zu bauen. Und in Algerien müßte die Kerntechnik eingesetzt werden, um Meerwasser zu entsalzen.
Außerdem zeigte Dr. Lillge, wie in Afrika erstmals ein Netz von Eisenbahnlinien gebaut werden könnte, um den Transport von Gütern und Menschen von Kapstadt bis Kairo und von Dakar bis Dschibuti zu ermöglichen: Ein Friedensplan für mindestens zwei Generationen. In vielen Gebiete herrschten immer noch von den alten Kolonialmächten ausgelöste Unruhen, Kriege oder Hungersnöte, und wenn man sich vorstelle, welche Bildungs- und kulturelle Perspektiven für die Völker entlang dieser Strecken erschlossen werden könnten, fiele es einem leicht zu verstehen, was britische Imperialisten dagegen hätten.
Für viele in Europa spielt sich das Leiden in Afrika wie auf einer Bühne ab, und man selbst sitzt gemütlich im Zuschauerraum. Leider ist diese Einstellung, wie am Beispiel der grünen Ideologie deutlich wird, eine Krankheit der gesamten Menschheit - oder besser eine Kinderkrankheit der Oligarchie, die wie Masern oder Mumps geheilt werden muß und die Menschheit nie wieder bedrängen darf.
Die eigentliche Frage ist: Akzeptieren wir, daß zwei Drittel der Menschheit nach wie vor in bitterer Armut leben, wie es die Finanzlogik der Globalisierung verlangt? Und beruhigen wir unser Gewissen weiter mit 2-Euro-Spenden und lassen zu, daß die wirklichen Lösungen politisch weiter abgewürgt werden?
Ich hoffe, Sie teilen die unerträgliche Gleichgültigkeit der Mehrheit nicht. Es gibt zwar keine einfachen Antworten auf diese Fragen, aber, wie LaRouche immer wieder betont, die einzige richtige Antwort liegt darin, daß man das eigene Leben dieser besseren Zukunft widmet, selbst wenn sich diese noch nicht zu eigenen Lebzeiten verwirklichen läßt.
Die Teilnehmer der Veranstaltung bekamen eine Vorstellung von dieser Idee, als die LaRouche-Jugendbewegung Auszüge von Bachs Motette „Jesu, meine Freude“ sang. Einige im Publikum waren zu Tränen gerührt. Etwas in der Leidenschaft der Jugendlichen, die für die verlorenen Werte von Tugend und Gerechtigkeit kämpfen, hat die Macht, eine nachdenkliche Sanftmut zu erwecken. Und in der Schönheit des Augenblicks entstand Platz für den Gedanken: Was mache ich mit meinem Leben?
Portia Tarumbwa
Lesen Sie hierzu bitte auch:
Atome für Afrikas Entwicklung - Neue Solidarität Nr. 8-9/2006 Offener Streit bei der Tagung der Klimakommission - Neue Solidarität Nr. 16/2007 Eine Welt souveräner Nationalstaaten - Neue Solidarität Nr. 20/2003 Deutschland braucht eine neue Wirtschaftspolitik! - Neue Solidarität Nr. 4/2007 Stellungnahmen der BüSo-Vorsitzenden Helga Zepp-LaRouche - Internetseite der BüSo |
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