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Von Dennis Small und Alexander Hartmann
Die Bedeutung des Telefonats zwischen Trump und Putin am 18. März und der laufenden Gespräche zwischen den beiden Seiten liegt nicht in den Einzelheiten dessen, was an dem Tag besprochen wurde oder nicht. Wichtiger ist, daß durch die politische Weltbühne ein frischer Wind weht, weg vom Kurs der letzten Monate, als die Welt unter der Biden-Regierung auf einen Atomkrieg zusteuerte. Diese Veränderung definiert einen völlig neuen Ansatz für die Beziehungen zwischen den USA und Rußland, und der Stimmungswandel wirkt sich auch auf andere Themenbereiche und andere Länder aus.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, berichtete in der offiziellen Zusammenfassung des Telefonats zwischen Trump und Putin:
„Beide Staatschefs waren sich einig, daß dieser Konflikt [in der Ukraine] mit einem dauerhaften Frieden enden muß. Sie betonten auch die Notwendigkeit verbesserter bilateraler Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland. Das Blut und die Reichtümer, die sowohl die Ukraine als auch Rußland in diesem Krieg eingesetzt haben, wären besser für die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung verwendet worden. Dieser Konflikt hätte nie anfangen dürfen und hätte schon vor langer Zeit durch aufrichtige und wohlmeinende Friedensbemühungen beendet werden müssen…
Die beiden Staatschefs waren sich einig, daß eine Zukunft mit verbesserten bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland enorme Vorteile mit sich bringen würde. Dazu gehören bedeutende Wirtschaftsabkommen und geopolitische Stabilität, sobald Frieden erreicht ist.“
Ein führender russischer Strategieanalyst lieferte in einem Artikel am 18. März auf RT eine nüchterne Einschätzung des Potentials wie auch der Fallstricke der amerikanisch-russischen Beziehungen nach diesem zweiten Telefonat zwischen Trump und Putin. Fjodor Lukjanow, Chefredakteur von Russia in Global Affairs, Vorsitzender des Präsidiums des Rats für Außen- und Verteidigungspolitik und Forschungsdirektor des Internationalen Waldai-Diskussionsklubs, konzentriert sich darin auf das Gesamtbild statt auf die Details des Hin und Her. Unter der Überschrift „Putin und Trump läuten eine Ära der neuen Diplomatie ein“ schreibt er:
„Noch vor zwei Monaten schien die Idee ernsthafter Verhandlungen zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten über die Ukraine – ganz zu schweigen von einer umfassenderen Normalisierung der Beziehungen – eine Utopie zu sein. Doch heute geschieht, was einst unmöglich schien. Das beweist, daß mit Realismus und dem aufrichtigen Willen, Ergebnisse zu erzielen, viel erreicht werden kann.“
Lukjanow warnt aber auch: „Zwei Extreme müssen jedoch vermieden werden: Das eine ist die Illusion, alles könne schnell und schmerzlos gelöst werden, und das andere ist die zynische Überzeugung, eine Einigung sei grundsätzlich nicht erreichbar.“
Rußland habe seit Jahren einen direkten Dialog auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten angestrebt. Mit Biden im Weißen Haus sei dies unmöglich gewesen, nun ändere sich das mit Donald Trump:
„Es ist das Weiße Haus, das diese politischen und diplomatischen Bemühungen vorantreibt. Rußland reagiert, wie es schon oft betont hat, auf guten Willen mit der Bereitschaft zu einem sinnvollen Dialog. Westeuropa spielt unterdessen die Rolle des ewigen Spielverderbers – es murrt und blockiert –, verfügt aber nicht über das militärische und politische Gewicht, den Prozeß aufzuhalten oder umzukehren. Die Ukraine leistet Widerstand, sie weiß, daß ihr Überleben von amerikanischer Unterstützung abhängt. Aber Kiew wird hinter den Kulissen von seinen europäischen Unterstützern gesagt, daß es unvermeidlich ist, Washingtons Anweisungen zu folgen.“
Lukjanow konzentriert sich auf das in seinen Augen zentrale Thema:
„Die wichtigste Entwicklung ist vor allem, daß echte Diplomatie zurückgekehrt ist. Hinter verschlossenen Türen finden intensive Verhandlungen statt – komplexe Diskussionen mit hohem Einsatz und ohne vorbestimmte Ergebnisse... Zum ersten Mal seit Jahrzehnten begegnen Washington und Moskau einander auf Augenhöhe und navigieren durch die Komplexität der Machtpolitik ohne den ideologischen Ballast der Vergangenheit. Und das macht diesen Moment so bedeutsam. Zum ersten Mal seit Jahren besteht eine echte Chance auf eine Lösung – weil endlich echte Verhandlungen stattfinden.“
Die Vorsitzende des Schiller-Instituts kommentierte am 19. März in ihrem wöchentlichen Live-Dialog mit Helga Zepp-LaRouche, diesmal mit dem bekannten amerikanischen Kommentator und früheren CIA-Analysten Larry Johnson1, die Ereignisse aus ihrer Sicht:
„Gestern war ein erstaunlicher Tag: Auf der einen Seite gab es das wirklich bedeutende, superwichtige Telefongespräch zwischen Präsident Trump und Präsident Putin, das meiner Meinung nach äußerst wichtig für die Hoffnung ist, einen Atomkrieg zu verhindern. Und meiner Meinung nach sollte sich jeder, der nicht völlig verrückt ist, über dieses Gespräch freuen, auch wenn der Prozeß der Lösung der komplizierten Probleme nicht einfach ist.
Und dann gab es am selben Tag das ebenso spektakuläre, aber entgegengesetzte Ereignis im Deutschen Bundestag, wo mit Zweidrittelmehrheit für eine Lockerung der Schuldenbremse gestimmt wurde, um ein enormes Aufrüstungsprogramm zu finanzieren, das sich laut der deutschen Wirtschaftszeitung Handelsblatt in absehbarer Zukunft auf 1,7 Billionen Euro belaufen wird, die hauptsächlich für militärische Zwecke aufgewendet werden sollen. Einen Tag später hat dann [die EU-Kommissionspräsidentin] von der Leyen von Kopenhagen aus ein neues EU-Weißbuch zu militärischen Fragen und ein Aufrüstungsprogramm für 800 Milliarden Euro angekündigt.“
Zepp-LaRouche betonte: „Es scheint zwei Universen zu geben“, in denen die Menschen, die darin leben, jeweils ganz andere Axiome und Auffassungen darüber haben, wie die Welt funktioniert. „Dann gibt es diese erstaunliche Diskrepanz auf der Seite der Leute, die sich jetzt ,Koalition der Willigen‘ nennen.“ Diese Haltung werde aber nicht von allen in der EU geteilt. Die italienische Ministerpräsidentin Meloni „hat gerade gesagt, daß sie nicht dabei sein möchte. Natürlich sind Ungarn, die Slowakei, aber auch Länder wie die Balkanstaaten und sogar Spanien nicht begeistert, sodaß wir es tatsächlich nur mit einem sehr kleinen Teil der EU zu tun haben.“
Besonders bedeutsam ist außerdem, daß Präsident Putin die BRICS weiterhin in den Mittelpunkt der Diskussion über die notwendige neue Sicherheitsordnung der Welt stellt. Als Putin am 13. März Trump in seiner ersten Reaktion auf den Waffenstillstandsvorschlag für dessen Engagement bei der Suche nach einem Verhandlungsfrieden in der Ukraine dankte, dankte er unmittelbar anschließend auch den Regierungschefs von China, Indien, Südafrika und Brasilien, also den Gründungsmitgliedern der BRICS neben Rußland. Am 18. März hatte Putin kurz vor seinem Gespräch mit Trump ein langes Treffen mit der Russischen Union der Industriellen und Unternehmer, bei dem er betonte, daß künftig nicht Europa, sondern die BRICS-Staaten das Zentrum des globalen Wirtschaftswachstums sein werden.
Putin hat also faktisch damit begonnen, den Globalen Süden als Gesprächspartner in seinen Dialog mit Trump einzubeziehen – was Trump vielleicht noch gar nicht bewußt ist. Diese neu entstehende politische Konstellation – USA, Rußland, China, Indien und andere Nationen des Globalen Südens – ist mächtig genug, um das bankrotte, aus London gesteuerte transatlantische Finanzsystem dauerhaft durch eine neue Ordnung zu ersetzen.
Die Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste (DNI) in der Trump-Administration, Tulsi Gabbard, setzte in einer Rede vor dem Raisina-Dialog in Indien einen besonderen Akzent, der die Hoffnung weckt, daß die Vereinigten Staaten in dieser internationalen Konstellation eine konstruktive Rolle spielen könnten. Gabbard sagte: „America First sollte nicht als ‚Amerika allein‘ mißverstanden werden. Die Beziehungen, die wir gemeinsam aufbauen, sind entscheidend, um unsere wechselseitigen Interessen zu fördern. Unsere gemeinsamen Werte werden auch in Zukunft unsere Beziehungen prägen.“
Dann zitierte Gabbard aus der historischen Rede von Präsident John F. Kennedy an der American University im Juni 1963:
„Zunächst müssen wir unsere Einstellung zum Frieden an sich überprüfen. Zu viele von uns halten ihn für unmöglich. Zu viele halten ihn für unrealistisch. Aber das ist eine gefährliche, defätistische Einstellung. Sie führt zu der Schlußfolgerung, daß Krieg unvermeidlich ist, daß die Menschheit dem Untergang geweiht ist, daß wir von Kräften beherrscht werden, die wir nicht kontrollieren können. Wir dürfen diese Sicht nicht akzeptieren. Unsere Probleme sind von Menschen gemacht. Deshalb können sie auch von Menschen gelöst werden. Der Verstand und der Geist des Menschen haben schon oft das scheinbar Unlösbare gelöst, und wir glauben, daß das auch jetzt wieder möglich ist.“
Kennedys Worte von 1963 seien heute so relevant wie damals, sagte Gabbard. Um Frieden zu schaffen, müßten Regierungen den Mut haben, „sich direkt mit Freunden und Gegnern gleichermaßen auseinanderzusetzen, um das Verständnis zu fördern, Differenzen zu lösen und eine Eskalation des Konflikts zu verhindern. Man braucht Führungspersönlichkeiten, die sich nicht scheuen, eine unbequeme oder unpopuläre Wahrheit auszusprechen, die die schwierigen Fragen stellen und die etablierte Sichtweise oder die ,Art und Weise, wie die Dinge immer gemacht wurden‘, hinterfragen.“
Anmerkung
1. Siehe Live Podcast with Larry Johnson and Helga Zepp-LaRouche, Video, March 19, Schiller-Institut (englisch).
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