|
|
Von einer EIR-Arbeitsgruppe
Das folgende Dossier über die Hintergründe der Auseinandersetzungen in der Ukraine wurde vom Nachrichtenstab des Executive Intelligence Review zusammengestellt. Das englische Original finden Sie auf www.larouchepub.com.
Vor neun Jahren erschien von den Verfassern bereits ein anderes Dossier mit dem Titel „Dick Cheney: Permanente Revolution/Permanenter Krieg“. Der damalige US-Vizepräsident prangte mit seinem fanatischen Blick auf der Titelseite von EIR1, flankiert von zwei bekannten Personen vom Anfang des 20. Jahrhunderts: Leo Trotzki und Alexander Helphand Parvus. Wir zeigten, daß die Lehre von der „Permanenten Revolution“, wie Trotzki sie ursprünglich von dem weniger bekannten, aber um so wichtigeren britischen Agenten Parvus übernommen hatte, in Cheneys neokonservativer Clique wiederauflebte - nicht nur, weil die neokonservative Kriegspartei eigene trotzkistische Wurzeln hatte, sondern weil sie den Zwecken des modernen Britischen Empire, d.h. der globalen Finanzoligarchie, dazu dienen sollte, eine Serie geopolitischer Konflikte zur Destabilisierung jeglicher vorhandenen oder potentiellen Opposition anzufachen. Wir wiesen darauf hin, daß in dem Arsenal des „Permanenten Krieges“ auch der Zünder für einen Weltkrieg eingebaut ist, wie es vor 100 Jahren schon einmal der Fall gewesen war.
Wir beschrieben das Entsetzen in London über die weltweite Ausbreitung dirigistischer Industrieentwicklung - die Methoden des Amerikanischen Systems -, seit Präsident Abraham Lincoln die Union zum Sieg im amerikanischen Bürgerkrieg geführt hatte:
„Im Laufe der folgenden 40 Jahre reagierten die Briten darauf mit der Einleitung ständiger Kriege in Eurasien, indem sie manipulierten, Länder gegeneinander ausspielten, wichtige republikanische Politiker ermordeten, verdrehte pseudopolitische Bewegungen und Ideologien förderten, diplomatische Manöver gegen jedermann lancierten und ,Regimewechsel’ betrieben, was letztlich zu zwei aufeinanderfolgenden Weltkriegen führte. Britische Agenten, die häufig als offizielle diplomatische Vertreter getarnt waren, schmiedeten Allianzen mit den rückständigsten feudalistischen und fundamentalistischen Fraktionen in den anvisierten Ländern..., schufen falsche ,Befreiungsbewegungen’ und rekrutierten und lenkten wichtige Agenten.“
In anderen Studien aus der Cheney-Ära zeigten wir auf, daß die faschistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts aus britischen Operationen der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stammten, insbesondere im Rahmen eines Projekts, das als „Synarchie“ bekannt ist und auch als „Universalfaschismus“ bezeichnet wird. Wir stellten dabei das synarchistische Phänomen der „Menschenbestie“ heraus - die grausame Brutalität, die von den geistigen Vätern und Kontrolleuren solcher Bewegungen kultiviert wurde.2
Alle diese Untersuchungen sind wesentlich, um die gegenwärtige Krise um die Ukraine zu verstehen, die im Lande selbst von Tag zu Tag schrecklicher wird und weltweite Gefahren heraufbeschwört. Barack Obamas Außenpolitik ist eine Fortsetzung von Dick Cheneys Politik. Zum einen war die heute in Washington für die Ukraine zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium Victoria Nuland früher erst Cheneys außenpolitische Beraterin und dann in der Bush-Cheney-Administration 2001-09 amerikanische NATO-Botschafterin.
Zudem stecken die Vereinigten Staaten und die Europäische Union unter einer Decke mit dem verfassungswidrig eingesetzten ukrainischen Präsidenten Alexander Turtschinow und der Regierung des von Nuland handverlesenen Ministerpräsidenten Arseni („Jaz“) Jazenjuk. In dieses Regime wurden die Swoboda-Partei, die 1991 als neonazistische Jugendorganisation ihren Anfang nahm, und andere offen faschistische ukrainische Bewegungen integriert. Nicht bloß kleine radikale Randgruppen, sondern auch wichtige Euromaidan-Anführer hinter dem Putsch vom Februar 2014 verbreiten die spezifische faschistische Ideologie, die von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) seit ihrer Gründung 1929 entwickelt wurde und sogar noch weiter auf die Union für die Befreiung der Ukraine (UBU) aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zurückgeht. Und die UBU war ein Projekt von niemand anderem als Alexander Helphand Parvus selbst. Die UBU wurde vom sterbenden österreich-ungarischen Habsburgerreich 1914 finanziert (so wie der britische Geheimdienst und verkommene Elemente des deutschen Generalstabs andere Parvus-Projekte wie die bolschewistische Revolution unterstützten), und Parvus verfolgte mit ihr das Ziel, das Russische Reich zu zerschlagen und so den Ersten Weltkrieg herbeizuführen.
Heute geht es wieder um einen Weltkrieg, so wie dies der Londoner Economist in seiner Ausgabe vom 17. März 2007 dargestellt hat. Das Magazin verlegte ein von ihm entwickeltes Szenario in das Jahr 2057, wobei die Europäische Union ein Hauptbestandteil eines zukünftigen Weltimperiums wäre, nachdem hohe EU-Vertreter US-Präsident Barack Obama (der bei Erscheinen des Artikels noch gar nicht im Amt war) davon überzeugt hatten, aufgrund einer Krise in der Ukraine Rußland massive Nuklearschläge anzudrohen, und zwar in der Mitte des Jahrzehnts 2011-2020 - das ist jetzt.
Wollen die USA tatsächlich solche britisch-imperialen Planspiele umsetzen, indem sie eine globale Machtprobe mit Rußland provozieren? Wir sollten zu einem solchen weltweiten Vernichtungskrieg Nein sagen und zudem die faschistischen Gruppen, die den Weg dafür bereiten, ausschalten.
Dieser Artikel ist der jüngste in einer Reihe von Veröffentlichungen über die gezielt herbeigeführte Ukraine-Krise. Im ersten Teil der Studie, „Der Westen unterstützt Neonazi-Putsch in der Ukraine“, beschäftigten wir uns mit der Geschichte von Stepan Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN (B))3 während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir beschrieben die Kollaboration der OUN mit den Nazis sowie die Greueltaten, die die OUN im Namen ihrer eigenen radikalen Vorstellungen über ethnische Reinheit verübten, insbesondere den Massenmord an Juden und Polen.4 Anschließend berichtete EIR über die geschichtlichen Belege für die Protektion führender OUN-Leute durch westliche Geheimdienste in der Nachkriegszeit - Bandera durch den britischen MI6 und der OUN-Sicherheitschef Mykola Lebed durch CIA-Chef Allen Dulles.5
Die Selbstverteidigungskräfte des Maidan und die radikalen Gruppen des sogenannten Rechten Sektors hißten während des gesamten Aufstands in Kiew zwischen November 2013 und Februar 2014 die schwarz-rote Fahne der OUN (B). Ein riesiges Banner mit einem Bild Banderas hing in dem besetzten Gewerkschaftsgebäude, das ihnen als Hauptquartier diente. Wie wir hier dokumentieren wollen, stammen sowohl ihre Ideologie als auch wesentliche Elemente ihrer Organisationsstruktur direkt aus Banderas Vermächtnis, das von MI6 und CIA in der gesamten Nachkriegszeit bis heute so tatkräftig unterstützt wurde.
Das EIR-Archiv enthält außerdem Berichte über weitere wichtige Hintergründe der Ukraine-Krise: die wirtschaftliche Zerstörung des Landes unter der radikalen Freihandelspolitik der letzten 23 Jahre, die die Ukraine auf Druck von IWF, USA und EU betrieben hat. Infolge dieser Politik florierte die kriminelle Finanzoligarchie, eine Vielzahl von Wanderarbeitern suchte sich Jobs in der EU und Rußland, und besonders nach der Eskalation der Finanzkrise 2008 stieg die Jugendarbeitslosigkeit massiv an.6 Alle diese ruinösen Folgen der Wirtschaftskrise leisteten der Verbreitung neofaschistischer Gruppen in der Ukraine Vorschub.
In dieser Ausgabe erweitern wir das Dossier um folgende Abschnitte:
1. Faschistische Axiome. Die Anhänger Banderas waren Faschisten nicht nur aufgrund ihrer bereitwilligen Kollaboration mit den Nazis gegen die Sowjetunion. Ihr „Nationalismus“ bestand überwiegend aus den Ansichten von Dmytro Donzow, einem Veteranen von Parvus’ UBU. Donzows radikale Exklusionsdefinition einer Nation und sein extremer Sozialdarwinismus, wonach Krieg der zwangsläufige und permanente Zustand der Menschheit sei, decken sich mit den Ideologien des italienischen und deutschen Faschismus und anderer synarchistischer Bewegungen der letzten 100 Jahre. Diese Ansichten finden nicht nur ihren Niederschlag in den Programmen der rechtsextremen Gruppen in der Ukraine, zentrale Konzepte wie insbesondere das starke Feindbild Rußland haben sich auch als Denkmuster weit verbreitet.
2. Die neue ukrainische Regierung. Die vielen Mitglieder der Swoboda-Partei und anderer radikal-nationalistischer Gruppen, die jetzt ukrainische Regierungsinstitutionen anführen, strafen alle Behauptungen Lügen, die neue Regierung sei frei von Neonazis. Äußerungen von Abgeordneten der Swoboda und anderer Koalitionsmitglieder drücken deren faschistische Ansichten aus.
3. Der Rechte Sektor: Keine radikale Randgruppe. Ein Blick auf die Ursprünge der drei Hauptbestandteile der paramilitärischen Gruppe des Rechten Sektors, die von Euromaidan-Führern als deren treibende Kraft angesehen wird, verrät nicht nur ihre faschistische, kriegslüsterne Ideologie, sondern auch eine lange, direkte Unterstützung durch die gleichen britischen, amerikanischen und NATO-Stellen, die die OUN während des Kalten Kriegs gerettet, beschützt und gefördert haben.
4. Von wem stammen die „falschen Lesarten“? In Washington ist es praktisch unmöglich, über Nazisymbole oder rassistische Anschauungen von Angehörigen des neuen Kiewer Regimes oder seiner paramilitärischen Einheiten zu sprechen, ohne daß einem vorgeworfen wird, von Rußland in die Welt gesetzte „falsche Lesarten“ zu verbreiten. Selbst auf die These, das EU-Assoziierungsabkommen hätte erhebliche Nachteile für die Menschen in der Ukraine bedeutet (genauso wie die von der EU diktierten Sparmaßnahmen die Sterberate in EU-Mitgliedsländern wie Griechenland und Spanien massiv erhöht haben), wird ganz ähnlich reagiert. Victoria Nuland erklärte vor dem Kongreß: „Wir werden mit der EU zusammenarbeiten, um ihre Anstrengungen zu unterstützen, verläßliche Informationen über die wirkliche Bedeutung der europäischen Integration für die ukrainische Öffentlichkeit, besonders im Osten, zu verbreiten und falschen Lesarten und Panikmache entgegenzutreten.“7 Die Vizepräsidentin der National Endowment for Democracy Nadia Diuk ereiferte sich: „Ich denke, es geht wieder so eine Lesart um, ja, man sollte diese Wahlen [am 25. Mai] nicht für authentisch halten, weil schließlich einige der Kandidaten eine anrüchige Vergangenheit als Extremisten, Radikale und Antisemiten hätten. Das ist eine Lesart - das ist nur ein weiteres Instrument im Werkzeugkoffer des Kremls, um die Lage weiter zu destabilisieren.“8 Die Behauptung der einflußreichen Diuk, der Maidan-Putsch sei eine demokratische Erhebung der Basis gewesen, läßt sich als bewußte Lüge entlarven, ohne eine einzige russische Quelle anzuführen. Dazu genügen die Worte führender Maidan-Aktivisten und andere Zeugenaussagen.
Der begleitende Kasten zu diesem Artikel wirft ein Licht darauf, wie tief das Denken der OUN in Kreisen der amerikanischen Politik verwurzelt ist.
Die Organisation Ukrainischer Nationalisten wurde 1929 gegründet. In den 30er Jahren wurde sie vom britischen MI6 und dem deutschen Militärgeheimdienst, der Abwehr, unterstützt. Britische Geheimdienst- und Politikkreise bis einschließlich Winston Churchill verfolgten in dieser Zeit auch Pläne für eine Beteiligung der Ukraine an Projekten wie Intermarium (einem geplanten Zusammenschluß von Ländern zwischen Ostsee, Schwarzem Meer, Ägäis und Adria) und der Prometheus-Liga ethnischer Minderheiten aus Regionen in der UdSSR.
Mehrere dieser Organisationen wurden gemeinsam von britischen und deutschen Agenten geführt, solange führende britische Kreise die Nazis offen unterstützten; bei der Beziehung zwischen MI6 und ukrainischen Nationalisten im Untergrund während der Nachkriegszeit ging es somit nicht nur darum, den Nazi-Nachlaß aufzusammeln, sondern auch Projekte wieder unter eigene Obhut zu nehmen, an deren Schaffung der MI6 von Anfang an mitgewirkt hatte.9
Im Ausland wurden die Ansichten und Programme der OUN(B) 50 Jahre nach dem Krieg von Nachfolgeorganisationen wie dem Antibolschewistischen Block der Nationen (ABN) und dem Ukrainischen Kongreßkomitee von Amerika (UCCA) weiterverbreitet. Das UCCA feiert OUN-Führer Stepan Bandera als „einen der hingebungsvollsten Helden und Patrioten der Ukraine“.10 Kateryna Tschumatschenko, die amerikanischen Ehefrau des früheren ukrainischen Präsidenten Victor Juschtschenko, arbeitete in den 80er Jahren in den Washingtoner Büros der UCCA und des National Captive Nations Committee, bevor sie in das Menschenrechtsbüro des State Department überwechselte. In Juschtschenkos Amtszeit (2005-2010) wurde vieles unternommen, um Bandera und die OUN zu rehabilitieren. Die früheren ukrainischen KGB-Archive, die jetzt auf den Ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) übergegangen sind, wurden dem Historiker Volodymyr Wjatrowitsch unterstellt, der damit beauftragt ist, „nationale Helden“ als Vorbilder der neuen Ukraine aufzubauen. Wjatrowitsch malte alle wichtigen OUN-Führungsfiguren in den glühendsten Farben.11
Ein anderer Aspekt der OUN-Altlasten ist, daß die NED-Vizepräsidentin Diuk häufig wie eine Propagandistin des Kalten Kriegs der 50er Jahre mit einem neumodischen Project-Democracy-Anstrich klingt - und das nicht nur dank ihrer Ausbildung an der Universität Oxford, sondern auch, weil sie in den 80er Jahren ihre ersten politischen Erfahrungen bei einem Ableger der CIA-finanzierten Prolog Research Corporation sammelte, die vom früheren OUN-Attentäter Lebed geleitet wurde.
Aufgrund dieser politischen und institutionellen Kontinuität haben sich in der Maidan-Bewegung und ihren ausländischen Hinterleuten die Ansichten der OUN (oftmals unter anderen Bezeichnungen) unhinterfragt als „normaler, gesunder ukrainischer Nationalismus“ etabliert.
Der Euromaidan hat sich viele Slogans und Praktiken der OUN zu eigen gemacht. Nach dem stündlichen Absingen der Nationalhymne bestand der häufigste Anfeuerungsruf auf dem Euromaidan in einem einfachen Wechselsprechchor, wie er von dem italienischen Faschisten Gabriele D’Annunzio bekannt gemacht wurde. Ein Sprecher ruft: „Slava Ukrainy!“ (Es lebe die Ukraine!“), die Menge antwortet: „Heroyam slava!“ („Es leben die Helden!“). Das sind alte OUN-Schlachtrufe, die heute in der Ukraine ein absolutes Muß sind. Man hört sie jeden Tag. Als zum Beispiel die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis am 22. Februar in Kiew eintrifft, wird sie auf dem Maidan von jungen Streifengängern der Selbstverteidigungskräfte zur Rede gestellt: „Wir machen die Revolution hier, nicht Sie!“ Die verunsicherte Timoschenko versucht, sie auf ihre Seite zu bringen, indem sie aus dem Autofenster ruft: „Slava Ukrainy!“ Am 3. Mai, drei Tage nach dem grausigen Tod so vieler Menschen in dem brennenden Gewerkschaftsgebäude in Odessa, grüßte der neu ernannte Polizeichef für die Region Odessa, General Iwan Katerintschuk, eine öffentliche Versammlung in der aufgewühlten Stadt: „Slava Ukrainy!“ Einige Opfer des Odessa-Feuerdramas hatten noch die gleichen Rufe von der rasenden Menge sogenannter „Nationalisten“ auf der Straße unter ihnen gehört, bevor sie aus dem brennenden Gebäude in den Tod stürzten oder sprangen.
Die Kollaboration Banderas, der OUN und der Ukrainischen Aufständischenarmee (UPA) mit den Nazis in den 1930er Jahren und während der Nazi-Besetzung der Ukraine sowie die Greueltaten von OUN und UPA an Juden, Polen und der prosowjetischen russischen und ukrainischen Bevölkerung während und nach dem Zweiten Weltkrieg sind Gegenstand umfangreicher Dokumentationen, aber auch Beschönigungen, und sie wurden in unserem früheren Dossier zusammengefaßt.12 Hier wollen wir auf die faschistische Ausrichtung der OUN-Ideologie eingehen.
Die Veröffentlichungen und die Sprache der OUN von 1929 bis heute sind geprägt von Faschisten wie Dmytro Donzow (1883-1973). In seinem bekanntesten Buch Nationalismus (1926) und in seinen Schriften für kanadische Publikationen der Bandera-Fraktion nach dem Krieg vertritt Donzow einen ethnisch definierten Nationalismus und einen radikalen Sozialdarwinismus.
Eine „Nation“ ist für Donzow eine biologische Rasse, und in Nationalismus schrieb er, daß nur eine solche ethnische „Nation“ im gleichen Land leben kann.
„Wer Völker als bestimmte Art ansieht, die wie in der biologischen Welt zu ewigem Konkurrenzkampf untereinander verdammt sind - der erkennt klar, daß nicht einmal zwei von ihnen auf einem Fleckchen Boden unter der Sonne miteinander auskommen können... Der Schwächere muß dem Stärkeren weichen... Die Natur kennt keine Menschlichkeit oder Gerechtigkeit.
Das Streben nach Leben und Macht verwandelt sich in das Streben nach Krieg... Das Streben nach Krieg zwischen den Nationen währt ewig. Krieg währt ewig... Das weltweite Leben basiert auf Kampf, auf ständiger Bewegung, was der Welt Krieg bringt und Krieg auf die Welt bringt... Krieg gibt es zwischen Arten und deshalb zwischen Menschen, Völkern, Nationen usw. Seid Angreifer und Besatzer, bevor ihr Herrscher und Besitzer werdet... Es gibt keine gemeinsame menschliche Wahrheit.“
Nach Donzows Vorstellung sollte die tonangebende Kraft in der Gesellschaft eine „Aristokratie“ oder eine „Ordnung“ sein - eine Minderheit mit Eigeninitiative. Die Nation sollte einen vozhd haben, der sehr weitgehend dem deutschen „Führer“ entspricht. Donzow entwickelte sich zu einer Führungsfigur in den 1920er Jahren, nachdem während des Ersten Weltkriegs drei Versuche zur Bildung eines unabhängigen ukrainischen Staats gescheitert waren und von 1918 bis 1922 ein Bürgerkrieg im früheren Russischen Reich tobte. Seinen Werdegang schildert der britische Forscher Andrew Wilson so:
„Wie Mussolini war Donzow ursprünglich ein Sozialist, schloß sich dann aber 1914 der Union für die Befreiung der Ukraine an und bewegte sich schnell nach rechts. Viel von seiner politischen Philosophie übernahm er vom italienischen Faschismus, entwickelte aber seine eigene ukrainische Version des extremen Nationalismus, den er als ,kraftvollen’, ,handelnden’ oder (nach Maurras) ,integralen’ Nationalismus (chynnyi natsionalizm) bezeichnete, wobei er sich frei bei Leuten wie Nietzsche, Fichte, Pareto und Sorel bediente... Donzows Ausgangspunkt war eine heftige Kritik am angeblichen Provinzialismus, Minderwertigkeitskomplex und Kleinrußland-Denken der ukrainischen Intelligenz,... deren Unfähigkeit, sich von der russischen Kultur und der illusorischen Hoffnung auf eine Zusammenarbeit mit nichtexistenten russischen ,Demokraten’ zu befreien, die Ukraine zwischen 1917 und 1920 hilflos und führerlos ließ...
Donzows Vision der ukrainischen Nation... war im wesentlichen ethnisch. Eine reine und mitreißende ,nationale Idee’ konnte es nur als Abbild des Geistes einer ethnisch homogenen Nation frei von jeder inneren ,Unreinheit’ und Uneinigkeit geben (wobei sich Donzow hier an den verbreiteten Mythos einer homogenen ukrainischen Bauernschaft anlehnte). Die Ukraine mußte deshalb von allen Juden und Polen und vor allem von jedem russischen Einfluß gereinigt werden. Überdies würde die ethnisch homogene Nation in Donzows Sicht als korporativer Staat geführt werden, wobei die nationalistische politische Partei die ,herrschende Kaste’ stellt. Das wäre die Organisation Ukrainischer Nationalisten.“13
Leicht läßt sich in Donzows Vision von permanentem Kampf, unausweichlichem Krieg und der Säuberung fremder ethnischer Gruppen die „Menschenbestie“ des Synarchisten oder Nazis erkennen.
Donzows Glaubensstruktur war nicht die einzige oder gar die Haupttendenz in der früheren ukrainischen Unabhängigkeitsbewegung. Während und nach den 1848er Revolutionen in Kontinentaleuropa setzte sich die Ukrainische Bruderschaft der Hl. Kyrill und Methodius unter Führung des Historikers Mykola Kostomarow (1817-1885) und unter dem Einfluß des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko keineswegs für eine solche ausgrenzende Linie ein. Kastomarows Werk Die zwei Völker von Rus (1861) erhielt seinen Einfluß bis ins 20. Jahrhundert und wurde von Donzow und der OUN als „kleinrussisch“ attackiert - die Vorstellung, daß Ukrainer und Russen zwar kulturell verschieden, dennoch aber Ableger eines Volkes seien.
Akademiemitglied Wladimir Wernadskij, in Rußland in einer ukrainischen Familie geboren, schrieb 1923 an seine Tochter:
„Ich trenne nicht zwischen Russen und Ukrainern, und ich glaube, wenn Rußland nicht untergeht, ... läßt sich diese Frage korrekt handhaben... Die Kultur Rußlands und der Ukraine offenbart ein einzelnes, großes Ganzes... Ich möchte dir etwas über die ukrainische Frage schreiben, ... die sich in den Händen von Leuten befindet, die engstirnige, fanatische Gegner der russischen Kultur sind. Einige von ihnen sind verrückt, einige bloß rückständig... Die Ukraine existiert und wird weiter existieren. Wichtig ist, daß Donzow und Co. nicht das Sagen haben.“
Der große Wissenschaftler und ukrainische Patriot Wernadskij war somit der Ansicht, daß man über die Beziehung der Ukraine zu Rußland rational sprechen konnte, solange der wirre Donzow aus dem Rennen bliebe. Doch Donzow wurde zum Mentor der OUN, und seine Vorstellungen ethnischer Reinheit und der erforderlichen Dominanz der sogenannten „Titularnation“ in jedem Nationalstaat wurden in die OUN-Manifeste aufgenommen und entwickelten sich - unter der jahrzehntelangen Protektion durch den britischen MI6 und den anglophilen Dulles-Flügel im US-Geheimdienst - zum Allgemeingut der ukrainischen Nationalisten. Andrew Wilson merkte in seiner Schrift von 1997 an: „Der Konflikt zwischen militantem [Donzow] und demokratischem Nationalismus... ist bis heute ein Aspekt der ukrainischen Politik geblieben.“
Die Programme zahlreicher Organisationen in der heutigen Ukraine sind voll von Donzowschen Beschimpfungen. In der Erklärung Nationaler Prinzipien der Bandera-Organisation Dreizack (Trisub), mit der Bildungsminister Serhiy Kwyt und der Chef des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU) Valentyn Naliwaytschenko in Verbindung stehen, heißt es:
„Der Allmächtige Gott schuf uns Ukrainer als die ukrainische Nation... Und die Knechte Satans versuchen seit Jahrhunderten, sich dem Willen Gottes zu widersetzen und uns entweder in unserem eigenen Land zu vernichten oder uns zu Russen, Polen, Ungarn, Rumänen und anderen zu machen, zu der imperial-,internationalen’ Herde des ,Sowjetvolks’ oder zu gesichtslosem, unbedeutendem und verkommenem kosmopolitischem Vieh, das sich ,politische Nation’ nennt. Die Ukrainer können als Ukrainer und Christen - und die Ukraine als Ukraine - nur in ihrem eigenen Staat überleben. Deswegen steht die Ukraine für uns über allem!“
Im Parteiprogramm der Swoboda (Freiheit), die der jetzigen Regierungskoalition angehört, wird gefordert, „Ukrainephobie“ zu einem Straftatbestand zu machen. Nach verbreiteter Auffassung ist jeder Einwand gegen die Donzow-OUNsche Definition der Ukraine als Nation Ukrainephobie. Ansichten wie jene, die Wernadskij in seinem Brief von 1923 ausgedrückt hat, wäre kleinrussische Ukrainephobie und nach dieser Definition strafbar.
Der direkt von der OUN übernommene, tiefe Haß auf Rußland klingt auch bei Nadia Diuk an, die behauptet, Rußland unter Präsident Wladimir Putin betreibe eine imperiale Politik:
„Ziel der Kreml-Ideologie... ist es, eine Art Gürtel destabilisierter Gebiete um Rußland zu bilden.14
Rußland hat nie eine nationale Identität gehabt, die dem Inhalt und dem Ziel nach nicht imperial gewesen wäre.“15
In der Entschließung 2012/2889 des Europaparlaments vom 13. Dezember 2012 über die Lage nach den Parlamentswahlen in der Ukraine heißt es unter Punkt 8:
„[Das Europaparlament] erklärt sich besorgt wegen der zunehmenden nationalistischen Stimmung in der Ukraine, die zum Ausdruck kommt in der Unterstützung für die Partei ,Swoboda’ (Freiheit), welche dadurch als eine der beiden neuen Parteien in die Werchowna Rada [das Parlament] eingezogen ist; weist darauf hin, daß rassistische, antisemitische und ausländerfeindliche Auffassungen im Widerspruch zu den Grundwerten und Grundsätzen der EU stehen, und appelliert daher an die demokratisch gesinnten Parteien in der Werchowna Rada, sich nicht mit der genannten Partei zu assoziieren, sie nicht zu unterstützen und keine Koalitionen mit ihr zu bilden.“ (Hervorhebung hinzugefügt, d. Red.)
Werfen wir einen Blick auf die von der Werchowna Rada am 26. Februar 2014 bestätigte ukrainische Regierung, die nach dem Putsch vom 18.-22. Februar eingesetzt wurde. Die Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna) des Parlamentspräsidenten und verfassungswidrig eingesetzten Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow und des Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk befindet sich in einer Regierungskoalition mit eben jener Swoboda-Partei, die 2012 10% der Stimmen erhielt und von Oleh Tjahnybok angeführt wird.
Drei von 20 Ministerposten sowie der Posten des Generalstaatsanwaltes und des stellvertretenden Parlamentspräsidenten werden von Swoboda-Mitgliedern besetzt. Der stellvertretende Swoboda-Vorsitzende Alexander Sych ist einer von drei Vizeministerpräsidenten unter Jazenjuk. Der Parteiideologe Sych, ein Historiker, ist Fachmann für Stepan Lenkawsky (1904-1997), Stellvertreter und unmittelbarer Nachfolger Banderas als Chef der OUN. Lenkawsky schrieb die „Zehn Gebote des ukrainischen Nationalisten“. Dieser Dekalog beginnt in heroischer Sprache - „Ich bin der Geist des ewigen Elements, das dich vor der Tatarenflut schützte und dich an den Rand von zwei Welten setzte, um ein neues Leben zu schaffen“ - und enthält u.a. folgende Gebote:
„8. Bekämpfe die Feinde deiner Nation mit Haß und ohne Nachdenken; ...
10. Tue alles, um die Macht, den Ruhm, den Reichtum und die Ausdehnung des ukrainischen Staats zu erhöhen.“ (Hervorhebung hinzugefügt, d. Red.)
Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Ihor Schwaika und Umwelt- und Rohstoffminister Andriy Mochnyk gehören der Swoboda an. Der jetzige ukrainische Generalstaatsanwalt Oleh Machnitsky ist der maßgebliche Jurist der Swoboda. Als Anwalt hatte er Tjahnybok vor Strafverfolgung wegen einer berüchtigten Rede bei der Beerdigung von UPA-Kämpfern 2004 bewahrt:
„Sie hatten keine Angst, und wir sollten keine Angst haben. Sie hängten sich ihre automatischen Gewehre um die Schultern und gingen in die Wälder und kämpften gegen die Moskowiter, die Deutschen, die Juden und anderen Abschaum, die uns unseren ukrainischen Staat wegnehmen wollten.“
Er wetterte in dieser Rede gegen „die moskowitisch-jüdische Mafia, die die Ukraine regiert“ und erklärte: „Es ist Zeit, die Ukraine den Ukrainern zurückzugeben.“16
Das US-State Department stellte 2005 in einem Bericht über aktuelle Ereignisse in der Ukraine fest:
„Im Juli 2004 schloß der damalige Hauptoppositionsblock im Parlament, Unsere Ukraine, den Abgeordneten Oleh Tjahnybok aus, der bei einer Wahlkampfveranstaltung 2004 in der Region Iwano-Frankiwsk eine antisemitische Rede gehalten hat. Ein Bezirksgericht verfügte, daß die gegen Tjahnybok erhobene Anklage wegen Aufhetzung zu ethnischem Haß wegen mangelnden Anfangsverdachts zur Eröffnung eines Strafverfahrens fallen gelassen wird. In einem nationalen Fernsehinterview hatte sich Tjahnybok am 29. März [2005] geweigert, sich für seine Wahlkampfrede zu entschuldigen.“17
Noch 2012 bemerkte Tjahnybok: „Alles, was ich damals gesagt habe, kann ich heute wiederholen. Mehr noch, diese Rede ist noch heute relevant.“18 Ein weiterer stellvertretender Swoboda-Vorsitzender, Ruslan Koschulinsky, ist stellvertretender Parlamentsvorsitzender.
Der mächtige Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates (RNBO) der Ukraine ist seit 26. Februar der Maidan-Kommandant Andrej Parubij, der eine gemeinsame Vergangenheit mit Swoboda teilt, heute aber der Batkiwschtschyna angehört. Parubij war zusammen mit Tjahnybok Mitbegründer der Sozial-Nationalen Partei der Ukraine (Swoboda). Diese SNPU entstand aus einer Jugendgarde mit Namen Warta Ruchu (Garde der Bewegung), die gebildet wurde, um den bekannten Dissidenten der Sowjetära und ukrainischen Unabhängigkeitsführer Wjacheslaw Tschornowil zu schützen, der in späteren Interviews erklärte, er sei der Garde überdrüssig geworden und habe nach der Unabhängigkeit 1991 deren Auflösung angeordnet. Im Herbst jenes Jahres nannte sich die Warta-Jugend in SNPU um und gewann Sitze im Stadtrat von Lwiw. Bei ihrer Amtseinführung trugen sie schwarze Kleidung und führten ihr Parteisymbol mit, die Wolfsangel - ein Symbol, das dem Hakenkreuz ähnelt und auch von den Nazis benutzt wurde. Die SNPU deutete die Wolfsangel als die Buchstaben IN oder „Idee der Nation“. 1999 gründete Parubij eine weitere Jugendorganisation, den Ukrainischen Patrioten, als Ableger der SNPU. Heute gehört der Ukrainische Patriot zu der paramilitärischen Gruppe des Rechten Sektors.
Die faschistische Ideologie in den derzeit herrschenden Kreisen Kiews wird weiterhin an jüngsten Stellungnahmen und Verhaltensweisen von Parlamentsabgeordneten deutlich. In Videos vom 19. März 2014 ist der Swoboda-Abgeordnete Ihor Miroschnitschenko zu sehen, wie er den Fernsehdirektor von NTKU-TV Alexander Panteleymonow in dessen Büro tätlich angreift, weil dieser aus Moskau die Unterzeichnungszeremonie des Beitritts der Krim zu Rußland übertragen hatte. Am 8. April 2014 rannten zwei junge, schwarzgekleidete Swoboda-Abgeordnete den Gang der Werchowna Rada entlang und stießen den kommunistischen Parteivorsitzenden Petro Symonenko (dessen Partei bei den Wahlen 2012 13% der Stimmen erhalten hatte, mehr als die 10% von Swoboda) vom Rednerpult, als dieser dem neuen Regime vorwarf, „Krieg gegen Andersdenkende zu führen“. Einer der Angreifer war der Swoboda-Abgeordnete Juri Michaltschischyn, der diese Methode des politischen Dialogs wahrscheinlich bei der Arbeit an seiner Politologie-Dissertation 2009 gelernt hat, die sich mit einem historischen Vergleich des Parteiaufbaus der Nazis und der italienischen Faschisten beschäftigte. Titel der Schrift: „Transformation einer politischen Bewegung in eine politische Massenpartei neuer Art“.
Die Swoboda-Abgeordnete Iryna Farion, die einen Bildungsausschuß des Werchowna Rada leitet, hatte sich bereits in einem Video von 2010 einen Namen gemacht, als sie einen Kindergarten besuchte und den Fünfjährigen erklärte, sie und ihre Eltern könnten ihre Sachen packen und nach Rußland ziehen, wenn sie sich weiter russisch klingende Spitznamen geben würden. Als 2012 im Parlament über ein Sprachengesetz beraten wurde, worin regionale Amtssprachen in Gegenden zugelassen sind, wo neben Ukrainisch auch andere Sprachen gesprochen werden (etwa Russisch im gesamten Südosten der Ukraine und anderswo), unterbrachen oder verschleppten Farions Parteifreunde wiederholt den Gesetzgebungsprozeß, indem sie das Podium stürmten und Schlägereien anzettelten.
In einem Interview außerhalb der Parlamentsräume am 8. April 2014, nachdem Einheiten der ukrainischen Nationalgarde angewiesen worden waren, Putschgegner festzunehmen, die ein Gebäude in Charkiw besetzt hatten, und eine Protestzeltstadt in Mikolajiw gewaltsam aufzulösen, sagte Farion, solche Maßnahmen reichten nicht aus:
„Ich wäre viel härter vorgegangen. Ich hätte sie einfach abgeknallt, Entschuldigung. Hören Sie, der Feind regiert unser Land. Worum geht es hier? Sie [die Russen] hätten schon 1654 von hier vertrieben werden müssen.19 Die heutige Reaktion ist absolut angemessen. Aber die Maßnahmen sollten viel härter sein. Denn diese Kreaturen verdienen nur eines: den Tod.“ (Hervorhebung hinzugefügt, d. Red.)
Farion ist nicht die einzige ukrainische Amtsträgerin, die ihre politischen Gegner und Haßobjekte wie die Nazis als Untermenschen bezeichnet. Nach dem jüngsten faschistischen Jargon, der in ukrainischen Nationalistenkreisen in Mode gekommen ist, werden Mitbürger, die das orange-schwarze Sankt-Georgs-Band tragen, um die Gefallenen im Kampf gegen den Faschismus zu ehren und zu zeigen, daß sie lieber ein Bündnis mit Rußland als ein Banderista-Regime in Kiew hätten, „koloradi“ genannt - nach den Streifen auf dem Rücken des Kartoffelkäfers. Als bei den Straßenkämpfen und dem Feuer im Gewerkschaftshaus von Odessa am 2. Mai Dutzende Menschen starben und fanatisierte „nationalistische“ Fußballrowdies und Provokateure dabei „Es lebe die Ukraine!“ riefen, machten Parlamentsabgeordnete folgende Facebook-Einträge:
„Bravo Odessa. Perle des ukrainischen Geistes... Mögen die Teufel in der Hölle schmoren. Fußballfans sind die besten Aufständischen. Bravo“ (Iryna Farion, Swoboda-Abgeordnete, 3. Mai 2014).
„Das ist ein historischer Tag. Trotz des Verrats zumindest eines Teils der Polizei haben die Odessiten Odessa verteidigt und jedem gezeigt, daß Odessa zur Ukraine gehört. Um den Preis des Lebens von Patrioten ist dies ein herausragender Sieg. Ein Schwarm von Koloradi wurde ausgemerzt“ (Lesja Orobez, unabhängige Abgeordnete auf der Liste der Batkiwschtschyna, 2. Mai 2014).
Die paramilitärische Gruppierung, die Rechter Sektor genannt wird, ist keineswegs eine bloße Randerscheinung des Euromaidan, die eine bestimmte Rolle gespielt hat and wieder verschwunden ist. Der frühere Innenminister und wichtige Maidan-Organisator Juri Luzenko, jetzt Berater des amtierenden Präsidenten Turtschinow, hat dem Rechten Sektor wegen dessen entscheidender Rolle beim Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch öffentlich seine Anerkennung ausgesprochen, und der Rechte Sektor hat Unterstützer auf höchster Ebene des neuen Regimes. Kader des Rechten Sektors sind zusammen mit den Maidan-Selbstverteidigungskräften in eine neue Nationalgarde aufgenommen worden, die unter Leitung Parubijs gebildet wurde.
Der Rechte Sektor wurde erstmals im November 2013 mit diesem Namen bezeichnet. Er besteht aus drei Teilen: Stepan Banderas Dreizack-Organisation, dem Ukrainischen Patrioten und der Ukrainischen Nationalversammlung-Ukrainischen Nationalen Selbstverteidigung (UNA-UNSO). Sie sind direkt aus der alten, von MI6, Abwehr und CIA protegierten OUN(B) hervorgegangen - oftmals, ohne daß eine Generation zwischen den Institutionen der Bewegung aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und ihrer Neubildung nach der ukrainischen Unabhängigkeit 1991 übersprungen wurde. Insbesondere da ihre Mitglieder jetzt auch in osteuropäischen NATO-Mitgliedsländern ausgebildet wurden, entsprechen diese Gruppen sehr weitgehend den sogenannten Gladio-Netzwerken der NATO aus der Nachkriegszeit, die für die Strategie der Spannung mit Putschversuchen und Terrorismus wie im Italien der 70er Jahre verantwortlich waren.20
Trisub begann im Oktober 1993 als fitneßorientierte Jugendorganisation im Umkreis des Kongreß der Ukrainischen Nationalisten (KUN). Diese Partei wurde in der Ukraine direkt von der OUN(B) aufgebaut, deren Vorsitzende Slawa Stezko 1991 nach dem Zusammenbruch der UdSSR vom Münchener Hauptquartier der OUN(B) in die Ukraine zurückkehrte. Sie ist die Witwe des Bandera-Stellvertreters Jaroslaw Stezko, dem Ministerpräsidenten des von der OUN(B) am 30. Juni 1941 ausgerufenen ukrainischen Staates. In der Ausrufung hieß es: „Der neu gebildete ukrainische Staat wird eng mit dem nationalsozialistischen Großdeutschland unter Führung seines Führers Adolf Hitler zusammenarbeiten, das eine neue Ordnung in Europa und der Welt schafft und dem ukrainischen Volk dabei hilft, sich von der Moskauer Besatzung zu befreien.“
Jaroslaw Stezko leitete den ursprünglich vom MI6 unterstützten Antibolschewistischen Block der Nationen (ABN), ein britisches Projekt zur Konsolidierung der Operationen in osteuropäischen Emigrantenkreisen.21 Später war er einer von Banderas Nachfolgern an der Spitze der OUN(B). Die vorrangig britische Unterstützung für die OUN(B) in München und den ABN lief zwar weiter, aber beide erhielten später auch Gelder aus taiwanesischen Quellen, und die Stezkos unternahmen auch Vorstöße in Richtung USA. So wurde in einer Veranstaltung der Captive Nations Week im Weißen Haus 1983 der Rollstuhl des gebrechlichen Stezko in die Nähe von Präsident Ronald Reagan geschoben, und diesen kurzen Moment nutzte ein Photograph, um ein Bild für das ABN-Bulletin zu schießen, auf dem sich beide die Hände geben. Slawa Stezko folgte ihrem Mann nach dessen Tod 1986 an der Spitze der OUN(B) nach und erbte außerdem den Vorsitz des ABN sowie seine Position in der Führung der Antikommunistischen Weltliga (WACL). In der Ukraine führte Slawa Stezko den KUN bis zu ihrem Tod 2003, als die Partei gerade Sitze im ukrainischen Parlament errang. Sie förderte Trisub persönlich.
Leitbild von Trisub war Wasyl Iwanischyn, ein KUN-Führer der zweiten Reihe und Professor am Pädagogischen Institut von Drohobysch in der Region Lwiw. Er gab verschiedene Traktate heraus, darunter Nation. Macht. Nationalismus (1992), Die Ukrainische Idee und die Perspektiven einer nationalistischen Bewegung (2000) und Die Entscheidung der Nation (2002), in denen Bandera und Donzow verherrlicht werden. Trisub war gedacht als „nationalpatriotische Sozial- und Sportorganisation nach dem Modell eines Ordens“.22 Zusammen mit anderen nationalistischen Jugendorganisationen veranstaltete sie Sommer-Trainingslager, häufig im Wallfahrtsort Sarwanyzja in der Region Ternopil, wo sich eine berühmte Ikone der Mutter Gottes Maria befindet.
Über Trisub geht seit Jahren hartnäckig das Gerücht um, die Gruppe stehe unter dem Schutz hochrangiger Kreise des politischen Establishments, besonders des Ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU). Der Radio-Freies-Europa- und NATO-Experte Taras Kusio, der selbst CIA-gesteuerten Banderista-Organisationen im Exil (siehe Kasten) angehörte, schrieb 2003: „In seiner Funktion als agent provocateur stand Trisub im März 2001 hinter den [bis dahin] schlimmsten Krawallen in der Ukraine.“23
Im Mai 2007 veranstaltete Trisub in Ternopil eine Konferenz, um eine Internationale Antiimperialistische Front aufzubauen. Dieser Front schloß sich die Internationale Bewegung für die Entkolonialisierung des Kaukasus (IMDK) unter Führung eines gewissen Ahmad Sardali an. Dieser gehörte 1999 der Islamischen Schura Dagestans des Terroristen Schamil Basajew an - einem Projekt, von Tschetschenien aus die russische Nordkaukasusrepublik Dagestan zu überfallen, woraus der zweite Tschetschenienkrieg (1999-2009) entstand.
Iwanischyn starb 2007, und ihm folgte sein Schüler Dmytro Jarosch. Jarosch und 15 weitere Trisub-Mitglieder wurden 2010 verhaftet, weil sie in der Stadt Saporoschje einen Anschlag auf ein Stalin-Denkmal verüben wollten. Trisub hat jeden Sommer weiter seine Rekrutierungs- und Trainingslager abgehalten.
Am 17. Juli 2013 wurde beim jährlichen Trainingslager eine Rede Jaroschs aufgenommen, die als Video im Internet weite Verbreitung fand. Sie enthielt zusammengefaßt drei zentrale Aussagen: 1. In der Ukraine gebe es eine „innere Besatzung“; 2. Es könne keine Befreiung des ukrainischen Volkes und keine ukrainische Staatlichkeit ohne eine nationale Revolution geben; 3. Rußland sei der jahrhundertealte Feind der Ukraine, und „solange das Russische Reich in irgendeiner Form existiert, ist eine wahre, reale nationale Unabhängigkeit der Ukraine und des ukrainischen Volkes unmöglich.“ Anschließend machte Jarosch folgende Vorhersage:
„Die Zeit wird kommen, wo wir nicht nur über die nationale Revolution reden und verschiedene Propagandaaktionen durchführen, sondern die Zeit wird kommen, in der Geschichte gemacht wird und unser Volk der Existenz der ukrainischen Nation ihren Stempel aufdrückt... Wir müssen nicht nur in Worten, sondern in Taten zeigen, daß die Sache Banderas nicht von gestern, sondern die Gegenwart und die Zukunft ist... Es kommen die Zeiten, von denen wir in diesen 20 Jahren nur geträumt haben. Deswegen nur zu! Und möge die Jungfrau von Sarwanyzja uns in unserem Kampf beistehen. Denn wir können gewinnen, wir wollen gewinnen und wir werden gewinnen.“
Als Präsident Janukowitsch und die Regierung von Mykola Asarow am 21. November 2013 die Aussetzung der Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit der EU bekanntgaben, veröffentlichte Jarosch auf der Trisub-Webseite eine Kriegserklärung gegen die ukrainische Regierung. Bereits 2008 hatte er in einem Interview mit der Webseite des Kawkas-Zentrums erklärt, ein Krieg mit Rußland sei unausweichlich: „Früher oder später hat das Schicksal uns bestimmt, mit dem Moskauer Imperium zu kämpfen.“
Auf der Trisub-Webseite wird Bildungsminister Serhij Kwyt als früheres Mitglied der Gruppe genannt. Er hatte als Literaturexperte für Hermeneutik seine Doktorarbeit über Donzow geschrieben.
Der jetzige SBU-Chef Walentin Naliwaitschenko steht Trisub nahe. In einem Interview mit der Ukrainska Prawda 2009 nannte er sich „den letzten Ukrainer, der [am sowjetischen Andropow-KGB-Institut] ausgebildet wurde“. Er leitete schon einmal den SBU (2006-2010), und ist jetzt Mitglied von Witali Klitschkos Udar-Partei. Jarosch berichtete in Interviews 2014 über seine Freundschaft mit Naliwaitschenko, und dessen Sprecher hat gegenüber ukrainischen und russischen Medien bestätigt, daß Jarosch 2013-14 als Referent für Naliwaitschenko in der Werchowna Rada gearbeitet hat.
In einem Video von Naliwaitschenkos Rede auf dem Trisub-Sommerlager in Sarwanyzja im Juli 2012 wird eine enge Beziehung deutlich. Jarosch begrüßte Naliwaitschenko als jemanden, „der mit unserer Organisation seit langem zusammenarbeitet“. Naliwaitschenko sprach in klassischer Banderista-Sprache:
„Ich möchte euch meine aufrichtige Dankbarkeit aussprechen für das, was ihr tut. Wir erleben dunkle Stunden, wo uns aber der Mangel an Vertrauen und die faktische Besatzung der Ukraine nur stärker machen. Stärker in unserem Verständnis, daß wir den Besatzern widerstehen müssen und können... Wir sehen, daß das Regime wie ein Affe mit einer Handgranate mit dem Sprachengesetz spielt. Wir sehen, daß wir uns dem nur durch organisierte Aktion, ukrainische Aktion, zur Wehr setzen können, denn Patriotismus bedeutet für uns Aktion... Ich rufe euch auf, zu dem zu stehen, was wir tun und gemeinsam sagen. Es ist unser! Das ist unser Land und es sind unsere Werte. Wir kämpfen für die Ukraine, für freie Ukrainer und für unseren Glauben. Wir sind in unserem Land, und wir werden in unserem Haus die Ordnung wiederherstellen!“
Anstatt russische Quellen zu zitieren, die Naliwaitschenko regelmäßig als ausgemachten „CIA-Agenten“ bezeichnen, erscheint es hier wichtiger, die eigenen Äußerungen dieses langjährigen Trisub-Anhängers auf einem Telebriefing des Atlantic Council vom 22. April 2014 anzuführen, als er nach dem Februar-Putsch wieder die Führung des SBU übernommen hatte: „Der Informations- und geheimdienstliche Austausch und sogar die Zusammenarbeit mit unseren Kollegen aus den Vereinigten Staaten sind wirklich gut organisiert. Wir sind mit dem Stand der Zusammenarbeit zufrieden. Sie ist sehr intensiv. Sie ist sehr professionell.“
Die SNPU-Jugendorganisation Ukrainischer Patriot (UP) und ihr Gründer Andrej Parubij spalteten sich von der Partei ab, als diese ihr Image aufpolierte und sich 2004 in Swoboda umbenannte. Der UP geriet im Oktober 2008 in Verruf, als die Kiewer Polizei seinen versuchten Aufmarsch zu Ehren der OUN und UPA auflöste. In einer weiteren „Heldentat“ versuchte der UP 2011, vietnamesische Gastarbeiter aus ihren Unterkünften zu vertreiben. Der UP brüstet sich mit militärischem Training, wovon Fotos auf seiner Webseite www.patriot.ukr.ua archiviert sind; daraus geht hervor, daß das paramilitärische Training bis Dezember 2013 anhielt, als die UP-Mitglieder auf den Maidan zogen.
Im August 2011 wurden in Wasylkiw (Region Kiew) drei UP-Mitglieder festgenommen, weil sie einen Sprengsatz vorbereiteten, um in Boryspil, wo sich der internationale Flughafen befindet, ein Lenin-Denkmal zu sprengen. Der UP-Ideologe Oleh Odnoroschenko (ein promovierter Historiker) war zuvor Swoboda-Chef in Charkow gewesen. Auch er verließ die Partei 2004, blieb aber im UP. Im Juli 2012 wurde er wegen eines bewaffneten Angriffs auf einen politischen Gegner festgenommen. Parubij selbst hat zwar den UP sowie die SNPU/Swoboda 2004 verlassen und sich später Viktor Juschtschenkos Block Unsere Ukraine und dann der Batkiwschtschyna angeschlossen, doch aus Beobachterkreisen der rechten Szene heißt es, daß er im November 2012 vor Gericht erschien, um für Odnoroschenko zu bürgen. Letzterer war nach Zusammenstößen auf dem Maidan festgenommen worden und ist heute Mitglied des Politischen Rats des Rechten Sektors.
UNA-UNSO und deren Jugendorganisation Bily Molot (Weißer Hammer) haben sich dem Rechten Sektor angeschlossen. Die Organisation entstand, als die Sowjetunion im August 1991 auseinanderbrach und eine Allianz aus rechten Grüppchen namens Ukrainische Zwischenparteiliche Versammlung (UMA) damit begann, in der Westukraine Selbstverteidigungseinheiten zu organisieren. Diese nannten sich Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNSO). Unter den Rekruten befanden sich frühere Militärangehörige, darunter einige Offiziere, die in Afghanistan gekämpft haben (die afganzi). Mit der Unabhängigkeit nannte sich die UMA in Ukrainische Nationalversammlung (UNA) um.
Die UNA-UNSO suchte einen neuen Anführer und fand ihn im Sohn des UPA-Kommandeurs Roman Schuchewytsch, nämlich Juri Schuchewytsch, der allerdings nach langen Jahren in sowjetischen Gefängnissen bei schlechter Gesundheit war. Anfänglich sein Stellvertreter und eigentlicher Anführer der Gruppe war Mykola Karpjuk, der heute im Rechten Sektor aktiv ist. Der bereits über 80jährige Schuchewytsch spricht in Interviews nach wie vor davon, daß irgendwann ein Guerillakrieg gegen Rußland geführt werden müsse.
UNA-UNSO-Kader waren in den 90er Jahren viel auf Reisen. Sie kämpften im Transnistrien-Konflikt gegen Moldawien und sie tauchten im Georgien-Abchasien-Krieg im Herbst 1993 auf Seiten der Georgier auf. Im April 1996 wurden sieben UNA-UNSO-Leute in Belarus festgenommen, weil sie Jugendliche zu einem Aufstand gegen Präsident Alexander Lukaschenko angestiftet hatten.
1994-95 schlossen sich einige Einheiten und einzelne Freiwillige der UNSO den Kämpfern von Jochar Dudajew im ersten Tschetschenienkrieg gegen Rußland an. Einer von ihnen, Alexander Musytschko („Saschko Bily“), leitete zeitweilig Dudajews Sicherheitstruppe. Die Beteiligung von UNA-UNSO am tschetschenischen Separatismus ist im Zusammenhang mit dem Dogma der radikalen Nationalisten zu sehen, daß sich das ukrainische Gebiet nach Osten bis zum Don erstrecke. Mit anderen Worten, das gesamte südrussische Gebiet nördlich des Kaukasus, einschließlich des Brotkorbes von Stawropol und das Gebiet um Krasnodar sowie die Regionen Belgorod und Brjansk, sollte ukrainisch werden.
Auf ihrem Höhepunkt Ende der 90er Jahre soll die UNA-UNSO 10.000 Mitglieder gehabt haben. Sie wurde 1997 unter Präsident Leonid Kutschma verboten, bestand aber fort. Die Gruppe wurde sehr aktiv in der Bewegung „Ukraine ohne Kutschma“, die 2000 nach dem Mord an dem Journalisten Georgi Gongadse ins Leben gerufen wurde. Zusammenstöße mit der Polizei und ein Versuch im März 2001, die Präsidialverwaltung zu besetzen, führten zu einer Massenverhaftung von UNSO-Leuten.
Videos und Fotos, die 2006 auf einer ukrainischen Webseite eingestellt wurden, zeigen junge Leute mit UNA-UNSO-Abzeichen in einem Sommertrainingslager. Sie übten Bombentechniken, das Aufbrechen und Stürmen von Gebäuden sowie Schießen. Auf der Webseite werden die Ausbilder als NATO-Offiziere bezeichnet und der Ort als eine Basis im NATO-Mitgliedsland Estland angegeben, was sich am Ende des Videos bestätigt, wo sich dieselben jungen Leute an einem Denkmal für Esten versammeln, die im Zweiten Weltkrieg gegen die Rote Armee gekämpft haben. Berichte über die Ausbildung von UNA-UNSO- und anderen Gruppen durch die NATO sind zwar im einzelnen schwer zu verifizieren, sie sind jedoch zahlreich, wobei auch Litauen und Polen als weitere Ausbildungsstätten genannt werden.
Zwei wichtige Leute des Euromaidan und in der neuen Regierung sind frühere Mitglieder von UNA-UNSO. Einer ist Dmitro Bulatow, der Euromaidan-Führer, der behauptete, eine Woche lang entführt und gefoltert worden zu sein, und der jetzt Jugend- und Sportminister ist. Die Enthüllungsjournalistin Tetjana Tschornowol, deren Entführung und Mißhandlung Ende Dezember 2013 ein wichtiger Zwischenfall für die Fortsetzung des Maidan war, arbeitete in den 90er Jahren ehrenamtlich als Pressesekretärin für UNA-UNSO, nachdem sie bereits mit 17 Jahren in der Gruppe aktiv geworden war. Über sie lief die Verbindung von UNA-UNSO mit den tschetschenischen Rebellen, bevor sie Anfang der 2000er Jahre ausschied, um sich auf den Journalismus zu konzentrieren. Am 5. März 2014 wurde sie zur staatlichen Repräsentantin für Antikorruptionsermittlungen ernannt.
In einem begeisterten Bericht in der März-April-Ausgabe 2014 von World Affairs erzählt Nadia Diuk die Geschichte des „Euromaidan: Selbstorganisierende Revolution der Ukraine” wie ein Märchen:
„Aus einer Versammlung von Studenten auf dem Euromaidan, der einige Tage zuvor [vor dem 21. November] begonnen hatte, um die Idee der Ukraine als Teil Europas zu unterstützen, erblühte plötzlich eine ganze Bewegung nicht nur des Protestes, sondern der Opposition… Obwohl die Anführer der politischen Opposition sich an die Spitze dieser Bewegung stellten, konnte man deutlich spüren, daß sie einen solchen Aufstand nicht geplant hatten und nun versuchten, Anschluß zu denen zu finden, die schon auf den Straßen waren... Die Koordination zwischen den parteipolitischen Elementen und den Bürgergruppen führte zu der Erkenntnis, daß die Errungenschaften des Euromaidan konsolidiert und in Form einer landesweiten Bewegung weiterentwickelt werden müßten, welche die befreite Zone, wie sie das nannten, auf die ganze Ukraine ausdehnen würde.”
Diese Darstellung der Euromaidan-Bewegung als spontaner Ausdruck eines gesunden ukrainischen Nationalismus wie bei Diuk wird auch von anderen US-Vertretern nachgeplappert:
US-Außenminister John Kerry am 4. März: „...voller Ehrfurcht erlebten wir die Macht von Menschen, die mit nichts bewaffnet sind als mit Ideen, Menschen mit Überzeugungen und Prinzipien und Werten, die nach Freiheit, Gleichheit und Chancen streben.”
Die Staatssekretärin im US-Außenministerium Victoria Nuland am 15. Januar: „Die Bewegung, die mit der Forderung nach einer europäischen Zukunft begann, wuchs an zu einem Protest für Menschenwürde und Gerechtigkeit, für saubere und verantwortliche Regierung und für wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit der Ukraine.”
Betrachten wir den Zeitraum von November 2013 bis Februar 2014 aus dem Blickwinkel von Äußerungen der Organisatoren des Maidan selbst24 über ihre Aktionen, sowohl vor als auch während des Staatsstreiches, unterstrichen durch die Gewalteskalation des Rechten Sektors auf den Straßen gegen die Polizei in entscheidenden Momenten.
Neben den Worten Parubijs und Jaroschs sind es auch Aussagen von Jurij Luzenko, die Diuks Mythos vom spontanen Prozeß Lügen strafen. Luzenko war einer der Drahtzieher der Orangenen Revolution (2004). Er war Innenminister der Ukraine in zwei aufeinanderfolgenden Regierungen, schloß sich dann Juschtschenkos Block Unsere Ukraine an, wurde wegen Vorwürfen des Amtsmißbrauchs verhaftet und 2011, nachdem Janukowitsch die Präsidentschaft gewonnen hatte, ins Gefängnis geworfen.
Während sich die Berichterstattung westlicher Medien auf das parlamentarische Oppositionstrio Jazenjuk, Klitschko und Tjahnybok konzentrierte, waren es tatsächlich andere, die den Maidan-Prozeß vor Ort lenkten. Diejenigen, die in Diuks Erzählung „schon auf den Straße waren”, waren kaum idealistische Studenten, sondern Bandera verehrende Nationalisten, die sich zwei Jahrzehnte lang auf diesen Augenblick vorbereitet hatten. Es stimmt zwar, daß die Masse auch durch Tausende von Menschen anschwoll, die wirklich hofften, daß eine EU-Mitgliedschaft ihnen wirtschaftliche Verbesserungen bringen würde, oder die über die korrupten Verbindungen der Regierung Janukowitsch zu postsowjetischen Oligarchen wütend waren. Aber es gab einen überproportionalen Anteil von Leuten aus der alten OUN-Basis in Galizien und anderen westlichen Regionen: Ende Januar ergab eine Umfrage der Denkfabrik Fund for Democratic Initiatives, daß 55% der Demonstranten auf dem Maidan aus der Westukraine kamen, obwohl die acht Regionen, die traditionell zu diesem Landesteil gerechnet werden, nur 20% der Gesamtbevölkerung der Ukraine ausmachen. 88% der Demonstranten auf dem Maidan waren Männer.25
April 2013: Von Janukowitsch begnadigt und aus dem Gefängnis entlassen, gründete Jurij Luzenko eine Bewegung namens Dritte Ukrainische Republik (die ersten beiden Republiken waren die Ukrainische Volksrepublik von 1917 und der durch Bandera-Stezko erklärte ukrainische Staat von 1941). Er kündigte Pläne für eine Bewegung derer an, „die erkennen, daß es notwendig sein wird, die regierende Mafia nicht nur durch Wahlen zu stürzen, sondern durch eine friedliche Massenerhebung”.
Juli 2013: Im Trisub-Lager hält Jarosch seine „Die-Zeit-wird-kommen”-Rede.
13. Nov. 2013: Schon eine Woche, bevor die Regierung die Assoziierungsverhandlungen mit der EU aussetzte, sagte Luzenkos Sprecher, er sei in Gesprächen mit parlamentarischen Oppositionsführern, um Proteste gegen jedweden Schritt weg von der Eurointegration zu organisieren. Würde es dazu kommen, sagte er, hätten „die Menschen in der Ukraine gar keine andere Wahl, als auf die Straße zu gehen”.
14.11.: Luzenko rief mit dem Begriff „Euromaidan” zu Protesten auf.
21.11.: Als die Regierung die Aussetzung der EU-Verhandlungen bekanntgab, versammelten sich einige hundert Menschen auf dem Platz der Unabhängigkeit. Unter ihnen waren auch Luzenko, die Swoboda-Abgeordneten Irina Farion und Andrij Iljenko, und Andrij Parubij.
24.11.: Luzenko rief dazu auf, bis zum 29. November auf dem Maidan zu bleiben - dem Tag des Östlichen Partnerschaftsgipfels der EU, bei dem Janukowitsch das Assoziierungsabkommen unterzeichnen sollte. Er sagte, die Ukraine brauche nicht nur eine neue Regierung oder einen neuen Präsidenten, sondern überhaupt ganz neue Grundlagen.
Erste Eskalation, 29.11. - 1.12.: Die Maidan-Demonstrationen nahmen bis zur Nacht des 29. Nov. ab, als nur noch einige hundert Menschen auf dem Platz übrig waren. Plötzlich tauchten tausend Berkut-Polizisten auf und ebenso plötzlich rannten nicht identifizierte Personen auf sie zu und griffen sie mit Ketten an. Die brutalen Vergeltungsmaßnahmen der Polizei, die junge Menschen verprügelten, wurden gefilmt und im Fernsehen ausgestrahlt. Am 1. Dezember ging der Euromaidan weiter, als weit mehr Menschen auf die Straße gingen, um gegen die Polizeigewalt zu protestieren. Es kamen nicht nur friedliche Demonstranten. Es war der Tag des ersten öffentlichkeitswirksamen Angriffs des Rechten Sektors, gegen die Polizei rund um das Präsidentengebäude.
30.11.: Luzenko rief dazu auf, die Innenstadt Kiews zu blockieren, bis Janukowitsch das Amt niederlegen würde.
1.12.: Luzenko sagte den Demonstranten: „Unser Plan ist klar: Das hier ist keine Demonstration oder Protestaktion mehr. Es ist eine Revolution.” Tjahnybok sagte: „Von jetzt an bleiben wir auf dem Maidan.”
2.12.: Luzenko verkündete, daß die Selbstverteidigungskräfte des Maidan einsatzfähig seien. „Wir haben Einheiten, die in der Lage sein werden, die Menschen zu verteidigen”, sagte er. Auf die Frage, wie viele es seien, antwortete er: „So viele wie nötig. Sollen wir schon alle unsere Pläne verraten? … Es sind gut vorbereitete, speziell ausgebildete Leute, die die Verantwortung für die physische Verteidigung gegen mögliche Angriffe übernehmen.”
8.12.: Parubij erklärte: „Weder die Regierung, noch Janukowitsch, noch sonst irgendjemand wird arbeiten können, bis unserer Forderungen erfüllt sind. Wir bleiben hier bis zum Sieg.”
12.12.: Parubij wurde in den Medien bereits als Kommandant des Maidan bezeichnet. Er kündigte Pläne an, die Zeltstadt auszuweiten und die Barrikaden zu verstärken.
22.12.: Tjahnybok kündigte die Schaffung des „Maidan” als formeller Organisation an. Er sagte: „Als nächstes werden wir Guerilla-Operationen zur Blockade von Regierungsgebäuden durchführen und es den Halunken, die jetzt an der Macht sind, unmöglich machen, zu leben oder zu schlafen.” Luzenko rief dazu auf, das „Territorium des Maidan” bis zum Frühjahr in die Zentralukraine auszuweiten und im Sommer die Krim zu erreichen. Luzenko und Kwyt, ehemaliges Mitglied von Trisub und Präsident der Kiew-Mohyla-Akademie, wurden beide zu Co-Vorsitzenden des Maidan ernannt.
4. Januar 2014: Parubij warnte vor kommenden Versuchen, den Maidan zu zerschlagen, und sagte: „Gleich nach den Feiertagen… wird ein guter Zeitpunkt sein, um in die Offensive zu gehen.”
Zweite Eskalation, 19.1.: Drei Tage, nachdem Janukowitschs Partei der Regionen die Gesetze durchgepeitscht hatte, die viele der Maidan-Aktivitäten verboten, griff der Rechte Sektor die Berkut-Kräfte rings um das Regierungsviertel an. Mit dieser Aktion in der Hruschewskij-Straße begannen tagelange Gewaltausbrüche; es kam zu ersten Toten. Seit dem 22.1. tauchten schockierende Bilder von brennenden Polizisten auf, die mit napalmartigen Molotowcocktails angegriffen wurden. Kiew wurde durch die zahllosen Autoreifen, die die Kämpfer auf dem Maidan in Brand gesteckt hatten, in schwarzen Rauch gehüllt.
25.1.: Parubij sagte gegenüber Deutsche Welle, die Revolution nähere sich einem „siegreichen Abschluß”. Er beschrieb die Selbstverteidigungskräfte des Maidan als in Hundertschaften (сотня) organisierte Strukturen, die kampfbereit wären.
28.1.: Während die Demonstranten aufgefordert wurden, die von ihnen besetzten Regierungsgebäude zu verlassen, erklärte Parubij, Janukowitsch sollte besser sein Büro in der Bankowaja-Straße räumen - also den Amtssitz des Präsidenten. „Sie verlassen Bankowaja und wir geben den Oktober-Palast frei”, sagte Parubij. „Ich denke, das ist ein guter Anfangspunkt für Verhandlungen.”
29.1.: Auf dem Maidan wurde die Gründung einer Nationalgarde bekanntgegeben. Sie würde sich aus den Selbstverteidigungskräften, dem Rechten Sektor sowie nicht näher beschriebenen Kosaken zusammensetzen.
7. Februar.: Parubij zufolge sollten die Selbstverteidigungskräfte des Maidan, inzwischen 12.000 Mann stark, zu einer landesweiten Organisation werden. Ihre Aktivitäten waren nach den damals geltenden Gesetzen illegal, und Parubij betonte, man wolle nicht ihre Legalisierung, sondern einen Regimewechsel.
11.2.: Parubij unterzeichnete Befehl Nr. 1 „Über die grundlegenden Organisationsprinzipien der Selbstverteidigung des Maidan” und veröffentlichte den Text auf Facebook. Zu den Zielen gehörte, „dem gegenwärtigen kriminellen Regime bis zu seiner vollständigen Eliminierung zu widerstehen”.
Dritte Eskalation, 18.2.: Die Werchowna Rada sollte zusammenkommen. Während die Oppositionsführer Jazenjuk und Klitschko in Deutschland waren, kündigen die Anführer des Maidan und Swoboda-Führer Tjahnybok einen „friedlichen Marsch” zur Rada an, um sicherzustellen, daß dort die „richtigen” Entscheidungen getroffen würden, nämlich die Rückkehr zur Verfassung von 2004 (und damit die Einschränkung präsidialer Macht). Als sie sich den Polizeilinien rund um das Parlament näherten, wieder entlang der Hruschewskij-Straße, gingen die „friedlichen” Teilnehmer des Marsches zum Angriff über. Damit begann ein Tag voller Straßenkämpfe, bei denen 25 Menschen starben.
19.-20.2.: Nach Verhandlungen zwischen dem parlamentarischen Oppositionstrio (Jazenjuk, Klitschko, Tjahnybok) und Janukowitsch am späten Abend des 19.2. wurde ein Waffenstillstand angekündigt. Noch in der Nacht lehnten Jarosch und Parubij diesen ab. Jarosch schrieb auf Facebook: „Für den Fall, daß die Besatzungskräfte des Innenministeriums das Feuer einstellen und die Werchowna Rada der Ukraine umgehend die diktatorische Macht Janukowitschs aufhebt, werden wir vollste Anstrengungen unternehmen, um dem Blutvergießen ein Ende zu machen und ihre Sicherheit zu garantieren.” Gegen Morgen wurden vom Konservatorium, wohin Parubij und die Maidan-Kommandanten ausgewichen waren, nachdem das Gewerkschaftsgebäude ausgebrannt war, Schüsse abgefeuert. Berichten zufolge trafen diese Schüsse sowohl Polizisten als auch Demonstranten. Den ganzen Tag über liefen Feuergefechte, bei denen weitere 70 Menschen im Feuer nicht identifizierter Schafschützen starben.
21.2.: Das Oppositionstrio und Janukowitsch unterschrieben in Gegenwart der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens eine Vereinbarung, in der sie sich zu Verfassungsreformen bis zum September, Präsidentschaftswahlen später noch diesem Jahr und der Abgabe der Waffen verpflichteten. Dieses Dokument wurde auf den Maidan gebracht und dort laut verlesen. Es kam zu Buhrufen. Dann ergriff Wolodimir Parasiuk aus Lemberg, ein junger Kommandant einer Hundertschaft der Maidan-Selbstverteidigungskräfte, das Mikrofon und sagte, das Abkommen sei inakzeptabel. Man habe nicht drei Monate gestanden und gekämpft und Menschenleben verloren, damit Janukowitsch noch das ganze Jahr im Amt bleibe.26 Wenn Janukowitsch nicht bis 10 Uhr des nächsten Morgens zurückträte, schrie er, wäre seine Hundertschaft bereit, die volle Offensive gegen das Regime zu starten. Damit war die Absprache geplatzt. Janukowitsch verließ in der Nacht Kiew und die Rada setzte am 22.2. unter Verletzung der Verfassung Turtschinow als Übergangspräsidenten ein.
26.2.: Die Oppositionsführer brachten ihre Liste von Ministern für eine neue Regierung unter Jazenjuk zur Abstimmung (durch Zuruf) auf den Maidan und erst dann zurück zur Rada, wo am nächsten Tag abgestimmt werden sollte. Einige Ressorts wurden schon weiter oben aufgelistet; dazu kamen der stellvertretende Kommandant des Maidan, Stepan Kubiw, ein Bankier aus Lemberg, als Vorsitzender der Nationalbank der Ukraine; Kultusminister Jewhen Nischtschuk, ebenfalls aus der Westukraine - der Schauspieler, den Luzenko als Moderator für den Maidan rekrutiert hatte; Gesundheitsminister Oleh Musij war medizinischer Koordinator des Maidan. Einen Moment lang sah es so aus, als würde Jarosch einen hohen Posten im Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat (RNBO) erhalten, der nun von Parubij geführt würde, aber als der Name verlesen werden sollte, rannte jemand auf die Bühne und sagte dem Sprecher: „Nominiere nicht Jarosch!” Simon Shuster zitierte am 1. März im Magazin Time ein Mitglied der Maidan-Rates, das an den Gesprächen zur Regierungsbildung teilgenommen hatte: Jarosch sei der Posten des stellvertretenden RNBO-Sekretärs angeboten worden, er habe das aber abgelehnt und auf dem Posten des Vizepremiers für Sicherheitsfragen bestanden. Inzwischen hat er seine Präsidentschaftskandidatur erklärt.
Turtschinow, der mit Aufrufen zur Beendigung des „kriminellen Regimes” an die Macht gekommen war, ersetzte die Gouverneure der südöstlichen Regionen rasch durch andere Unternehmer-Milliardäre.
Die neue Nationalgarde wurde am 12. März 2014 per Gesetz eingerichtet. Im Mai kündigte Parubij an, die Selbstverteidigungskräfte des Maidan würden ganz in die Garde integriert. Inzwischen werden sie gegen Milizen und Bürger in der östlichen Ukraine eingesetzt.
Am 26. Januar, nach der Eskalation in der Hruschewskij-Straße, aber noch vor den letzten Straßenkämpfen im Februar, wurde auf der Euromaidan-PR-Webseite die Meinung einer liberalen Maidan-Unterstützerin über den Rechten Sektor veröffentlicht.27 Die Autorin Alja Schandra und andere von ihr zitierte Blogger bringen eine typisch synarchistische Ehrfurcht und Bewunderung für gewalttätige Aktionen zum Ausdruck.
„[Einen anderen Blogger zitierend:] Meine lieben Freunde in Europa und den USA! Wenn ihr mir vertraut, dann vergeßt bitte diesen ,ukrainische Rechtsradikale’-Scheiß, den einige westliche Medien berichten! Das ist so irrelevant, wenn Menschen getötet, entführt und gefoltert werden und wir das Gesicht des Terrors auf Kiews Straßen sehen.
[Schandras eigener Kommentar:] Der Rechte Sektor des Maidan hat gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei auf den Straßen Kiews begonnen und holte damit die Euromaidan-Proteste heraus aus dem ermüdenden und ineffektiven Karussell zwei Monate langer Volksversammlungen und Zeltlager auf Kiews zentralem Platz, im Kampf gegen die Angriffe des Regimes, die Untätigkeit Europas, die höhnische Verachtung und die zynische Repression der Regierung, die in der verfassungswidrigen ,Annahme’ der ,Diktaturgesetze’ am 16. Januar kulminierte, dem totalen Zusammenbruch der Demokratie… Die extreme Rechte, die von allen im Westen verteufelt wird…, hat somit das getan, wovon die friedlichen, demokratischen Menschen der Ukraine träumten, es aber aus Furcht nicht zugaben, geschweige denn erreichten - gegen eine unterdrückerische, korrupte Regierung zu revoltieren.
[Einen weiteren Blogger zitierend:] Ob es einem gefällt oder nicht, der Rechte Sektor und all die anderen Bürger mit radikalen Tendenzen haben die Richtung der Dinge in der politischen Krise der Ukraine zugunsten der Protestierer verändert. Die Herrschenden haben nachgegeben. Der Preis für diese Wende sind Molotowcocktails, die Verwundeten, Gefangenen, Entführten und Getöteten. Natürlich werden diejenigen von uns, die sich zu gewaltfreiem Widerstand und gegen solche radikalen Maßnahmen im Kampf um Gerechtigkeit bekennen, zugeben müssen, daß, wenn das Regime fallen sollte, diese Leute von Gottes Hand gelenkt wurden...”
Am Abend des 23. Februar ergriff Jurij Luzenko auf der Bühne des Maidan das Mikrofon und dankte der langen Liste derer, die den Sturz des gewählten ukrainischen Präsidenten (ohne die in der Verfassung vorgeschriebene Prozedur zur Amtsenthebung) möglich gemacht hatten. Luzenko sprach dem „Rechten Sektor und seinem Führer, Dmitro Jarosch” seinen besonderen Dank aus. Die Menge grölte und ließ Jarosch hochleben.
Anmerkungen
1. „Cheney Revives Parvus’ ,Permanent War’ Madness“, EIR, 23.9. 2005.
2. LaRouche PAC, Children of Satan (Leesburg, VA: 2004) (http://larouchepac.com/node/15209); wichtige Aspekte davon erschienen in “The Straussians: Ignoble Liars behind Bush’s ‘No Exit’ War,” EIR, 18.4. 2003. (http://www.larouchepub.com/eirtoc/2003/eirtoc_3015.html) “International Fascist Cabal behind Cheney’s Policies”, EIR, 4.11. 2005, darunter auch zwei ausführliche Artikel über den Neocon Michael Ledeen, einen modernen Parvus. (http://www.larouchepub.com/eirtoc/2005/eirtoc_3243.html)
3. Banderas Fraktion in der OUN wurde durch den Zusatz seiner Initiale (B) bezeichnet und ist auch als OUN(R) für „revolutionär“ bekannt.
4. “Western Powers Back Neo-Nazi Coup in Ukraine”, EIR, 7.2. 2014. Siehe auch das Dossier „Neonazi-Putsch in der Ukraine: Ein Vorbote des Dritten Weltkriegs?“ in Neue Solidarität 10/2014 vom 5.3. 2014, und auch das BüSo-Dossier „Geopolitische Konfrontationspolitik der EU bringt Risiko des thermonuklearen Weltkriegs!“ vom 3.2. 2014 (https://www.bueso.de/node/7002).
5. William F. Wertz, Jr., “CIA/MI6 Use of Nazis in Ukraine Ongoing?” EIR, 21.2. 2014.
6. Dr. Natalia Witrenko, „Eurasische Integration als Überlebenschance in der globalen Wirtschaftskrise“, Neue Solidarität, Nr. 20, 15.5. 2013.
7. “Implications of the Crisis in Ukraine”, Aussage vor dem Auswärtigen Ausschuß des Senats, 15.1. 2014.
8. PBS NewsHour, Interview mit Gwen Ifill, 11.3. 2014.
9. Stephen Dorril, MI6 (New York: The Free Press, 2000). Mehrere Kapitel dieses mit vielen Anmerkungen versehenen Buches behandeln Operationen des britischen Geheimdienstes und der CIA in der Ukraine von den 1930ern bis in die 1960er Jahre. Churchill arbeitete am Intermarium mit dem österreichischen Graf Richard Coudenhove-Kalergi und dessen Paneuropa-Union zusammen, der Parvus durch seine Finanzverbindungen noch im Jahr 1923, ein Jahr vor seinem Tod, unter die Arme griff. Das OUN-Dogma „die Ukraine den Ukrainern“ war zwar nicht gerade eine gute Empfehlung für die Teilnahme an paneuropäischen Projekten, doch Dorril dokumentiert die Beziehung zwischen dem wichtigsten ukrainischen Intermarium-Sprecher und Verbindungsmann zum Vatikan, Pater Iwan Butschko, von der griechisch-katholischen orthodoxen Kirche der Ukraine (Uniaten) mit Mykola Lebed von der OUN(B) nach dem Krieg.
10. “On the 50th Anniversary of Stepan Bandera’s Murder”, www.ucca.org, 5.10. 2009.
11. Per Anders Rudling, “Warfare or War Criminality?” in Ab Imperio, 2012/1. Chef des SBU in dieser Zeit war Walentin Naliwaitschenko, der den Dienst heute wieder leitet.
12. Siehe Anm. 4.
13. Andrew Wilson, Ukrainian Nationalism in the 1990s: A Minority Faith (Cambridge: Cambridge University Press, 1997).
14. Siehe Anm. 8.
15. “Reading Russia: Is there a Key?” Journal of Democracy, April 2009.
16. “Tyahnybok: Nationalist, fearful of Russia, favors NATO,” Kyiv Post, 29.10. 2008.
17. Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor, “2005 Country Report on Human Rights Practices in Ukraine”, 8.3. 2007.
18. David Stern, “Svoboda: The Rise of Ukraine’s Ultra-Nationalists”, BBC News, 25.12. 2012.
19. „1654“ bezieht sich auf den Vertrag von Perejaslaw zwischen dem ukrainischen Kosakenführer Hetman Bohdan Chmelnizki und dem russischen Zaren Alexander Michailowitsch.
20. Claudio Celani, “Strategy of Tension: The Case of Italy”, EIR-Dossier, März-April 2004; Allen Douglas, “Italy’s Black Prince: Terror War against the Nation-State”, EIR, 4.2. 2005.
21. Dorril, a.a.O. Kapitel 14.
22. Delo.ua, Nachruf auf Iwanyschyn, 10.5. 2007.
23. Taras Kuzio, “Loyal Nationalism in Postcommunist States,” RFE/RL Newsline, 30.6. 2003.
24. Quellen sind u.a. tägliche Medienberichte in der Ukraine auf der Webseite von Zerkalo Nedeli (zn.ua), Web- und Facebook-Seiten der zitierten Personen, auf YouTube veröffentlichte Videos und Live-Übertragungen des Euromaidan von Espresso TV und Hromadske TV. Diese Chronologie greift auf keine einzige russische Quelle zurück, auch Hinweise auf Vorausplanungen, die nach Aussage des ukrainischen Sicherheitsdienstes auf Computern der Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna) sichergestellt wurden, blieben unbeachtet.
25. Segodnya u.a, 7.3. 2014.
26. Am 25.2. veröffentlichte Reuters eine romantisierte Version dieses Vorfalls („Lad from Lviv Becomes Toast of Kiev”). Der Korrespondent untersuchte Parasiuks Werdegang und beschrieb ihn als einen ganz normalen Jungen, der in der Armee eine Kampfausbildung bekommen hatte und mit seinem Vater auf den Maidan gekommen war. Will Englunds Artikel in der Washington Post vom 1.3. zeigte jedoch, daß Parasiuk in Wirklichkeit ein Bandera-Anhänger in der dritten Generation war, „dessen Erziehung ihn auf die Rolle vorbereitete, die er spielen würde. Jeden Sommer besuchte er Camps der ukrainischen Nationalisten, wo er in Geschichte und Schießkunst unterrichtet wurde. Das war wie die Pfadfinder, sagte er.”
27. Alja Schandra, „The ‘Right Sector’ - unto Ukraine a stumbling-block, and to the West foolishness.”