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Neue Solidarität
Nr. 15, 11. April 2012

EIR stellt EU-Finanzministern die Trennbanken-Frage

Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU wurden bei ihrem Treffen in Kopenhagen auf die wachsende Debatte über eine Glass-Steagall-Lösung angesprochen.

Inmitten des voranschreitenden Kollapses des weltweiten Wirtschafts- und Finanzsystems kam am 30. und 31. März der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der 27 EU-Mitgliedstaaten (ECOFIN) zu einem informellen Treffen in Kopenhagen zusammen. Während sich die Minister darum bemühten, den „Schutzwall aus Geld“ zur Stützung der Staatsschulden (bzw. der privaten Banken, die die Gläubiger dieser Staatsschulden sind) durch die Ausweitung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) weiter zu vergrößern, brachte EIR bei der anschließenden Pressekonferenz und in Einzelgesprächen mit teilnehmenden Ministern die tatsächliche Lösung auf die Tagesordnung, nämlich die Einführung eines Trennbankensystems nach dem Vorbild des amerikanischen Glass-Steagall-Gesetzes.

Bei der überfüllten Pressekonferenz am Freitagabend konnte die EIR-Korrespondentin Michelle Rasmussen die zweite von sechs zugelassenen Fragen stellen, nachdem zuvor über die Entscheidung der Minister gesprochen worden war, ihre virtuelle „Brandmauer“ durch zusätzliche Milliarden noch weiter zu erhöhen:

„Ich möchte eine andere Art von Brandmauer ansprechen. Der französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade fordert eine Trennung der Banken im Stil von Franklin Roosevelts Glass-Steagall, um zu verhindern, daß die Regierungen weiter gigantische Spekulationsblasen stützen, und auch andere französische Präsidentschaftskandidaten unterstützen ein Trennbankensystem. Im italienischen Senat gibt es einen Gesetzesantrag für ein Glass-Steagall-Trennbankensystem, und so etwas wird auch im schwedischen Parlament diskutiert. Würden Sie Glass-Steagall anstelle der brutalen Sparmaßnahmen und der hyperinflationären Rettungspakete in Erwägung ziehen?“

Die Frage wurde zur Beantwortung mit zwei weiteren Fragen zusammengezogen und dann, zur Überraschung mehrerer anwesender Journalisten, von den Teilnehmern der Pressekonferenz völlig übergangen - auf dem Podium waren die EU-Kommissare Olli Rehn (Wirtschaft) und Janusz Lewandowski (Haushalt), EZB-Vorstandsmitglied Jörg Asmussen, die dänische Wirtschaftsministerin Margrethe Vestager und der dänischen EU-Diplomat Preben Aamann, der die Konferenz moderierte. Die Frage wurde jedoch über die Internetseite der dänischen EU-Präsidentschaft (http://eu2012.dk/en) live ins Internet übertragen.

Zusätzlich zu der Pressekonferenz konnte die EIR-Reporterin mit mehreren Ministern sprechen, die ins Pressezentrum kamen, um Fragen zu beantworten. Den stellvertretenden italienischen Finanzminister Grilli sprach sie auf den Gesetzesvorschlag von Senator Peterlini für ein Glass-Steagall-Trennbankensystem an: „Was halten Sie von einer solchen Trennung, damit die Regierung nicht für Spekulationsschulden aufkommen muß?“ Grilli antwortete, eine solche Trennung sei derzeit „nicht im Vordergrund der Diskussionen in unserer Regierung“.

„Billige “Pleitebanken?

Der schwedische Finanzminister Anders Borg wurde mit einer Frage nach dem entsprechenden Antrag im schwedischen Parlament konfrontiert, befürwortete es aber, statt dessen die Banken „gleich ganz zu verstaatlichen... Wenn man das in einer Krise tut, dann kann man sie normalerweise nach der Krise mit Gewinn für den Steuerzahler wieder auf dem Markt verkaufen. Aber dazu muß man bereit sein, die Banken zu übernehmen... Es ist viel effizienter, damit so umzugehen, wie wir es in der schwedischen Bankenkrise getan haben, wo wir die Banken einfach übernommen haben. Sie sind fast wertlos, wenn sie in einer Krise stecken, sodaß man sie sehr billig bekommt. Wir haben eine Bank für gerade mal einen Dollar aufgekauft, und heute ist sie viele Milliarden wert...“

Borg übersieht dabei, daß der Staat den Banken die Spekulationsschulden abnehmen muß, damit sie wieder profitabel werden, um sie verkaufen zu können.

Dänemarks Finanzminister Bjaerne Corydon nahm zwar nicht am ECOFIN-Treffen teil, wo Dänemark vom Wirtschaftsminister vertreten wurde, aber er kam ins Pressezentrum. Auch ihn sprach EIR auf das Trennbankensystem an, für das sich die „Freunde des Schiller-Instituts“ im dänischen Parlamentswahlkampf im vergangenen November eingesetzt hatten:

EIR:Es gab Vorschläge, statt einer ,Brandmauer’, die der Chef der Bundesbank als einen ,Turmbau zu Babel’ bezeichnet hat, eine Glass-Steagall-artige Trennung der Banken vorzunehmen, nach der die Regierung nur die Verantwortung hat, die Geschäftsbanken zu schützen... Sehen Sie darin eine Alternative zu einer hyperinflationären Explosion oder massiven und brutalen Sparmaßnahmen? ... Es gibt die Idee einer anderen Brandmauer, nämlich zwischen den Geschäftsbanken und den Investmentbanken, wodurch die Regierung nicht zu Austerität oder hyperinflationären Rettungspaketen gezwungen wäre, sondern sich wieder auf die Finanzierung der produktiven Wirtschaft konzentrieren könnte.“

Corydon: „Ja, ich kenne diese Ideen. Natürlich sind sie interessant. Aber ich war heute nicht an den Diskussionen über diese Fragen beteiligt, und ich glaube, daß man damit zwar arbeiten kann, daß aber trotzdem eine solche Brandmauer notwendig ist, wie wir sie heute haben.“

Auch die dänische Wirtschaftsministerin Margrethe Vestager mußte der EIR-Reporterin eine Frage beantworten, und zwar zu der Möglichkeit eines Referendums über den ESM-Pakt, wie es Helga Zepp-LaRouche in Deutschland fordert:

EIR: „In Deutschland gibt es Diskussionen, daß der ESM-Pakt mit der Verfassung nicht vereinbar ist, was die Aufgabe der Souveränität durch das Parlament angeht. Würden Sie es unterstützen - und gibt es Diskussionen darüber -, Referenden über den ESM-Pakt in den EU-Staaten abzuhalten?“

Vestager: Nun, das ist ganz und gar eine innere Angelegenheit jedes einzelnen Landes, denn jedes Land muß sich da nach seiner eigenen Verfassung richten. Ich denke nicht, daß das eine Frage für die ECOFIN ist.“

Auch wenn man an diesen Antworten sieht, daß die Minister in ihren Gesprächen offensichtlich versuchten, dem Thema auszuweichen und statt dessen lieber die Stühle auf dem Deck der Titanic hin- und herzuschieben, werden sie sich diesen Fragen immer wieder stellen müssen, wenn sich die von ihnen beschlossenen Maßnahmen als wirkungslos und schlimmer erweisen.

MR

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Volksabstimmung über ESM und Fiskalvertrag! Wir haben das Recht auf Widerstand!
- Neue Solidarität 14/2012
Kernthema: Glass-Steagall-Trennbankensystem
- Neue Solidarität Online
Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)