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Neue Solidarität
Nr. 15, 11. April 2012

Cheminade bricht Tabus

Als Jacques Cheminade Anfang März seine Präsidentschaftskampagne begann, versprach er, in Frankreich die „kollektive Betäubung“ zu durchbrechen, weil sich die führenden Kandidaten nicht mit den wirklich grundlegenden Fragen für die Bevölkerung befassen - insbesondere der Finanzkrise, der verrückten Sparpolitik in der EU und der Gefahr eines Weltkrieges.

Heute, vier Wochen später, kann man mit Bestimmtheit sagen, daß Cheminade sein Versprechen gehalten und diese grundsätzlichen Fragen in vielen Auftritten und Interviews in den Medien in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt hat, auch wenn die Journalisten lieber auf irgendwelchen Anekdoten oder albernen Verleumdungen herumreiten wollten.

Bei den Teilen der Bevölkerung, die auch außerhalb der sprichwörtlichen „eingefahrenen Gleise“ denken können, ruft das enorme Begeisterung hervor. „Großartig, Cheminade ist der Kandidat der Wissenschaft“, lautet immer öfter die Reaktion, auf die seine Wahlhelfer auf der Straße treffen. „Das ist doch der, der den Mond industrialisieren will“, oder sogar noch häufiger: „Er hat wirklich etwas ganz eigenes zu sagen, es verlangt eine Menge Konzentration.“

Eigentlich spricht Cheminade nur das Offensichtliche an - den hoffnungslosen Bankrott des transatlantischen Finanzsystems, die Selbstzerstörung des Euro, die ungeheuerlichen möglichen Folgen der sozialen Triage in den USA und Europa, die Notwendigkeit einer Zukunftsvision für Frankreich -, aber es hat die Wirkung des Knaben, der laut zu sagen wagt: „Der Kaiser hat keine Kleider an.“

Das gilt auch für andere politische Fragen, die das Establishment totschweigen möchte, wie die Gefahren von Video-Gewaltspielen, Drogengeldwäsche, Hintergründe des 11. September oder Präsident Obamas Gesundheitspolitik. Die Reaktion der Medien und ihrer Claqueure, Cheminade als „Verrückten“ hinzustellen, weicht Schritt für Schritt in dem Maße, wie die Themen Fuß fassen und Tabus gebrochen werden.

Ein Beispiel war Cheminades Intervention auf dem 66. Kongreß des größten französischen Bauernverbands FNSEA am 29. März in Montpellier. Sieben Kandidaten folgten der Einladung, jeder konnte 15 Minuten lang sein Programm vorstellen und 1-2 Fragen beantworten. Wie die Presse berichtete, wurde Cheminades Rede mehrfach von Beifall unterbrochen und am Ende mit viel Applaus bedacht.

Auch hier prangerte er nur das Offensichtliche an - offensichtlich für Landwirte, aber nicht für Spekulanten: Es sei abartig, Nahrungsmittel zum Gegenstand von Spekulationen zu machen, deshalb müßten solche Spekulationen verboten werden. Er verwahrte sich auch dagegen, Großproduzenten gegen Kleinbauern auszuspielen, denn diese müßten alle dazu beitragen, eine Weltbevölkerung, die 2050 neun Milliarden Menschen umfassen wird, gut zu ernähren.

Dazu müßten Forschung und Innovation für kapital- und energieintensive Erzeugermethoden im Zentrum der Agrarpolitik stehen. Statt des kurzfristigen Managements der Nahrungsmittelversorgung forderte Cheminade die Einrichtung ausreichender öffentlicher Reserven in allen Ländern und eine intelligente EU-Politik bezüglich der Biotechnologie. Er erwähnte auch den Nutzen der Raumfahrt für die Landwirtschaft auf der Erde.

Am 3. April besuchte Cheminade das Kernkraftwerk in Fessenheim nahe der deutschen Grenze und gab dort eine Pressekonferenz. Er betonte, die Kernenergie sei notwendig, und man müsse nun die nächste Generation sicherer und effizienter Reaktoren entwickeln. Die Reaktionen der Zuhörer waren ausgezeichnet.

Dabei sind es gerade Cheminades hochgesteckte Ziele in der Raumfahrtpolitik - auch als Mittel der Friedenssicherung -, die die Bevölkerung am meisten begeistern und die Oligarchie am meisten ärgern. Vor allem junge Leute fühlen sich davon angesprochen, genauso wie von Cheminades Forderung, daß man für die Zukunft denken muß.

eir