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Neue Solidarität
Nr. 15, 11. April 2012

Warum die klassische Musik so wichtig ist für unser Leben

Im Anschluß an die internationale Konferenz des Schiller-Instituts am 25.-26. Februar 2012 in Berlin führte Karsten Werner das folgende Interview mit Raymond Björling, dem Enkel des berühmten schwedischen Tenors Jussi Björling.

Frage: In einem weiteren Live-Bericht von der internationale Konferenz des Schiller-Instituts in Berlin begrüße ich hier Raymond Björling, den Enkel eines der wahrscheinlich besten Tenöre, die je gelebt haben, Jussi Björling. Guten Tag!

Raymond Björling: Guten Tag!

Frage: Nach Ihrem kurzen Vortrag hier auf der Konferenz möchte ich Ihnen einige Fragen über die große Familientradition der Björlings, aber auch über die klassische Musik generell stellen. Also zunächst: Warum ist die klassische Musik so wichtig für unser aller Leben?

Raymond Björling: Weil sie eine großartige Kunstform und auch eine großartige Wissenschaft ist. Man könnte genausogut sagen: Warum ist der Stand der Medizin für die Menschen sehr wichtig? Weil wir eine hohe Qualität der Ärzte und der Medizin brauchen, um zu überleben. Die gleiche Bedeutung weise ich nicht nur der Musik, sondern der Kunst im allgemeinen zu. Wir müssen sie als eine Wissenschaft auf höchstem Niveau betrachten.

Ohne sie oder wenn wir sie vernachlässigen... man sieht es ja an der heutigen Popkultur, die nicht die volle Bedeutung oder das ganze Gewicht besitzt, das wir als Menschen brauchen. Wir müssen deshalb die klassische Musik auf hohem Niveau beibehalten.

Frage: Wenn man Ihren Vergleich mit der Medizin hört, würden die meisten Leute wohl sagen, daß die Medizin dem Menschen unmittelbar hilft, wieder gesund zu werden. Wie genau kann uns die klassische Musik helfen?

Raymond Björling: Ja, das habe ich Tausende Male von vielen Leuten gehört. Doch immer, wenn die Menschen in Not waren, haben sie sich der Musik zugewandt. Die Konzentrationslager sind nur ein Beispiel, wo es immer Orchester und vieles mehr gab. Die Musik half ihnen über schwere Zeiten und Probleme hinwegzukommen. Aber auch überall in der Welt, wo die Menschen große Sorgen haben, wenden sie sich der Kunst und der Musik zu.

Frage: Finden Sie es auch sehr wichtig, diese Botschaft in politische Veranstaltungen wie diese hineinzubringen?

Raymond Björling: Unbedingt. Das ist ganz fantastisch. Ich finde die LaRouche-Bewegung ganz wunderbar. Viel mehr politische Parteien sollten das tun.

Bei mir zuhause in Schweden sehe ich, daß die meisten politischen Parteien Musik überhaupt nicht berücksichtigen. Aus den Schulen verschwindet sie immer mehr, als wenn es für unsere jüngeren Generationen nicht wichtig sei, Musik zu lernen. Klassische Musik und Gesang gelten nur noch als eine Art Hobby oder so etwas.

Frage: Wir sind der Auffassung, daß es nicht nur bei der Musik, sondern bei der Kunst insgesamt um etwas sehr Grundsätzliches geht, denn sie spricht etwas in uns an, was nicht materiell ist. Wir alle leben und sterben. Wir sind jung, wir werden älter, und unser Körper verändert sich. Aber es gibt etwas in uns, das sich nicht verändert, womit wir bei der Frage der Unsterblichkeit der Seele wären. Die klassische Musik ist besonders auch für mich persönlich eine der direktesten Möglichkeiten, diese Qualität wachzurufen. Menschen lassen sich dadurch sehr schnell bewegen, und man kann über sie Dinge mitteilen, die man nicht direkt in Worten ausdrücken kann.

Raymond Björling: Das ist sehr wahr. Es ist allerdings heute sehr schwer, jüngeren Menschen das verständlich zu machen, denn es braucht eine gewisse Zeit, um klassische Musik auf hohem Niveau schätzen zu lernen. Das fällt den Jugendlichen heutzutage sehr schwer. Sie haben nicht mehr die Geduld dazu.

Die Popmusik wirkt viel direkter; man kann sie unmittelbar aufnehmen. Aber sie berührt die Seele nicht in gleicher Weise. Sie wirkt mehr physisch, wenn man das Dröhnen der Bässe und des Schlagzeugs hört. Das erzeugt zwar ein gutes Gefühl, aber wenn man jemanden heilen will, muß man tiefer ansetzen, und hierbei erfüllt die klassische Musik eine wichtige Rolle.

Frage: Ja, es stimmt, dieses Hämmern der Technomusik oder ähnliches hat keinen lang anhaltenden Effekt. Faszinierend an der klassischen Musik ist meines Erachtens, daß sie immer in Bewegung ist; ständig geschieht etwas, aber keineswegs willkürlich. In Beethovens 5. Sinfonie zum Beispiel erscheint ja am Anfang die berühmte Melodie „da-da-da-daaa“. Am Ende der Sinfonie taucht das alles erneut auf, doch die Melodie hat aufgrund der gesamten Entwicklung bis dahin sehr viel mehr an Bedeutung gewonnen. Diese Qualität fehlt bei der Popmusik völlig.

Wie in den Konferenzvorträgen von Sky Shields und anderen deutlich wurde, hat sich auch das Universum insgesamt ganz ähnlich zu immer höheren Zuständen entwickelt. In diesem Sinne dürfte die klassische Musik dazu beitragen, daß wir nicht nur etwas über uns als Menschen, sondern auch etwas über das gesamte Universum verstehen. Beides ist nicht voneinander getrennt.

Raymond Björling: Nein, keineswegs. Musik kommt von oben - sozusagen aus dem Himmel. Wenn ich singe und es mir dabei gelingt, mich in der Musik gut auszudrücken, habe ich es schon erlebt, daß ich meinen Körper verlasse und mich mit dem Himmel verbunden fühle. Man ist ihm wirklich sehr nahe, und das berührt jeden.

Frage: Es ist fast so, als wenn man etwas „anzapft“, und als Künstler kann man dies weitervermitteln.

Raymond Björling: Es öffnet sich eine Tür zu einer anderen Dimension. Genau das ist es. Und deswegen berührt es uns. Deswegen erfaßt es uns.

Frage: Interessanterweise denken die meisten, wenn sie das zum erstenmal hören, es sei etwas Esoterisches. Aber das ist es nicht, denn man ist berührt, man ist bewegt. Es ist beinahe etwas Physisches, es ist aber nicht physisch.

Raymond Björling: Richtig. Und ich glaube, Sie leisten hier in der LaRouche-Bewegung etwas Hervorragendes, und die Welt braucht mehr davon. Mehr Seelen müssen berührt werden, es muß mehr Austausch zwischen den Seelen geben. Genau das kann Musik leisten. Sie öffnet die Türen zwischen den Seelen.

Frage: Danke, daß Sie hier waren, danke für Ihren Gesang.

Raymond Björling: Ich bedanke mich sehr.